Sorry Leute, dass ich still war die letzten Monate, der Kampf geht weiter, ich bin weiterhin dabei!
Autor: Thomas Berker
Tiziana Terranovas freie Arbeit
Rather than retracing the holy truths of Marxism on the changing body of late capital, free labor [das Konzept, das dieser Text behandelt, TB] embraces some crucial contradictions without lamenting, celebrating, denying, or synthesizing a complex condition. It is, then, not so much about truth-values as about relevance, the capacity to capture a moment and contribute to the ongoing constitution of a nonunified collective intelligence […].
So endet ein Text von Tiziana Terranova, den ich euch in anbetracht der (mit Verlaub: sehr deutschen) Theoriedebatten der letzten Wochen ans Herz legen möchte. Es gibt ihn eigenwillig formatiert aber umsonst hier. Zudem ist er in der Zeitschrift Social Text (18.2, 2000) erschienen.
Open Nanotech
Das auch ansonsten lesenswerte Blog Tux Deluxe hat einen Text zu Nanotechnologie veröffentlicht. Interessant für uns wirds etwas weiter unten, wenn argumentiert wird, dass Nanotechnologie – solange sie noch jung und formbar ist – schleunigst unter das Paradigma der „Offenheit“ gehört.
Und am Schluss wirds direkt philosophisch wenn „Offenheit“ genauer bestimmt wird:
Ivan Illich, the social critic and Jesuit priest, in his 1973 classic „Tools for Conviviality“ argued that tools and technologies should be evaluated on the basis of their ‚conviviality‘. Did they empower their users or disempower them? Could they be modified and repaired by anyone? Did they facilitate liberty, equality and fraternity or dependency, inequality and social isolation? Did they benefit or harm the users‘ society and environment? His examples of tools and technologies for conviviality included telephones, bicycles and skills exchanges – nowdays he would presumably have included Linux, email and IRC. Unconvivial tools included cars, compulsory schooling and television – and now, presumably, AOL and Windows XP.
Vielleicht wird es Zeit für mich mal wieder einen Jesuiten zu lesen?
Architecture goes creative commons
Architektonische Designs sind natürlich wie geschaffen für offenes Teilen über Computernetze. Und diese Tendenz wird mit zunehmender Nutzung von computerbasierten Designwerkzeugen nur noch deutlicher werden. Technische Hindernisse existieren allerdings immernoch: Wer Architekten kennt, weiss wie sehr die auf hochaufgelöste graphische Repräsentationen abfahren. Und die sind datenintensiver als Texte, sei es als Wikipedia Artikel oder als Quellcode einer Anwendung. Kulturelle Barrieren gegenüber dem freien Teilen der kreativen Einfälle sind innerhalb der Architektenprofession ein weiteres schwerwiegendes Problem. Irgendein Äquivalent zur Hacker-Ethik der Freien Software fehlt hier vollkommen.
Sowohl die technischen als auch die kulturellen Hindernisse versucht seit heute das open architecture network auszuräumen (noch im beta Betrieb, bisher nur Screenshots der Tools). Das ist eine Implementation eines „open-share“ Mechanismus für alle, die mit Architektur zu tun haben. Viele der dort gesammelten Designs adressieren die sog. Dritte Welt und Fragen der Nachhaltigkeit. Getragen wird das von der non-profit Gruppe architecture for humanity, die sich beim Wiederaufbau nach Katrina und dem Tsunami in Indonesien einen Namen gemacht hat. Ein Interview mit den GründerInnen gibts bei Wired.
Man mag von den dort zugrundegelegten CC Lizenzen halten was man will, eine spannende Initiative ist das m.E. allemal und ich werde sie allen meinen Architektkollegen nahelegen.
Untersuchung zu Frauen in Freier Software
Tja, dieser Graph spricht fuer sich. Eine der beiden Gruppen hat eine furchtbar verschobene Realitaetswahrnehmung.
Das Bild stammt von einer Studie, die schon knapp ein Jahr alt ist. Vielleicht kennt das hier deshalb schon der eine oder die andere: Ergebnisse einer EU-finanzierten Studie zu (dem Mangel von) Frauen in Freien Software Projekten.
Hier die wesentlichen Funde aus dem „Executive Summary“:
Kampagne für Zugang zu essentiellen Arzneimitteln
Wie das bei Kampagnen so ist, haben sich die Ärzte ohne Grenzen einen Fall herausgesucht, der ein Schlaglicht auf den Zusammenhang zwischen geistigem Eigentum und Krankheit wirft. Novartis, der Pharmakonzern, verklagt zur Zeit die indische Regierung, weil sie das Patent auf das einem Krebsmedikament zugrundeliegenden Wirkstoff verweigert hat.
Der Hintergrund: Laut Ärzte ohne Grenzen waren bis 2006 Medikamente in Indien nicht patentierbar. Das hat sich mit TRIPS, WTOs Vereinbarung zum Schutz geistigem Eigentums im Handel, geändert. In Indien warten zur Zeit knapp 10.000 Pharmaziepatente auf ihre Ratifizierung, was das Ende der Produktion vergleichsweise billigerer Generika bedeuten würde. Auf diesen indischen Generika, d.h. der billigeren Version anderenorts patentierter Medikamente, beruht nicht nur teilweise das indische Gesundheitswesen sondern auch z.B. Teile der Aidsbekämpfung in anderen „Entwicklungsländern“. Mehr Info gibts auf der Kampagnenwebsite.
Diese Links habe ich übrigens von Benjamin Mako Hills Copyrighteous Blog, er schreibt da:
From a certain perspective, some of the core calls for access to knowledge share common ground with free software, free culture, and anti software patent advocacy that I’ve been involved in. Of course, it puts things in perspective to see Mika and others in the AEM community point to millions of people and say that those people will die because of an IP maximilist position.
Vom „Nutzen“ Freier Software
[Damit ich nicht immer nur rumnoergele hier mal ein begeisterter Beitrag:]
Ihr habt ja sicherlich mitbekommen, dass Linus Torvalds, der sympathische Nerd, dem wir den Linux Kernel verdanken, KDE (und andere Window Manager) lieber mag als Gnome. In der letzten Eskalation des Streits mit den Gnome Entwicklern, die natuerlich darueber sauer sind, dass er seine Autoritaet gegen sie nutzt, hat er mal bewiesen, wie gut er Freie Software versteht.
Folgendes hat sich naemlich zugetragen. Gnome ist stolz auf seine Nutzerfreundlichkeit, die z.T. durch das Verstecken von Konfigurationsoptionen erreicht wird. Linus mag das nicht, es sei gut dass Gnome nutzerfreundlich sei, es sei aber nicht gut, wenn es nur und hauptsaechlich nutzerfreundlich sei. Und: Leute seien tatsaechlich im Stande, neue Dinge zu lernen, wenn man sie nur lasse.
Getting Rich off Those Who Work for Free
Hier eine reichlich zynische Variante der Frage nach dem „Warum“ z.B. auch von Freier Software: Die Frage sei nicht, ob Leute auch von anderen Motivationen getrieben werden als von Geld. Das sei ja klar. Die Frage sei, wie man dafuer sorgt, dass man an freiwilliger Arbeit Geld verdient und die Freiwilligen sich nicht wie die Deppen vorkommen.
Aber der Artikel handelt eigentlich von Jochai Benkler, dem bekannten Autor des Wealth of Networks, der anscheinend Folgendes behauptet:
Peer production by people who donate small or large quantities of their time and expertise isn’t necessarily great at generating the original and the unique, but it’s very good for improving existing products (like software) and bringing together dispersed information (Wikipedia).
Das scheint mir in Anbetracht der real existierenden p2p Loesungen (inklusive Freier Software) erstmal einleuchtend. Aus einer Rundfrage auf Ox-en muss ich hinzufuegen, dass „peer production“ auch nicht so recht fuer wirklich sicherheitsrelevante Produkte zu taugen scheint, also fuer Infrastrukturen, die einfach funktionieren muessen – beim ersten Mal, nicht erst nach x Iterationen.
Diese Frage treiben mich wirklich um. Wenn in Freier Software irgendwas „Neues im Alten“ aufscheinen soll – und mir scheint FS von allen Kandidaten (sind nicht so viele) immernoch am „Neuesten im Alten“, dann sollte dieses Neue doch in der Lage robuste und massenhaft originelle Loesungen anbieten koennen – nicht derivative und erstmal reichlich unzuverlaessige. Oder?
Online Kurs zu Wikipedia an der Harvard Business School
Naechste Woche unterrichte ich hier an der NTNU einen Kurs zu dem Zusammenhang zwischen Aenderungen in der zeitgenoessischen Wissensproduktion und neueren IuK Technologien. Wikipedia ist hier zentral. Das liegt zum einen daran, dass immer mehr Hausarbeiten sich auf Wikipedia beziehen um ihre Behauptungen zu untermauern. Anders als andere Lehrende habe ich da nichts dagegen, die Studierenden sollen aber wissen, was sie tun. Zum anderen ist Wikipedia ein Kristallisationspunkt fuer wichtige Fragen der kollektiven Wissensproduktion ohne Zugangsbarrieren. Das zeigen Karim R. Lakhani (MIT) und Andrew McAfee (Harvard Business School) sehr schoen in diesem Online-Kurs, den sie unter der GFDL veroeffentlicht haben. Ausser dem Kurs selbst, der nochmal Wikipedias Geschichte erzaehlt und ausfuehrlich die Debatte ueber das Loeschen von Artikeln darstellt, ist fuer uns hier vielleicht zweierlei interessant: Zum einen, dass zu diesem Thema ueberhaupt auf diese Weise an der Harvard Business School, einer der Schmieden fuer die zukuenftige oekonomische Elite, unterrichtet wird. Zum anderen wie Lakhani auf seinem Blog die Wahl der GFDL anstatt einer CC-Lizenz begruendet:
The wikipedia is under GFDL – and the case has a lot of source material from it – so we decided to keep it under GFDL.
Der Lizenzvirus funktioniert.
Powers and repositories – Ubuntu and Debian
Lars Risan, ein norwegischer Anthropologe hat sich auf die Suche danach gemacht, was FOSS Projekte zusammenhaelt – oder eben nicht. Ich habe seinen Text (14 Seiten, englisch) noch nicht ganz gelesen, er scheint mir aber relevant fuer alle, die FOSS als sozio-technisches Phaenomen besser verstehen wollen. Er weist darauf hin, dass charismatische Persoenlichkeiten (Maintainer) nur einen Teil des Zusammenhalts herstellen. Der andere ruehrt v.a. in grossen Projekten von der „buerokratischen“ Organisation (im Sinne Max Webers) durch Technologie: Repositories und verwandte Werkzeuge verhindern oder unterstuetzen Kooperation.