Kategorie: Gender

„Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile oder: Die Revolution beginnt im Garten“

[alle Texte der Broschüre „ich tausch nicht mehr – ich will mein Leben zurück“]
Cover der Broschüre "ich tausch nicht mehr - ich will mein Leben zurück"

Kondensat aus einem Gespräch zwischen den vier Menschen aus der Garten-Initiative, geführt im Juli 2014

Seit Anfang 2014 sind wir zu viert in der Garten-Initiative am Karlshof[1]. Einmal in der Woche haben wir einen gemeinsamen Gartentag. Während der verbleibenden Tage werkeln wir auch im Garten, entweder zusammen oder auch jede für sich. Regelmäßige Arbeiten, wie etwa das Gießen, teilen wir untereinander auf. Der Garten erfordert von uns sowohl eine kontinuierliche Präsenz als auch einen zugewandten Kontakt zu lebendigen Prozessen. Außerdem konfrontiert uns die feinteilige Arbeit im Garten, wie etwa das Vereinzeln kleiner Jungpflanzen und das Hacken der Beete per Hand, mit einer ungewohnten Langsamkeit. Sie bringt uns dazu, uns in der Pflege, Achtsamkeit, Fürsorglichkeit und Verantwortung für die Prozesse im Garten und auch mit uns selbst zu üben.

Zu Beginn der Gartensaison 2014 haben wir einen Garten-Ini-Fanclub ins Leben gerufen (den 1. FC GINI), um den Garten für gemeinschaftliche Gestaltung zu öffnen, ihn zu teilen und auch weil wir insgesamt auf Unterstützung angewiesen sind. Der Fanclub besteht aus Personen, die in einer persönlichen Beziehung zu uns stehen. Zu Beginn luden wir garteninteressierte Freund*innen von uns dazu ein, die nach und nach wiederum weitere Freund*innen mitbrachten.

Einmal im Monat laden wir unseren Fanclub zu einem gemeinsamen Garten-Wochenende auf den Karlshof ein und erfahren dadurch nicht nur tatkräftige Mithilfe bei kleineren und größeren Gartenaktionen, sondern es hat sich durch die regelmäßigen Treffen ein verbindliches, aufeinander bezogenes Unterstützer*innen-Netzwerk von ca. 10 Personen gebildet. Eines der besonderen Merkmale der Garten-Wochenenden ist, dass sie einen geschützten Raum für eine Haltung der expliziten Wertschätzung von Bezogenheit bieten, in dem es um ein kooperatives, empathisches Miteinander geht, den es unserer Meinung nach in den meisten gesellschaftlichen (Arbeits-)Zusammenhängen eher nicht gibt.

… sich gegenseitig die Anerkennung und Autorität dazu zu geben, so im Leben tätig zu sein, wie es eine Person glücklich macht oder wo eine was sucht

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Körper und Emanzipation

streifzuege64[Kolumne Immaterial World in der Wiener Zeitschrift Streifzüge]

Die gesellschaftliche Emanzipation wird zumeist als eine Sache des Kopfes aufgefasst. Ich solle doch kognitiv einsehen, dass der Kapitalismus abgeschafft gehört, argumentiert die Linke. Dabei manifestieren sich die alltäglichen Leiden vor allem körperlich: als Schmerzen, Depressionen, Schlaflosigkeit, Unruhe, Angst usw. Das Problem ist nicht, das Leiden am Kapitalismus zu spüren, das Problem ist, es mir nicht als bloß mein individuelles Problem zuzuschreiben. Oder wahlweise externen Schuldigen. Hat die Linke körperliche Emanzipationsvorstellungen – so sie solche nicht ohnehin unter das Utopieverbot stellt? Kann ich die Emanzipation schon ahnungsvoll erfühlen oder muss ich mich knechten bis die Revolution uns und unsere Körper erlöst?

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Anders lieben im mononormativen Kapitalismus?

polyamorie-trierVortrag und Diskussion | Dienstag, 16. Juni 2015, 18 Uhr | Raum B13, Universität Trier

Die uns gefühlt so vertraute Umgebung des Kapitalismus muss jenen Menschen an der Grenze hin zur Epochenwende in den Kapitalismus hinein ungeheuerlich vorgekommen sein. Emotional nicht erfühlbar, geschweige denn kognitiv antizipierbar. Zu groß war der Bruch mit den traditionellen Lebensweisen. Eske Bockelmann hat dies in seinem Buch “Im Takt des Geldes” für die Sphären der Musik, der Poesie und der Wissenschaft gezeigt. Doch auch im Alltag in den Lebens- und Liebesweisen muss der Einschnitt drastisch gewesen sein.

Thesenartig möchte ich diskutieren, welche Rolle die Mononorm (die auch eine Heteronorm ist) — die Beziehung/Ehe von genau zwei Partnern als Kernelement des bürgerlichen Haushalts — bei der Durchsetzung des Kapitalismus spielte und vice versa. (mehr …)

Mononorm und Konstitution des Kapitalismus

Ferienuni Kritische Psychologie[Veranstaltung auf der Ferienuni Kritische Psychologie 2014. Hinkommen – kostenlos!]

Themenstrang: »Emanzipation«
Referent_innen: Stefan Meretz, Andreas Exner
Tag/Zeit: Freitag, 19.9.2014, 16:00–18:00 Uhr

Die uns gefühlt so vertraute Gesellschaft des Kapitalismus ist das Produkt einer Geschichte der Veränderung von Produktionsweisen und damit auch des Selbstverständnisses und -erlebens der Menschen. Diese Geschichte ist für den Bereich der Produktion gut bekannt. Weniger bekannt und diskutiert ist jedoch die Herausbildung der Liebes- und Gefühlswelt, die den Kapitalismus charakterisiert.

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Fragen an meinen Freund, den Replikatorkommunisten

In den technikafinen Kreisen, in denen ich viel verkehre, gibt es viele Leute, die antikapitalistischen oder gar kommunistischen Ideen viel abgewinnen können – und sei es nur deswegen, weil sie sie aus ihren geliebten Science-Fiction-Serien kennen – die dann aber oft in etwa so argumentieren:

„Ja, wenn wir mal Replikatoren|3D-Drucker|KI|Nanoroboter|Weltraumaufzug|Kernfusion|<insert your favorite future technology here> haben, dann gibt es keine Knappheit mehr und dann ist der Kapitalismus obsolet aber bis dahin müssen wir wohl mit ihm leben.“

Ich möchte da jetzt gar nicht groß eine Debatte führen, das hab ich schon so oft getan und es scheint nicht allzuviel zu bewirken. Ich möchte nur meinen Freund, den Replikatorkommunisten (ja, es ist meistens ein Mann und das ist kein Zufall), einmal bitten, ernsthaft über folgende Fragen nachzudenken:

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Commons und Care

pragerfruehling19[Repost aus dem Magazin prager frühling zum Schwerpunktthema der Commons]

Anmerkungen zu Commons-Debatten aus feministischer Perspektive

von Daniela Gottschlich

„Commonsbasierte Produktion begegnet uns in ganz alltäglichen Praktiken. Nehmen wir Jan als Beispiel: Er studiert Wirtschaftsinformatik und arbeitet nebenher unentgeltlich an Wikipedia-Artikeln. Zusätzlich zu den Unterhaltszahlungen seiner Eltern erhält er einen Zuverdienst für die Betreuung der Webseite einer Rechtsanwältin. Er hat dafür ein Open-Source-Programm angepasst, das von einer globalen Entwicklercommunity unter Creative Commons-Lizenz entwickelt wird. Verschiedene Module hat er selbst geschrieben. Scripte und Programmcodes teilt er in Entwicklerforen mit anderen, so dass sie weiterentwickelt und nach Schwachstellen durchsucht werden können. Er ist somit Prosument – gleichermaßen Produzent und Konsument.“

So oder ähnlich könnte ein optimistischer Text, der Commoning im Alltag junger WesteuropäerInnen illustrieren soll, beginnen. (mehr …)

Nicht-aufteilbare Arbeiten im Freiwilligenspiel

Lily Braun (gemeinfrei, Quelle: http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Lily_Braun.jpg)(Voriger Artikel: Vorzüge und Abwandlungen des Freiwilligenspiels)

Das Freiwilligenspiel basiert auf der Grundidee, dass die Menschen die notwendigen und gesellschaftlich gewünschten Tätigkeiten freiwillig und selbstbestimmt untereinander aufteilen. Die benötigten Tätigkeiten werden dabei in öffentlich einsehbaren Listen gesammelt, aus denen sich die Menschen Aufgaben heraussuchen, die ihren Interessen und Fähigkeiten entsprechen. Allerdings gibt es auch Aufgaben, die sich nicht auf diese Weise aufteilen lassen, sondern bei denen von Anfang an klar ist, wer sich dafür zuständig fühlt.

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Parecon versus Peer-Produktion Teil 2: „Einkommensgerechtigkeit“ meets „Wertkritik“

Contraste-Logo[Aus der Mai/Juni-2013-Ausgabe der Contraste; Übersetzung: Brigitte Kratzwald.]

Michael Albert, der Begründer des Konzepts „Participatory Economy“, kurz Parecon, und Christian Siefkes, Vertreter der Peer-Produktion, diskutieren online ihre Ideen. Contraste bringt in vier Folgen eine gekürzte deutsche Übersetzung der Diskussion. Der erste Teil erschien in Contraste Nr. 342.

Michael Albert: Die Peer-Produktion zweifelt an Parecon?

Du bist irritiert, Christian, dass sich in Parecon alles um bezahlte Arbeit dreht, und fragst, warum „alle gezwungen werden, für Geld zu arbeiten, um die Dinge zu kaufen, die sie zum Leben brauchen“. Stimmen wir darüber überein, dass es so etwas wie gerechte und ungerechte Verteilung in dem Sinne gibt, dass eine Person zu viel oder zu wenig des Sozialproduktes im Verhältnis zu ihrer Leistung bekommt, und dass in einer gute Ökonomie Arbeit und Freizeit auf alle gleich verteilt werden sollten?

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