Energie rationieren? Autofreie Städte? Es gibt global betrachtet erneuerbare Energien im Überfluss. Z.B. könnte man die ganze Welt mit Strom versorgen, wenn man nur einen kleinen Teil der Sahara mit Solarthermiekraftwerken zubaut. Es gibt überhaupt keinen Grund, für die Energiegewinnung CO₂ oder Atommüll zu erzeugen; der politische Wille für den Umstieg muss nur da sein. Es gibt keinen Grund, Energie zu rationieren. Und es gibt keinen Grund für autofreie Städte. Aber über Oberleitungen an allen Straßen sollte man mal nachdenken.
torben
zumindest autofreie Zonen in Städten könnt ich mir gut vorstellen. und wenn insgesamt weniger der Blechdinger unterwegs sind, wär das aus vielen, vor allem sehe ich ökologische, Gründen zu begrüßen. und auch Solaranlagen (oder Elektroautos) benötigen eine Menge Rohstoffe, die erstmal (von wen und unter welchen Bedingungen) gewonnen werden müssen. ist trotzdem sinnvoll auf erneuerbare Energien zu setzen, aber ebenso sinnvoll halte ich es nicht nur auf technische Lösungen zu setzen
Thomas Grüttmüller
@torben: „zumindest autofreie Zonen in Städten könnt ich mir gut vorstellen.“ – Ich auch. Als Kind habe ich mal in einer Straße gewohnt, die regulär nur zum Be- und Entladen befahren werden durfte. Der nächste Parkplatz war ca. 100 Meter entfernt. Das war alles gut designt. Dennoch war die Stadt nicht autofeindlich gestaltet. „und auch Solaranlagen (oder Elektroautos) benötigen eine Menge
Rohstoffe, die erstmal (von wen und unter welchen Bedingungen) gewonnen
werden müssen.“ – Die Gewinnung bzw. das Recycling von Rohstoffen ist nur eine Energiefrage. Z.B. wird beim Lithium-Abbau für Akkus sehr viel Trinkwasser verschwendet, um das im Gestein vorkommende Metall erst herauszulösen und hinterher die Suppe wieder einzudampfen. Lithium kommt aber auch im Meerwasser vor, sehr verdünnt, dafür in riesigen Mengen. Der Energieaufwand wäre ungleich höher, aber Trinkwasser bräuchte dafür nicht verschwendet werden. Und sowieso kann man Trinkwasser aus Meerwasser gewinnen, unter Einsatz von Energie.
„ist trotzdem sinnvoll auf erneuerbare Energien zu setzen, aber ebenso
sinnvoll halte ich es nicht nur auf technische Lösungen zu setzen“ – Für das Problem gibt es keine nicht-technische Lösung. Du brauchst Energie, um Essen und Kleidung herzustellen, um dir ein Haus zu bauen und im Winter zu heizen. Vor der Industrialisierung hat man viel mit Muskelkraft gemacht, z.B. mit Pferden. Für das ganze Futter brauchte man riesige Felder; energetisch ist das völlig ineffizient, etwa 100 mal schlechter als wenn man Solarzellen direkt mit einem Motor verbindet. Desweiteren wurde viel mit offenem Feuer hantiert (zum Kochen, Heizen, für Beleuchtung usw.). Dafür wurden der Reihe nach die Wälder abgeholzt. Die Entdeckung von Kohle und Öl hat quasi die Wälder gerettet. Es geht also nicht zurück, es kann aber auch nicht bei Kohle und Öl bleiben, und Sonnen-Energie sieht nach einer guten Lösung aus.
Eine nicht-technische „Lösung“ wäre, wieder als Jäger und Sammler zu leben, aber auch kein Feuer zu benutzen. Das will aber keiner, und darum ist das nicht praktikabel.
Auch Sonnenenergie muss erst in nutzbare Energieformen umgesetzt werden. Das kostet (zum Beispiel für PV) viel Material – und Energie.
Aus meiner Sicht drängt die drohende Klimakatastrophe als Spitze des Eisbergs die Frage nach der Produktionsweise auf. Kapitalismus ist halt tödlich effizient, vermutlich auch bei einer technologischen „Lösung“ der Klimaproblematik (Stichwort Geoengineering).
@thomas: Die Sahara ist übrigens auch ein Ökosystem, dass man zerstören würde, wenn man es komplett in eine Solarfarm verwandelt.
torben
@thomas: „Eine nicht-technische „Lösung“ wäre, wieder als Jäger und Sammler zu leben, aber auch kein Feuer zu benutzen. Das will aber keiner, und darum ist das nicht praktikabel“
ich schrieb nicht NUR technische Lösungen. und gemeint ist, unsere heutigen Schwierigkeiten, die u.a. AUCH mit den aktuellen Technologien zu tun haben, eben nicht nur technisch anzugehen. also nicht die „Sahara mit Solarthermiekraftwerken zubauen“, wie du es vorschlägst.
dieser Blog existiert ja gerade, um sich über gesellschaftliche Veränderungsmöglichkeiten zu verständigen, die andere sozial-organisatorische Lebensweisen, durchaus auch mit Hilfe von Technologien, zu ermöglichen.
Thomas Grüttmüller
@Stefan Meretz
„Auch Sonnenenergie muss erst in nutzbare Energieformen umgesetzt werden.
Das kostet (zum Beispiel für PV) viel Material – und Energie.“ –
Solarpanele bestehen hauptsächlich aus Silizium, welches aus Sand gewonnen wird.
Und die Energie zur Herstellung weiterer PV-Module liefern die hergestellten PV-Module.
„Aus meiner Sicht drängt die drohende Klimakatastrophe als Spitze des Eisbergs die Frage nach der Produktionsweise auf.“ –
In der Frage bin ich gespalten. China scheint Deutschland in Sachen Energiewende gerade abzuhängen, umgekehrt gab es
im Realsozialismus aber auch energiepolitische Kopflosigkeit (z.B. die Braunkohle in der DDR, der Super-GAU in der UdSSR).
Im Kapitalismus besteht die Gefahr, dass die Beteiligten nur in die eigene Tasche wirtschaften und am Ende zu wenig rauskommt.
Oder dass an sich vernünftige Ideen abgewürgt werden.
Der GPL-Gesellschaft als Keimform traue ich noch nicht zu, in der nahen Zukunft den Klimawandel insgesamt aufhalten zu können.
In bestimmten Aspekten sehe ich aber Potenziale, z.B. bei freien Autos: es soll angeblich schon jetzt freie Schaltpläne geben,
(Stichwort: OpenReevolt) mit denen alte Autos für wenige hundert Euro (Akkus nicht mitgerechnet) in E-Autos umgewandelt werden können.
Das hat demnächst insofern Relevanz, als dass die Autobauer beim Umstieg auf E-Autos versuchen werden,
trotz des viel einfacheren Aufbaus des Fahrzeugs den Preis künstlich hoch zu halten
und das Fahrzeug mit proprierer Software zu verseuchen, um den Kunden zu binden (Stichwort: Smartphone auf vier Rädern,
autonomes Fahren etc.). Freie Autos könnten gegen diese Entwicklung gegensteuern und den Umstieg beschleunigen.
@Benni Bärmann
„Die Sahara ist übrigens auch ein Ökosystem, dass man zerstören würde, wenn man es komplett in eine Solarfarm verwandelt.“ –
Ernsthaft? Die Sahara sieht für mich eher nach einem bereits zerstörten Ökosystem aus. Es geht auch nicht um die Nutzung der ganzen Sahara,
sondern um einen kleinen Prozentsatz. Mit einem Teil der gewonnenen Energie könnte man dort auch ein Ökosystem entstehen lassen.
@torben
„ich schrieb nicht NUR technische Lösungen. und gemeint ist, unsere heutigen Schwierigkeiten,
die u.a. AUCH mit den aktuellen Technologien zu tun haben, eben nicht nur technisch anzugehen.“ –
Darunter kann ich mir wirklich nichts vorstellen. Wie soll so eine Lösung aussehen?
Z.B. Wie willst du im Winter deine Wohnung heizen, ohne CO₂ zu emittieren?
Mit einer Wärmepumpe, die von einem Windrad versorgt wird? → Technische Lösung.
Indem du in ein perfekt gedämmtes Null-Energie-Haus ziehst? → Technische Lösung.
Einfach nur an der Heizung zu sparen und im Winter zu frieren, ist keine Lösung, denn auch wenn weniger CO₂
als heute in die Luft geblasen wird, erhöht sich die Konzentration, nur eben etwas langsamer.
Zum Interview: „Jonas Lage: Falls wir unseren heutigen Energieverbrauch auf erneuerbare Energien übertrügen, bräuchten wir in Zukunft extrem viele Windräder und Solaranlagen“ – Der Ausdruck „extrem viele“ ist natürlich sehr vage. Er liefert aber gleich die konkreten Zahlen hinterher. – „und entsprechend viele Rohstoffe, also seltene Erden, Neodym, Zinn und anderes, um sie herzustellen.“ – Das ist natürlich Quark. Man kann eine WKA auch ohne Neodym bauen. Generatoren brauchen nicht zwangsläufig Permanentmagneten. – „Wir decken in Deutschland derzeit knapp 40 Prozent der Stromversorgung und rund 15 Prozent des gesamten Energiebedarfs, also für Elektrizität, Wärme, Industrie und Verkehr, aus erneuerbaren Quellen.“ – Okay, dann rechnen wir mal: Wenn die heutigen Erneuerbaren 15 % vom gesamten Energiebedarf ausmachen, dann ist der gesamte Energiebedarf 1/(15%) = 667% der heutigen Erneuerbaren. Die heutigen Windräder und PV-Module müssten also ungefähr versiebenfacht werden. Für mich klingt das überhaupt nicht nach „extrem viele“, sondern nach realistisch machbar. Die Frage ist nur: ist der politische Wille vorhanden, oder wird der Umstieg absichtlich verhindert?
@thomas: ganz so einfach ist es natürlich nicht, aber vermutlich weisst du selber, dass erneuerbare nicht kontinuierlich ein siebtel sondern mal 0% und mal 100% des strom(nicht! energie-)bedarfs decken, je nach wetter. außerdem ist der anteil in D vergleichsweise hoch. global sieht das ganz anders aus.
(kein einspruch dazu, dass da politisch gebremst wird, aber es so darzustellen als sei das alles easypeasy ist auch nicht wirklich hilfreich).
Thomas Grüttmüller
@Benni:
Mit „Strom“ meinst du wahrscheinlich Leistung (Arbeit pro Zeit).
Mir ist klar, dass bei Photovoltaik und Windenergie sich die erzeugte Leistung nicht an den Verbrauch anpasst,
d.h. entweder muss sich der Verbrauch anpassen (Das ist in manchen Bereichen denkbar, in anderen nicht.)
oder es muss über Speicher nachgedacht werden (von denen manche teuer sind und manche einen schlechten Wirkungsgrad haben),
um die Erzeugung zu glätten.
Es gibt aber auch Arten von Erneuerbaren, die konstruktionsbedingt ihren Speicher mitbringen
und sich deshalb an den Verbrauch anpassen können:
Wasserkraft aus Stauseen (z.B. in Norwegen) und Solarthermie (z.B. in der Sahara möglich)
Diese Kraftwerke lassen sich auch mit PV und Wind kombinieren und als virtuellen Speicher nutzen.
Eine Stromleitung von Deutschland nach Norwegen macht z.B. sowohl von den Kosten als auch
vom Wirkungsgrad her deutlich mehr sinn als eine entsprechende Power-to-Gas-Anlage.
== Ein paar Links ==
Es gibt übrigens ein paar coole Ressourcen zur Thematik im Netz, z.B.
• energy-charts.de – Eine Website vom Fraunhofer-Institut mit diversen interaktiven Diagrammen,
u.a. den Verlauf der elektrischen Leistung (in DE) seit 2010, aufgeschlüsselt nach Art der Erzeugung und mit 15 min Auflösung
• tyndp.entsoe.eu – Den Zehnjahresplan von 2018 zum Netzausbau in Europa
mit Übersichtskarte und ausführlichen Projektbeschreibungen.
Interessante Projekte im Hinblick auf die Energiewende sind z.B.
die HVDC-Leitungen nach Norwegen (z.B. NordLink),
die künstliche Insel auf der Doggerbank (North Sea Wind Power Hub),
die Nord-Süd-Verbindungen in Deutschland (z.B. SuedLink) und
das Proof-of-Concept-Solarthermiekraftwerk in Tunesien incl. HVDC-Verbindung nach Italien (TuNur).
@Thomas: Deutschland alleine ließe sich vielleicht komplett auf erneuerbare Energien umstellen, ohne dabei den Energieverbrauch zu senken. Allerdings geht es ja auch um die „imperiale Lebensweise“ und die Frage, ob es auf Dauer gut gehen kann (und ethisch akzeptabel ist), wenn die Menschen in einigen Ländern erheblich mehr Energie und Ressourcen verbrauchen als der Rest der Welt. Dass alle 7,7 Milliarden Menschen (bzw. zum Ende des Jahrhunderts wahrscheinlich um die 11 Milliarden) so viel Energie verbrauchen könnten wie die Deutschen heute und alle diese Energie aus erneuerbaren Quellen stammt und bei Bedarf auf CO2-neutrale Weise zwischengespeichert werden kann, erscheint mir ausgesprochen unwahrscheinlich.
Am Platz für Windräder, Solardächer u.ä. würde es nicht scheitern, aber die benötigten Rohstoffe (v.a. Metalle) dürften dann doch recht schnell knapp werden. Und je mehr man versucht, auf seltene Erden, Neodym u.ä. zu verzichten, desto schlechter wird wahrscheinlich der Wirkungsgrad — wobei dann auch Faktoren wie die unvermeidliche Abwärme nicht ignoriert werden dürfen, wenn man die globale Erwärmung nicht noch verschlimmern will.
@Christian Siefkes:
In Deutschland ist es eher vergleichweise schwierig,
dieses Ziel zu erreichen, da es hier wenig Sonne und wenig Wind gibt,
das Land dicht besiedelt ist und wenig freie Fläche für den Aufbau
der Wind- und PV-Anlagen zur Verfügung steht. Das sieht in anderen Ländern besser aus.
Natürlich sollten mittelfristig alle Menschen auf dem Planeten den gleichen Zugang zu Energie haben,
und rein rechnerisch spricht da aus meiner Sicht auch nichts dagegen.
„je mehr man versucht, auf seltene Erden, Neodym u.ä. zu verzichten,
desto schlechter wird wahrscheinlich der Wirkungsgrad“ – Das stimmt nicht.
Neodym-Eisen-Bor-Magnete sind sehr starke Permanentmagnete. Damit kann man
Generatoren klein, leicht und wartungsfrei bauen, was ein gewisser Kostenfaktor
sein kann, wenn man sie auf einen 200 Meter hohen Turm schrauben will.
Traditionell kommen Generatoren aber komplett ohne Permanentmagnet aus
und haben bereits einen sehr guten Wirkungsgrad (um die 90 %), der sich
kaum noch verbessern lässt.
„wobei dann auch Faktoren wie die unvermeidliche Abwärme nicht ignoriert werden dürfen“ –
Interessanter Gedanke. Wie viel macht das aus?
@Admin: Der Blog frisst Kommentare, die eine URL mit Umlauten enthalten. 🙁
Natürlich sollten mittelfristig alle Menschen auf dem Planeten den gleichen Zugang zu Energie haben, und rein rechnerisch spricht da aus meiner Sicht auch nichts dagegen.
„Rein rechnerisch“ ist das sicher richtig, aber ob sich dieser Energiebedarf dann auch noch auf dem heute in Deutschland erreichten Niveau bewegen könnte?
Laut Liste der Staaten mit dem höchsten Energieverbrauch entsprach der Primärenergieverbrauch 2016 in Deutschland 2,4 % des weltweiten Energieverbrauchs. Bedenkt man, dass in Deutschland etwa 1,1 % der Weltbevölkerung leben (83 Mio. von 7713 Mio. Menschen), heißt dass, dass der weltweite Energiebedarf auf etwa das 2,2-fache des heutigen Niveaus ansteigen müsste, wenn der deutsche Bedarf verallgemeinert wird. Das ist in der Tat nicht so viel — ich hätte mir die Differenz größer vorgestellt.
Schaut mich sich allerdings (im selbem Wikipedia-Artikel) die weltweiten Anteile unterschiedlicher Energieträger an, sieht man, wie dramatisch das Problem ist: 85.5 % kommen aus Erdöl, Erdgas und Kohle, 4,5 % aus Kernenergie, und nur 10,1 % aus Wasserkraft, Bioenergie, Geothermie, Sonnenenergie und Windenergie (davon 6,9 % aus Wasserkraft, d.h. mehr als zwei Drittel). Der Anteil aus erneuerbaren Energieträgern müsste also um das 22-fache gesteigert werden, um eine CO2-freie und sichere Energieversorgung auf dem deutschen Verbrauchsniveau zu erreichen.
Dabei ist, soweit ich weiß, bei Wasserkraft die „low-hanging fruit“ schon recht weit ausgeschöpft. Da wird wahrscheinlich noch eine Steigerung um den Faktor 2–3 oder so möglich sein, aber danach könnte es schwierig werden. Bioenergie (deren konkreter Anteil wird dort nicht aufgeschlüsselt) lässt sich auch nicht allzu sehr steigern, weil sie schon heute große Mengen an Land bindet, die eigentlich für andere Zwecke benötigt werden. Somit müsste die Nutzung von Geothermie, Sonnenenergie und Windenergie um den Faktor 60 oder mehr gesteigert werden — und das alles innerhalb weniger Jahrzehnte bzw. eigentlich eher heute als morgen. Und das (nach wie vor sehr rasche) Wachstum der Weltbevölkerung wird dabei noch komplett ignoriert, und ebenso das Problem, dass Sonnen- und Windenergie nicht verlustfrei zwischengespeichert werden können.
Mag sein, dass das alles trotzdem hinhauen kann, aber ich denke, wenn man sich darauf einstellt, dass der Energieverbrauch pro Person stark sinken muss, wenn die Menschheit im Kampf gegen die globale Erwärmung noch halbwegs die Kurve kriegen will, erspart man sich sonst sehr wahrscheinliche Enttäuschungen.
„wobei dann auch Faktoren wie die unvermeidliche Abwärme nicht ignoriert werden dürfen“ – Interessanter Gedanke. Wie viel macht das aus?
Dazu habe ich keine Links parat, aber im Blog von Annette Schlemm müsste sich das eine oder andere finden lassen. Ich glaube, die Menschheit ist hier heute noch weit vom kritischen Limit entfernt, aber bei steigender Weltbevölkerung (gesetzt) und steigendem Energiebedarf pro Person (verhandelbar) könnte es irgendwann kritisch werden.
@Admin: Der Blog frisst Kommentare, die eine URL mit Umlauten enthalten.
@Christian: Mit „Primärenergie“ ist die Form gemeint, in der die Energie ursprünglich vorkommt. Davon wird oft nur ein Teil genutzt. Am krassesten sieht man das bei konventionellen Kraftwerken (erzeugen 20 % elektrische Energie und 80 % Abwärme) und Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor (erzeugen 25 % Bewegungsenergie und 75 % Abwärme). Bei Solar- und Windkraftwerken wird nicht das einfallende Sonnenlicht bzw. die im Wind enthaltene tatsächliche Energie, sondern die erzeugte elektrische Energie als „Primärenergie“ ausgewiesen. Von daher sind die Zahlen nicht vergleichbar.
In diesem Flussdiagramm (DE, 2011) sind 13300 PJ Primärenergie und 5000 PJ genutzte Energie ausgewiesen. Ersteres entspricht einem durchschnittlichen Verbrauch von 5077 Watt pro Kopf, letzteres nur 1908 Watt pro Kopf. Dazwischen gibt es noch eine Stufe (Ich kenne den Fachbegriff leider nicht), nämlich die Energie, die als Produkt für den Endverbraucher erhältlich ist (z.B. elektrische Energie, Heizöl, Benzin, Kohle etc.).
Ich gehe gewöhnlich von folgenden Zahlen aus: Der Pro-Kopf-Verbrauch in Deutschland ist im Schnitt derzeit etwas unter 1000 Watt elektrische Leistung (davon ca. 200 Watt zu Hause), etwa 1000 Watt (Benzin, Diesel etc.) im Verkehr und 1000 Watt (Heizöl, Erdgas etc.) zum Heizen. Also gehe ich erstmal davon aus, dass die Erneuerbaren 3000 Watt pro Kopf (elektrisch, Wasserstoff o.ä.) liefern müssen. (Real wird der Wert aufgrund der Einsparpotenziale etwas darunter liegen, vor allem, weil Elektroautos einen deutlich besseren Wirkungsgrad haben als Verbrenner.)
Der Anteil aus erneuerbaren Energieträgern müsste also um das 22-fache [bzw. ohne Wasserkraft] um den Faktor 60 oder mehr gesteigert werden
Ich komme auf noch krassere Werte. In diesem Flussdiagramm (Welt, 2011) finden sich ein paar Zahlen zur Produktion aus Erneuerbaren. Diese rechne ich erstmal von PJ/a in J/s (aka Watt) und teile den Wert dann nochmal durch 7,7 Milliarden, z.B. für Wind (Rechenweg: 1600e15/365.2425/24/3600/77e8) ergeben sich durchschnittlich 6,58 Watt pro Person. Für Hydro ergeben sich 53,5 Watt, für Solar 4,07 Watt und für Geothermie 11,52 Watt. Wenn das Ziel 3000 Watt sein soll, ergibt sich nach meiner Rechnung mit Hydro ein Faktor von 39,6, ohne Hydro ein Faktor von 135,3. (Die Zahlen sind leider von 2011, aber vielleicht gibt es irgendwo noch aktuellere. In DE haben sich die Erneuerbaren von 2011 bis 2018 fast verdoppelt.)
Biomasse habe ich nicht mitgezählt, da es sich hierbei hauptsächlich um Brennholz handeln dürfte. 1 kg Brennholz enthält 16 MJ, das wären also 438 kg Brennholz pro Person bzw. 3375 Millionen Tonnen insgesamt oder ca. 1,5 Milliarden Bäume im Jahre 2011.
@Annette Ein paar Anmerkungen zum streifzüge-Artikel:
1. Rohstoffverbrauch → Dieser Punkt wurde im Artikel bereits beantwortet. Es ist nur eine Frage der Energie, und wenn die Energie aus Erneuerbaren stammt, ist auch die Gewinnung bzw. das Recycling CO₂-neutral.
2. Abwärme → Über dieses Thema habe ich nochmal nachgedacht. Ungenutzter Wind wird durch Reibung ja eh zu Wärme; wenn man ihn energetisch nutzt, ändert sich also nichts. Sonnenlicht wird entweder reflektiert oder absorbiert und in Wärme umgewandelt, je nach Albedo der Oberfläche. Wenn man eine Solarzelle auf einen Untergrund baut, der eh schon dunkel ist, ändert sich also nichts; baut man sie aber auf hellen Wüstensand, wird weniger Licht reflektiert und mehr Licht zu Wärme. Die Frage ist, wie viel dies ausmachen würde im Vergleich zum insgesamt absorbierten Sonnenlicht.
3. Grundlast → Die alten, nicht regelbaren Kraftwerke müssen eh weg, wenn man CO₂-neutral werden will. Es ist eine politische Fehlentscheidung, sie künstlich am Laufen zu halten und den Ausbau der Erneuerbaren zu blockieren. Das Konzept der Grundlast ist veraltet.
4. Schwankende Erzeugung → Hier gibt es mehrere Möglichkeiten, und ich denke, es wird auf eine Kombination hinauslaufen: a) Anpassung des Verbrauchs an die Erzeugung (z.B. Timer an Waschmaschine nachrüsten, damit sie dann wäscht, wenn der Strom günstig ist), b) Speicher, die die schwankende Erzeugung ausgleichen (teils nah an der Erzeugung, teils beim Verbraucher), c) Bau von Erneuerbaren, die ihren Speicher gleich mitbringen (z.B. Wasserkraft aus Stauseen oder Solarthermiekraftwerke) und d) ein weltweites Supergrid.
5. Wirtschaftlichkeit / Energiewende im Kapitalismus → Das Argument war, dass PV-Anlagen unwirtschaftlich seien und im Kapitalismus es nur darauf hinauslaufen würde, Förderungen abzusahnen, ohne dass etwas bei rumkommt. Dieser Punkt sieht heute komplett anders aus, d.h. PV ist heute cheaper than ever, und eine PV-Förderung ist überhaupt nicht mehr nötig.
Ich habe gerade bei Alibaba nachgesehen: Die meisten PV-Module kosten dort um die 20 Cent pro Watt peak, manche auch nur 12 Cent. Bei 12 Cent rentiert sich eine Solaranlage bereits nach 2½ Jahren ganz ohne Förderung, bei Eigenverbrauch noch viel früher.
Die USA, der zweitgrößte CO₂-Emmitent, hat ja leider das Pariser Klimaschutzabkommen aufgekündigt, und ein Regierungswechsel oder gar ein anderes Wirtschaftssystem sind erstmal auch nicht in Sicht. Dennoch wird es auch dort eine Energiewende geben, und die wird gerade über den Weg der Wirtschaftlichkeit kommen. Die Leute sind ja nicht bescheuert; warum sollten sie ein Verbrenner-Auto fahren, wenn die Energie fürs Elektro-Auto viel weniger kostet, weil der Wirkungsgrad viel besser ist? Warum soll man elektrische Energie vom E-Werk kaufen, wenn eh die Sonne kostenlos aufs Dach scheint?
Es gibt in den USA auch eine Elektroauto-Eigenbau-Szene, was ich sehr beeindruckend finde, auch unter dem Aspekt der Peer-Economy. Vor allem lehrreich ist daran, wie genial einfach ein Elektroauto aufgebaut ist, und was für ein schwachsinniger, komplizierter Schrott ein Verbrenner ist. E-Autos haben keinen Krümmer, keinen Zahnriemen, keinen Zündverteiler, keine Pleuelstangen, keine Ventile, keine Ölwanne, diesen ganzen Blödsinn. Der Elektromotor hat einfach ne Achse mit je einem Kugellager vorne und hinten und dazwischen ein paar Spulen, das wars. Und sie sind richtig billig. Der nicht so triviale Teil beim Umbau ist die Steuerelektronik, aber dafür gibt es fertige Schaltpläne im Netz.
Okay, nochmal zurück zum Thema: In Tunesien ist unter der Bezeichnung TuNur ein Solarthermiekraftwerk mit 2,25 GW Leistung geplant und einer 2 GW HVDC-Leitung nach Italien. Die Idee ist an sich nicht schlecht: nachts, wenn keine Sonne scheint und die PV-Anlagen in Europa aus sind, beliefert das Solarthermiskraftwerk Europa, so dass weniger Speicher gebaut werden müssen. Die Frage ist aber, ob das Kraftwerk auch den tunesischen Markt beliefert. 2011 wurden in Tunesien 48 PW elektrische Energie verbraucht, also im Schnitt 1,52 GW (zum Vergleich: DE 60,2 GW), und diese stammt hauptsächlich aus Erdgas. Es wäre richtig bescheuert, wenn Tunesien seinen Solarstrom exportierte und weiterhin Strom aus Erdgas verwendete. Hier ist die Frage, wie viel Solarthermie-Strom kostet im Vergleich zu Strom aus Erdgas. Dazu kann ich gerade keine aktuellen Zahlen herausfinden. Das ist imho ein spannendes Thema. (PV wird sich aber auch dort verbreiten aus dem gleichen Grund wie in den USA.)
Bei einem Land wie z.B. Angola sehe ich aber eher nicht, dass unter kapitalistischen Bedingungen irgendwie die Energiewende gelingen kann. Das heimische Erdöl wird nahezu komplett exportiert, ohne dass von dem Reichtum etwas bei der Bevölkerung ankommt. Diese lebt größtenteils in Subsistenzwirtschaft, d.h. sie hat auch kein Geld, um sich einen Stromanschluss oder eigene PV-Module und Batterien leisten zu können. Eine Stromversorgung existiert praktisch nicht, d.h. es existieren auch keine Stromleitungen. Die wichtigste Energiequelle ist „Biomasse“: 800 kg Brennholz pro Kopf und Jahr.
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Energie rationieren? Autofreie Städte?
Es gibt global betrachtet erneuerbare Energien im Überfluss. Z.B. könnte man die ganze Welt mit Strom versorgen, wenn man nur einen kleinen Teil der Sahara mit Solarthermiekraftwerken zubaut. Es gibt überhaupt keinen Grund, für die Energiegewinnung CO₂ oder Atommüll zu erzeugen; der politische Wille für den Umstieg muss nur da sein.
Es gibt keinen Grund, Energie zu rationieren. Und es gibt keinen Grund für autofreie Städte. Aber über Oberleitungen an allen Straßen sollte man mal nachdenken.
zumindest autofreie Zonen in Städten könnt ich mir gut vorstellen. und wenn insgesamt weniger der Blechdinger unterwegs sind, wär das aus vielen, vor allem sehe ich ökologische, Gründen zu begrüßen.
und auch Solaranlagen (oder Elektroautos) benötigen eine Menge Rohstoffe, die erstmal (von wen und unter welchen Bedingungen) gewonnen werden müssen.
ist trotzdem sinnvoll auf erneuerbare Energien zu setzen, aber ebenso sinnvoll halte ich es nicht nur auf technische Lösungen zu setzen
@torben: „zumindest autofreie Zonen in Städten könnt ich mir gut vorstellen.“ – Ich auch. Als Kind habe ich mal in einer Straße gewohnt, die regulär nur zum Be- und Entladen befahren werden durfte. Der nächste Parkplatz war ca. 100 Meter entfernt. Das war alles gut designt. Dennoch war die Stadt nicht autofeindlich gestaltet.
„und auch Solaranlagen (oder Elektroautos) benötigen eine Menge
Rohstoffe, die erstmal (von wen und unter welchen Bedingungen) gewonnen
werden müssen.“ – Die Gewinnung bzw. das Recycling von Rohstoffen ist nur eine Energiefrage. Z.B. wird beim Lithium-Abbau für Akkus sehr viel Trinkwasser verschwendet, um das im Gestein vorkommende Metall erst herauszulösen und hinterher die Suppe wieder einzudampfen. Lithium kommt aber auch im Meerwasser vor, sehr verdünnt, dafür in riesigen Mengen. Der Energieaufwand wäre ungleich höher, aber Trinkwasser bräuchte dafür nicht verschwendet werden. Und sowieso kann man Trinkwasser aus Meerwasser gewinnen, unter Einsatz von Energie.
„ist trotzdem sinnvoll auf erneuerbare Energien zu setzen, aber ebenso
sinnvoll halte ich es nicht nur auf technische Lösungen zu setzen“ – Für das Problem gibt es keine nicht-technische Lösung. Du brauchst Energie, um Essen und Kleidung herzustellen, um dir ein Haus zu bauen und im Winter zu heizen. Vor der Industrialisierung hat man viel mit Muskelkraft gemacht, z.B. mit Pferden. Für das ganze Futter brauchte man riesige Felder; energetisch ist das völlig ineffizient, etwa 100 mal schlechter als wenn man Solarzellen direkt mit einem Motor verbindet. Desweiteren wurde viel mit offenem Feuer hantiert (zum Kochen, Heizen, für Beleuchtung usw.). Dafür wurden der Reihe nach die Wälder abgeholzt. Die Entdeckung von Kohle und Öl hat quasi die Wälder gerettet. Es geht also nicht zurück, es kann aber auch nicht bei Kohle und Öl bleiben, und Sonnen-Energie sieht nach einer guten Lösung aus.
Eine nicht-technische „Lösung“ wäre, wieder als Jäger und Sammler zu leben, aber auch kein Feuer zu benutzen. Das will aber keiner, und darum ist das nicht praktikabel.
[klimawandelleugnerischer Kommentar gelöscht]
@Thomas:
Auch Sonnenenergie muss erst in nutzbare Energieformen umgesetzt werden. Das kostet (zum Beispiel für PV) viel Material – und Energie.
Aus meiner Sicht drängt die drohende Klimakatastrophe als Spitze des Eisbergs die Frage nach der Produktionsweise auf. Kapitalismus ist halt tödlich effizient, vermutlich auch bei einer technologischen „Lösung“ der Klimaproblematik (Stichwort Geoengineering).
@thomas: Die Sahara ist übrigens auch ein Ökosystem, dass man zerstören würde, wenn man es komplett in eine Solarfarm verwandelt.
@thomas: „Eine nicht-technische „Lösung“ wäre, wieder als Jäger und Sammler zu leben, aber auch kein Feuer zu benutzen. Das will aber keiner, und darum ist das nicht praktikabel“
ich schrieb nicht NUR technische Lösungen. und gemeint ist, unsere heutigen Schwierigkeiten, die u.a. AUCH mit den aktuellen Technologien zu tun haben, eben nicht nur technisch anzugehen. also nicht die „Sahara mit Solarthermiekraftwerken zubauen“, wie du es vorschlägst.
dieser Blog existiert ja gerade, um sich über gesellschaftliche Veränderungsmöglichkeiten zu verständigen, die andere sozial-organisatorische Lebensweisen, durchaus auch mit Hilfe von Technologien, zu ermöglichen.
@Stefan Meretz
„Auch Sonnenenergie muss erst in nutzbare Energieformen umgesetzt werden.
Das kostet (zum Beispiel für PV) viel Material – und Energie.“ –
Solarpanele bestehen hauptsächlich aus Silizium, welches aus Sand gewonnen wird.
Und die Energie zur Herstellung weiterer PV-Module liefern die hergestellten PV-Module.
„Aus meiner Sicht drängt die drohende Klimakatastrophe als Spitze des Eisbergs die Frage nach der Produktionsweise auf.“ –
In der Frage bin ich gespalten. China scheint Deutschland in Sachen Energiewende gerade abzuhängen, umgekehrt gab es
im Realsozialismus aber auch energiepolitische Kopflosigkeit (z.B. die Braunkohle in der DDR, der Super-GAU in der UdSSR).
Im Kapitalismus besteht die Gefahr, dass die Beteiligten nur in die eigene Tasche wirtschaften und am Ende zu wenig rauskommt.
Oder dass an sich vernünftige Ideen abgewürgt werden.
Der GPL-Gesellschaft als Keimform traue ich noch nicht zu, in der nahen Zukunft den Klimawandel insgesamt aufhalten zu können.
In bestimmten Aspekten sehe ich aber Potenziale, z.B. bei freien Autos: es soll angeblich schon jetzt freie Schaltpläne geben,
(Stichwort: OpenReevolt) mit denen alte Autos für wenige hundert Euro (Akkus nicht mitgerechnet) in E-Autos umgewandelt werden können.
Das hat demnächst insofern Relevanz, als dass die Autobauer beim Umstieg auf E-Autos versuchen werden,
trotz des viel einfacheren Aufbaus des Fahrzeugs den Preis künstlich hoch zu halten
und das Fahrzeug mit proprierer Software zu verseuchen, um den Kunden zu binden (Stichwort: Smartphone auf vier Rädern,
autonomes Fahren etc.). Freie Autos könnten gegen diese Entwicklung gegensteuern und den Umstieg beschleunigen.
@Benni Bärmann
„Die Sahara ist übrigens auch ein Ökosystem, dass man zerstören würde, wenn man es komplett in eine Solarfarm verwandelt.“ –
Ernsthaft? Die Sahara sieht für mich eher nach einem bereits zerstörten Ökosystem aus. Es geht auch nicht um die Nutzung der ganzen Sahara,
sondern um einen kleinen Prozentsatz. Mit einem Teil der gewonnenen Energie könnte man dort auch ein Ökosystem entstehen lassen.
@torben
„ich schrieb nicht NUR technische Lösungen. und gemeint ist, unsere heutigen Schwierigkeiten,
die u.a. AUCH mit den aktuellen Technologien zu tun haben, eben nicht nur technisch anzugehen.“ –
Darunter kann ich mir wirklich nichts vorstellen. Wie soll so eine Lösung aussehen?
Z.B. Wie willst du im Winter deine Wohnung heizen, ohne CO₂ zu emittieren?
Mit einer Wärmepumpe, die von einem Windrad versorgt wird? → Technische Lösung.
Indem du in ein perfekt gedämmtes Null-Energie-Haus ziehst? → Technische Lösung.
Einfach nur an der Heizung zu sparen und im Winter zu frieren, ist keine Lösung, denn auch wenn weniger CO₂
als heute in die Luft geblasen wird, erhöht sich die Konzentration, nur eben etwas langsamer.
schönes Interview dazu:
https://www.zeit.de/wirtschaft/2019-06/energiewende-klimawandel-utopie-strassenverkehr-gutes-leben
Zum Interview:
„Jonas Lage: Falls wir unseren heutigen Energieverbrauch auf erneuerbare Energien
übertrügen, bräuchten wir in Zukunft extrem viele Windräder und Solaranlagen“ –
Der Ausdruck „extrem viele“ ist natürlich sehr vage. Er liefert aber gleich die konkreten Zahlen hinterher. –
„und entsprechend viele Rohstoffe, also seltene Erden, Neodym, Zinn und anderes, um sie herzustellen.“ –
Das ist natürlich Quark. Man kann eine WKA auch ohne Neodym bauen. Generatoren brauchen nicht zwangsläufig Permanentmagneten. –
„Wir decken in Deutschland derzeit knapp 40 Prozent der Stromversorgung und rund 15 Prozent des gesamten Energiebedarfs,
also für Elektrizität, Wärme, Industrie und Verkehr, aus erneuerbaren Quellen.“ – Okay, dann rechnen wir mal:
Wenn die heutigen Erneuerbaren 15 % vom gesamten Energiebedarf ausmachen, dann ist der gesamte Energiebedarf
1/(15%) = 667% der heutigen Erneuerbaren. Die heutigen Windräder und PV-Module müssten also ungefähr versiebenfacht werden.
Für mich klingt das überhaupt nicht nach „extrem viele“, sondern nach realistisch machbar.
Die Frage ist nur: ist der politische Wille vorhanden, oder wird der Umstieg absichtlich verhindert?
@thomas: ganz so einfach ist es natürlich nicht, aber vermutlich weisst du selber, dass erneuerbare nicht kontinuierlich ein siebtel sondern mal 0% und mal 100% des strom(nicht! energie-)bedarfs decken, je nach wetter. außerdem ist der anteil in D vergleichsweise hoch. global sieht das ganz anders aus.
(kein einspruch dazu, dass da politisch gebremst wird, aber es so darzustellen als sei das alles easypeasy ist auch nicht wirklich hilfreich).
@Benni:
Mit „Strom“ meinst du wahrscheinlich Leistung (Arbeit pro Zeit).
Mir ist klar, dass bei Photovoltaik und Windenergie sich die erzeugte Leistung nicht an den Verbrauch anpasst,
d.h. entweder muss sich der Verbrauch anpassen (Das ist in manchen Bereichen denkbar, in anderen nicht.)
oder es muss über Speicher nachgedacht werden (von denen manche teuer sind und manche einen schlechten Wirkungsgrad haben),
um die Erzeugung zu glätten.
Es gibt aber auch Arten von Erneuerbaren, die konstruktionsbedingt ihren Speicher mitbringen
und sich deshalb an den Verbrauch anpassen können:
Wasserkraft aus Stauseen (z.B. in Norwegen) und Solarthermie (z.B. in der Sahara möglich)
Diese Kraftwerke lassen sich auch mit PV und Wind kombinieren und als virtuellen Speicher nutzen.
Eine Stromleitung von Deutschland nach Norwegen macht z.B. sowohl von den Kosten als auch
vom Wirkungsgrad her deutlich mehr sinn als eine entsprechende Power-to-Gas-Anlage.
== Ein paar Links ==
Es gibt übrigens ein paar coole Ressourcen zur Thematik im Netz, z.B.
• energy-charts.de – Eine Website vom Fraunhofer-Institut mit diversen interaktiven Diagrammen,
u.a. den Verlauf der elektrischen Leistung (in DE) seit 2010, aufgeschlüsselt nach Art der Erzeugung und mit 15 min Auflösung
• tyndp.entsoe.eu – Den Zehnjahresplan von 2018 zum Netzausbau in Europa
mit Übersichtskarte und ausführlichen Projektbeschreibungen.
Interessante Projekte im Hinblick auf die Energiewende sind z.B.
die HVDC-Leitungen nach Norwegen (z.B. NordLink),
die künstliche Insel auf der Doggerbank (North Sea Wind Power Hub),
die Nord-Süd-Verbindungen in Deutschland (z.B. SuedLink) und
das Proof-of-Concept-Solarthermiekraftwerk in Tunesien incl. HVDC-Verbindung nach Italien (TuNur).
• Ein Energieflussdiagramm (DE) von 2011
(Schade, dass es das in dieser Detailfülle nicht von anderen Jahren gibt.)
• flowcharts.llnl.gov – Energieflussdiagramme verschiedener Länder zum Vergleich
@Thomas: Deutschland alleine ließe sich vielleicht komplett auf erneuerbare Energien umstellen, ohne dabei den Energieverbrauch zu senken. Allerdings geht es ja auch um die „imperiale Lebensweise“ und die Frage, ob es auf Dauer gut gehen kann (und ethisch akzeptabel ist), wenn die Menschen in einigen Ländern erheblich mehr Energie und Ressourcen verbrauchen als der Rest der Welt. Dass alle 7,7 Milliarden Menschen (bzw. zum Ende des Jahrhunderts wahrscheinlich um die 11 Milliarden) so viel Energie verbrauchen könnten wie die Deutschen heute und alle diese Energie aus erneuerbaren Quellen stammt und bei Bedarf auf CO2-neutrale Weise zwischengespeichert werden kann, erscheint mir ausgesprochen unwahrscheinlich.
Am Platz für Windräder, Solardächer u.ä. würde es nicht scheitern, aber die benötigten Rohstoffe (v.a. Metalle) dürften dann doch recht schnell knapp werden. Und je mehr man versucht, auf seltene Erden, Neodym u.ä. zu verzichten, desto schlechter wird wahrscheinlich der Wirkungsgrad — wobei dann auch Faktoren wie die unvermeidliche Abwärme nicht ignoriert werden dürfen, wenn man die globale Erwärmung nicht noch verschlimmern will.
@Christian Siefkes:
In Deutschland ist es eher vergleichweise schwierig,
dieses Ziel zu erreichen, da es hier wenig Sonne und wenig Wind gibt,
das Land dicht besiedelt ist und wenig freie Fläche für den Aufbau
der Wind- und PV-Anlagen zur Verfügung steht. Das sieht in anderen Ländern besser aus.
Natürlich sollten mittelfristig alle Menschen auf dem Planeten den gleichen Zugang zu Energie haben,
und rein rechnerisch spricht da aus meiner Sicht auch nichts dagegen.
„je mehr man versucht, auf seltene Erden, Neodym u.ä. zu verzichten,
desto schlechter wird wahrscheinlich der Wirkungsgrad“ – Das stimmt nicht.
Neodym-Eisen-Bor-Magnete sind sehr starke Permanentmagnete. Damit kann man
Generatoren klein, leicht und wartungsfrei bauen, was ein gewisser Kostenfaktor
sein kann, wenn man sie auf einen 200 Meter hohen Turm schrauben will.
Traditionell kommen Generatoren aber komplett ohne Permanentmagnet aus
und haben bereits einen sehr guten Wirkungsgrad (um die 90 %), der sich
kaum noch verbessern lässt.
„wobei dann auch Faktoren wie die unvermeidliche Abwärme nicht ignoriert werden dürfen“ –
Interessanter Gedanke. Wie viel macht das aus?
@Admin: Der Blog frisst Kommentare, die eine URL mit Umlauten enthalten. 🙁
@Thomas:
„Rein rechnerisch“ ist das sicher richtig, aber ob sich dieser Energiebedarf dann auch noch auf dem heute in Deutschland erreichten Niveau bewegen könnte?
Laut Liste der Staaten mit dem höchsten Energieverbrauch entsprach der Primärenergieverbrauch 2016 in Deutschland 2,4 % des weltweiten Energieverbrauchs. Bedenkt man, dass in Deutschland etwa 1,1 % der Weltbevölkerung leben (83 Mio. von 7713 Mio. Menschen), heißt dass, dass der weltweite Energiebedarf auf etwa das 2,2-fache des heutigen Niveaus ansteigen müsste, wenn der deutsche Bedarf verallgemeinert wird. Das ist in der Tat nicht so viel — ich hätte mir die Differenz größer vorgestellt.
Schaut mich sich allerdings (im selbem Wikipedia-Artikel) die weltweiten Anteile unterschiedlicher Energieträger an, sieht man, wie dramatisch das Problem ist: 85.5 % kommen aus Erdöl, Erdgas und Kohle, 4,5 % aus Kernenergie, und nur 10,1 % aus Wasserkraft, Bioenergie, Geothermie, Sonnenenergie und Windenergie (davon 6,9 % aus Wasserkraft, d.h. mehr als zwei Drittel). Der Anteil aus erneuerbaren Energieträgern müsste also um das 22-fache gesteigert werden, um eine CO2-freie und sichere Energieversorgung auf dem deutschen Verbrauchsniveau zu erreichen.
Dabei ist, soweit ich weiß, bei Wasserkraft die „low-hanging fruit“ schon recht weit ausgeschöpft. Da wird wahrscheinlich noch eine Steigerung um den Faktor 2–3 oder so möglich sein, aber danach könnte es schwierig werden. Bioenergie (deren konkreter Anteil wird dort nicht aufgeschlüsselt) lässt sich auch nicht allzu sehr steigern, weil sie schon heute große Mengen an Land bindet, die eigentlich für andere Zwecke benötigt werden. Somit müsste die Nutzung von Geothermie, Sonnenenergie und Windenergie um den Faktor 60 oder mehr gesteigert werden — und das alles innerhalb weniger Jahrzehnte bzw. eigentlich eher heute als morgen. Und das (nach wie vor sehr rasche) Wachstum der Weltbevölkerung wird dabei noch komplett ignoriert, und ebenso das Problem, dass Sonnen- und Windenergie nicht verlustfrei zwischengespeichert werden können.
Mag sein, dass das alles trotzdem hinhauen kann, aber ich denke, wenn man sich darauf einstellt, dass der Energieverbrauch pro Person stark sinken muss, wenn die Menschheit im Kampf gegen die globale Erwärmung noch halbwegs die Kurve kriegen will, erspart man sich sonst sehr wahrscheinliche Enttäuschungen.
Dazu habe ich keine Links parat, aber im Blog von Annette Schlemm müsste sich das eine oder andere finden lassen. Ich glaube, die Menschheit ist hier heute noch weit vom kritischen Limit entfernt, aber bei steigender Weltbevölkerung (gesetzt) und steigendem Energiebedarf pro Person (verhandelbar) könnte es irgendwann kritisch werden.
Klingt doof 🙁
@Christian:
Mit „Primärenergie“ ist die Form gemeint, in der die Energie ursprünglich vorkommt. Davon wird oft nur ein Teil genutzt. Am krassesten sieht man das bei konventionellen Kraftwerken (erzeugen 20 % elektrische Energie und 80 % Abwärme) und Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor (erzeugen 25 % Bewegungsenergie und 75 % Abwärme). Bei Solar- und Windkraftwerken wird nicht das einfallende Sonnenlicht bzw. die im Wind enthaltene tatsächliche Energie, sondern die erzeugte elektrische Energie als „Primärenergie“ ausgewiesen. Von daher sind die Zahlen nicht vergleichbar.
In diesem Flussdiagramm (DE, 2011) sind 13300 PJ Primärenergie und 5000 PJ genutzte Energie ausgewiesen. Ersteres entspricht einem durchschnittlichen Verbrauch von 5077 Watt pro Kopf, letzteres nur 1908 Watt pro Kopf. Dazwischen gibt es noch eine Stufe (Ich kenne den Fachbegriff leider nicht), nämlich die Energie, die als Produkt für den Endverbraucher erhältlich ist (z.B. elektrische Energie, Heizöl, Benzin, Kohle etc.).
Ich gehe gewöhnlich von folgenden Zahlen aus:
Der Pro-Kopf-Verbrauch in Deutschland ist im Schnitt derzeit etwas unter 1000 Watt elektrische Leistung (davon ca. 200 Watt zu Hause), etwa 1000 Watt (Benzin, Diesel etc.) im Verkehr und 1000 Watt (Heizöl, Erdgas etc.) zum Heizen. Also gehe ich erstmal davon aus, dass die Erneuerbaren 3000 Watt pro Kopf (elektrisch, Wasserstoff o.ä.) liefern müssen. (Real wird der Wert aufgrund der Einsparpotenziale etwas darunter liegen, vor allem, weil Elektroautos einen deutlich besseren Wirkungsgrad haben als Verbrenner.)
Ich komme auf noch krassere Werte. In diesem Flussdiagramm (Welt, 2011) finden sich ein paar Zahlen zur Produktion aus Erneuerbaren. Diese rechne ich erstmal von PJ/a in J/s (aka Watt) und teile den Wert dann nochmal durch 7,7 Milliarden, z.B. für Wind (Rechenweg: 1600e15/365.2425/24/3600/77e8) ergeben sich durchschnittlich 6,58 Watt pro Person. Für Hydro ergeben sich 53,5 Watt, für Solar 4,07 Watt und für Geothermie 11,52 Watt. Wenn das Ziel 3000 Watt sein soll, ergibt sich nach meiner Rechnung mit Hydro ein Faktor von 39,6, ohne Hydro ein Faktor von 135,3. (Die Zahlen sind leider von 2011, aber vielleicht gibt es irgendwo noch aktuellere. In DE haben sich die Erneuerbaren von 2011 bis 2018 fast verdoppelt.)
Biomasse habe ich nicht mitgezählt, da es sich hierbei hauptsächlich um Brennholz handeln dürfte. 1 kg Brennholz enthält 16 MJ, das wären also 438 kg Brennholz pro Person bzw. 3375 Millionen Tonnen insgesamt oder ca. 1,5 Milliarden Bäume im Jahre 2011.
Ich beschäftige mich immer wieder mit diesen Themen. Zuletzt habe ich dazu einen Text zur „Leistungsfähigkeit“ des Erdsystems geschrieben: https://philosophenstuebchen.wordpress.com/2019/04/01/was-koennen-wir-uns-auf-der-erde-leisten/
Frühere Texte sind hier versammelt: https://philosophenstuebchen.wordpress.com/2011/12/10/energienutzung-und-produktionsweise/
Zur Umweltverträglichkeit der Photovoltaik hab ich vor 10 Jahren mal eine Studie gemacht, siehe Link auf: https://philosophenstuebchen.wordpress.com/2009/07/07/ist-photovoltaik-umwelt-und-klimavertraglich/
Es ist also nicht so einfach, wie wir es gerne möchten …
@Annette
Ein paar Anmerkungen zum streifzüge-Artikel:
1. Rohstoffverbrauch
→ Dieser Punkt wurde im Artikel bereits beantwortet. Es ist nur eine Frage der Energie, und wenn die Energie aus Erneuerbaren stammt, ist auch die Gewinnung bzw. das Recycling CO₂-neutral.
2. Abwärme
→ Über dieses Thema habe ich nochmal nachgedacht. Ungenutzter Wind wird durch Reibung ja eh zu Wärme; wenn man ihn energetisch nutzt, ändert sich also nichts. Sonnenlicht wird entweder reflektiert oder absorbiert und in Wärme umgewandelt, je nach Albedo der Oberfläche. Wenn man eine Solarzelle auf einen Untergrund baut, der eh schon dunkel ist, ändert sich also nichts; baut man sie aber auf hellen Wüstensand, wird weniger Licht reflektiert und mehr Licht zu Wärme. Die Frage ist, wie viel dies ausmachen würde im Vergleich zum insgesamt absorbierten Sonnenlicht.
3. Grundlast
→ Die alten, nicht regelbaren Kraftwerke müssen eh weg, wenn man CO₂-neutral werden will. Es ist eine politische Fehlentscheidung, sie künstlich am Laufen zu halten und den Ausbau der Erneuerbaren zu blockieren. Das Konzept der Grundlast ist veraltet.
4. Schwankende Erzeugung
→ Hier gibt es mehrere Möglichkeiten, und ich denke, es wird auf eine Kombination hinauslaufen:
a) Anpassung des Verbrauchs an die Erzeugung (z.B. Timer an Waschmaschine nachrüsten, damit sie dann wäscht, wenn der Strom günstig ist),
b) Speicher, die die schwankende Erzeugung ausgleichen (teils nah an der Erzeugung, teils beim Verbraucher),
c) Bau von Erneuerbaren, die ihren Speicher gleich mitbringen (z.B. Wasserkraft aus Stauseen oder Solarthermiekraftwerke) und
d) ein weltweites Supergrid.
5. Wirtschaftlichkeit / Energiewende im Kapitalismus
→ Das Argument war, dass PV-Anlagen unwirtschaftlich seien und im Kapitalismus es nur darauf hinauslaufen würde, Förderungen abzusahnen, ohne dass etwas bei rumkommt. Dieser Punkt sieht heute komplett anders aus, d.h. PV ist heute cheaper than ever, und eine PV-Förderung ist überhaupt nicht mehr nötig.
Ich habe gerade bei Alibaba nachgesehen: Die meisten PV-Module kosten dort um die 20 Cent pro Watt peak, manche auch nur 12 Cent. Bei 12 Cent rentiert sich eine Solaranlage bereits nach 2½ Jahren ganz ohne Förderung, bei Eigenverbrauch noch viel früher.
Die USA, der zweitgrößte CO₂-Emmitent, hat ja leider das Pariser Klimaschutzabkommen aufgekündigt, und ein Regierungswechsel oder gar ein anderes Wirtschaftssystem sind erstmal auch nicht in Sicht. Dennoch wird es auch dort eine Energiewende geben, und die wird gerade über den Weg der Wirtschaftlichkeit kommen. Die Leute sind ja nicht bescheuert; warum sollten sie ein Verbrenner-Auto fahren, wenn die Energie fürs Elektro-Auto viel weniger kostet, weil der Wirkungsgrad viel besser ist? Warum soll man elektrische Energie vom E-Werk kaufen, wenn eh die Sonne kostenlos aufs Dach scheint?
Es gibt in den USA auch eine Elektroauto-Eigenbau-Szene, was ich sehr beeindruckend finde, auch unter dem Aspekt der Peer-Economy. Vor allem lehrreich ist daran, wie genial einfach ein Elektroauto aufgebaut ist, und was für ein schwachsinniger, komplizierter Schrott ein Verbrenner ist. E-Autos haben keinen Krümmer, keinen Zahnriemen, keinen Zündverteiler, keine Pleuelstangen, keine Ventile, keine Ölwanne, diesen ganzen Blödsinn. Der Elektromotor hat einfach ne Achse mit je einem Kugellager vorne und hinten und dazwischen ein paar Spulen, das wars. Und sie sind richtig billig. Der nicht so triviale Teil beim Umbau ist die Steuerelektronik, aber dafür gibt es fertige Schaltpläne im Netz.
Okay, nochmal zurück zum Thema:
In Tunesien ist unter der Bezeichnung TuNur ein Solarthermiekraftwerk mit 2,25 GW Leistung geplant und einer 2 GW HVDC-Leitung nach Italien. Die Idee ist an sich nicht schlecht: nachts, wenn keine Sonne scheint und die PV-Anlagen in Europa aus sind, beliefert das Solarthermiskraftwerk Europa, so dass weniger Speicher gebaut werden müssen. Die Frage ist aber, ob das Kraftwerk auch den tunesischen Markt beliefert. 2011 wurden in Tunesien 48 PW elektrische Energie verbraucht, also im Schnitt 1,52 GW (zum Vergleich: DE 60,2 GW), und diese stammt hauptsächlich aus Erdgas. Es wäre richtig bescheuert, wenn Tunesien seinen Solarstrom exportierte und weiterhin Strom aus Erdgas verwendete. Hier ist die Frage, wie viel Solarthermie-Strom kostet im Vergleich zu Strom aus Erdgas. Dazu kann ich gerade keine aktuellen Zahlen herausfinden. Das ist imho ein spannendes Thema. (PV wird sich aber auch dort verbreiten aus dem gleichen Grund wie in den USA.)
Bei einem Land wie z.B. Angola sehe ich aber eher nicht, dass unter kapitalistischen Bedingungen irgendwie die Energiewende gelingen kann. Das heimische Erdöl wird nahezu komplett exportiert, ohne dass von dem Reichtum etwas bei der Bevölkerung ankommt. Diese lebt größtenteils in Subsistenzwirtschaft, d.h. sie hat auch kein Geld, um sich einen Stromanschluss oder eigene PV-Module und Batterien leisten zu können. Eine Stromversorgung existiert praktisch nicht, d.h. es existieren auch keine Stromleitungen. Die wichtigste Energiequelle ist „Biomasse“: 800 kg Brennholz pro Kopf und Jahr.