Autor: Stefan Meretz

Commons statt Kapital

[Artikel erschienen in Agora42 – Das philosophische Wirtschaftsmagazin, Ausgabe 4/2021]

Klimaschutz und Kapitalismus sind unvereinbar. Aber wie kann eine Lebens- und Produktionsweise jenseits der Geldlogik und der Verhaltensweisen, die sie uns nahelegt, aussehen? Mein Vorschlag: Commons. Die Mittel, die wir zum Leben und Produzieren brauchen, als Gemeinsame, also als Commons zu behandeln, kann bei der geteilten Wohnung als WG beginnen, über freie Software zu solidarischer Landwirtschaft führen und noch weit darüber hinausgehen.

Commoning ist der Umgang mit dem Gemeinsamen, und ein Gemeinsames, ein Commons, ist das, was wir dazu machen. Potenziell also alles. Nichts ist per se ein Commons, sondern wird es erst, wenn Menschen sich die Mittel, um die es geht, aneignen, sie herstellen und pflegen. Mittel sind dabei nicht nur Nahrungsmittel, sondern schließen ebenso Wissen, Kultur und Care ein. Eben alles. Commoning, der selbstorganisierte Prozess, steht dabei im Zentrum. Bestimmen Commoning und Commons die ganze Gesellschaft, dann haben wir Commonismus. Wem der Ismus Unbehagen bereitet, nenne es anders, Commons-Gesellschaft oder wie es beliebt. Es ist nicht wichtig, wie es heißt, wichtig ist, was es in sich hat.

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공동관리주의자가 생산한 생계수단들 (»Peer-commonist produced livelihoods«)

The text »Peer-commonist produced livelihoods« is now available in Korean language (PDF)!

Dr. Jang, Hun-Gyo, from the Research Center on the Commons and Sustainable Society of the National Jeju University in South Korea, has carefully translated the text into Korean. That’s really great, thank you very much!

The text is a chapter of the following book: Ruivenkamp, G. & A. Hilton (2017). Perspectives on Commoning. Autonomist Principles and Practices, London: Bloomsbury Publishers (former Zed Books), p. 417-461. License: CC BY-NC 4.0

Monokultur

[Kolumne Immaterial World in der Wiener Zeitschrift Streifzüge]

Wie entstand das, was wir heute so selbstverständlich „Landwirtschaft“ nennen, und was ist das überhaupt? Diesen Fragen stellt sich Florian Hurtig in dem Buch „Paradise Lost – Vom Ende der Vielfalt und dem Siegeszug der Monokultur“ (Oekom Verlag, 2020). Hurtig rekonstruiert die Genese der modernen Landwirtschaft als „lebensfeindliche Produktionsstätten für Agrarerzeugnisse“ und einem „sozialen und ökonomischen Ausschluss [der Menschen] aus der Landschaft“ (10). Doch war früher wirklich alles besser? Es war zumindest anders, und die Rekonstruktion des über weite Strecken gewaltförmigen Durchsetzungsprozesses der Monokulturisierung des Anbaus von Nahrungsmitteln führt uns vor Augen, dass das, was wir heute kennen, keineswegs der einzige und zudem auch nicht der nachhaltige Weg ist, uns langfristig mit Nahrungsmitteln zu versorgen.

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Unser Aller Wald

In einem Wäldchen in der Nähe von Keyenberg ist das Baumhausdorf UnserAllerWald entstanden. Mit den Baumhäusern soll das Voranfressen der Braunkohlebagger blockiert werden, denn Keyenberg steht auf der Liste der sechs Dörfer, die zukünftig verschwinden sollen. Im Tagebau Garzweiler im rheinischen Braunkohlerevier will RWE noch bis 2038 Braunkohle fördern und verstromen, was Millionen Tonnen CO2 in die Atmosphäre entlässt und die Klimakatastrophe befeuert. UnserAllerWald ist jedoch nicht nur ein Widerstandsdorf, sondern auch ein Utopiedorf, denn für die Aktivistis ist klar, dass die Braunkohleverbrennung zu Profitzwecken nur ein Beispiel für die kapitalistische Verzehrung und Verheerung der Welt ist. Ihr Ziel ist es, eine Welt aufzubauen, in der es allen gut geht.

In einem Vlog berichten sie regelmäßig von Ihren Kämpfen, ihrem Alltag und ihren Träumen. Die erste Staffel lief in zehn Folgen vom September bis Dezember 2020. Sie zeigt den zunächst klandestinen Aufbau, die Öffentlichmachung und die Behauptung des Baumhüttendorfes. Nach der Winterpause ist die zweite Staffel jetzt angelaufen. Wer einsteigen möchte, kann mit diesem Überblicksvideo beginnen:

Automatische Gesellschaft

[Kolumne Immaterial World in der Wiener Zeitschrift Streifzüge]

Die fetischismuskritische Richtung der marxschen Analyse betont den automatischen Charakter der kapitalistischen Vergesellschaftung. Und schließt manchmal daraus, dass eine freie, postkapitalistische Gesellschaft keinen automatischen Charakter haben dürfe. Warum das aus meiner Sicht falsch ist, soll in dieser Kolumne begründet werden. Zunächst jedoch ein paar Vorklärungen.

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Envisioning Post-Capitalist Societies via Simulation

On February, 18th/19th, 2021, the project „Society after Money“ is holding a workshop online: „Envisioning Post-Capitalist Societies via Simulation – Critique, Utopias and Agent Based Modelling“ (PDF-Flyer).

How might a post-capitalist society look like? How can we conceive modes of production and coordination that no longer rely on money, markets and the state? Is this possible on a large-scale, not only as small community projects, but society-wide?

The interdisciplinary research group „Society after Money“ (funded by the Volkswagen Foundation), whose goal is to build an Agent Based Model of a post-capitalist economy that can serve as a laboratory to foster thinking about a society after money via experimentation, has invited scholars from respective fields to debate the nexus of critique, utopia and simulation.

Find more informations on the project’s website.

Corona Blues

[Kolumne Immaterial World in der Wiener Zeitschrift Streifzüge]

Nach der ersten Welle ist das Virus zurück, und nichts hat sich verändert. Das Virus lehrt uns, in welch absurden Verhältnissen wir leben. Es zeigt uns erneut, wie der Kapitalismus den Zusammenhang von zweierlei Leben zerreißt: Gesundheit oder Existenzsicherung. Die gesundheitliche Sicherung von Leben verlangt, die Wirtschaft runterzufahren, weil wir die physischen Kontakte minimieren müssen. Nur wenn die Ansteckungsrate niedrig ist, kann das Gesundheitssystem die Flut der schweren Erkrankungen bewältigen und Leben retten. Gleichzeitig gefährdet genau das weltweit die Existenz von Milliarden von Menschen, weil sie ihre Geldeinnahmen verlieren. Eben weil die Wirtschaft in vielen Bereichen nicht mehr läuft. Die UNO spricht von drohenden Hungersnöten „biblischen Ausmaßes“ in Ländern des Südens, weil die Menschen sich ihr Essen nicht mehr kaufen können.

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