Inter-, Trans- und Metapersonalität
Bei den Diskussionen über meine holprigen theoretischen Versuche in den letzten Wochen ist mir immer wieder aufgefallen, dass ein Begriff am häufigsten für Un- oder Missverständnisse sorgt. Und zwar der Begriff der Transpersonalität. Zum einen habe ich festgestellt, dass manche Leute Probleme hatten überhaupt zu verstehen, dass es neben der direkten interpersonalen Ebene noch etwas gibt, was sich nicht darin erschöpft. Im Grunde geht es da vermutlich um ein Verständnis von Gesellschaftlichkeit überhaupt. Zum anderen habe ich mit anderen wiederum, die durchaus den Sinn einer solchen Unterscheidung verstanden haben, große Unterschiede darin bemerkt, was wir darunter zu verstehen scheinen. Nach langen Überlegungen und Grübeleien bin ich zum Schluss gekommen, dass wir eigentlich über unterschiedliche Dinge gesprochen haben. Deswegen halte ich es für nötig, neben der Inter- und der Transpersonalität einen weiteren Begriff einzuführen, nämlich den der Metapersonalität. Im Folgenden versuche ich also nun genauer zu bestimmen, worum es bei den drei Begriffen geht. Hintergrund von all diesen Überlegungen ist immer noch die Frage, wie eine Transformation zum Kommunismus funktionieren kann. Die Begriffe müssen also vor allem für diesen Anwendungsfall überzeugen.
Zunächst die alt bekannten Begriffe in neuer kurzer und prägnanter Formulierung:
- Eine Beziehung zwischen Personen ist dann im wesentlichen interpersonal, wenn die konkreten Personen mit ihren Fähigkeiten und Bedürfnissen in ihrer Gesamtheit in ihr wichtig und nicht austauschbar sind.
- Eine Beziehung zwischen Personen ist dann im wesentlichen transpersonal, wenn die konkreten Personen mit ihren Fähigkeiten und Bedürfnissen in ihrer Gesamtheit in ihr nicht wichtig und austauschbar sind.
Dazu zunächst einige Anmerkungen:
- Wie die Formulierung „im wesentlichen“ schon andeutet, gibt es nicht nur Beziehungen, die in ihrer Reinform nur in die eine oder nur in die andere Kategorie fallen. Es geht also um eine analytische, begriffliche Unterscheidung.
- Jede transpersonale Beziehung ist im Prinzip interpersonalisierbar, wenn auch meist nur mit großem Aufwand. Umgekehrt gilt das nicht. Ich kann im Prinzip die vietnamesische Näherin meines T-Shirts ausfindig machen, aber ich kann meine Kinder nicht austauschen.
Die Versuchung liegt nahe, Gesellschaftlichkeit als transpersonal zu verorten und viel in unserer bisherigen Diskussion geht auch in diese Richtung. Tatsächlich denke ich aber, dass diese Bestimmung die eigentliche gesellschaftliche Ebene noch gar nicht erreicht, sondern auf der Ebene von Institutionen verbleibt. Institutionen werden geradezu dadurch definiert, dass die Menschen in ihnen austauschbar sind und sie trotzdem bestehen bleiben. Gesellschaft ist aber mehr als eine Summe von Institutionen.
Ich werde nun zunächst einige Beispiele auflisten, von denen ich denke, dass an ihnen besonders deutlich wird, dass sie mit bloßer Transpersonalität noch nicht wirklich erfasst werden:
- Sprache ist offensichtlich nicht bloß transpersonal. Sprache wird sowohl in inter- wie auch in transpersonalen Beziehungen verwendet. Neben der Verwendung auf mehr oder weniger inter- oder transpersonale Weise habe ich aber auch immer beim Sprechen oder Schreiben eine Beziehung zu allen vergangenen Sprechern dieser Sprache. Die Sprache ist geschichtlich geformt von Millionen von Menschen, die auf diesem Weg einen – wenn auch meist winzigen – Einfluss auf die Beziehung haben, in der diese Sprache benutzt wird.
- Kultur im weiteren Sinn sind auch allerlei Gebräuche und Gewohnheiten, Etiketten und Mythen, Referenzen und Religionen, die in jede Beziehung hinein wirken ohne dass sie aus der Beziehung selbst erklärbar sind, sei diese jetzt inter- oder transpersonal.
- Wissenschaft erzeugt Wissen, dass im Idealfall sehr schnell für die gesamte Menschheit verfügbar ist, ohne dass ich mit irgendeinem Wissenschaftler eine Beziehung haben müsste. Dennoch wirken wissenschaftlich generierte Wahrheiten in alle Beziehungen mit rein.
- Ähnliches gilt auch für andere Formen von Diskursen, z.B auch Verschwörungsdiskurse.
- Technik und ihre Artefakte beeinflussen unseren Umgang mit der Welt ohne dass ich mit irgendeinem Techniker auch nur eine transpersonale Beziehung haben müsste.
- Wie ich bei einem Vortrag von Eva lernte: Die heteronormative Matrix ist nicht erklärbar auf rein institutioneller Ebene, sie durchzieht die gesamte Gesellschaft. Sie bestimmt Beziehungen und wird nicht von Ihnen bestimmt, außer in einem abstrakten gesellschaftlich durchschnittlichen Sinn.
- Und zuletzt noch das vermutlich umstrittenste Beispiel: Die Warenproduktion. Kaufen und Verkaufen und damit auch der Tausch sind zwar transpersonal erklärbar. Wir kaufen Waren und meistens ist uns egal von wem. Wir verkaufen sie und auch da ist uns meist wichtiger, dass wir verkaufen als an wen. Die Elementarform des Kapitalismus beschränkt sich aber eben nicht auf den Tausch als dessen elementare Handlung (Für diese Unterscheidung siehe These 11 hier). Und im weiteren Sinne ist sie dann eben auch nicht mehr transpersonal, sondern metapersonal. Der Preis einer Ware bestimmt sich nicht durch Beziehungen, seien sie auch transpersonal, sondern durch den gesellschaftlichen Durchschnitt dieser transpersonalen Beziehungen. Ob sich also Kapital wirksam verwertet entscheidet sich nicht einfach in einem transpersonalen Tauschakt sondern erst im indirekten Kontakt mit der gesamten gesellschaftlichen Produktion.
- Habt ihr noch Beispiele? Schreibt es in die Drunterkommies!
Mit diesen Beispielen voraus geschickt kann ich jetzt eine Definition versuchen:
- Alle inter- und transpersonalen Beziehungen zwischen Personen werden auf vielfältige Weise metapersonal beeinflusst. Ein solcher Einfluss liegt dann vor, wenn Handlungen von Personen, die nicht Teil der Beziehung sind, eine Beziehung transpersonal beeinflussen.
Auch zu dieser Definition wieder einige Anmerkungen:
- ein einfacher interpersonaler Einfluss reicht nicht als Kriterium, weil es ja nicht darum geht, wenn Egon und Erna über Paul reden.
- Metapersonalität ist nicht einfach nur eine „höhere Stufe“, also irgendwie Level 3, wenn Interpersonalität Level 1 ist und Transpersonalität Level 2, es liegt eher quer zu dieser Unterscheidung.
- Gesellschaft konstituiert sich in allen drei Formen, also sowohl inter-, als auch trans- und metapersonal. Metapersonal sind diejenigen Beziehungen, die sich rein auf gesellschaftlicher Ebene abspielen.
In meinen bisherigen Versuchen zur Theorie der gesellschaftlichen Transformation habe ich nur von Transpersonalität gesprochen und damit manchmal bis meistens Phänomene gemeint, die ich jetzt als metapersonal beschreiben würde. Das hat zu einiger Verwirrung geführt. Diese neue Bestimmung wird also auch meine Theorie von Geschichte und Transformation verändern. Ich bin noch nicht so weit, dass jetzt schon alles benennen zu können, aber ein paar Sachen sind mir schon klar, auch wenn mir noch nicht im Detail klar ist, was daraus folgt:
- Schon in der imperialen Phase ist die Elementarform oft stark transpersonal geprägt. Auch wenn ein Auswechseln des Herrschers zu enormen Verwerfungen führen konnte, bleibt die transpersonale Institution des Königs oder Kaisers meist unangetastet.
- Das Neue an der kapitalistischen Elementarform ist also nicht ihre Transpersonalität sondern ihre Metapersonalität.
- Jede private Aneignung, die halbwegs verlässlich ist und nicht bloß prekärer Raub benötigt Institutionen und somit Transpersonalität.
- Es ist eine Gesellschaft denkbar, die nur wenige bis hin zu fast keinen transpersonalen Elementen oder Institutionen enthält. Das allgemein menschlich-gesellschaftliche ist also nicht die Transpersonalität sondern die Metapersonalität.
Ich bin gespannt zu welcher Transformationstheorie mich das jetzt wieder führen wird und freue mich auf eure Gedanken dazu.
Vielen Dank an alle, die mir beim Denken geholfen haben, insbesondere Andrej, Jan, Bini, Eva, Simon und Franziska.
Update: Nach noch mal drüber schlafen und grübeln über Simons Kommentar bin ich auf eine wesentlich einfachere Bestimmung von Metapersonalität gekommen.
- Metapersonal sind diejenigen Beziehungen, die sich prinzipiell nicht interpersonalisieren lassen.
Anmerkungen dazu:
- Beispiele: Ich kann die Näherin meines T-Shirts ausfindig machen aber nicht den Erfinder der heteronormativen Matrix, einer Höflichkeitsregel, den Schuldigen an der Finanzkrise.
- Damit wird Metapersonalität genauso wie Inter- und Transpersonalität wieder zu einer Eigenschaft von Beziehungen. Und das Ganze nimmt doch wieder eher den Charakter einer Hierarchie an.
- Es wird klarer, warum sich Meta- und Transpersonalität intuitiv oft erst mal nicht so gut voneinander unterscheiden lassen. Es ist eben oft sehr schwer eine transpersonale Beziehung zu interpersonalisieren, auch wenn es prinzipiell möglich ist.
- Eventuell gibt es Fälle, in denen ein Diskurs so stark von Einzelpersonen geprägt wird, dass die Unterscheidung schwierig wird. Ist das Gravitationsgesetz ein bloß transpersonales Phänomen nur weil man es auf Newton und Einstein zurück führen kann? Da bin ich unsicher. Wird an dieser Stelle das Reden über Mittel nötig, wie es Simon vorgeschlagen hat? Wie ihr seht, es ist alles ein Work in Progress.
Update zum Update:
Ich bin nach weiterem Grübeln nun zum Schluss gekommen, dass _beide_ Definitionen richtig und wichtig sind um Metapersonalität zu fassen. Metapersonalität ist also gleichzeitig eine Eigenschaft von Beziehungen also Beziehungen, die nicht interpersonalisierbar sind, als auch der Einfluss dieser Beziehungen auf inter-oder transpersonale Beziehungen. Das widerspricht sich ja gar nicht! Heureka!
Oh mann .. doofes Internet … jetzt muss ich alles nochmal schreiben .. naja: Also ich find es sehr schön, dass du versucht die Begriffe zu klären, ich habe selbst da ein Gefühl der Unklarheit 😉
1. Ich wollte gerade schreiben „Jede transpers (tp) Beziehung wird interpers (ip) hergestellt. Z.b. geht ich in den Supermarkt und kaufe da die Schuhe die irgendein Mensch in Äthiopien hergestellt hat“ Ich glaube aber da ist vielleicht eine Verwechselung von Unmittelbarkeit und Interpersonalität drin, in diesem Text (keimform.de/2017/der-commonismus-ist-kein-wg-plenum-1/) hab ich das einmal ziemlich gleich verwendet. Ja ich habe eine unmittelbare Beziehung zu dem Verkäuferin (obwohl sie noch immer über Sprache vermittelt ist, aber ich meine ich habe eine Beziehung mit der konkreten Person), aber diese Person ist eigentlich für mich austauschbar; für meinen Einkauf wäre es relativ egal, wenn da jmd anderes stehen würde … Macht das Sinn? Ist das daneben? Mögen mich jmd verstehen
2. Ich bin mir bei deinem Begriff der Insitution unsicher. Was meinst du damit? Für mich sind Institutionen sowas wie soziale Muster, re/produzierte soziale Praktiken. Z.B. Sprache: wir reproduzieren sie alle, aber immer ein bisschen anders (produzieren sie damit auch wieder neu).
3. Ich bin mir bei deinem Begriff der Transpersonalität unsicher. Ich würde sagen Sprache, Gesellschaft, etc. sind transpersonal, weil wir hier in einem sozialen Raum gegenständliche, soziale und symbolische Mittel als allgemeine Andere herstellen. Dieser Mittelaspekt fehlt mir bei dir noch ein bisschen, vielleicht hilft er? (PS: Spannend wäre da auch mal zu klären, was es bedeutet, dass ip Beziehungen auch immer vermittelt sind, weil wir ja Sprache, Codes, Verhaltesformen, etc. anwenden … aber trotzdem sind ip und tp iwie verschieden vermittelt)
4. Kannst du Metapersonalität nochmal vertiefen und von Transpersonalität abgrenzen? Du schreibst, dass metapersonalität damit zu tun hat, dass eine Person nicht Teil der Beziehung ist, aber hab ich nicht eine tp Beziehung zu Hegel weil er Begriffe bestimmt definiert hat und diese Begriffe fortwirken? Ich weiß noch nicht wie du die Trennung vollziehst von wegen, eine Person ist mit mir jetzt in Beziehung und die andere nicht ….
Naja, es mögen jmd schlauer aus meinen Kommentaren werden als ich selbst … viel Glück 😉 and greetz
ad 1) sorry, aber ich verstehe überhaupt nicht, was Du meinst 😀
ad 2) Wikipedia schreibt: „
Institution (lateinisch institutio ‚Einrichtung‘) ist ein in den Wirtschafts- und Sozialwissenschaften uneinheitlich definierter Begriff. Im Allgemeinen wird darunter ein Regelsystem verstanden, das soziales Verhalten und Handeln von Individuen, Gruppen und Gemeinschaften in einer Weise formt, stabilisiert und lenkt, dass es im Ergebnis für andere Interaktionsteilnehmer erwartbar wird. Im engeren Sinne werden unter Institutionen auch feste gesellschaftliche Einrichtungen wie Behörden, Gerichte, Universitäten und Schulen verstanden.“
ich meinte in diesem Kontext hier nur Institutionen im zweiten, engeren Sinn. Hätte ich deutlich machen sollen. Ersteres ist tatsächlich schon eher metapersonal.
ad 3) „Meine“ Definition der Transpersonalität ist ziemlich wörtlich die, die ich von Dir hab bei unserer Diskussion in Hiddinghausen. Deswegen verwirrt mich das jetzt etwas 😀
Das mit den Mitteln stimmt, die hab ich hier nicht mit drin. Ich sehe aber auch nicht wozu das hier beitragen sollte. Es geht ja erst mal nur um die Eigenschaften von Beziehungen. Aber man könnte vielleicht sagen, Sprache etc. sind metapersonal hergestellte Mittel.
ad 4) Ich würde sagen Deine Beziehung zu Hegel ist zum großen Teil interpersonal, weil er nicht austauschbar ist (mit ganz viel Metapersonalität die in der ganzen Theorietradition mitschwingt).
Generell: Inter- und Transpersonalität sind Eigenschaften von Beziehungen. Metapersonalität ist eine Eigenschaft von Gesellschaft, deswegen macht es keinen Sinn von einer „metapersonalen Beziehung zu XY“ zu sprechen.
(Ok, im Text schreibe ich manchmal „metapersonal sind diejenigen Beziehungen, …“ was eine Eigenschaft von Beziehungen nahelegt. das hab ich vermutlich einfach unklar ausgedrückt, muss ich nochmal drüber nachdenken)
@Simon: Bin heute morgen mit einem Update im Kopf aufgewacht, der die Unterscheidung vielleicht noch mal klärt. Siehe oben.
Guten Morgen,
Work in Progress 😉 .. sehr schön … na mal los
zu1: ich glaube ich hab die Frage gestellt ob Unmittelbarkeit und Interpersonalität immer zusammenfallen. Aber nein, ich habe auch eine interpersonale Beziehung mit der Person mit der ich gemeinsam die Redaktion unseres Buches diskutieren, aber die Beziehung ist nicht unmittelbar. Interpersonale Beziehungen können also das unmittelbare überschreiten. oder?
zu3: Ich glaube das liegt einfach insgesamt daran, dass ich mir mit den Unterscheidungen noch nicht so 100% sicher bin … hmm hmm
zuMetapersonal: Für mich klingt Metapersonal sehr nach Emergenz, Menschen handeln in konkreten Situationen (sind höflich, der franz. König verlangt Tischmanieren, dass diffundiert in die Gesellschaft, oder kommt von sonst wo) und aus diesen Handlungen ergeben sich dann gewisse Stukturen. So würde in deiner Definition emergente soziale Phänome als metapersonale Beziehungen auftreten, während ich glaube ich diese emergente Phänomene als ein Teil von transpersonalen Beziehungen sehen würde, die halt auch emergent sein können und dann eben nicht mehr intpersonalisierbar (Das Ganze ist dann halt schon mehr als die Summe seiner Teile). Oder wie hilft uns da die Differenzierung zwischen transpersonal und metapersonal? Weil wenn du sagst Metapersonalität gibt es nur in der kapitalistischen Elementarform, dann würde es in dem Definitionsversuch bedeuten, dass nur in der kapitalistischen Elementarform Emergenz angelegt ist …
5: Noch ne Frage: Transpersonale Beziehung bedeutet ja auch, dass ich für allgemeine Andere etwas herstelle. Wenn ich in einem Großunternehmen nun die Schrauben für die spätere Maschine herstelle, dann habe ich zu der Person welche die Maschine zusammenschraubt schon eine transpersonale Beziehung oder?
Begriffsbildung zielt darauf, je in bestimmten Hinsichten wichtige Gemeinsamkeiten /(Nicht-Unterschiedenheiten, Nicht-Unterschiede) und Unterschiede zu benennen. In beiden Richtungen kann man fehlgehen; zu wenig Unterschiede berücksichtigen, und zuviele. Ein weiterer Mangel beim Begriffebilden (Denken ieS) ist, dass man die Übersicht verliert, und vergisst, WORAN man jeweils seine (Nicht)Unterschiede macht.
Die wichtige Unterscheidung, die Benni machen möchte, soll gemacht werden an BEZIEHUNGEN zwischen Menschen. Allein schon die Eingrenzung der Beziehungsarten, die für Bennis Unterscheidung infragekommen, steht aus (und ist es eigentlich, die zumindest einige der unter mp tp ip verhandelten Fragen aufkommen lässt):
i. Wenn man sich fragen muss, welche „Beziehung“ man zu Hegel, Newton und sonstigen Vorfahren hat (oder zu denen, deren Vorfahre man möglicherweise sein wird), scheint eine wichtige Grenze überschritten: (Nicht)Zeitgenossenschaft; die ((nicht)geteilten) Zeithorizonte der in Betracht kommenden „Beziehungen“ sollten bedacht werden.
ii. Werden denn ALLE Beziehungen zwischen Menschen betrachtet? Ihre biologischen wohl eher nicht, ausser, sie hätten „gesellschaftliche“ oder Vergesellschaftungs“-Relevanz (Elternschaft) (hier schon sehr viel Strittiges mit Soziobiologen und andern Biologisten, Rassisten usw). Was bleibt dann an „kulturellem“ Material, das „Beziehungen“ begründet? Hier (einmal mehr) mein Vorschlag:
(Un)Koordinierte (nicht)kollektiv (nicht) kooperative (arbeitsteilige) reproduktive Praxis und deren (auf Lernen beruhender) Fortschritt, auf einem gegebnen „Stand (der Produktivkräfte“ (hier wieder die Dimension Zeit-Horizont).
Jeder kollektiven (Versuchs)Praxis zugrunde liegen Absichten, Praktiken, Projekte (Ziele, Pläne, Zwecke); bedingte solche; und Regeln (unter bestimmten Typen von Bedingungen auszuführende Typen von Praktiken). Sie sind Inhalt von tatsächlichen und wiederholten Praxis-Realisierungen, oder Entwürfen zu solchen (Abänderungen, Neu-Einführungen), als solchen dann auch Inhalt von Vorschlägen, Forderungen und Erwartungen an andere. Hinter all dem stehen Erfahrungsstände und die Art und Weise, wie sie von je Einzelnen zu Entwürfen usw verarbeitet (und gegenüber andern dann zur Begründung angeführt) werden.
iii. Nennen wir das unter ii. Angeführte „Inhalt der (Arten von) Beziehungen“ (um die es gehen soll): Dann haben wir eine ungeheure Vielfalt ins Auge zu fassen, die entsteht, weil verschiedene Menschen zu unterschiedlich vielen, und vor allem zu unterschiedlichen Inhalten überhaupt Stellung nehmen (können) bzw genommen haben, woraus sich allererst ihre diversen (subjektiven) (Nicht)Bezugnahmen auf „Andere“ ergeben; das Subjektive ihrer (so ((un)realistisch) eingeschätzten, gewünschten) Bezugnahme geht nicht ganz auf in ihren objektiven Bezügen, in denen sie (spätestens aus Sicht von Beobachtern) stehen, und die ihnen bewusst sein können oder auch nicht.
iv. Soweit mehrere oder (unbestimmt) viele Personen im Bezug auf Inhalte (nicht) übereinstimmen, lassen sie sich als Gruppen zusammenfassen (objektiv; wenn ihnen dies selbst gegenwärtig ist, auch subjektiv).
Die Beziehungen, die auf dieser (Nicht)Übereinstimmung aufbauen, können sich auf die Angehörigen der Gruppe beziehen: ausschliesslich (Binnenbeziehungen), oder ausschliesslich auf ihr nicht Angehörende (Aussenbeziehungen), oder auf solche, die eine bestimmte Bedingung erfüllen, oder auf „alle“ (Personen überhaupt). Diejenigen, auf die die Betreffenden subjektiv Bezug nehmen oder objektiv bezogen sind, können im Bezug auf den Inhalt mit ihnen (nicht) übereinstimmen und die darauf begründete Bezugnahme auf sich (nicht) akzeptieren: (a)symmetrische Beziehung.
v. Die Nicht-Akzeptanz kann indifferent bleiben, aber auch konflikthaft zu Auseinandersetzung führen oder Kooperation generell oder punktuell behindern und unmöglich machen, Eine (A)Symmetrie zweiter Stufe ergibt sich aus (Nicht)Unterschieden, wie mit asymmetrischen Bezugnahmen und Bezogenheiten umzugehen ist.
vi. Dies vorausgesetzt, könnte man Kriterien für inter/trans/metapersonal(isierbar) erwägen; Benni nennt Kriterien, die sich auf Bedürfnisse und Fähigkeiten von Einzelpersonen beziehen, die DADURCH für andre „wichtig“ und „(nicht)austauschbar“ (besser: ersetzbar, mit welchem Aufwand?) werden (ko-variieren diese beiden Kriterien?).
Hier möchte ich weiteren progress des work abwarten, schlage aber schon jetzt als zentral ins Auge zu fassendes „Mittel“ VERSTÄNDIGUNG (resultativ: den Grad der Verständigtheit) vor. Die bezieht sich auf die Beziehungen, die die Gründe von Personen und Gruppen zu denen haben, die andere Pesronen oder Gruppen für je ihre Entwürfe usw oder realen Praktiken anführen (würden; soweit ihnen selbst bewusst und andern bekannt). Also besser nicht unspezifisch reden von Beziehungen zwischen Personen; sondern zwischen ihren Gründen für reales und nicht reales, aber befürwortetes oder abgelehntes Handeln (vgl ii.). Verständigtheit (im bezug auf diverse Inhalte) könnte ein Kontinuum sein, das von einem denkbaren Maximum an Verständigtheit (wie könnte es beschaffen sein?) bis zu einem (absoluten) Minimum (Sprachlichkeit?) reicht, und worin Ip(isierbar), Tp(isierbar), Mp(isierbar) grosse Zonen umfasst. (Mp(isierbar) könnte so etwas darstellen wie (die Fähigkeit zum) Aufgenommen-Werden/Wordensein ins Inventar tradierter „kultureller“ Standard-Inhalte (einer biographien-übergreifend dauerhaft existierenden Gruppe, die identifiziert ist durch ein (bedingtes) Projekt (zB Selbsterhalt entlang einem bestimmten Identifikationsmerkmal: zB Nationalität) und/oder Regel(system).).
Anm. Die Hinzufügung von „nicht/un-“ soll dran erinnern, dass es sich um je positive wie negative Möglichkeiten handelt, die jeweils mit dem Ausdruck benannt sind. Da wir von Handeln sprechen, sind negative Bestimmungen oft bezogen auf Unterlassenes, das erwartbar (durch „Um- und Dazulernen“) nachgeholt werden kann oder könnte, wenn die Betreffenden bestimmtes erleben oder erfahren.
Anm. Worte wie „subjektiv“ und „objektiv“ beruhen auf (rechtfertigbaren) Erwartungen, worüber man sich mit Personen (da vernünftig, rational) auf Dauer einigen kann.
Spannende Überlegungen, wieder einmal! Sehr überzeugend finde ich es, inter- vs. trans- anhand des Kriteriums der grundsätzlichen Austauschbarkeit der Beteiligten (aus Sicht der andere Beteiligten) zu definieren — das finde ich treffender als die vage Vorstellung von Face-to-Face- oder direkten Kontakten, die sonst oft mit der Interpersonalität verbunden zu sein scheint.
Überzeugend finde ich auch die Idee, wonach Beziehungen daneben immer auch durch sowas wie das allgemeine Wissen, allgemeine Überzeugungen und Werte und auch Realisierungen des allgemeinen Wissens etwa in Form technischer Artefakte geprägt werden. („Alle inter- und transpersonalen Beziehungen zwischen Personen werden auf vielfältige Weise metapersonal beeinflusst.“) Marx sprach da einmal vom general intellect — bei ihm wird das zwar auf die Produktivkraftentwicklung verengt, aber ansonsten scheint mir das eine ähnliche Idee wie deine Metapersonalität auszudrücken?
Das Update allerdings scheint mir problematisch: „Metapersonal sind diejenigen Beziehungen, die sich prinzipiell nicht interpersonalisieren lassen.“
Denn damit führst du eine dritte Art von Beziehungen ein, während du vorher — und ich finde richtiger — alle Beziehungen als metapersonal beeinflusst betrachtet hattest. Aber ich habe ja keine Beziehung zur heteronormativen Matrix und auch keine (würde ich behaupten) zu Einstein und Darwin, auch wenn mich die Erkenntnisse letzterer mehr oder weniger bewusst und erstere sicherlich eher unbewusst beeinflussen. Allgemeiner: niemand hat Beziehungen, die nur metapersonal sind, und es gibt keine Beziehungen, die nicht auch metapersonal geprägt sind.
Geht man aber davon aus, dass alle Beziehungen metapersonale Aspekte haben, dann kann deine Schlussfolgerung: „Das Neue an der kapitalistischen Elementarform ist also nicht ihre Transpersonalität sondern ihre Metapersonalität“ nicht hinhauen. Tatsächlich sind ja auch klarerweise metapersonale Elemente wie Sprache und Wertvorstellungen für z.B. hierarchie/kommandobasierte Gesellschaften genauso essenziell für den Kapitalismus — und da dann ein „ja aber für die Elementarform sind sie irgendwie nicht so wichtig“ hinterherzuschieben, würde mir bemüht und unplausibel erscheinen.
@Christian: Ja, ich habe keine Beziehung zur heteronormativen Matrix aber zu den Menschen, die sie gebaut haben. Beim Wissen heißt es ja auch immer „Wir stehen auf den Schultern von Riesen“. Diese Riesen meine ich. Und ich denke schon, es macht Sinn da von Beziehungen zu reden. Es geht im Grunde darum Binis „Beziehungen“ in „Beziehungsweise Revolution“ auseinanderzufriemeln um das greifbarer zu machen, was die Unterschiede und Gemeinsamkeiten sind.
Und ja, alle Gesellschaften basieren auf Metapersonalität. Trotzdem gibt es da ganz klar einen Unterschied im Kapitalismus. Auf der Ebene der Herrschaft ist es vielleicht relativ unstrittig? Persönliche Herrschaft wird im Kapitalismus zu großen Teilen in Strukturen verlagert, das ist ja eigentlich ein linker Allgemeinplatz. Ich versuche zu verstehen, was dieser Prozess für Beziehungen und Elementarformen bedeutet (und für den Kommunismus).
Metapersonalität ist also auf jeden Fall wichtig für vorkapitalistische Elementarformen (zB in Form von religiöser Legitimation), aber ich denke sie spielt eine andere Rolle. Wie genau, versuche ich raus zu kriegen.
@Simon: Ja, vermutlich kann man Metapersonalität als emergentes Phänomen aus Transpersonalität erklären. Aber das ändert ja gar nix. Die Frage ist doch, auf welcher Ebene ist mein Erkenntnisinteresse angesiedelt. Für uns geht es um die Transformation der Gesellschaft, also müssen wir versuchen raus zu kriegen, was genau dieses „Gesellschaft“ eigentlich ist. Ich meine eben, dass „Transpersonalität“ als solche noch nicht ausreicht um diese Ebene zu erreichen. Wenn man unterscheidende Begriffe macht, geht es ja immer darum Trennlinien zu ziehen. Im Grunde ist das ein Stück weit beliebig, es kommt drauf an, was ich damit erreichen will. „Wir“ hadern schon länger mit dem Problem, dass sich die Commons nicht einfach auf die gesellschaftliche Ebene hochskallieren lassen, deswegen brauchen wir Begriffe um zu gucken, was genau da noch fehlt und „Metapersonalität“ ist jetzt mein Vorschlag dazu. „Emergenz“ ist für mich vor allem so ein Handwedelbegriff, den man immer dann hervorholt wenn man nicht mehr weiter weiß und der im Grunde nix erklärt. Der würde unser Problem hier zudecken und uns nicht weiterhelfen (so meine Intuition dazu).
ad 5: Ja, denke schon. Wieso?
Ich fürchte, wir sind langsam selber Riesen – gezwungenermassen versuchen wir, uns die fundamentalen Kategorien einer ganzen (auch bürgerlich-akademischen) Wissenschaft zu erschliessen.
Darum… Ergänzung an dieser Stelle zu meinen Ausführungen oben:
Beziehung ist der Rahmen.
Was DARIN geschieht (soweit was geschieht), ist „Interaktion„, nämlich
– Durchsetzung(sversuch)=Konflikt-Austrag*)
– Kommunikation(sversuch) (Verständigung zur Feinabstimmung im Rahmen der bestehenden Beziehung)
und/oder
– erzwungene und/oder konsensuelle Kooperation und Aneignung**).(Jenseits davon beginnt Nichtbeziehung: was jeder bzw jede Gruppe tun kann, ohne andre zu tangieren).
*) nicht zu vergessen: der intra-personale, pathologisch ungelöste Konflikt
**) um den Anschluss an die begrifflichen Bestandteile der Elementarform herzustellen
Beziehung kann (und muss, immer wieder) feinabgestimmt werden durch Kommunkation(sversuche), aber auch verändert und völlig neu aufgestellt werden durch Verständigung ieS, vor allem die Bezugnahmen.
Speziell die Bezüge können obendrein durch Durchsetzung („Gewalt“: unmittelbarer Zwang, Drohung, Erpressung, Täuschung/Lüge sowie dadurch behinderte Kommunikationen (va. letztere auch mit Einfluss auf Bezugnahmen)) gestaltet werden.
Die Beziehungen in bürgerlichen Gesellschaften sind asymmetrisch, die Kommunikationen und Interaktionen beruhen sehr weitgehend auf Asymmetrien und Nicht-Verständigtheit, die in Arbeits-, Wissens- und Kompetenzteilungen allgemein und den speziellen vom Typ (abstrakt verstanden)“
Mann“ (bei sich und andern „Ziel“-orientiert)/ „Frau“ (bei sich und andern Bedürfnis-orientiert),
(Experten, Entscheider) „Kopf„/“Hand“ (Ausführende/ user/ Konsumenten),
(industrialisierte, hochtechnologisch produktive) „Stadt„/(ökologisch verantwortbare) „Land„(bewirtschaftung),
(in allen möglichen Hinsichten fortgeschrittenes) „Zentrum„/ (nicht nachkommende o. nachgeholte) „Peripherie„
begründet sind.
Die rasch anwachsende Komplexität von koordiniert/kooperativ anzugehenden Problemstellungen lässt exakt ihrerseits die Teilungen (und damit verbundenen wechselseitig exklusiven, also asymmetrischen Bezugnahmen und Bezüge) rasant weiter anwachsen, die den dafür erforderlichen kollektiven Festlegungen zweckmässiger Regeln, bedingter und unbedingter Projekte im Weg stehen.Das erklärt die derzeit beobachtbaren Krisenphänomene, die Zunahme von Individualisierung und daraus resultierend
– Konflikt
– Gesellschaftszerfall und -zerrüttung (Rückzug, Aufschub, Überfordertheit
– Selektionsvorteile zugunsten der Durchsetzung von illusionär-unterkomplex und historisch-kulturell bereits überwundenen („regressiven“) Standpunkten bei Versuchen der Problembewältigung.
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Das Unbehagen Christians bzgl des Updates teile ich; ich verstehe aber auch das quasi kategoriale Unbehagen, das wohl Benni zum Update (und zum Bekenntnis zu seinen Beziehungen zu den Kultur-„Riesen“) veranlasst hat: „Metapersonal“ sollte parallel zu den andern beiden Prädikaten verwendet werden können. Es scheint starke, aber unausgesprochene Motive (von Bini-Lektüre herrührend?) zu geben, warum du, Benni, so sehr auf „Beziehung“ (als „je zwischen Personen bestehend“) beharrst, und den (soeben nochmal ergänzten) Vorschlag, den Begriff aufzuspalten, zurückzuweisen scheinst – also darin die- Bezugnahmen/Bezüge,- (Un)Gleichheit der offen vorgetragenen, privaten, unge/bewussten Begründung(sweis)en dafür, und- in diesem Rahmen stattfindende bzw ihn verändernde (potentielle) Interaktionen+ Kommunikationen+ Verständigungsversuche ieS
als Dimensionen der zwischen den Beteiligten bestehenden Beziehung voneinander abzugrenzen.
Wenn Inter/Trans/Meta-Personalität Eigenschaften an dem selben Substrat sein sollen, käme für mich nach wie vor statt Beziehung im allgemeinen die Dimension des Verhältnisses von Begründungen infrage; zur Definition bietet sich dann, wie ich finde, an:
Interaktionen (Kooperationen+“Aneignungen“+Durchsetzungs-Versuche) und
(uU behinderte) Kommunikationen und Verständigungsversuche ieS sind
„interpersonal“ im Mass, wie sie auf geteilten Begründung(weis)en der Beteiligten und/oder geteilter, dabei verarbeiteten Erfahrungs- und Wissensinhalten beruhen;
„transpersonal“ im Mass, wie auf verschiedenen (bei geteilten oder nicht geteilten Rationalitätsstandards/ Normen);
„metapersonal“ im Mass, wie die Tatsache geteilter oder nicht geteilter Rationalitätsstandards/Normen Gleichheit und/oder Unterschiedlichkeit der je involvierten Begründung(sweis)en bestimmt.
Pointen dieser Definition: (un)Gleichheit oder besser (Un)Gleichartigkeit der „verarbeiteten Erfahrung (tradiert oder aufgrund eigenen Tuns), und dabei erworbene Könnens- und Wollens-Dispositionen“ steht im Vordergrund; aber eben auch, inwieweit die Verarbeitungsweise bewusst angewandten (subjektiven) Rationalitätsstandards+Normen folgt. Im Kern stellt sie Symmetrie und Asymmetrie von Beziehungen in den Mittelpunkt; die bisherigen definitorischen Ideen (face-to-face bzw jenseits von Dunbar; persönliche Eigenschaften vs Strukturen, (Nicht)Austauschbarkeit) zu den genannten Unterschieden ergeben sich, meine ich, als Ableitungen daraus.
Eine Erweiterung im Sinne des Suffixes „-isieren, -isierbar“ macht Sinn.
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Es gibt eine weitere Dimension von Vergesellschaftung, die nicht in „Beziehung“ aufgeht; man könnte sie unter dem Titel „historische Situation“ (incl deren Chancen- unnd Risiko-Potential) zusammenfassen, und die ist für Materialistinnen unabdingbar mitzubetrachten; dazu zählt alles, was man alt-marxistisch den (erreichten) Stand der Produktivkräfte nannte (incl. angehäufter Probleme), und die aktuelle Verteilung von Beziehungs-relevanten Standpunkten (Erfahrungs-, Wissens-, (Aus)Bildungsstände) sowie den darauf beruhenden Bezugnahmen und Bezügen zwischen Angehörigen von Bevölkerungen, die mtieinander überhaupt in Beziehung treten, direkt oder indirekt.
@franziska: Deine Definitionen verstehe ich nicht so ganz.
Ansonsten: Beziehungen deswegen als Ausgangspunkt, weil Bini in „Beziehungsweise Revolution“ an Hand der Geschichte der russischen Revolution sehr überzeugend darlegt, dass alle Revolutionen eigentlich solche der Arten, wie wir Beziehungen führen sind. Ich finde das einen guten Ansatz weil man darüber die unterschiedlichsten Herrschaftsmechanismen behandeln kann.
zur historischen Situation: Die ist nicht jenseits von Beziehungen sondern eben die Beziehungsweisen wie sie sich zu einer Zeit an einem Ort darstellen.
zu meinen Definitionen. Ich versuche, damit den jeweiligen Hintergrund des mit „inter/trans/meta-personal“ Gemeinten zu benennen: Welche verschiedenen Arten des „Passens“ und „Passend-Machens“ der Vorschläge, Forderungen und Erwartungen an andre gibt es?
interpersonal: da ist so etwas wie „Vertrautheit“, „Nicht-Fremdheit“ im Spiel; die Merkmale dafür sind es, die die betreffenden Partner für einander sowohl „wichtig“ machen, weil sie sich mit ihnen eben mehr als mit „Aussenstehenden“ verstehen (überhaupt kooperieren, kommunizieren, sich verständigen können) (auf verschiedensten Nivaus), als auch „nicht ohne weiteres ersetzbar“, weil in der „Eignung“ für Kooperation von selbst bestehender Konsens und Übereinstimmung (zB in Rollenverteilungen) gefordert sind, die man mit Aussenstehenden niemals glaubt erreichen oder gar durch eigne (Vermittlungs-) Bemühungen herstellen zu können. Da sehe ich nun im Hintergrund ein sehr abstrakt gleichförmiges Muster, wie die so sich Vergesellschaftenden ihre Vorstellungen, was andre um sie herum tun sollten, bei gegebner Erfahrung erschliessen: Nämlich aus ebenfalls Erfahrungs-begründetem Stoff, der nur eben längerfristig bewährte Grundsätze des Umgangs mit Situationen enthält. Die diesen Grundsätzen zugrundeliegenden Erfahrungens-Typen muss man dann freilich teilen, um die so abgeleiteten Vorschläge usw plausibel zu finden. Es bilden sich entsprechend Klassen-, schicht- regions- usw -spezifische Gruppen mit geteilten „Rahmen“-Erfahrungen und daraus geschöpften Grundsätzen, die ihre jeweilige Binnen-Kohäsion nicht auf einander ausdehnen können, sich also fremd, ausschliessend und permanent durchsetzungs-orientiert, also gewalttäig, übergriffig, konkurrierend gegenübertreten.(Erstes Beispiel, wie eine Begründungsweise eine Beziehungsweise (zumindest Form der Bezugnahme) hervorbringt. Die nach aussen exkludierende, bestenfalls gleichgültige Seite der Interpersonalität wird gern unterschlagen.)
transpersonal: diese Art, Beziehungen zu organisieren, beruht darauf, dass primär Fremdheit und Exklusion zwischen Einzelnen und (Klein)Gruppen unterstellt wird, die aber durch Koordinierungs- und Konsensfindungs- bis hin zu Konflikt-Entscheidungs-Regelsysteme in kommunikativ regulierbare, konfliktfrei kooperative und Aneignungs-Vergesellschaftetheit aller Beteiligter überführt werden können; jedenfalls wird dies als bis zum Beweis des Gegenteils mit den betreffenden Regulierungs-Mechanismen (zB Kaufen und Verkaufen, „Öffentlichkeit“, „Erziehung“, Wählen/Abstimmen, Recht schöpfen, usw) möglich, und den Betroffenen darum in gleicher Weise wie einem selbst einleuchtend unterstellt. Das Begründungsmuster hinter diesen Vergesellschaftungskonzepten könnte man „idealistisch“ nennen (ich übersetze das mit dem Ausdruck „optimal-hypothetisch“); wenn es Welt-Verhältnisse konstituiert, handelt es sich um „religiöse (metyphysische, esoterische usw) Einstellungen (mit im besten Fall entsprechend maximal „gelassenen“ Praxisformen.) (Zweites Beispiel der genannten Art, spezieller Mangel hier: die optimal-hypothetsiche Vergesellschaftbarkeit funktioniert nur zwischen solchen mit demselben „optimalhypothetisch-experimentellen“ Weltverhältnis. Frage: was kommt heraus, wenn Träger transpersonaler Verges.konzepte auf solche mit interpersonalen treffen? Unüberwindbar asymmetrische Bezugnahmen und Bezüge?)
metapersonal: diese Art der (versuchten) Beziehungs-Gestaltung unterstellt bei allen Beteiligten geteilte Normen, oder deren Übernahme spätestens, wenn das Praktizieren dieser Normen ihnen vorgeführt wird. Träger dieses Standpunktes unterscheiden sich je nachdem, ob auch ihr Weltverhältnis normativ konstituiert ist (zB „rational-naturwissenchaftlich/technologisch), oder nur ihr Verges.konzept (Gerechtigkeits-, empathie-orientiert). In beiden Fällen stellt sich dieselbe Frage wie bei Befürwortern transpersonaler Beziehungs-Organisation: Wie wird das eigne Organisationsprinzip den je „Andern“ vermittelt?
Die Zuschreibbarkeit der drei definierten Prädikate („…im Mass wie…“) als je vorwiegend geltende Form der Regulierung von Interaktionen in (gesellschaftlichen Teil-)Beziehungen unterstellt, dass die genannten Gefälle-Situationen wenigstens vorübergehend irgendwie bereinigt sind und konfliktfrei ko-existieren (ev nebeneinander in verschiedenen Zonen der kollektiven Praxis).
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Beziehungsweisen treten, meine ich, nicht an sie Stelle der Kategorie Produktionsweise, sondern ergänzen sie. Grundsätzlcih sollte die Tendenz in der Gesellschafts- und Geschichtstheorie sein, Einseitigkeiten aufzuheben, und nicht die einen durch andere, neue zu ersetzen. Das heisst aber auch: die logischen Verhältnisse der diversen alten und neu hinzukommenden Kategorien müssen bestimmt werden.
Es schiene mir grotesk, wenn etwas wie das Ringen um die Lösung Welt-bezogener Problemstellungen bei gegebnem Erfahrungsstand und Ressourcen, also das „Was Wie Warum gemacht werden soll“ nicht mit im Zentrum von „Beziehungsweisen“ stünde.
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Ich sehe die Diskussion der drei Begriffe nach wie vor im Zusammenhang mit der Frage, welche Kategorien für eine Geschichts- und Transformationstheorie unumgänglich bestimmt sein müssen. Darum meine Versuche, die Stellung von „Beziehung“ und „Kooperation“ (und Aneignung? vgl. das 4-Quadranten-Schema; was ist mit „privat vs kooperativ“, seinerzeit immerhin das zweite Kategorienpaar, neben „inter- und transpersonal“ als Formen von Kooperation) zu klären; wenn man sie nicht geradezu zusammenfallen lassen will (willst du, Benni?)
Hello,
Sry für die Pause … meine Internetdisziplin ist bedingt wie ihr seht …
@Christian und Austauschbarkeit: Ich bin mir da nicht ganz sicher ob Interpersonalität mit Austauschbarkeit zusammenzudenken ist. Auf der einen Seite sind auch andere Menschen in interpersonalen Beziehungen auf eine bestimmte Art und Weise austauschbar: Ich befriedige meine Bedürfnisse auf eine besondere, unersetzbare Weise mit X, aber ich kann auch meine Bedürfnisse anders entwickeln und mit Y befriedigen – auch wenn die Bedürfnisse und ich dann unterschiedlich sind. Dann wäre Austauschbarkeit eher etwas was in tp Beziehungen stärker ist als in ip …
@Benni und Metapersonalität: Ich muss noch immer wagen zu sagen: Ich weiß nicht genau was dieser neue Begriff Metapersonalität hilft. Iwie ist für mich der Inhalt von Metapersonalität schon in Transpersonalität enthalten. Aber bitte erkläre es mir gern nochmal. Sehr gerne am Bsp von Commons und warum sie die gesellschatliche Ebene nicht erreichen können: Können Commons bspw. die transpersonale aber nicht die metapersonale Ebene durch Ausdehnung erreichen?
Für mich ist Emergenz auch gut um Qualitäten zu bestimmen, weil in transpersonalen Beziehung gerade auch Effekte hervortreten (bspw. Verwertungszwang) welche die direkten Beziehungen übersteigen …
PS: Ich hab mir den Artikel nochmal angeschaut und fand es sehr schön wie die Hergestelltheit bspw. der Sprache durch alle Menschen da aufleuchtet .. 😉
@simon: ja, das kann man so sagen denke ich, dass commons(verbünde) durchaus transpersonal werden könnten (bzw im falle freier software oder vielleicht auch des mietshäusersyndikats zb schon sind) aber eben nicht metapersonal. und ich würde auch sagen, dass die elementarform des kapitalismus auf dieser metapersonalen ebene funktioniert und dass die des kommunismus das auch müsste. das kann ich aber erst genauer erklären, wenn ich mein schema neu geordnet hab, dass hab ich mir ja gerade selbst etwas durcheinander gewürfelt.
@all: Es gibt ein Update zum Update. Siehe oben.
Ich habe einen Kommentar zu Bennis „Update zum Update“ wegen Überlänge an der in meinem Nick hier verlinkten Stelle gepostet.
Die Überlegungen zu m.t.i.-personal drohen aus meiner Sicht grad ein wenig ZU formell zu werden – die Frage, wie das eigentlich real (soweit wir überhaupt davon wissen können; was nicht feststeht) funktioniert, geht darüber ein bisschen verloren.
Ich meine, dass „nicht interpersonalisierbar“ *) ein Hinweis auf die Irrealität der betreffenden Vergesellschaftungsweise oder Beziehung ist – solche Verhältnisse existieren, meine ich, nur in den Köpfen bürgerlich- unmaterialistisch denkender Ideologen und Idealisten.
Dabei würde ich den Einsatz etwa von „Medien“ (die Simon-Frage nach den Mitteln) als untergeordnetes Element ansehen – oder, wenn dieser Einsatz als unentbehrliche Basis von Beziehungen überhandnimmt, bereits als Krisensymptom und Ausdruck mangelnder Bewältigungsfähigkeit der betroffenen „Gesellschaften“ (sie machen sich was vor, wenn sie glauben, bei exzessiven Medien-Vermittlungen noch welche zu sein).
Auch hier sollte man nie vergessen, WAS es eigentlich ist, was DURCH die Beziehungen eigentlich „vermittelt“ und organisiert wird: koordinierte Kooperationen im Bezug auf konkrete (bedingte) Projekte oder unter geteilten Regeln, wenn nicht Normen; dafür ist entscheidend, dass rechtzeitig alle relevant zu wissenden Inhalte (Regelanwendungsfälle; Projektdaten; weichenstellende Bedingungen) an die zu koordinierenden Teilnehmer der Kooperation gelangen. Und genau das wird langsam in fortgeschrittenen Industriegesellschaften immer fraglicher: Die (Bildungs)Basis für sach-angemessene kollektiv koordinierte Problemlösungen schwindet dramatisch; zusätzlich zerlegen ihre je unterschiedlichen Problem-Lösungsvorschläge und -ansätze verschieden orientierte Bevölkerungsgruppen in miteinander nicht mehr verständigungs-fähige Subkulturen. Die Nicht-Vergesellschaftbarkeit des Projekts der Moderne zeigt sich immer dramatischer. SO geht es nicht – in den bürgerlich-vormodern ausgebildeten meta- und transpersonalen Beziehungsformen (Markt, demokratischer Rechtsstaat, Öffentlichkeit, Bildungswesen usw) ist kollektives Lernen und Fortschreiten kollektiv nicht zu koordinieren. Die existierenden Produktionsverhältnisse erweisen sich als dem erreichten Stand der (Erfahrung mit den) Produktivkräfte(n) nicht, oder zumindest immer weniger gewachsen.
*) Die jeweiligen „-isierungen bzw -isierbarkeiten“ sind eigentlich noch nicht explizit erörtert worden. Ok man kann sinngemäss damit arbeiten… Aber: Gibt es zB den Ausdruck „metapersonalisierbar“ überhaupt? Gibt es Trans- und Metapersonalität ÜBERHAUPT nur soweit, wie sie je in entsprechenden inter-personalen Formen umgesetzt sind (die von mir hier aufgeworfene Frage). Und: Welche m/tr/i-personalen Bezieungen bilden Grundlage für weitere -isierungen – wer bringt die dann eigentlich zustande ua.? Welche -isierungen ergeben sich „von selbst“ – und welche sind (notwendig? und von wem dann?) gemacht oder beschleunigt?
Beziehungen sind IMHO nur begreifbar, wenn sie als (in der Regel) vermittelte Beziehungen gedacht werden. Beziehungen ohne ihre Vermittlung denken zu wollen, ist abstrakt und führt IMHO nicht weit. Gesellschaft ist keine Beziehungssoße, sondern eine vermittelte Beziehungssoße. In der Vermitteltheit liegt das spezifisch menschliche: Wir machen das, wir stellen es her, (fast) alles.
Beziehung und Vermittlung können als orthogonale Dimensionen gedacht werden. Beziehungen existieren zwischen Personen, und Vermittlung ist eine Eigenschaft der Beziehung. Beziehungen können unmittelbar oder vermittelt sein. Das Vermittlungsmedium kann nahezu jede nur denkbare Gestalt annehmen. Um als Medium in der Mitte (=Mittel) zu fungieren, muss es gemacht oder mindestens angeeignet worden sein. Im Commonismus-Buch sprechen wir daher immer von gegenständlichen, symbolischen und sozialen Mitteln. Das heißt aber auch, und das macht es kompliziert, dass Beziehungen die Stelle des (sozialen) Mittels einnehmen können. IMHO lässt sich vieles leichter aufschlüsseln, wenn wir Sprache, Kultur, Wissenschaft, Diskurse, Technik, Heteronormmatrix, Warenproduktion etc. als Mittel begreifen, also als Eigenschaften von Beziehungen und nicht als diese Beziehungen selbst (Identität) oder etwas außerhalb dieser stehendes (Trennung). Und, na klar können auch Mittel die (passive) Position eines Beziehungsgegenübers einnehmen („Objektbeziehung“). Aber das lasse ich mal weg.
Zwischenbemerkung: Wie du, Benni, anmerktest, ist der Zweck der Begriffe ihre analytische Unterscheidungsfähigkeit. Analyse bedeutet weglassen, bestimmen und kondensieren. Streng genommen gibt es keine unmittelbaren Beziehungen, weil da immer was dazwischen ist, und sei es Luft. Aber das ist für die Beziehung nicht wichtig, es bestimmt sie nicht. Aber vielleicht ja doch, kommt auf die Frage an, die ich klären will. Die Frage ist also immer auch eine nach dem bestimmenden Moment bzgl. dem Erkenntnisinteresse und nicht eine nach einem naiv-realistischen Abbild.
Interpersonale Beziehungen (IB) können unmittelbar oder vermittelt sein. In jedem Fall geht es um konkrete Andere (die in der Tat nicht austauschbar sind). Transpersonale Beziehungen (TP) können nur vermittelt sein. Es geht um allgemeine Andere (die als konkrete Personen nicht interessieren, also prinzipiell austauschbar sind). Der Übergang in beide Richtungen ist leicht möglich, auch das ist keine Sache des So-Seins, sondern der Fragestellung.
Denkst du, Benni, Beziehung und Mittel zusammen, dann ist IMHO ein neuer Begriff der Metapersonalität nicht erforderlich. Das kannst du auch an deinem Bild sehen. Setzt du auf den Pfeil ein Mittel, dann ist deine MP identisch TP, denn deine MP = TP + Beziehungen-als-Mittel. Dein TP-Bild so wie es jetzt ist, ist ja der absolute Grenzfall, nämlich dass ich (linke Figur) genau zu einer allgemeinen anderen Person eine Beziehung habe. In der Regel sind meine transpersonalen Beziehung kombiniert gegenständlich, symbolisch und sozial (=über Beziehungen) vermittelt.
Im Beziehungsvermittlungs-Zusammenhang ist die Vermittlung IMHO sogar die bestimmende Dimension. Sowohl Natur- wie Gesellschaftsgeschichte könnten als Geschichte zunehmenden Vermittlungsgrads (gewiss unterschiedlicher Qualität) geschrieben werden. Aber das nur am Rande.
@Stefan: Wie entstehen denn Deine Mittel? Eben in Beziehungen. Für mich wirkt das schon fast verdinglichend das zu ignorieren.
Um es nochmal vom Erkenntnisinteresse her zu motivieren: Erinnere Dich an die vielen Diskussion darüber ob und wie denn jetzt commons (oder auch KSV zB) auf die „transpersonale Ebene“ gehoben werden können. Da liegt eben meiner Meinung nach genau der Fehler, dass die gar nicht das Problem ist, sondern eben erst die metapersonale Ebene. Diesen Gedanken – mit meiner Meinung nach enorm viel Konsequenzen – kann man mit Deinem Vermittlungsbild eben genau nicht fassen. Wir eiern deswegen an dem Punkt seit Jahren rum und kommen nicht weiter.
Aber ob das wirklich was bringt sieht man natürlich erst, wenn ich zu diesen Konsequenzen komme. Hab ich ja noch nicht gemacht und ich weiß auch noch nicht was raus kommt und ob ich je irgendwo hin komme.
Ich habe immer mehr den Eindruck, dass es sich in Bennis Artikeln und threads offenbar weitgehend um einen Austausch zwischen workers in progress handelt. Da ist für Aussenstehende wie mich natürlich nicht ohne weiteres anzuknüpfen – oder nicht, ohne dass es irgendwie sperrig und störend wirkt. Unerfreulich.
Aus der Distanz, in die ich somit in diesem Dialog gerückt bin, möchte ich nur kurz anmerken, dass mir die gesammelten Ansätze der Beteiligten (Stefan, Simon, Benni), so wie sie bisher formuliert wurden („Beziehungen“), einen zu hohen Abstraktionsgrad aufzuweisen scheinen, der sie, sagen wirs mal augenzwinkernd in dogmatischem Jargon, idealismus-verdächtig macht. Was mir zu fehlen scheint, ist die Bezugnahme auf auch ganz elementare PRAXIS- und KoOPERATIONS-Bestimmungen. Und das ist, so rate ich mal aus der Ferne (selbstverschuldet, hätte mir vielleicht längst mehr ältere keimform-Artikel reinziehen sollen) der Tatsache geschuldet, dass ihr mit euern Begriffs-Bildungen vieles abdecken wollt, bei dem euch selber der praktische und (Ko)Operations-Charakter, oder sagen wir: die Gemeinsamkeit (relevant-abstrakt, analytisch) mit den je andern mitbearbeiteten Praxis- bzw KoOperations-Themen, und die Einordnung ins GESAMT der kooperativen Praktiken, nicht wirklich klar ist: Wo gehört da zB die Hetero-normative Praxis hin? Die Aufzählungen von „Mitteln“ („…Kultur, Wissenschaft, Diskurse, Technik, Heteronormmatrix, Warenproduktion etc.“) lassen sie nicht nur alle beziehungslos nebeneinander stehen – ihr Verhältnis untereinander war hier auch nicht explizit Thema, ok – , sondern die (Hegelianisierende?) Benennung als Mittel („..und darum Eigenschaft..“??) von Beziehung, als Vermittelndes, Medium, in der Mitte Stehendes scheint mir etwas ganz Naheliegendes zu verdecken: Die sämtlichen aufgezählten Kategorien sind vor allem INHALT von Kooperationen und Koordinations-vorbereitender Verständigung (per Sprache; ein „Mittel“ (selbst in euerm Sinn) neben andern? das bezweifle ich); und genau in diesen allfälligen, allgegenwärtig „vermittelnden“ Vorbereitungen koordinierter arbeitsteiliger Praxis (SOWEIT sie denn koordinierbar ist) sind die Kategorien auch Sinn-machend aufeinander bezogen, etwa in Gestalt von Prioritätensetzungen, Ressourcen-Einteilung (auf individueller Ebene, aber auch der von Familien, Gruppen, Unternehmen, Vereinigungen, Verbänden und Verbindungen aller Art, bis hin zu „Gebietskörperschaften“, Staat und Staaten): „Wer macht warum, wie, mit welchen Ressourcen (Mitteln ieS) was für wen/was – angesichts welcher (von allen Beteiligten zu kennenden) Tatsachen?“ – Damit ist nicht gesagt, dass im Bezug auf die (auch nur implizite) Beantwortung dieser Frage auch nur näherungsweise zwanglose Übereinstimmung bei allen Beteiligten herrscht. Wie sie trotzdem Koordination hinkriegen wollen, ist die Frage. Ich denke ja, dass ihnen (uns?) dabei immer mehr misslingt; mehr jedenfalls, als uns allen recht sein kann. (Schon darum sind Begriffe wie „transpersonal“ (das damit Gemeinte) mit grosser Vorsicht zu behandeln; es ist zu fragen, wieviel an (zunehmend mehr) uneingelöstem bürgerlichen Versprechen darin steckt, und wieviel materieller Real-Gehalt, also Gelingen.
((Ich beziehe das übrigens speziell auch auf die Marxsche Ökonomie: Allein die Bestimmung von Wert als etwas LANGFRISTIG im Durchschnitt funktionierendes kommt mir kontrafaktisch vor – wo gibts denn im ständig schöpferisch zerstörenden Kapitalismus noch „Langfristiges“? Oder auch: „gültige“ Tauschwerte? Sollten radikale Kritikerinnen Kapitalismus und bürgerliche Vergesellschaftung nicht viel stärker, als es bisher der Fall war, als einen scheiternden Versuch der arbeitsteiligen Reproduktion auf derart ausgebreiteter Stufenleiter begreifen? Und das gilt uU genauso für die andern Elemente der „Mittel“-Aufzählung oben. Ich verweise auf den Schluss meines letzten Beitrags bei Christian drüben:http://keimform.de/2018/facette-jeder-moeglichen-zukunft-klimawandel/#comment-1257507 )
@Stefan: Noch ergänzend: Wenn die Transpersonalisierung der Commons das Problem wäre, dann wären viele schon heute erfolgreiche Commons-Projekte nicht denkbar. Von Wikipedia und Freier Software über das Mietshäusersyndikat oder auch große selbstorganisierte Festivals oder Demos. Das alles wäre rein interpersonal (also ohne Austauschbarkeit von Personen) schon lange nicht mehr stemmbar. Trotzdem gibt es jenseits davon eine Hürde, die verhindert, dass sich Commons gesamtgesellschaftlich einfach so durchsetzen (da sind wir uns ja vermutlich einig?). In Deinem Bild ohne Metapersonalität und mit Vermittlung ist dieser Unterschied aber nicht darstell- und erklärbar. Oder mindestens kenne ich keine Darstellung. Das ist aber der Unterschied ums Ganze und eben nicht der zwischen Inter- und Transpersonalität.
@Stefan: Es ist in fast allen Bereichen so. Transpersonalität ist überhaupt nicht das Problem. Nenn mir einen Bereich wo Commons gut interpersonal funktionieren aber nicht transpersonal (nach den Definitionen hier). Jedes halbwegs stabile Commonsprojekt ist notwendig transpersonal, weil sonst mit jedem Wechsel des Personals das Projekt kollabieren würde.
Zu den Mitteln: Ich wollte nie von denen absehen. Ich sehe nur nicht wieso sie zur Defintion hier sinnvoll sein sollen. Meiner Meinung nach vernebelt das hier nur, eben weil es eine wichtige Unterscheidung (trans- vs. metapersonal) gleich macht.
Ich denke, ein Problem der Debatte besteht darin, dass Ihr einerseits die Theorie „ad hominem“ machen wollt, also stets und immer menschliches Handeln thematisiert. Dann kommt aber verflixterweise das hinein, was in allen möglichen Gesellschaftstheorien als „strukturell“ bezeichnet wird. Das, was daran deutlich wird (dass Commons eben nur als Summe von Gemeinschaften, aber noch nicht gesamtgesellschaftlich wirkungsmächtig sein können), versucht Benny mit der neuen Strukturebene „metapersonal“ zu benennen und sobald sich jemand das wirklich als Handeln der Menschen vorstellt, wirds doch wieder transpersonal. Oder man muss wieder die Emergenz bemühen, die tatsächlich in den Theorien auf neue „Strukturniveaus“ führt….
Übrigens: Manchmal klingt vor allem in Stefans Texten die Vorstellung an, es gäbe das Eine und das Andere und das Vermittlungs-Mittel dazwischen… Letztlich ist dieses „Mittel“ das, was die Einheit der Beziehung stiftet, darstellt…. also nichts außerhalb des Einen und des Anderen, sondern ihre Einheit/ihr Identitätsmoment als deren Moment.
Zur Frage der Unvermitteltheit ergibt sich daraus:
Insofern das Eine und das Andere von vornherein aufeinander bezogen sind, sind sie vermittelt, denn die Beziehung ist die vermittelnde Einheit. Man kann die empirisch-konkrete nicht weiter nach außen vermittelte Beziehung zwar als „unmittelbar“ bezeichnen, aber das ist dann nicht eine Frage der Sache selbst, sondern unserer Betrachtung von ihr. Wir abstrahieren dann von allen anderen Vermittlungen.
@Annette:
Danke für den Hinweis. Das stärkt mein Argument von oben: Keine Beziehung ohne Vermittlung, ohne Mittel. Gibt es dann unmittelbare Beziehungen?
Auch dies habe ich mit meiner „Zwischenbemerkung“ versucht auszudrücken: Es ist eine Frage des Erkenntnisinteresses, der Betrachtung, und nicht eine der Sache selbst, des naiven Abbilds.
@Benni & Annette: Ich verstehe nur immer noch nicht, warum der Begriff der Metapersonalität weiterhilft. MetaP ist doch nicht mehr „strukturell“ als TransP, oder?
Mit der MetaP soll die Ebene des Gesamtgesellschaftlichen angesprochen werden. Diese ist aber eine, die sich erst als Synthesis aller gesellschaftlichen Bereiche ergibt. Freie Software (Bennis Beispiel) kann also für sich allein die metapersonale Ebene nie erreichen. Oder andersrum: Freie Software kann nur „auf metapersonaler Ebene funktionieren“ (Benni), wenn die neue Logik gesamtgesellschaftlich gilt, also dominant ist. Auf metapersonaler Ebene werden wir erst handlungsfähig, wenn wir gesamtgesellschaftlich handlungsfähig sind, also im Commonismus. Vorher geht es nicht.
@Stefan: Doch, Metapersonalität ist strukturell, und Transpersonalität (nach meiner Definition hier) ist es nicht. Aus bloßer Austauschbarkeit entstehen noch keine Strukturen.
gesamtgesellschaftlich handlungsfähig sind, also im Commonismus. Vorher
geht es nicht.“
@Annette: Ja, klar argumentiere ich vom Menschen her. Woher denn sonst? Das ist ja gerade das Problem mit allen bisherigen linken Analysen, dass da diese ominösen „Strukturen“ völlig losgelöst sind von den Menschen (oder andersrum gerne auch mal identisch). Wie das zusammenwirkt, Individuen und Struktur, dass ist doch die zentrale Frage. Und der versuche ich nachzugehen.
1. Wenn da mal ein Laden zum Übernehmen ist, und nicht erst mühsam (eine ganze Epoche lang) aufzubauen…
2. Gibt es TransP ohne sie realisierende Ketten von intrap Beziehungen (punktuellen, zufälligen, wiederholten, dauerhaften)? Mir fallen keine ein.Und das erklärt auch, warum die genannten Kriterien irgendwie nicht arbeiten: Wenn zB mehrere Bezugspersonen einer zu pflegenden Person vertraut sind, die die Fürsorge (Care) jederzeit übernehmen könnten, aber nur eine von ihnen ist aktuell zuständig – sind nicht alle zugleich wichtig und (darin) relativ unersetzlich, die aktuelle Pflegerin aber ist als solche ersetzbar? Und gilt nicht genau das gleiche für irgendwelche Funktionsträger, für die ja meist potentielle Nachrücker ausgebildet werden: Sie sind wichtig, aber ersetzbar bzw relativ unersetzbar im Mass, wie die Reproduktion der massgeblichen Kompetenzen (und auch Leistungsmotivation) leicht oder schwer möglich ist und tatsächlich stattfindet? Der Unterschied, auf den es anzukommen scheint, scheint mir mit diesen Kriterien schlecht erfasst.
3. Die Rückbesinnung auf Keim- und Elementarform wäre höchst begrüssenswert. Wenn sie denn einherginge mit Erwähnung dessen, WOVON das eigentlich Formen sind: koordinierte hochkomplexe Arbeitsteilung und akzeptierte (erzwungene oder freiwllige) Verteilung von Bestimmungs- und Aneignungschancen; und damit auch Besinnung darauf, was mit diesen Kategorien eigentlich alles an Bestimmungen bereits mit-gegeben ist. Versteht sich das wirklich von selbst?
4. „Strukturen“ (wie alle „Hypostasierungen“) erscheinen mir wie das Lächeln der Cheshire-Katze bei Lewis Caroll, das noch lange im Raum stehenbleibt, wenn die Katze ihn schon verlassen hat. Oder sollte es mir erscheinen wie der Wirbel im Fluss, durch den Material durchfliesst und ihn so reproduziert? (Mit dem Unterschied, dass für Mitwirkung an sozialen „Strukturen“ sehr viel Material in die in diesen Strukturen sich bewegenden und sie reproduzierenden Beteiligten ein- und „durch sie durch“ fliessen muss… und sie daran auch noch aktiv und bewusst mitwirken müssen, im Rahmen ihrer Gesamterfahrung…).
@Benni:
Ok, das ist ein wichtiger Unterschied: Für mich ist das der Begriff, der theoretisch den Übergang von Beziehungen zu Strukturen bildet. Denn jede Struktur muss personal hergestellt* werden.
Was meinst du mit Austauschbarkeit?
Nein, das ist doch nur der Unterschied zwischen den beiden Diskursen, die eben nicht vermischt werden sollten: Utopiediskurs (wo obige Aussage zutrifft, die ich auch von dir nicht widerlegt sehe) und der Trafodiskurs, der fragt, wie wir da hinkommen (wo deine Kritik verortet ist).
Okay, vielleicht wird mir das erst klar, wenn du deine Überlegungen wieder rückbeziehst auf Keimform/Elementarform. Bin gespannt.