Kategorie: Medientipp

Rezension von Ulrike Herrmann, Das Ende des Kapitalismus

Das Argument 342 (Titelbild)

Aus Das Argument 342 (2/2023), S. 304–306.

Herrmann, Ulrike, Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind – und wie wir in Zukunft leben werden, Kiepenheuer & Witsch, Köln, 2022 (341 S., geb., 24 €)

Verf. schreibt als Autorin und Journalistin unter anderem für den Wirtschaftsteil der taz. In ihrem neusten Buch, das monatelang auf der Sachbuch-Bestsellerliste des Spiegel stand, fragt sie, wie Wirtschaft und Gesellschaft umgebaut werden können, um die Klimakatastrophe abzuwenden. Ihren Vorschlag dazu präsentiert sie im dritten und letzten Teil des Buchs. Zunächst befasst sie sich ausführlich mit dem „Aufstieg des Kapitals“ (Kap. 1–8), wobei sie die Entstehung des Kapitalismus in England und die entscheidende Bedeutung der fossilen Energieträger für dessen Entwicklung seit der „industriellen Revolution“ referiert (Kap. 2–3).

Im zweiten Teil führt sie aus, warum die Idee eines „grünen Wachstums“ keinen Ausweg bietet, wobei der Kern ihres Arguments ist, dass sich Wirtschaftswachstum nicht komplett von zunehmender Naturübernutzung und -zerstörung „entkoppeln“ lässt (Kap.14). Sie schlägt vor, ein „grünes Schrumpfen“ mittels staatlicher Planung herbeizuführen (Kap. 16). Einem Schrumpfungskonzept stimmt sie somit zu, hält der Degrowth-Bewegung aber vor, keine Vorschläge für einen Übergang vom Kapitalismus zu einer Postwachstumsgesellschaft zu entwickeln, der ohne „schwere Wirtschaftskrise“ auskämen (12, 214f.).

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Verteilte commonistische Planung

Aus: Thomas Stölner, Uwe H. Bittlingmayer, Gözde Okcu (2023, Hg.): Anarchistische Gesellschaftsentwürfe. Zwischen partizipatorischer Wirtschaft, herrschaftsfreier Vergesellschaftung und kollektiver Entscheidungsfindung. Münster: Unrast.

Von Stefan Meretz, Simon Sutterlütti

Einleitung

Aus dem 20. Jahrhundert könnte man lernen, dass die »sozialistische Übergangsgesellschaft« mehr als nur einige »Muttermale« (Karl Marx) des Kapitalismus trägt, sondern mit diesem eine gemeinsame Basis teilt: Warenproduktion, Lohnarbeit, Abspaltung der Care-Arbeit, Geld, Externalisierung und Exklusionslogik. Das große Versprechen gesellschaftlicher Planung, Befreiung von Privateigentum und bedürfnisorientierter Produktivkraftentwicklung musste auf der fortbestehenden kapitalistischen Basis von Ware, Wert, Arbeitszwang etc. scheitern. Auch die vielfältigen aktuellen Alternativkonzepte von mehr markt- bis zu eher staatssozialistischen Ansätzen sind weiterhin von vielen dieser Muttermale gekennzeichnet. Deswegen vertreten wir mit dem Commonismus eine mögliche Gesellschaft, die viele Impulse der Commons – als heutiger re/produktiver Praxis »jenseits von Markt und Staat« (Elinor Ostrom) – aufnimmt und gesellschaftlich verallgemeinert. Das sei im Folgenden skizziert (vgl. Sutterlütti/Meretz 2018, 2023), bevor wir in diesem Text den Schwerpunkt auf die Planungsfrage legen.

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Anarchistische Gesellschaftsentwürfe

Ein spannendes Buch ist erschienen, und wir – Simon und ich – freuen uns außerordentlich, dort mit dem Beitrag „Verteilte commonistische Planung“ vertreten zu sein. Simon hat in seinem zweiten Beitrag „Parecon: Noch immer Lohnarbeit, noch immer Kapitalismus“ zusätzlich das Parecon-Modell kritisch unter die Lupe genommen (mit Antwort von Robert Hahnel).

Ich kenne anderen Beiträge sonst noch nicht, aber das Inhaltsverzeichnis des prall gefüllten Buchs verspricht eine spannende Lektüre:

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Eine Erde für alle!!

Der neue Bericht an den Club of Rome fordert Gemeingüter in einer Wohlergehensökonomie

Es gibt einen neuen Bericht an den Club of Rome. Ja, das war das, was unter dem Titel „Grenzen des Wachstums“ vor genau 50 Jahren zwar berühmt wurde, aber keine Abkehr vom „Business as usual“ erreichen konnte. Nach 20, 30 und auch nach 40 Jahren gab es jeweils neue Versionen, bei denen die Annahmen über die Ressourcenverfügbarkeit und neues Wissen über die Gefahr des Klima-Umbruchs eingearbeitet wurden. Die natürlichen Lebensgrundlagen schwinden, soziale Stabilität geht verloren, die Krisen schaukeln sich auf…

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Keimform bei Konferenz „Reiz der Nische“

Ich halte nen Vortrag zu „Keimformen des Neuen: Commons und die Überwindung der Wachstumsgesellschaft“ übernächsten Donnerstag, 18.11. um 14 Uhr bei der Tagung „Reiz der Nische„. In meiner Session ist auch u.a. Niko Paech, bin schon gespannt auf die Diskussion, wobei wie üblich wahrscheinlich zu wenig Zeit dafür ist :).

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Buchtipp: „Solidarische Ökonomie & Commons“ von Andrea*s Exner und Brigitte Kratzwald

Nach Massimo De Angelis‘ „Omnia Sunt Communia“ habe ich den kurzen Band „Solidarische Ökonomie & Commons“ von Andrea*s Exner und Brigitte Kratzwald (erschienen 2012) aus der Intro-Reihe des Mandelbaum-Verlags gelesen. Darin geben die Autor*innen eine Einführung in die Thematik von Commons und Solidarischer Ökonomie, eingebettet in eine Kritik an Marktwirtschaft und Kapitalismus sowie die Perspektive gesellschaftlicher Transformation, bei der auch Kämpfe und politisches Bewusstsein eine wichtige Rolle spielen. Gerade ist im Mandelbaum-Verlag eine erweiterte und aktualisierte Neuauflage erschienen, durch die das Buch hoffentlich wieder mehr in die Diskussion kommen wird. Die darin vorgenommenen Aktualisierungen werden in dieser Rezension nicht berücksichtigt, da mir nur die ältere Ausgabe vorlag (auf die sich auch die Seitenangaben beziehen).

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Massimo de Angelis‘ „Omnia Sunt Communia“ – Eine Grundlegung der Commons

Auf der Suche nach Commons-Theoretiker*innen, die Commons im Zusammenhang mit sozialen Kämpfen diskutieren, stieß ich durch eine Empfehlung von Friederike auf Massimo De Angelis und sein Buch „Omnia Sunt Communia: On the Commons and the Transformation to Postcapitalism“ (die Erstausgabe erschien noch mit dem Untertitel „Principles for the Transition to Postcapitalism“). Annette hat es relativ zeitgleich mit mir auch gelesen und bereits eine ausführliche Besprechung in mehreren Teilen auf ihrem Blog veröffentlicht. Es ist schade, dass es bisher noch nicht ins Deutsche übersetzt wurde, denn das Buch bietet eine umfangreiche theoretische Bestimmung des Commons-Begriffs, die aus einer systemtheoretischen Perspektive stets auch das (kapitalistische) Umfeld heutiger Commons in den Blick nimmt sowie Commons im Kontext von Klassenkämpfen und sozialen Bewegungen diskutiert und damit einige interessante Anregungen für Transformationsstrategien liefert. Was leider zu kurz kommt, ist eine grundsätzlichere Kritik an Markt und Tauschlogik, deren Fehlen gemeinsam mit dem leider noch immer sehr üblichen Vermeiden utopischen Denkens dazu führt, dass De Angelis einigen Potentialen des Commonings, trotz sonstiger theoretischer Schärfe, nicht ganz gerecht wird. Dennoch lässt sich „Omnia Sunt Communia“ dank der oben genannten Punkte als eine Art „Grundlegung“ der Commons aus einer antikapitalistischen Perspektive bezeichnen.

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