Kategorie: Gender

Sorge

[Kolumne Immaterial World in der Wiener Zeitschrift Streifzüge]

Mit dem Begriff Care wird eine lange verunsichtbarte Voraussetzung für die produktive Verwertung von Arbeitskraft in die Aufmerksamkeit geholt: die reproduktive Herstellung (Kinder), Wiederherstellung (Lohnarbeitende) und Erhaltung (Kranke und Alte) menschlich-leiblicher Existenz. Alles, was der Kapitalismus nicht aus eigener Funktionslogik erschaffen und erhalten kann, er gleichzeitig als unabdingbare Voraussetzung braucht, wird aus der Wertverwertung ausgegliedert und an Frauen* delegiert. Roswitha Scholz bringt dieses Verhältnis als Wertabspaltung auf den Begriff. Als Rechtfertigung und ideologische Fundierung werden dabei Frauen* Eigenschaften und Fähigkeiten zugeschrieben, die sie besonders für Care-Tätigkeiten prädestinieren sollen: interpersonale Empathie, emotionale Achtsam- und Einfühlsamkeit, verantwortungsvolle Beziehungsorientierung, soziale Multitaskingfähigkeit etc.

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„Solidarische Care-Ökonomie“ von Gabriele Winker (Rezension)

Im Keimform-Blog lese ich seit längerem und häufig von den Beiträgen inspiriert mit. Weil Gabriele Winker und ich, wenn wir von solidarischer Gesellschaft sprechen, einen Ansatz vertreten, der mit den Vorstellungen eines ‚Commonismus‘ große Ähnlichkeit hat, möchte ich hier Gabrieles neues Buch vorstellen. Ich hoffe, dass die Darstellung Leser*innen des Blogs anregt, das Buch zu lesen, und dass es ebenfalls Gedankenprozesse anstößt oder zu Kritik führt, die für uns hilfreich ist.

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Queer zu Markt und Staat – Commons als Befreiungsperspektive

Im August ist eine neue Ausgabe der Queerulant_in, einer Zeitschrift für queere Politiken und Praxen, mit dem Schwerpunkt „Queere Utopien / Das schöne Leben“ erschienen. Ich habe dazu einen Artikel zu queerer Kapitalismuskritik und Commons beigesteuert, den ich vor über einem Jahr dafür geschrieben habe. Heute würde ich einige Sachen vielleicht anders schreiben – z.B. mehr auf die gesamtgesellschaftliche Utopie (denn das kommt in der Zeitschrift trotz des Schwerpunkt-Titels leider etwas zu kurz) und auf soziale Kämpfe eingehen. Aber als niedrigschwellige Einleitung zum Thema Commons und Kapitalismuskritik aus queerer Perspektive taugt es vielleicht. Die Queerulant_in ist übrigens sebst auch ein Commons, denn sie wird nicht nur von einem Kollektiv herausgegeben, sondern auch kostenlos vertrieben, sowohl online als PDF, an den verschiedenen Auslageorten als auch im Abonnement – dank Spenden und Fördergeldern.

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Die Ankunft der Zukunft

Vier Frauen fangen ein Gespräch ganz harmlos als eine Art kombinierter Film- und Literaturrezension an. Es geht zuerst um den Science-Fiction-Film Arrival und die Kurzgeschichte auf der er basiert (Vorsicht Spoiler). Am Ende landen sie bei den ganz großen Fragen, wie wir der Menschheit eine lebenswerte Zukunft verschaffen und ob wir dafür nicht sogar unsere lineare Zeitvorstellung aufgeben müssen. Dabei verläuft die Diskussion dann teilweise ein bisschen parallel zu dem was wir hier oft in den Kommentarspalten erleben: Sind wir nur romantische Träumer oder die eigentlichen Realisten?
Sehr sehenswert:


Bedürfnisse in der commonistischen Transformation

Bedürfnisse als Kern commonistischer Theorie

Bedürfnisse und die eigenen Gefühle als Zugang zu diesen Bedürfnissen scheinen zentral zu sein in den utopischen Entwürfen zu Commonismus. Die eigenen Bedürfnisse in Vermittlung mit den Bedürfnissen anderer sollen das bestimmende Element sein, nach dem eine zukünftige, gesellschaftliche (Re-)Produktion organisiert wird. Und auch in einem kritisch-psychologischen Workshop mit dem Titel „Commoning Our Selves“ hieß es, dass die Essenz emanzipatorischer Gruppenreflexion im Wesentlichen das „ernst nehmen der eigenen Bedürfnisse“ sei.

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Die Keimformen in der Pandemie

Seit zwei Wochen leben wir in Deutschland nun in einem Ausnahmezustand, in Ländern, in denen die Pandemie schon früher ausgebrochen ist, noch länger. Das öffentliche Leben ist weitgehend heruntergefahren, um die Ausbreitung von Covid19 zu verhindern. Einiges ist dazu bereits auch aus linker Perspektive geschrieben worden, einen guten Überblick bietet der Blog Solidarisch gegen Corona. Aus „unserer“ Sichtweise, der der Commons und der Keimformtheorie ist es bisher allerdings noch relativ ruhig, lediglich auf dem CommonsBlog ist ein Text von Jacques Paysan erschienen, der vor allem die biologisch-virologischen Grundlagen erklärt und erläutert warum es sinnvoll ist, sich an die Hygienerichtlinien zu halten. Zudem sind die Auswirkungen zu spüren, es müssen Treffen ausfallen oder auf Videochat verlegt werden, aber offenbar haben einige Leute auch mehr Zeit und schreiben und kommentieren jetzt häufiger hier auf Keimform. Mit diesem Beitrag will ich versuchen, mit ein paar vorläufigen Gedanken auf die gesellschaftlichen Dimensionen der Pandemie einzugehen bzw. vor allem auf die Spielräume transformatorischer Bestrebungen, in der Hoffnung dass darüber noch mehr debattiert wird.

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Mustersprache vs. Kategoriale Utopie

Wie die Muster des Commoning und die kategoriale Utopie zusammengehören

Beim CI Herbsttreffen in Hiddinghausen gab es eine Diskussion verschiedener Sichtweisen auf die Commons als Teil einer gesellschaftlichen Transformation zu einer freien Gesellschaft. Diese haben mich zu ein paar Gedanken zum Verhältnis zwischen den Ansätzen von Silke Helfrich und David Bollier zu einer Mustersprache des Commoning und von Simon Sutterlütti und Stefan Meretz zu einer kategorialen Utopie veranlasst. (Helfrich/Bollier: Frei Fair und Lebendig-Die Macht der Commons und Stefan Meretz, Simon Sutterlütti: Kapitalismus aufheben).

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Die neue Formel des Kommunismus

Bei meinem Bemühen eine historisch fundierte Transformationstheorie zu entwickeln musste ich zuletzt einen kleinen Umweg gehen. Nach dem ich das (für mich) geklärt habe, begebe ich mich jetzt wieder auf den Hauptweg. Da zusätzlich zum Konzept der Transpersonalität jetzt auch noch das Konzept der Metapersonalität nötig geworden ist, muss ich also meine Theorie der Geschichte und der Transformation auch entsprechend anpassen.

  1.  Transpersonalität ist eine unvermeidliche Folge von größer werdenden Gesellschaften. Wenn größere Mengen an Menschen nachhaltig koordiniert werden müssen, werden dafür Institutionen benötigt, die sicher stellen, dass es nicht auf eine einzelne Person ankommt, sondern dass im Prinzip jeder austauschbar ist.
  2. Wie ich ja bereits fest gestellt habe, ist ein treibender Faktor in der größten Zeit der Geschichte die Fähigkeit größere Mengen an Menschen zu koordinieren, als die konkurrierenden Gesellschaften. Je transpersonaler eine Gesellschaft ist, umso mehr hat sie also einen Vorteil in diesem evolutionären Prozess.
  3. Tendenziell  und über lange Zeiträume gesehen waren also Gesellschaften umso weniger transpersonal, je länger sie her sind.
  4. Transpersonalität ist ein ermöglichender Faktor für private Aneignung. Ohne institutionelle Verankerung und also auch prinzipieller Austauschbarkeit von Einzelnen, lässt sich der angeeignete Reichtum der Anderen nicht nachhaltig anhäufen.
  5. Im Gegensatz dazu ist Metapersonalität (genauso wie Interpersonalität) eine Eigenschaft von Gesellschaft an sich. Sie kam mit der Menschwerdung in die Welt. Alle Gesellschaften sind metapersonal, sonst wären sie keine.
  6. Mit einem Epochenwechsel wird die Gesellschaft nach einer neuen Elementarform organisiert. Fähigkeiten und Bedürfnisse werden nach einem neuen Muster vermittelt. Das geht einher mit einer Änderung des Verhältnisses zwischen den verschiedenen Beziehungsebenen (inter-, trans- und metapersonal). Abweichend zu meinen älteren Texten, sage ich jetzt also nicht mehr, dass die Elementarform in bestimmten Epochen inter- oder transpersonal ist. Das ist leider doch alles etwas komplizierter. Dennoch gibt es in manchen Epochen eine bestimmende Beziehungsebene und das Verhältnis zwischen den Beziehungsebenen unterscheidet sich. Insbesondere liegt der Unterschied darin, welche Beziehungsebene welche andere unterstützt und stärkt.

Ich werde nun die einzelnen Epochen etwas ausführlicher beschreiben:

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