10 Prinzipien des Übergangs

Brückenbau in Berlin-MoabitImmer mehr Menschen wollen eine commonsbasierte Wirtschaftsweise, die uns von den Zwängen des Markts befreit. Freie Software, Freie Kultur, Wikipedia, Freie Hardware und und und: Beispiele für erfolgreiche Commons-Projekte gibt es viele, und täglich werden es mehr. Die commonsbasierte Produktionsweise existiert also schon, bildet aber bisher eine kleine Minderheit der gesamten Ökonomie. Unter welchen Umständen kann sie weiter wachsen?

Vor einiger Zeit habe ich eine Idee für den Übergang in eine commonsbasierte Produktionsweise skizziert. Einige Monate – und Diskussionen – später setzt dieser Artikel die Überlegungen zum Übergang fort. Dabei werden 10 „Prinzipien des Übergangs“ vorgestellt, wobei es sich nicht um ein präzises Szenario handelt, sondern eher um Bedingungen, die einen erfolgreichen Übergang wahrscheinlicher machen. Kritik und Ergänzungen sind sehr erwünscht!

P1: Commons-Projekte schließen sich in Netzwerken zusammen. Die Kooperation innerhalb der Netzwerke erfolgt durch Güterpools und durch Stigmergie (Listen mit Bedarfshinweisen).

Die commonsbasierte Peer-Produktion (siehe auch hier) basiert auf freiwilliger Kooperation. Die Herausforderung besteht nun darin, die Kooperation auch zwischen den Projekten reibungslos zu gestalten; ist dies gelungen, ist eine wesentliche Hürde für eine „virushafte“ Ausbreitung der Peer-Ökonomie genommen! Auch der Kapitalismus kennt Kooperation, sie findet aber vor allem innerhalb von Unternehmen statt, die am ehesten den „Projekten“ der Commons-Produktion vergleichbar sind. Commons-Netzwerke bilden eine Möglichkeit, systematische Kooperation auf die gesamte Produktion auszuweiten, ohne sich einer Zentralplanung anzunähern, die sich mit der Commons-Produktion genauso wenig verträgt wie das unsinnige Gegeneinander des Kapitalismus. Der Bedarf wird dabei über Stigmergie (vgl. auch hier) koordiniert.

Netzwerke versorgen Projekte mit Rohmaterialien, mit Geld – wo es noch nicht ohne geht –, vertreten ihre Interessen gegenüber Staat und (Rest-)Kapital, und unterstützen sie in Verwaltungs- und Rechtsfragen. Vor allem aber koordinieren sie den Austausch materieller, nicht frei kopierbarer Produkte zwischen Projekten. Mehr zu dieser Funktion der Peer-Netzwerke steht im bereits erwähnten ersten Artikel zum Übergang.


P2: Projekte priorisieren konsumtive Bedürfnisse in den Netzwerken, an denen sie teilhaben, soweit eine allgemeine Verteilung der Güter noch nicht möglich ist.

Projekte der materiellen Peer-Produktion geben einen Großteil ihrer Produkte an einen Pool ab, der die Nachfrage innerhalb des Netzwerks befriedigt. Das Netzwerk verteilt diese Produkte nicht willkürlich, sondern nach transparenten Verfahren („Product Distribution Procedures“, PDPs), die gemeinsam im rough consensus beschlossen und veröffentlicht werden. Primäres Ziel besteht darin, die konsumtiven Bedürfnisse innerhalb des Netzwerks so weit wie möglich zu erfüllen, und sekundäres Ziel, darüber hinaus so viele Produkte wie möglich an die Allgemeinheit abzugeben. Alle frei teilbaren Produkte (Software, Designs usw.) werden sowieso allgemein zur Verfügung gestellt.

In jedem Projekt tragen die Mitglieder ihren Bedarf in Online-Listen („White lists“) ein. Wenn nicht genügend Produkte da sind, ist die Versorgungsrate kleiner als 100 % und jedes Projekt erhält dann einen Anteil entsprechend der Versorgungsrate. Es wird dann besonderer Wert darauf gelegt, von dem entsprechenden Produkt mehr zu produzieren, um den Bedarf in Zukunft zu decken.


P3: Projekte können an verschiedenen Netzwerken teilnehmen und jederzeit in Netzwerke ein- oder austreten. Sie teilen dann ihre Produktion und Konsumtion in ähnlichem Verhältnis auf die Netzwerke auf.

Manchmal sind Projekte in verschiedenen Netzwerken, etwa weil diese unterschiedlich ausgerichtet sind und unterschiedliche Produkte herstellen. In diesem Fall werden sie versuchen, allen Netzwerken einen Teil ihrer über den Eigenbedarf hinausgehenden Produktion zu geben. Entsprechend teilen sich die Netzwerke dabei auf, die Bedürfnisse des Projekts (Konsumtion der Mitglieder ebenso wie Rohstoffe und „Vitamine“, nicht selbst herstellbare Zubehörteile für die Produktion) zu erfüllen. Langfristig ist es denkbar und wohl am sinnvollsten, dass alle Netzwerke zu einem Weltnetzwerk zusammenwachsen, doch dies kann nicht von Anfang an vorausgesetzt werden, da Netzwerke häufig dezentral aus dem Zusammenschluss einzelner Peer-Projekte entstehen.

Was passiert mit ungedecktem Bedarf? Wenn ein Netzwerk zu viel von einem bestimmten Produkt hat, gibt es einen „Angebotsruf“ („Call offer“) aus, der mit offen gebliebenem Bedarf auf den „White lists“ anderer Netzwerke abgeglichen wird, wo sich nun Projekte mit offenem Bedarf registrieren können. Dies ist nur eine grobe Skizze, wie das Freiwilligenspiel auf eine netzwerkbasierte Koordination angewandt werden kann. Die genauen Verfahren können in Netzwerken auch unterschiedlich gehandhabt werden. Dass sich daraus keine groben Ungerechtigkeiten ergeben, wird dadurch gesichert, dass Projekte frei zwischen Netzwerken wechseln und auch an mehreren teilnehmen können.

Nähert sich dieser Austausch aber nicht bereits einer Zentralplanung an? Keineswegs, denn hier wird die Produktion unmittelbar durch den Bedarf angetrieben, den die Projektmitglieder anmelden. Es gibt keine zentralen Vorgaben; allein die Interessen der Produktion und die Bedürfnisse der Netzwerkmitglieder steuern, was hergestellt wird. Ebenso wenig ist die „Anmeldung“ eines Bedarfs mit Wartezeiten verbunden: Das Verfahren kann ohne Weiteres über ein Online-Bestellsystem laufen, bei dem man seine Produkte bestenfalls genauso schnell zugeschickt bekommt wie heute bei der Internetbestellung (oder sie in einer Verteilstelle abholt).

Andererseits muss auch nichts hergestellt und dann „verwertet“ (in den Markt gepresst) werden, um Arbeitsplätze zu schaffen oder Kapital anzulegen, wie es im Kapitalismus der Fall ist. Waren werden nicht aufgrund von Knappheit teurer, und es gibt keine Preiskonkurrenz zwischen Projekten, was wesentliche Effekte des Markts sind.


P4: Commons-Netzwerke bilden nur eine von zwei Säulen des Übergangs; die andere sind Peer-Communities.

Der erste Artikel dieser Serie konzentrierte sich auf Commons-Netzwerke. Eine weitere Idee wird im Zusammenhang mit dem Übergang diskutiert: örtlich begrenzte „Communities“, die sich immer mehr vom Markt unabhängig machen und einer ‚reinen’ Peer-Produktion annähern. Beschreibungen post-kapitalistischer Gesellschaften in der utopischen Literatur und der Science fiction konzentrierten sich oft auf ortsgebundene Inseln des Neuen, ein Konzept, das ich als „Peer-Communities“ bezeichnen möchte. Solche Communities könnten ein Dorf, eine Stadt oder eine ganze Region umfassen.

Generell benötigen Inseln der commonsbasierten Peer-Ökonomie einen gewissen Schutz gegen die Bedingungen des Markts, weil sie sonst gezwungen sind, sich diesen anzupassen. Das wird bei vielen heutigen Alternativprojekten erkennbar: Diese passen sich mehr und mehr dem Markt an, oder werden zur Aufgabe gezwungen, verlieren also in beiden Fällen ihren keimförmigen Charakter. Sowohl delokalisierte Commons-Netzwerke als auch lokalisierte Communities bilden Inseln im Markt, aber auf verschiedene Weise:

Commons-Netzwerke sind delokalisierte nicht-kapitalistische Inseln in einer Marktwirtschaft, beschränkt primär in ihrer Produktreichweite. „Produktreichweite“ ist dabei ein Maß für die Bandbreite der hergestellten Produkte in Relation zu allen in einer Ökonomie als Standard geltenden Produkten. In der Praxis werden Projektnetzwerke aber meist auch räumliche Begrenzungen haben (weltweite Netzwerke sind wohl nur für hochkomplexe Produkte wie Mikrochips praktisch).

Peer-Communities dagegen sind lokalisierte nicht-kapitalistische Inseln in einer Marktwirtschaft, beschränkt primär in ihrer räumlichen Reichweite. Sie werden auch in den produzierten Produkten beschränkt sein: Die Produktion etwa von Mikrochips macht schlicht keinen Sinn auf einer örtlichen Community-Ebene. Peer-Communities werden jedoch nach weitgehender Unabhängigkeit streben und versuchen, so wenig Produkte wie möglich kaufen zu müssen.

Gelegentlich wurden auch schon ortsgebundene Gemeinschaften mit großräumigen Netzwerken zusammengedacht, etwa in Halbinseln gegen den Strom von Friedrike Habermann oder auch auf sehr futuristische Weise in den Dys-/Utopien Daemon und Freedom(tm) von Daniel Suarez.


P5: Peer-Communities und Commons-Netzwerke kooperieren und priorisieren ihre jeweiligen Bedürfnisse. Auf dieser Makroebene erfolgt die Koordination primär durch Stigmergie (Bedarfs- und Überschusslisten).

Wenn Commons-Netzwerke über den eigenen Bedarf hinaus produzieren, liegt es nahe, damit zunächst die Peer-Communities zu versorgen, und umgekehrt. Peer-Communities werden häufig im Bereich der Lebensmittel und der Rohstoffe besser dastehen als Commons-Netzwerke, während diese wiederum mit sehr aufwendigen und speziellen Gütern (vom bereits erwähnten Mikrochip bis hin zum MRI-Scanner) punkten können. Peer-Communities werden dabei auch lokalisierte Anlaufzentren für die Peer-Ökonomie bereitstellen, etwa Übernachtungshäuser für reisende Peer-Mitglieder und -Administratoren (siehe P7) bis hin zu Anlaufstellen für Interessierte, die an der Peer-Ökonomie teilnehmen wollen, und Tagungshäuser für Kongresse zur Peer-Ökonomie oder für Treffen mit Politikern und NGOs.


P6: Die Commons-Bewegung wird zu einer breiten gesellschaftlichen Bewegung anwachsen, die nicht nur aus den Mitgliedern von Peer-Projekten besteht und unterschiedliche Positionen und Aktionsformen umfasst.

Diese Bewegung könnte in vielen gesellschaftlichen Bereichen spürbar werden: In NGOs werden Arbeitsgruppen gebildet, in Parlamenten Ausschüsse, es wird Kongresse dazu geben, ebenso wie Demos und Aktionen aller Art. Ebenso wie etwa Feminismus, Umweltschutz und Menschenrechte wird „Commons-Förderung“ (“Commons Advancement”) zu einer Idee werden, die breit diskutiert und dabei unterschiedlich ausgelegt wird. Es wird Gegner und Polemik geben, aber nach und nach wird sich die Erkenntnis durchsetzen, dass dies eine wichtige Bewegung des gesellschaftlichen Fortschritts ist.

Viele Menschen denken heute zuerst an politische Probleme, wenn der Übergang zu einer commonsbasierten Ökonomie erwähnt wird. Die ökonomischen Lösungen existierten zwar, wenden sie ein, aber die Macht und Ideologie des Markts seien zu stark, gerade in den wirtschaftlich und politisch tonangebenden Institutionen. Tatsächlich ist die Ideologie des Kapitalismus jedoch vielerorts auf dem Rückzug. Die Fakultäten für Wirtschaftswissenschaften hinken dem Erkenntnisstand noch hinterher, aber spätestens seit dem Nobelpreis für Elinor Ostrom bewegt sich auch dort etwas in den Köpfen.

Aquaponik in Linz (auf der Ars Electronica 2015)Das Aufkommen einer neuen Produktionsweise wird nicht reibungslos abgehen, vor allem wenn die Krise des Kapitalismus sich immer weiter verschärft. Es wird dann versucht werden, die Peer-Ökonomie zum Sündenbock für die stets steigende Arbeitslosigkeit und Prekarität abzustempeln, einerseits um sie zurückzudrängen, aber auch um am neoliberalen Dogma festhalten zu können, derzufolge alle Probleme des Kapitalismus nur Marktunvollkommenheiten seien. Dies lässt sich schon jetzt in Ansätzen beobachten, wenn z.B. die prekären Bedingungen von Autor*innen und Wissenschaftler*innen auf Freie Kultur und Open access geschoben werden.

Eine Bewegung, die die eigentliche Produktion in den Peer-Projekten begleitet und in alle gesellschaftlichen Bereiche hineinwirkt, wird daher dringend nötig sein; sie wird für längere Zeit ebenso wichtig, aber auch umstritten sein wie Arbeiterbewegung, Feminismus, Menschenrechte und Umweltschutz dies waren, bis diese Ziele mehrheitsfähig wurden. Sie wird protestieren und aktivieren, Organisationen und Gesetzgebung beeinflussen, auf Rückschläge oder Gefahren aufmerksam machen, und sich dabei, wie jede Übergangsbewegung, nach und nach selbst abschaffen – was könnte es besseres geben?


P7: Außer den produktionsorientierten Projekten wird es administrative Projekte geben, die sich um Koordination, Kommunikation und Sicherheit der wachsenden Peer-Gesellschaft kümmern, gerade auch in ihrer Interaktion mit der schrumpfenden Marktwirtschaft und staatlichen Stellen.

Peer-Projekte konzentrieren sich heute meist auf die Herstellung bestimmter Güter, sie haben oft nur wenig Zeit und Lust, ihre Interessen in einer marktwirtschaftlich dominierten Umgebung durchzukämpfen. Es wird daher Admin-Projekte (auch Meta-Commons genannt) geben, die sich auf die Aufgaben der Koordinierung in der Peer-Ökonomie spezialisieren, ihre Belange vertreten, Gesetzgeber und Organisationen beraten, die „Peer-Verträglichkeit“ von Vorhaben aller Art bewerten, usw. Leider ist es gut vorstellbar, dass es auch zu Gewalt gegen Peer-Projekte kommt, sei es durch Einzeltäter oder durch gewalttätige Mobs, wie derzeit gegen die Flüchtlinge in Europa; für die Profiteure des Status quo macht es immer Sinn, Menschen gegen Veränderungen aufzustacheln. Daher wird auch die Sicherheit der Peer-Projekte zu den Aufgaben der Admin-Projekte/Meta-Commons gehören.


P8: Es wird ein Interface benötigt, das es der Peer-Ökonomie erlaubt, nach außen mit dem Markt zu interagieren und nach innen gemäß Peer-Prinzipien zu funktionieren.

Projekte der materiellen Peer-Produktion benötigen Geld für verschiedene Zwecke: Sie brauchen Rohmaterialien für die Produktion, müssen unter Umständen Land kaufen oder mieten, usw. In der Peer-Ökonomie selbst wird kein Geld benötigt, oder es wird jedenfalls nicht mehr als „Gatekeeper“ den Zugang zur Produktion beschränken. Doch während des Übergangs werden die Peer-Projekte noch in verschiedener Hinsicht mit dem Markt interagieren müssen. Dies führt zu einer hybriden Wirtschaft des Übergangs, in der Geld noch punktuell benötigt wird.

Dieses von Peer-Produzenten benötigte Geld kann über Spenden (wie derzeit etwa die Wikipedia), Fundraising oder öffentliche Zuschüsse aufgebracht werden. Mittelfristig ist eine politische Lösung für die Interaktion von Commons-Gesellschaft und Markt nötig, etwa durch Gesetze, die einen Prozentsatz aller abgebauten Rohstoffe für die Peer-Ökonomie reservieren, oder (im Gegenzug für die Hilfe bei der Lösung von sozialen und Umweltproblemen) eine Förderung durch Steuergelder festlegen – schließlich werden ja auch die Unternehmen massiv gefördert! Im ersten Artikel zum Übergang werden die Interaktion mit dem Markt und die Geldproblematik genauer untersucht.


P9: Commons-Projekte sollten möglichst wenige Menschen in Vollzeit beschäftigen, da diese sonst von den Projekten abhängig werden.

Wenn Commons-Projekte Menschen in Vollzeit anstellen, besteht die Gefahr, dass sie miteinander in ernsthafte Konkurrenz treten, da diese Menschen für ihren Lebensunterhalt von ihnen abhängig sind (danke an Christian für diesen wichtigen Hinweis!). Das Problem wird z.B. in Solawi-Projekten spürbar, die gelegentlich einige Gärtner*innen in Vollzeit bezahlen. Gründet sich nun ein anderes Solawi-Projekt, besteht die Gefahr, dass einige der Gärtner entlassen werden müssen, und die Konkurrenz zwischen den Projekten wird damit zu einer existentiellen Angelegenheit, ähnlich wie die zwischen Unternehmen in der Marktwirtschaft. Es kann dann zu Konkurrenz zwischen Peer-Projekten kommen, die sich gegenseitig in ihren „Leistungen“ überbieten wollen, was mehr oder minder direkt in eine Kapitalismus-ähnliche Situation zurückführen würde.


P10: Damit die Commons-Produktion wächst, ist es nicht erforderlich, dass die produzierten Güter einfacher zu haben sind als im Kapitalismus, verglichen nach der zum Projekt beigetragenen Zeit oder einem anderen Maß für die Beiträge (etwa der subjektiv bewerteten Anstrengung), sofern andere Vorteile für die Mitglieder dies ausgleichen.

Dies könnten immaterielle Vorteile sein, etwa der Zugang zu einer Community mit ihren zahlreichen Kontakten, sozialen Strukturen, Feiern, Ausflügen usw. Es kann sich aber auch um ganz konkrete „materielle“ Vorteile handeln, etwa dem Zugang zu den Einrichtungen einer Community, die prioritär den Mitgliedern zur Verfügung gestellt werden (Sportzentren, Gärten, Schulen …). Ich glaube allerdings, dass der ‚immaterielle‘ Vorteil eine wichtige Rolle spielen wird, der darin besteht, seine Fähigkeiten dort einsetzen zu können, wo sie wirklich benötigt werden und wo man spürt, dass sie nicht verschwendet sind!

Im Kapitalismus versuchen viele Menschen (mangels Alternativen), diese Befriedigung aus dem Job zu ziehen; aber Unternehmen sind nur beschränkt als Sinnstifter geeignet. Wie glücklich kann man in einer Gemeinschaft werden, die jederzeit droht, einen herauszuwerfen und damit in eine (potentiell existenzbedrohende) Krise zu stürzen? Mit einem Freundeskreis oder einer Familie, die regelmäßig so agiert, würde wohl kaum jemand etwas zu tun haben wollen!

Dazu kommt der Frust, der sich aus der systemnotwendigen Konkurrenz (zwischen Unternehmen, Arbeitnehmern, Kapitalien) ergibt: Die Ingenieurin, die 90 % ihrer Zeit in Parallelentwicklungen zu anderen Unternehmen stecken muss, obwohl sie die Arbeit der dortigen Entwickler schätzt und gerne auch ihre eigene mit ihnen teilen würde, ist ebenso frustriert wie die Unternehmerin, der es eigentlich um gute Produkte geht, die aber einen großen Teil ihrer Kraft damit verbringen muss, andere Marktteilnehmer durch Werbung und Expansion in Schach zu halten, um nicht verdrängt zu werden. Der begeisterte Einsatz vieler Menschen für Freie Software, Freie Kultur usw. zeigt, wie viel wohler sich Menschen fühlen, wenn die destruktiven und bornierten Seiten der Produktion für den Markt wegfallen.

Die Peer-Ökonomie sollte daher nicht versuchen, in Effizienz mit dem Kapitalismus gleichzuziehen. Allerdings wird das Wegfallen des größten Teils des kapitalistischen Overheads viel Aufwand einsparen, weshalb auch bei geringerer Arbeitszeit und Druck auf die Projektteilnehmer effektiv produziert werden kann, wie die Freie Software gezeigt hat. Effizienz wird aber niemals das Hauptkriterium für Peer-Produktion sein!

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