Monat: Dezember 2006

Bericht vom CCC

Der 23. Chaos Communication Congress ist gestern zu Ende gegangen. Im Bereich Freie Software gab es eher wenig neues:

Zu dem von Stefan vorab analysierten Vortrag „The Rise and Fall of Open Source“ konnte ich nicht, aber (wie ich von anderen gehört habe) scheint der Vortrag auch nicht so doll gewesen zu sein.

Über „The gift of sharing“ gibt es kaum positives zu berichten — leider war der gesamte Vortrag ähnlich inkohärent und seltsam („keep the flow going“) wie der Titel 🙁 . Wer wissen will, wie und warum Freie Software und Freie Kultur wirklich funktionieren, sollte lieber Yochai Benklers Analyse der Peer-Produktion lesen.

Sehr viel interessanter war „Freie Software — Eine Chance für Afrika?“

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100$-Laptop als Basis einer P2P Infrastruktur ?

Technology Review berichtet unter dem Titel „Die Philantropie-Maschine“ über die Initiative 100$-Laptop, die ich schon seit einiger Zeit gespannt beobachte. Die Idee damit zur Bildung armer Kinder beizutragen finde ich nicht spannend. Das Gerät könnte aber als Basis einer P2P-Infrastruktur für Alternativökonomie dienen. Sollte es wirklich in Produktion gehen, hätte es folgende Vorzüge:

  • relativ Preisgünstig
  • große Verbreitung, dadurch Standardisierung
  • läuft relativ unabhängig von käuflicher Energieversorgung (geringer Energieverbauch und von Menschen betriebener Generator)
  • kann sich mit anderen Einheiten vernetzen (WLan)

Damit könnten autonome Kommunikationsnetzwerke aufgebaut werden. In diesem Zusammenhang interessieren mich Projekte, die an asynchroner Kommunikationsinfrastruktur arbeiten. Kennt jemand irgendwas in dieser Richtung ?

FOSS-Fallstudien

Nah Soo Hoe hat eine interessante Sammlung von Fallstudien über den Einsatz Freier Software für die nachhaltige Entwicklung erstellt. Das Buch »Breaking Barriers« (PDF-Download) wurde von einer Reihe internationaler Organisationen von UNDP bis UNESCO unterstützt und ist unter CC-BY-Lizenz erschienen. Die Studien befassen sich mit Projekten in diesen Ländern: Südafrika, Burkina Faso, Malaysia, Indonesien, Indien, Sri Lanka, Fidschi, Bulgarien, Spanien, Kolumbien, Ecuador und Brasilien. Dabei habe ich gelernt, dass es ein weiteres OSCAR-Projekt gibt, das sich allerdings nicht mit der Konstruktion eines Autos, sondern mit der Identifikation und Kontrolle von Reis- und Weizenpflanzen [hoffentlich richtig übersetzt…] beschäftigt: Die Software wurde nicht nur für PCs, sondern explizit auch für Simputer entwickelt.

Freie Software für die Landwirtschaft

Von einer interessanten Dissertation berichtet Netzpolitik:

Die Landwirtschaft in den Entwicklungsregionen wird oft durch ländliche und abgelegene Situationen, Armut sowie geringes Bildungsniveau einhergehend mit einer hohen Rate von Analphabetismus charakterisiert. Vor diesem Hintergrund werden die theoretischen Rahmenbedingungen für die Anwendung von Free/Libre Open-Source-Software (FLOSS) in den Entwicklungsregionen aufgezeigt sowie die Herausforderungen analysiert.

Es wird aufgezeigt, dass mit Hilfe von FLOSS aktuelle Entwicklungsziele, insbesondere auch für die ländliche Entwicklung, unterstützt werden können. Exemplarische Beispiele dafür sind Verbesserung der Kommunikationsinfrastruktur, Schaffung von zusätzlichen Einkommensmöglichkeiten und Fernbildungsprogramme.

Die Dissertation wurde von Martin Voß geschrieben und an der Landwirtschaftlich-Gärtnerischen Fakultät der Humboldt-Universität in Berlin eingereicht.

Nix neues von Lessig

Der Gründer von Creative-Commons, Lawrence Lessig, wurde von der Süddeutschen interviewt. Dort macht er nochmal klar, dass er nicht gegen Copyrights und Patente ist, sondern nur das Copyright-Regime verändern will, um neue Geschäftsmodelle möglich zu machen. Da kann ich die KritikerInnen schon verstehen. Lessig ist derzeit JPMorgan-Fellow an der American Academy in Berlin. Den Chefposten von Creative Commons hat Lessig an Joi Ito, Venture-Kapitalist aus Japan, übergeben.

Fork des deutschsprachigen Bereichs von Wikitravel

Das als private Initiative gestartete Wiki-Projekt Wikitravel wurde verkauft. Darauf hin beschloss ein Teil der deutschsprachigen Nutzer einen Fork, der dazu dienen soll, eine „demokratische“ Trägerschaft (in Form eines Vereins) sicherzustellen.

Eine Diskussion mit den Betreibern des neuen Projekts (Wikivoyage) gibt es im GründerWiki.

Die Inhalte von Wikitravel und Wikivoyage sind unter CC-by-sa-1.0 lizensiert.

Airbus fliegt auf Open Source

Ist es gut oder schlecht, wenn »Open Source jetzt noch kommerzieller« wird, wie Benni berichtete? Kommt drauf an ist wie immer die richtige Antwort;-) Was bedeutet es, wenn Airbus jetzt ihre sicherheitskritischen Systeme als Copyleft-Software entwickelt? Warum machen die das? Die Antwort steht am Ende des heise-open-Artikels: Weil die Entwicklung in einem Copyleft-Konsortium billiger, nachhaltiger und unabhängiger ist.

Polit-ökonomisch reformuliert heisst das: Das Kapital muss seine produktive Substanz »entwerten«, um weiter als Kapital existieren zu können. Auf der »sachlichen« Seite werden dabei Freie Produkte (ganz im Sinne der vier Freiheiten) geschaffen – diese Kommerzialisierung lass ich mir gefallen. Hat da jemand »Kommunismus der Sachen« gerufen?

Nicht entfremdete P2P-Produktion

Im P2P Foundation Blog zitiert Michel Bauwens einen Ausschnitt einer Diskussion auf der englisch-sprachigen Mailingliste des Oekonux-Projektes. Dort begründet Stefan Merten, warum Selbstentfaltung als Basis nichtentfremdeter Produktion zu besseren Produkten führt und beantwortet die Frage, ob denn „Linux“ folglich vor der Beteiligung kommerzieller Interessen „besser“ war als heute.

=>Why non-alienated peer production is better