Schlagwort: krise

Geht dem Kapitalismus die Arbeit aus? (Teil 2)

Smog in der Hauptstadt Südkoreas, wo der Kapitalismus noch brummt (Foto von Craig Nagy, CC-BY-SA, URL: https://www.flickr.com/photos/nagy/4336948)[Teil 1]

Entwicklung nach geschätzter Arbeitsproduktivität gewichtet

Lohoff und Trenkle (2012: 98ff) weisen in diesem Kontext darauf hin, dass produktive Arbeiter in Niedriglohnländern pro Kopf tendenziell weniger Wert produzieren als in Hochlohnländern, weil sie zumeist nicht auf dem „Stand der Technik“ produzieren, also mehr als die gesellschaftlich nötige Arbeitszeit leisten. Vielleicht lagert ein Unternehmen seine Produktion nach Asien oder Osteuropa aus und beschäftigt anschließend dreimal so viele Angestellte pro Einzelstück wie vorher, zahlt aber unterm Strich aufgrund der geringeren Lohnkosten und des Einsatzes von weniger konstantem Kapital weniger als zuvor. Dann ist der Wert seiner Waren dadurch nicht gestiegen, auch wenn in jede Ware mehr Arbeitszeit einfließt als zuvor.

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Geht dem Kapitalismus die Arbeit aus? (Teil 1)

Verfallene Autofabrik in Detroit, wo die Verwertung ins Stocken geraten ist (Foto von Albert duce, CC-BY-SA, URL: http://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Abandoned_Packard_Automobile_Factory_Detroit_200.jpg)Eine erste empirische Annäherung

In den an Karl Marx orientierten Theorien gibt es einige, die als wertkritisch bezeichnet werden können, weil sie das Kernproblem des Kapitalismus nicht lediglich in der Aufteilung des Mehrwerts sehen, sondern in der Tatsache, dass der Wert vermittelndes Moment des Produktionsprozesses ist. Daraus ergibt sich, dass eine Wert- und Warenproduktion „unter sozialistischen Vorzeichen“ (wie sie etwa in der DDR angestrebt wurde) als unmöglich erkannt wird. Ein konsequenter Bruch mit dem Kapitalismus würde vielmehr auch die Aufhebung der Wertform – und des Geldes als seiner allgemeinsten Form – erfordern.

Jenseits dieser Gemeinsamkeit gibt es unterschiedliche Einschätzungen dazu, was die „Zukunftsfähigkeit“ des Kapitalismus angeht. Lohoff und Trenkle (2012) sehen ihn in einem unauflösbaren Widerspruch gefangen, indem die Dynamik der Produktivkraftentwicklung ihm mehr und mehr seine essenzielle Grundlage entzieht, nämlich die Verwertung menschlicher Arbeit. Heinrich (2007) dagegen sieht trotz zyklischer Krisenhaftigkeit „Tendenzen zur Ausdehnung […] des Kapitalismus, die noch längst nicht an ihr Ende gekommen sind.“

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Das Vernünftige, Mittlere, Gemäßigte

aufbruch-ins-ungewisseBei Telepolis ist ein bemerkenswertes E-Book erschienen, das sich der Frage widmet, wie denn Alternativen zum Kapitalismus aussehen können. Tomasz Konicz, einer der Herausgeber des E-Books, formuliert es im begleitenden Artikel »Wege aus dem Kapitalismus« recht drastisch:

Wir leben in einer extremistischen Gesellschaft, die beständig irre Ideologien wie Rechtsextremismus oder Islamismus ausschwitzt. Als Extremisten können folglich diejenigen Apologeten kapitalistischer Herrschaft bezeichnet werden, die dieses zu einem Schlachthaus der Menschheit mutierende System immer noch als alternativlos und als die „beste aller möglichen Welten“ bezeichnen. Die Suche nach einer Systemalternative stellt hingegen das einzig Vernünftige, Mittlere, Gemäßigte dar: Es ist ein Unterfangen, dem sich ein jeder Spießer zu verschreiben hätte, der sich Sorgen um die Zukunft seiner Kinder macht – und der erkannt hat, dass deren Abrichtung zu Mobbingmaschinen, wie sie jetzt in der Mittelklasse gang und gäbe ist, ihnen keine lebenswerten Zukunftsperspektiven eröffnen wird.

Christian Siefkes und ich waren mit Beiträgen beteiligt. Hier das Inhaltsverzeichnis: (mehr …)

Commons auf dem »Prüfstand« — die Antworten

Hier nun unsere Antworten zu den Fragen vom Sustainable Europe Research Institute (SERI) aus Österreich:

ARBEIT

Welche Bedeutung hat Arbeit für das gute Leben?

Arbeit, verstanden als ‘Arbeit-für-Geld’, ist unter den gegebenen Bedingungen für die meisten Menschen von existenzieller Bedeutung. Gelderwerb ist für sie zur schieren Notwendigkeit geworden. Dennoch sinkt der Beitrag, den ‘Arbeit-für-Geld’ für ein gutes Leben leistet. Dies liegt am entfremdenden, oft sinnentleerten Charakter der Arbeit.

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Vermieten ist kein Teilen — Thesen zur Shareconomy

Teilen — auf denglisch: sharing — ist voll „in“. So sehr „in“, dass Merkel die Shareconomy ausrief. Nachfolgend Folien eines Vortrags zum Thema vom letzten Jahr. Dazu gibt’s leider keinen Audio-Mitschnitt. Ist vielleicht dennoch interessant. Unten dann noch ein paar Thesen zum Thema (teilweise auch in den Folien enthalten).

Und nun noch ein paar… (mehr …)

Das motivierte Leben

streifzuege61[Kolumne Immaterial World in der Wiener Zeitschrift Streifzüge]

Ein gutes Leben ist eines, dass wir voller Energie und Schöpfungskraft führen können, eines, das uns die Entfaltung unserer Individualität ermöglicht. Ein Leben voller Motivation. Doch wie geht ein „Leben voller Motivation“? Ist Motivation eine Individualtechnik, die jede und jeder erlernen kann? Wie kann ich mich selbst motivieren? So oder ähnlich fragt es uns aus den Ratgeber-Büchern und bunten Blättern heraus, so grundfalsch und so ideologisch.

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Keimform und gesellschaftliche Transformation

Streifzüge Nr. 60/2014[Alle »Keimformen«-Artikel in Streifzüge 60/2014]

Der analytische Begriff der „Keimform“ hat eine gewisse Karriere hinter sich, und wie bei so manchen Karrieren ist nach einer Weile nicht mehr so recht klar, was damit eigentlich gemeint ist. Eine Klärung sei versucht.

Das Keimform-Konzept will die Frage beantworten, wie eine neue gesellschaftliche Form in der Entwicklung entstehen und sich schließlich durchsetzen kann. Das traditionelle Transformationskonzept des Marxismus-Leninismus versuchte den Widerspruch zwischen Ökonomie und Politik zu lösen, indem eine Klasse geleitet durch eine Avantgarde die Macht ergreift. Historisch konnten auf diese Weise zwar die Notwendigkeiten der Warenproduktion etabliert werden (etwa in Russland nach der Revolution), eine kommunistische Produktionsweise ließ sich so jedoch nicht durchsetzen. Das Keimform-Konzept hingegen betrachtet die Spaltung in Ökonomie und Politik, von Warenproduktion und gesellschaftlicher Steuerung, selbst als das Problem. Es kann nicht darum gehen, die Ökonomie mittels der Politik zu verändern, sondern darum, eine neue gesellschaftliche Form durchzusetzen, in der lokale Produktion und gesellschaftliche Zwecksetzung nicht mehr auseinanderfallen. Was ist der Unterschied?
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Degrowth-Konferenz in Leipzig

degrowthEine offene, große Commons-Konferenz gab es noch nicht, aber commonsnahe Konferenzen schon einige. Im September 2014 (2.-6.9.) steht wieder eine an: Degrowth 2014 — in lang: Fourth International Conference on Degrowth for Ecological Sustainability and Social Equity. Es geht »um konsensfähige Alternativen zum derzeitigen Wachstumszwang«, um »wachstumsunabhängige Formen von Wirtschaft und Gesellschaft«.

Das klingt im ersten Lesen seltsam, so als ob man nur einen Konsens darüber erreichen müsse, das Wachstum einzustellen sei. Dabei gibt es das doch schon, eine Wirtschaft ohne Wachstum, nur der Name klingt nicht so gut: Krise. Aber auch darauf gibt es eine Antwort: »Your recession is not our degrowth« (»Eure Krise entspricht nicht unserer Vorstellung einer Wirtschaft ohne Wachstum«). Doch kann man sich das aussuchen? Oder brauchen wir nicht doch eine andere Produktionsweise? Oder soll bei der Konferenz genau danach gesucht werden?

Die Degrowth 2014 ist in die folgenden drei Themenstränge gegliedert. (mehr …)

Fremde Arbeit und freie Entfaltung

neues-deutschland[Erschienen in der Kolumne »Krisenstab« im Neuen Deutschland vom 11.11.2013]

Stefan Meretz über das, was im Leben wirklich wichtig ist und die Mittel und Wege, es zu erreichen

Neuer Kolumnist, neues Thema: Es soll auf diesem Platz künftig auch um die Frage gehen, wie wir uns als handlungsfähige Menschen bewahren und stärken können, wie wir emanzipatorisches Wünschen unter einschränkenden Bedingungen nicht aufgeben müssen. Kapitalismus und Krise sind mitnichten Zustände, die irgendwo da draußen spielen, sondern sie gehen durch mich und uns hindurch – jeden Tag.

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