Schlagwort: peer-production

Eine Welt, in der alle gut leben können

Titelbild „Die Welt reparieren“Das Potenzial der commonsbasierten Peer-Produktion

[Mein Beitrag zum neuen Sammelband Die Welt reparieren. Open Source und Selbermachen als postkapitalistische Praxis, herausgegeben von Andrea Baier, Tom Hansing, Christa Müller und Karin Werner (Transcript, Bielefeld 2016). Es ist auch möglich, das komplette Buch herunterzuladen (Lizenz: CC BY-NC-ND).]

Die Grundideen des Internets sind Offenheit und Dezentralität – jede soll mitmachen können, ohne erst andere um Erlaubnis fragen zu müssen. Wer heute das WWW benutzt, spürt davon womöglich nicht mehr viel. Wird nicht alles von einigen großen Plattformen wie Google, Facebook, Youtube und Amazon dominiert? Es mag so scheinen, doch ist das WWW nur ein kleiner Teil des Internets und die großen Plattformen sind nur ein kleiner Teil des WWW.

Und was auffällig ist: Auch bei Plattformen wie Facebook, Youtube und Twitter sind es die Benutzer (ich verwende weibliche und männliche Formen zufällig im Wechsel), die alle Inhalte beitragen – anders als beim Fernsehen und bei gedruckten Medien, deren Inhalte von bezahlten Profis erstellt werden. Google ist als Suchmaschine für die Vielfalt des WWW groß geworden, produziert also ebenfalls keine eigenen Inhalte, sondern ermöglicht es, diese zu finden. Beim Onlineshop Amazon spielt der „Marketplace“, auf dem Drittanbieter eigene Produkte verkaufen, eine zunehmend größere Rolle, und eBay lebt komplett von der Vermittlung der Angebote anderer Menschen und Firmen.

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Demonetize: Die Kernidee

demonetize[Bisher erschienen: Einleitung]

1. Was ist die Kernidee von Demonetarisierung?

Geld ist das Problem

Die Zielperspektive der Demonetarisierung besteht darin, uns von Geldverhältnissen zu befreien: Für eine bessere Gesellschaft sind der Markt und das Kaufen und Verkaufen erheblich einzuschränken und schließlich abzuschaffen. Dies ist nur möglich durch bewusste und partizipative Formen der Kooperation.

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Vortrag in Münster: Commons – Gemeinsam produzieren ohne Profitlogik

Das FreiraumKollektiv in Aktion, siehe http://www.freiraumkollektiv.org/ueber-uns.htmlLetzten Jahr bin ich auf Einladung des Verdi-Erwerbslosenausschusses nach Münster kommen. Dieses Jahr werde ich dort erneut einen Vortrag halten, diesmal auf Einladung des Vereins FreiraumKollektiv.
Mein Vortrag mit anschließender Diskussion zum Thema Commons findet am Donnerstag, 12. Mai 2016 von 19 bis 21 Uhr in der Gaststätte SpecOps statt (Von-Vincke-Straße 5, 48143 Münster).

Der Abend gehört zu einer Vortragsreihe zum Thema Was wäre wenn? Ökonomie – Kritik – Alternativen.

Aus der Ankündigung:

Im Kapitalismus wird nur gemacht, was Profit verspricht, auch wenn das zwangsläufig auf Kosten von Menschen und Natur geht. Doch diese Logik ist nicht alternativlos – Ansätze wie Freie Software, Open Hardware, solidarische Landwirtschaft, Mietshäuser-Syndikat zeigen, dass es anders geht. Sie basieren auf Commons, die kollektiv hergestellt und gepflegt werden und von vielen oder allen genutzt werden können. Und die Menschen kooperieren auf Augenhöhe, statt sich anderen unterzuordnen oder gegen andere konkurrieren zu müssen. Wie kann diese alternative gesellschaftliche Logik verallgemeinert werden?

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10 Prinzipien des Übergangs

Brückenbau in Berlin-MoabitImmer mehr Menschen wollen eine commonsbasierte Wirtschaftsweise, die uns von den Zwängen des Markts befreit. Freie Software, Freie Kultur, Wikipedia, Freie Hardware und und und: Beispiele für erfolgreiche Commons-Projekte gibt es viele, und täglich werden es mehr. Die commonsbasierte Produktionsweise existiert also schon, bildet aber bisher eine kleine Minderheit der gesamten Ökonomie. Unter welchen Umständen kann sie weiter wachsen? (mehr …)

Butter bei die Fische?

Ich bin langsam beim Lesen. Erst jetzt stieß ich auf Seite 58 auf den Artikel »Butter bei die Fische!« von Rüdiger Mats in der konkret 9/2015. Der Text steht in einer Debattenreihe zu einem »neuen Sozialismus«. Bisher kam in der Reihe nichts nennenswert Interessantes. Nun stellte Mats die Frage nach einer anderen Produktionsweise: »Eine nachrevolutionäre Gesellschaft soll den Kapitalismus ablösen, und der ist eine Produktionsweise. Deshalb gehört zu einer Sozialismusdebatte auch die Frage, wie das gehen soll, wodurch der Kapitalismus denn eigentlich abzulösen ist.«

Hallo, das könnte spannend werden!

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Commonismus statt Sozialismus

aufhebung-des-kapitalismus[Beitrag aus: Aufhebung des Kapitalismus, Argument-Verlag, S. 259-277]

Die widersprüchliche Herausbildung einer neuen Produktionsweise

»Die soziale Revolution … kann ihre Poesie nicht aus der Vergangenheit schöpfen, sondern nur aus der Zukunft« (Marx 1852: 117).

In der linken Debatte fällt schnell auf, dass es keinen einheitlichen Begriff des Sozialismus gibt. Zwei Argumentationsstränge lassen sich identifizieren. Ein Strang erklärt offen, dass es sich beim Sozialismus um eine warenproduzierende Gesellschaft handele, in der getrennt produziert werde und folglich die Produkte Warenform annähmen. Im durch einen zentralen Plan geregelten Austausch behielten folglich Wertgesetz, Preis und Gewinn ihre regulatorische Funktion. Ein anderer Strang spricht von bloßer Güterproduktion, bestreitet also die Warenförmigkeit der Produkte mit dem Verweis auf das Gemeineigentum an den (wesentlichen) Produktionsmitteln sowie dem Plan, der den Markt als Vermittlungsinstanz durch einen „politischen“ Mechanismus ersetze. Diese Stränge stehen nicht so getrennt nebeneinander, wie die hier gewählte vergröberte Darstellung es nahelegen mag. In beiden spielt etwa etwa der Plan eine zentrale Rolle. Signifikant ist dennoch die völlige Uneinigkeit über den besonderen Charakter der sozialistischen Produktionsweise – Warenproduktion oder nicht?

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Vortrag in Münster: Wirtschaft jenseits von Erwerbsarbeit und Verwertungslogik

Beitragen statt tauschenAuf Einladung des ver.di-Erwerbslosenausschusses werde ich in zehn Tagen in Münster vortragen. Hier der Ankündigungstext:

Ideen zu einer Wirtschaft jenseits von Erwerbsarbeit und Verwertungslogik

Am Donnerstag, dem 18. Juni, um 19:30 Uhr lädt der Erwerbslosenausschuss des ver.di-Bezirks Münsterland zu Vortrag und Diskussion mit Christian Siefkes in die Stadtbücherei Münster ein (Alter Steinweg 11). Kooperationspartner der Veranstaltung sind der ver.di-Ortsverein Münster, die DGB-Jugend Münsterland und der Fachhochschul-AStA Münster-Steinfurt. Der Eintritt ist frei, eine Anmeldung nicht erforderlich.

Für den Berliner Autor und Software-Entwickler Christian Siefkes liegen in der gegenwärtigen computergestützten Technikentwicklung Potenziale, die zu einer emanzipatorischen Umwidmung der Produktionsverhältnisse nützlich sein könnten. Im Spannungsfeld von Computertechnologie und Gesellschaftstheorie beschäftigt sich Siefkes in seinen Publikationen mit einer möglichen nachkapitalistischen Zukunft, in der Erwerbsarbeit und Verwertungslogik keine Rolle mehr spielen. Produziert wird hier nicht um des Geldes willen, sondern die Menschen tun dies in „commonsbasierter Peer-Produktion“ für sich selbst und zum gegenseitigen Nutzen ihrer Arbeit.

Eine Idee für den Übergang

Fertige und unfertige Brücke (in Berlin-Moabit)Während hier auf keimform seit Jahren Überlegungen zur postkapitalistischen Gesellschaft angestellt werden, ist ein Punkt eher selten diskutiert worden: wie genau der Übergang in eine solche Gesellschaft aussehen könnte. Zwar wurde mit Hilfe des Fünfschritt-Modells der Kritischen Psychologie der Systemwechsel in abstrakt-kategorialer Form beschrieben, es bleibt aber offen, welche konkreten Veränderungen dafür nötig sind (abgesehen von einem allgemeinen Anwachsen der Peer-Produktion).

Wie kommen wir also dorthin, wo wir hinwollen? (mehr …)

Die stigmergische Zukunft

neues deutschlandVon Sabine Nuss

[Erschienen am 11.04.2015 im neues deutschland.]

3D-Drucker in der Küche und eine Welt ohne Geld: über das Potenzial neuer Technologien für die Revolutionierung der Produktionsverhältnisse.

«Tea. Earl Grey. Hot». So lautete das Kommando, mit dem Captain Jean-Luc Picard in Raumschiff Enterprise regelmäßig seinen Tee bei einem sogenannten Replikator bestellte. Dieses schrankhohe Gerät war eine Art Kopiermaschine. Es konnte jeden in seiner atomaren Struktur vorher erfassten Gegenstand herstellen. Wenn nicht gerade aufgrund eines Systemfehlers eine Orchidee statt einer dampfenden Teetasse aus dem Replikator plumpste, stand da binnen weniger Sekunden das Lieblingsheißgetränk des Captains.

Mit der Entwicklung von 3D-Druckern scheinen uns Replikatoren heutzutage nicht mehr ganz so fiktional wie noch in den neunziger Jahren des vorigen Jahrhunderts. Im Gegenteil: Auf dem Videoportal youtube finden sich zahlreiche Filme, die zeigen, wie 3D-Drucker dreidimensionale Gegenstände schichtweise aufbauen: von Gipsfiguren über Kunststoff-Trillerpfeifen bis hin zu Pizza oder gestrickten Schals – es wird eifrig mit diesen Geräten experimentiert. Aber kann man damit auch eine neue Gesellschaft ausdrucken?

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