Was ist eigentlich „solidarisch“ an der „Solidarischen Landwirtschaft“?
Prinzipien für eine Solidarische Landwirtschaft die über die Geldlogik hinaus weist.
Prinzip:
Bedarfserhebung im Unterstützer*Innen-Kreis
Umsetzung:
- Zur Gründung einer Solidarischen Landwirtschaft wird der Bedarf der Unterstützer*Innen an verschiedenen Produkten erhoben. Dann wird jährlich eine Befragung unter den Unterstützer*Innen durchgeführt, in der deren Zufriedenheit mit Menge und Qualität der Produkte festgestellt wird. So nähern sie die Bäuer*Innen in der Anbauplanung immer weiter dem exakten Bedarf der Unterstützer*Innen an.
Warum:
- Trotz Marktforschung wird in der Marktwirtschaft ins Blaue hinein produziert. Weil man weiß nicht was die Konkurrenten tun. Es gibt keine Bedarfserfassung sondern man hofft, dass man seine Waren, loswird. Wenn das nicht klappt greift man zum Marketing. Und dann landet der Großteil des Produzierten auf dem Müll. All das ist absurd und sollte in der Solidarischen Landwirtschaft anders sein.
Prinzip: Beitragen statt Tauschen
Umsetzung:
- Es gibt Bieter*Innen-Runden in denen die Unterstützer*Innen einen freien finanziellen Beitrag leisten können und nicht einen festen monatlichen Beitrag zahlen müssen. Somit wird das Geben und Nehmen entkoppelt und es werden all jene mit guten Nahrungsmitteln versorgt die sich dem Projekt verpflichtet fühlen; unabhängig von ihren Beiträgen. Natürlich muss das Budget weiterhin gedeckt werden.
- Ebenso können anders herum Menschen beitragen die nicht versorgt werden. Entweder weil sie nicht vor Ort wohnen oder weil sie nicht versorgt werden wollen.
Warum:
- Ohne Geld verhungern wir in der Marktwirtschaft. Das ist menschenverachtend. Dem zu Grunde liegt die Tauschlogik. Statt „du kriegst nur was wenn ich was kriege“ wollen wir „alle kriegen das was sie brauchen“. Denn jeder Mensch hat das Recht auf gute Nahrungsmittel unabhängig davon wie viel er*sie auf dem freien Markt wert ist.
Prinzip: Nicht-monetäre Beiträge
Umsetzung:
- In den Bieter*Innen-Runden werden neben den finanziellen Beiträgen auch Ressourcen und Fähigkeiten abgefragt, die die Unterstützer*Innen einbringen wollen. Gegebenenfalls ermöglichen diese Beiträge eine Verminderung im Finanz-Budget, weil sonst am Markt zu kaufende Dienstleistungen (z.B. Maschinen-Wartung und -Reparatur) von Unterstützer*Innen übernommen werden. Ebenso könnte langfristig der finanzielle Bedarf der Bäuer*Innen durch diese Beiträge reduziert werden, weil Unterstützer*Innen deren Bedürfnisse direkt befriedigen: Medizinische Versorgung durch Ärzt*Innen im Unterstützer*Innen-Kreis; Privat-Auto-Reparatur durch Mechaniker*Innen usw.
Warum:
- Das möglich machen von nicht-monetären Beiträgen schärft unseren Blick für unser eigenes Potential und die eigenen Bedürfnisse. Denn Geld macht all das unsichtbar. Wenn ich mich als Bäuer*In frage: „Was brauche ich eigentlich konkret für ein gutes Leben?“ und sich die Unterstütze*Innen fragen: „Was kann ich sinnvolles beitragen zum Projekt?“ dann stellen wir langsam wieder die richtigen Fragen statt „Wie viel kostet das?“.
Prinzip: Durch Produktionsautonomie die Abhängigkeit vom Geld mindern
Umsetzung:
- Die Abhängigkeit von zugekauften Waren und Dienstleistungen kann auch dadurch vermindert werden, dass eigenes Saatgut, eigene Treibstoffe, eigene Energie etc. am Hof selbst produziert werden. Dies Bedarf meistens Investitionskapital, dass über den Unterstützer*Innen-Kreis und darüber hinaus aufgetrieben werden muss. Langfristig sorgt diese Produktionsautonomie für mehr Unabhängigkeit vom Markt und seiner Logik.
Warum:
- Wenn wir weniger Geld in unserem Projekt brauchen, müssen die Unterstützer*Innen weniger Geld beitragen und damit weniger Zeit mit ihrer Verdingung am Markt verschwenden.
Prinzip: Bedarfslöhne für die Bäuer*Innen.
Umsetzung:
- Statt abstrakten Stundenlöhnen überlegen sich die Bäuer*Innen und Mitarbeiter*Innen wie viel sie für ihre Tätigkeit „verdienen“ wollen. Diese „Löhne“ werden dann dem Budget zu Grunde gelegt.
Warum:
- Genauso wichtig wie der Denkprozess bei den Unterstützer*Innen „wie viel kann ich beitragen“, so wichtig ist den Denkprozess in den Hofgemeinschaft „wie viel brauche ich / wir“. Das löst die oft unbeantwortet soziale Frage nach Gerechtigkeit bzw. gerechten Löhnen in der Landwirtschaft. Auch hier soll gelten „alle kriegen was sie brauchen.“
Prinzip: Freie Entnahme von Produkten nach Bedürfnissen
Umsetzung:
- Die Unterstützer*Innen können sich an den Abholpunkten nehmen was sie brauchen. Es gibt vielleicht einen Lieferschein und einen Taschenrechner um seinen „theoretisch“ gleichen Anteil auszurechnen. Und eine Liste wo abgehakt wird wer schon da war.
Warum:
- Eine Gemüsekiste zu packen macht Arbeit. Und ein „gleicher“ Anteil für alle kann manchmal keinen Sinn machen weil ein bestimmtes Gericht für viele Leute gekocht werden soll. Oder man mag bestimmte Produkte nicht. Die Entnahme nach Bedarf ermöglicht den Unterstützer*Innen genau das zu nehmen was sie brauchen statt abstrakt, genormte Mengen zugewiesen zu bekommen.
Prinzip: Partizipationsmöglichkeiten und Transparenz für Unterstützer*Innen
Umsetzung:
- Die Gesamt-Gemeinschaft kann sich in Arbeitsgruppen organisieren um Teilbereiche der Produktion zu übernehmen. Ebenso können die Bäuer*Innen auf dem Hof Räume schaffen in denen die Unterstützer*Innen mitarbeiten können. Wichtig ist auch, dass landwirtschaftlich-politische Fragestellungen wie ob Hybrid-Saatgut Verwendung finden soll zusammen von Bäuer*Innen und Unterstützer*Innen diskutiert wird, um ein gemeinsames Bewusstsein zu schaffen.
Warum:
- Um wieder einen Bezug zur landwirtschaftlichen Produktion zu schaffen. Denn in der Marktwirtschaft kaufen wir anonyme Produkte die uns nichts über ihre Geschichte erzählen. Das sollte nicht so bleiben.
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