We love commonism
Den Titel hab ich mir nicht ausgedacht, ist Original von den Jungen Grünen Österreich. Hier das Video dazu:
Mit der Begründung hapert es noch:
»Commons sind Gemeingüter, also Dinge, die irgendwie allen gehören aber auch niemandem – alle können sie nutzen, wenn sie gebraucht werden. Wem was gehört und wer darüber verfügt ist nicht egal in unserer Gesellschaft. Deswegen lieben wir Commons!«
Irgendwie allen, aber auch niemandem? Irgendwie unklar, quasi…
@Stefan Meretz, du schreibst „Irgendwie allen, aber auch niemandem? Irgendwie unklar, quasi…“ . ich kann das verstehen.
Aber im Grunde ist das ganz einfach. Unter den inherenten Prinzipien idealtypischer Commons-Projekte befindet sich das Prinzip „Non-Property“, d. h. es wird der Begriff des Eigentums so weit wie möglich seinen Funktionen entledigt (der willkürlichen Verfügung und des Rechtes auf Ausbeutung des Eigentums), auch wenn er im bestehenden Rechtssystem „eigentumslosigkeit“ nicht sinnvoll möglich ist, weil das automatisch „schutzlosigkeit“ bedeuten würde.
Der Angriff auf den Eigentumsbegriff ist für mich als Systemanalytiker vielleicht sogar der wesentlichste Punkt im Denken eines Post-Kapitalismus.
Wenn du dich fragst, wie ich zu diesen Aussagen komme: Ich habe vor einem Jahr, in Vorbereitung auf einen Workshop „Muster der Lebendigkeit“ organisiert von Franz Nahrada in Wien (10.-12.1.2014) eine umfangreiche mustertheoretische Analyse der Commons-Bewegung vorgenommen (2 Monate Arbeitszeit investiert), und bei diesem Workshop Ergebnisse präsentiert und zur Diskussion gestellt.
@Helmut Leitner (22.11.2014, 11:16 Uhr)
„Der Angriff auf den Eigentumsbegriff ist für mich als Systemanalytiker vielleicht sogar der wesentlichste Punkt im Denken eines Post-Kapitalismus.“
Ja, als Systemanalytiker ist diese Sicht unerläßlich. Eigentum ist Teil, Element, aller sozialen Systeme, es umreißt Systemgrenzen, Austauschvarianten und bestimmt damit auch Art und Menge benötigter individueller und gesellschaftlicher Schnittstellen, als „KIT“ jedes und aller sozialen Systeme.
Deshalb halte ich allein deshalb schon den Begriff „Angriff auf den Eigentumsbegriff“ für kontraproduktiv, da es wohl in letzter Konsequenz immer nur um die Beschaffenheit, Funktion und Verteilung Austausch(kreis)läufe des Eigentums sowie um die Zuständigkeit für desen Pflege, Entwicklung und Mehrung gehen kann, womit Ziel und Zweck von Eigentum gesellschaftlich wie individuell der grundsätzlich kooperativen Erstellung, Nutzung und Mehrung anders zu unterstellen ist, als die gegenwärtigen Gesellschaftssysteme uns aufzwingen.
Das Ziel von Leben einer Gesellschaft ist weder die „Anschaffung“ noch die „Abschaffung von Eigentum“, was Beschränkung der individuellen Freiheiten ergibt..
Das Ziel dieses Systems „Gesellschaft nach Kapitalismus“ ist die kooperativ schaffbare und nutzbare Bestands- und Entwicklungssicherung sowie die Nutzung von Eigentum zu diesem (!) Zweck.
Einfaches Beispiel: Wenn die Violine nicht dem weil zum Musiker gehört, gibt es musikalischen Mist, weil sie nicht funktioniert – Eigentum bindet Verantwortungen, auf die individuell und gesellschaftlich JEDES gesellschaftliche System angewiesen ist, wie sollte es sonst seinen Ganzheitscharakter erwerben und erhalten.
Es geht halt nicht um die naive Abschaffung von Eigentum sondern um dessen intelligente systemische sprich commonelle Nutzung.
Dabei ist grundsätzlich für den Entfall der Motivations- und Triebkraft der heutigen Eigentums REGELUNG ein systemisch immanenter und funktionell wirksamer Ersatz zu entwickeln, da anderenfalls sich jede Veränderung mangels ausreichender Entwicklung (dynamischen Antriebes) in die alten Formen zurückversetzen.
Ich denke mal, daß du mit
„ist für mich als Systemanalytiker vielleicht sogar der wesentlichste Punkt im Denken eines Post-Kapitalismus“ genau dies als Notwendigkeit der Veränderung ohne einseitig nur Entfernung zu propagieren, gemeint haben könntest.
@Lusru: ich weiß nicht, ob ich dich richtig verstehe – ich fühle mich jedenfalls falsch verstanden.
Wenn ich schreibe „Angriff auf den Eigentumsbegriff“, dann meine ich nicht „Angriff auf das Eigentum“, sondern die Umgestaltung des Eigentumsbegriffes, dessen was wir mit Eigentum meinen und bewirken.
Übrigens besitzen ganz viele Musiker ihre Spitzeninstrumente (z. B. Geiger ihre Stradivaris) NICHT, sondern nutzen Leihstellungen von Instrumenten, die im Besitz von Stiftungen, nationalen Einrichtungen oder Investoren sind, natürlich ohne dass sich dadurch irgendein Verantwortungsproblem ergibt. Der typische Musiker ist in seinem Verhältnis zu „seinem“ Instrument unbeeinflusst davon, ob es in seinem Eigentum ist, oder nicht.
Wenn du schreibst „Eigentum ist Teil, Element, aller sozialen Systeme, es umreißt Systemgrenzen, Austauschvarianten und bestimmt damit auch Art und Menge benötigter individueller und gesellschaftlicher Schnittstellen, als “KIT” jedes und aller sozialen Systeme.“ machst du genau den Fehler, etwas historisch gewachsenes als etwas „gottgegeben sinnvolles“ zu idealisieren.
Mustertheorie weist darauf hin, dass alle kulturellen Gegenstände (und dazu gehört auch die Idee „Eigentum“) als gestaltet und gestaltbar, als kontingent, zu betrachten sind. Es gibt Spielräume, „Eigentum“ anders aufzufassen und anders damit umzugehen. Und genau das tun die Commons.
@Helmut Leitner (22.11.2014, 17:42 Uhr)
>meine ich nicht “Angriff auf das Eigentum”, sondern die Umgestaltung des Eigentumsbegriffes, dessen was wir mit Eigentum meinen und bewirken< –
Ja aber sicher! Genau so. Ich bin mir jedoch keinesfalls sicher, daß das außer dir hier auch anderweitig so gesehen wird …
Beispiel Musiker:
Das ist wohl zweischneidig, wenn nicht unglücklich gewählt:
1. "Klinge": Die Mehrzahl aller Musiker (ich sage über 90%) sind das treffende Beispiel in MEINEM Sinne: Sie strebten nach dem Eigentum Ihres Instrumentes, um dessen Zustand und Funktionstüchtigkeit in unbedingter eigener Verantwortung zu sichern
2. "Klinge": Die von dir gemeinten "Spitzenmusiker" spielen auf KOSTBAREN Leihinstrumenten, so daß das genau das Gegenbeispiel repräsentieret: Instrument primär nicht als Gebrauchsgegenstand sondern primär als "Kapitalanlage" – was sich die meisten Musiker entweder individuell nicht leisten können oder der Eigentümer das Ding als "sein Anlageobjekt" eben nicht an diese verkauft – neben weiteren Versicherungskriterien
Letztlich hast du allein darin ein Beispiel für beides: Funktionen von Eigentum und Eigentumsverteilungsverhältnis.
Es gibt jedoch auch eine auf common-Zukunft orientierte Instrumenten- Eigentumsform:
Die (kostbare) Geige gehört einer Sparkasse, die weniger kostbare einem Kulturklub …
Letztlich erfaßt in ALLEN Fällen die Verantwortung für "sein" Instrument doch auch jeden Musiker selbst dabei, eventuell liegt hier auch eine Überschneidung der Verantwortungen bezgl. Besitz und Eigentum vor, was unsere Überlegungen jedoch nicht stört sondern bestenfalls erweitert.
Der Fehler liegt wohl primär erst mal bei dir:
Du unterstellst, daß Eigentum "historisch" gewachsen sei – das ist es leider nicht, denn es ist systemisch gewachsen, als nicht entfernbares Element sozialer Systeme (gewissermaßen damit nicht KULTurell sondern NATurell).
Was allerdings sehr wohl nur "historisch" und auch nicht "gottgewollt" "gewachsen" ist, sind die EigentumsVERHÄLTNISSE.
Und nur um diese geht es, um die Regelung / Regulierung, um die systemgerechte (systemstabilisierende) Funktion dieser Verhältnisse für commons. Eventuell treffen wir uns da.
"Mustertheorie weist darauf hin, dass alle kulturellen Gegenstände (und dazu gehört auch die Idee “Eigentum”) als gestaltet und gestaltbar, als kontingent, zu betrachten sind. Es gibt Spielräume, “Eigentum” anders aufzufassen und anders damit umzugehen."
Eigentum ist keine "Idee", es ist eine systemimmanente FUNKTION und als solche primär keine KULTürliche Erscheinung, sondern in der Entstehung eine NATürliche (s.o.) .
Im Übrigen stimme ich dir natürlich zu: Gestaltbar!
Was jedoch am Eigentum "gestaltbar" ist, ist nicht seine Existenz, sondern sein Herstellungs-, Wartungs-, Verteilungs- und Nutzungsbedingungen.
Das Eigentum ist ein wichtiges systemimmanentes und damit systemisches Instrumentarium, ein soziales Werkzeug, um z.B. soziale Systeme zu bestimmen, zu verändern usw., auch um Unterschiede zwischen diversen sozialen Gruppen (Sub-Systemen) gewissermaßen selbstregulierend – z.B. im Sinne eines Systemcodes common – steuern zu können.
Nicht alles, was existiert, ist eine Idee, und nicht jede Idee beinhaltet etwas, das existieren kann.
Im sozialen Bereich geht es grundsätzlich nur um Verabredungen zwischen Menschen, Vereinbarungen, die getroffen werden müssen, können oder dürfen (Gestaltungen) – jedoch nie an den dazu bestehenden NATürlichen Voraussetzungen vorbei bzw. gegen deren Substanz, Ergebnisse solcher Versuche sind inzwischen ausreichend bekannt.
"machst du genau den Fehler, etwas historisch gewachsenes als etwas “gottgegeben sinnvolles” zu idealisieren.
Es gibt Spielräume, “Eigentum in seinen sozialen Verhältnissen” anders aufzufassen und anders damit umzugehen. Ja.
Und genau das tun die Commons. Hoffen wir das.
Jedoch:
Womit, wenn nicht über die EigentumsVERHÄLTNISSE will common sonst systemgestaltend wirken?
Kein Eigentum – Keine Gestaltungsbasis.
ad 1. Einerseits glaub ich auch, dass es so einfach gemeint ist, andererseits wischt das natürlich alle Problematiken des Commonsbegriffs (wer kümmert sich wie um welche partizipativen Ressourcen und wie ist das eigentlich möglich dass solche Ressourcen von vielen oder allen genützt werden können) beiseite. Das ist dann wiederum ein Einfallstor für eine pauschale Kritik der Commons, wie ihn unlängst die Kulturkritik München unternommen hat.
http://kulturkritik.net/index_allgem.php?code=hofmar006
ad 5. Eigentum solls überall in jeder Gesellschaft geben und das qua „Natur“? und unausweichlich? das möchte ich nochmal erklärt bekommen und zwar an folgendem Beispiel: die bürgerliche Gesellschaft schafft in einer späten Phase die Institution des Geistigen Eigentums, dehnt sie immer mehr aus und verschafft ihr durch die Gewalt von Sanktionen Gültigkeit. Dennoch scheint jedermensch klar zu sein, dass es sich dabei um eine fictio juris handelt. Warum soll das bei anderen Eigentumsbereichen anders sein?
Franz, man könnte es einfacher sagen:
Jeder Aspekt, was Eigentum in der Gesellschaft bedeutet, ist durch Gesetze definiert und festgelegt. Etwa, wer Eigentümer sein kann, und ob etwas Eigentum sein kann., und was aus dem Status „A ist ein Ding B und Eigentum von C“ folgt. Da die Gesetzgeber, bei uns die jeweiligen Parlamente, jedes Gesetz erlassen bzw. modifizieren oder abschaffen können, ist steht damit auch jeder Aspekt von „Eigentum“ zu Disposition. Der Gesetzgeber kann jeden Aspekt von „Eigentum“ gestalten.
Die Historizität von Eigentum ist keine Frage, etwa war es mal möglich dass ein Mensch das Eigentum eines anderen Menschen war („Sklave“) und heute ist das nicht mehr so. Offenbar hatte das mit kulturellen Entwicklungen zu tun, und nicht mit etwas Naturhaftem oder Funktionell-Systemischem.
@Franz Nahrada (22.11.2014, 20:02 Uhr
„wer kümmert sich wie um welche partizipativen Ressourcen und wie ist das eigentlich möglich dass solche Ressourcen von vielen oder allen genützt werden können“ –
Wer das nicht als selbstragendes System darstellen kann, hat nichts mit common zu tun. Wie gesagt: Commons regeln DAS. Wenn nicht – liegt HIER das „pauschale Einfallstor für Kritik, aber nicht „der Commons“, sondern „an commons“.
„Eigentum soll es überall in jeder Gesellschaft geben und das qua “Natur”? und unausweichlich? das möchte ich nochmal erklärt bekommen …“ –
„die bürgerliche Gesellschaft“ schaffte in einer späten Phase nicht „die“, sondern „IHRE“ rechtliche „Institution des Geistigen Eigentums“.
Nicht jedoch das geistige Eigentum oder überhaupt Eigentum.
Dieses hier als „bürgerliche Gesellschaft“ (diesen falschen weil willkürlich selectierenden und diskriminierenden Begriff sogenannter „Nichtbürgerlicher“lehne ich ab, da das common-Ziel ist, daß alle Menschen BÜRGER sind und als SOLCHE behandelt werden, bzw. sich behandeln) benannte soziale Teilsystem hat lediglich aufgrund von Machtstrukturen, die aus den von ihnen geschaffenen EigentumsVERHÄLTNISSEN resultierten, nicht nur bezüglich geistigen Eigentums sondern auch aller anderen Arten von Eigentum lediglich nach und nach jeweils eine eine fictio juris geschaffen, die damit eine kultürliche (menschgemachte) und somit durch Mensch veränderliche Phänomenalität ist, was jedoch nicht auf das Eigentum selber zutrifft.
Jede KULTürliche Erscheinung ist auch KULTürlich veränderbar, unsere NATur jedoch ist uns gegeben, Mensch kann diese zwar auch „verändern“, nicht jedoch deren (ursächliche) Natürlichkeit.
„Warum soll das bei anderen Eigentumsbereichen anders sein?“ –
Das ist mitnichten bei anderen „Eigentumsbereichen“ anders, sofern deren Verhältnisse gemeint sind: Besitz, Verfügbarkeit und Nutzbarkeit, Zielorientierung der Verwendung, soziale Verantwortung.
Warum:
Mensch, ein hochkomplexes dynamisches System aus biologischer Sicht mit komplizierten organisch selbstgesteuerten Merkmalen ist nicht als ein jeweils einzelnes System solcher Art in der Natur „installiert“, sondern hat sich in evolutionärer Entwicklung nur als common-Code über gegenseitige mutualistische Kooperation zu dem entwickelt, was er heute ist: auch zu einem hochkomplexen sozialen System, sowohl als Einzelner wie als menschliche Gesellschaft.
Ausschließlich die gegenseitige zwischenmenschliche (soziale) Kooperation mit dem Zweck des gegenseitigen vorbehaltlosen und nachhaltigen Nutzens hat letztlich einhergehend mit biologischer Evolution den Menschen immer mehr in die Lage versetzt, seine gegenwärtige Entwicklungsstufe besonders bezüglich seiner sozialen ORGANisation zu erzielen, eine systemische Ganzheit, eine wie organisch ablaufende permanente Koordinierung von Bewegungsabläufen.
Ohne dieser (NATürlichen) Prägung zur sozialen (KULTürlichen) Kooperation „von Anbeginn“ gäbe es den heutigen Menschen und seine Gesellschaften nicht (Kropotkin: Gesetz der gegenseitigen Hilfe), was zugleich auf alle sozialen Systeme im Bereich der belebten Welt zutrifft und studiert werden kann).
Damit können wir sagen, es ist in MENSCH bereits evolutionär bedingt ein sozial auf common orientierter NATürlich erstellter Systemcode „installiert“, der KULTürlich nur gestaltet aber nicht ohne Auslöschung des Systems Menschheit beseitigt oder ausgetauscht werden kann.
Das wesentlichste Element dieses sozialen Systems MENSCH war und ist die INFORMATION, die Fähigkeit und Fertigkeit, UNTERSCHIEDE mehr und besser wahrnehmen, vergleichen und als INFORMATION zur eigenen Systemstabilisierung, -Sicherung und -Entwicklung auswerten zu können, als andere Lebewesen, so z.B. vorrangig durch ihren zwischenmenschlichen AUSTAUSCH (Kommunikation) unter den Artgenossen.
Somit ist die Menschwerdung biologisch wie sozial gleichermaßen eine sich gegenseitig befördernde Entwicklung, die eng an die Information und die damit verbundenen Fähigkeiten und jeweils dadurch neu entstehenden Perspektiven gebunden war und ist:
Menschwerdung, menschliche Gesellschaft war und ist SCHON IMMER und von vornherein ursächlich nur INFORMATIONSGESELLSCHAFT, da es sie anders nicht gäbe.
Diese INFORMATION, die Fähigkeit und Fertigkeit, Unterschiede zu erkennen und als Information zu nutzen, ist daher in allen Erscheinungsformen (auch vergegenständlicht) nur ein PRODUKT des common-Verhaltens von Mensch und daher dessen EIGENTUM als Almende, als soziales Eigentum.
Geistiges Eigentum ist so entstanden und entsteht permanent neu (und immer noch nur auf dieser Basis!) im und aus dem bereits NATürlich installierten und KULTürlich wirkendem sozialen common-Verhalten und common nutzenden Prozess von Mensch.
Die gegenwärtige Situation dazu ist in der Tat nur eine fictio juris, eine KULTürliche Installation wider die Natur Mensch.
Sie entspricht nicht der NATürlichen Entstehung von Mensch und Gesellschaft als dynamische hochkomplexe selbstregulierende soziale Systeme im common-Code, verursacht neue das NATürlich entstandene common-system störende KULTürliche Eigentumsverhätnisse, die (s.o.) veränderbar sind.
@Helmut Leitner (22.11.2014, 21:16 Uhr)
„Die Historizität von Eigentum ist keine Frage, etwa war es mal möglich dass ein Mensch das Eigentum eines anderen Menschen war (“Sklave”) und heute ist das nicht mehr so. “
Ja, dafür „kann“ aber „das Eigentum“ nichts! Das haben MENSCHEN mit MENSCHEN gemacht – oder eben MIT Eigentum: Sie haben es „neu plaziert“ bzw. „getauscht“ – aber nie geschaffen.
„Offenbar hatte das mit kulturellen Entwicklungen zu tun, und nicht mit etwas Naturhaftem oder Funktionell-Systemischem.“ –
Abgesehen davon, daß jede „kulturelle Entwicklung“ nur eine ist, die auf der großen Basis der konkreten biologischen Bedingungen erfolgen kann, also bereits eine prinzipiell nur „aufsetzende“, solltest du dazu nicht nur Behauptungen sondern eventuell handfeste Gegenargumente hier anführen, die erklären, warum du das weder „funktionell“ noch „systemisch“ sehen möchtest.
Im Gegensatz dazu erkenne ich bei dir aber doch sehr wohl „funktionelle“ Zuordnungen, die des Eigentums …
Allerdings diese bisher nur wie aus der blauen Luft heraus gegriffen, ohne daß tiefere Zusammenhänge zum Eigentum oder zum GesellschaftsSYSTEM sich erklären.
Auch gibt es nix „naturhaftes“ – das wäre dann etwas, was nicht natur wäre sondern dies nur antäuscht.
Davon rede ich nicht, ich rede von dem, was dich und mich ausmacht, primär, und das ist zunächst unsere biologische Ganzheit, in der / auf der unsere KULTürliche Ganzheit aufsetzt und existiert, eine Trennung oder gar Unabhängigkeit zu unterstellen ist wohl nicht gerade wissenschaftlicher Standard, in der Zeit, wo mehr und mehr systemische Prozesse (Komplexe dynamische Ganzheiten) unser Leben prägen, bzw. wir solche untersuchen und / oder gestalten.
Könntest du versuchen, common aus ganzheitlicher Sicht zu sehen? Als (selber) ein System, eine Ganzheit mit Emergenz für das Leben von Menschen?
Bisher dachte ich, dazu reden wir über common.
@Helmut Leitner
gefunden bei Helmut Leitner in „Mustertheorie“ unter „Biokybernetik und Frederic Vester“:
„Wenn wir uns an Frederic Vester orientieren, so fällt auf, dass er sich – wie Alexander – die Natur als Lehrmeister nimmt. Bei Vester liegt der Schwerpunkt lediglich mehr auf dem Aspekt, der Natur ihre technischen Erfindungen – etwa wie die besondere Stabilität von Röhrenstrukturen, die überragende Festigkeit von Spinnenfäden oder die Effizienz von Regelungsmechanismen – abzulauschen, während Alexander sich mehr auf die Ähnlichkeiten von natürlichen und künstlichen Strukturen und Entwicklungsprozessen konzentriert.
Beide sehen in der Natur die Einfachheit der Lösungen, die Fähigkeit zur Effizienz und hervorragende Wiederverwertung von Abfallprodukten als Ressourcen. Es gibt hier also einen hohen inneren Übereinstimmungsgrad.“
Würde mal sagen, genau so orientiere ich mich, beginnend bei Bertalanffy (systemisch, auch biologisch-kybernetisch), über Kropotkin (biologisch-sozial) bis hin zu Mario Bunge (systemische biologisch- soziale Ganzheitlichkeit) – neben etlichen anderen verdienstvollen Leuten.
Ist das nun für Helmut Leitner nicht mehr aktuell?
@Lusru: ich denke, wie sind uns ohnehin überraschend nahe in unseren Auffassungen, die Reibungspunkte erscheinen mir – nach deinen drei letzten Postings – mehr in bestimmten Terminologien gelegen.
Die Trennung von Natur und Kultur oder ihre Zusammenschau ist nicht so ohne weiteres abzuhandeln, weil wir einerseits den Menschen als Teil der Natur verstehen müssen, seine Wirkungsformen aber als so besonders empfinden, dass wir Kultur von Natur trennen. Sprachlich sind wir darauf nicht vorbereitet. Aber das ist nicht das Hauptthema.
Zu trennen zwischen „Eigentum“ und „Eigentumsverhältnissen“ einerseits, als ein nicht hinterfragbares kategoriales Repertoir – und andererseits „Institution Eigentum“ als historische Ausgestaltung, ist zwar möglich, aber mir methodisch nicht nützlich. Wenn ich Eigentumsverhältnisse, in deiner Diktion z. B. das Phänomen „Besitz“ untersuchen will, dann kann ich über Besitz reden und brauche die kategoriale Einteilung „Eigentumsverhältnis“ dazu nicht. D. h. dort wo du den Begriff „Eigentum“ als notwendig beanspruchst, weil du über „Eiegntumsverhältnisse“ quasi als Universalie sprechen willst, brauche ich beides nicht, identifiziere „Eigentum“ mit „Institution Eigentum“ und leben ganz gut damit, nämlich ohne den Begriff „Eigentum“ idealisiert zu haben. In der Betrachtung der Sachverhältnisse unterscheidet uns dabei aber nichts.
Die Überlappungen von Alexander und Vester (Mustertheorie und Kybernetik) sind offensichtlich, aber ich sehe den Fortschritt in einem Blickwinkel der über das Maachinenmodell und die starre Systemstruktur mit mathematischer Beschreibung hinausgeht. Ich bekenne mich zu beiden, jeweils dort wo es angebracht ist.
Ausgedehnte Tiefen-Diskussionen sind in so einem beschränkten Kommentarbereich einer Website nicht sinnvoll zu führen.
Mir kam es hier darauf an, diese despektierliche Frage nach dem „was soll das, commons gehören allen oder auch niemanden, (so ein Blödsinn)“ in Zusammenhang mit einem sehr sinnvollen Anliegen zu zeigen, das jetzt – in deiner Diktion – mit einer Veränderung von „Eigentumsverhältnissen“ zu tun hat. Man kann sagen, dass die Commons-Bewegung damit näher an die Ursprünge des Menschseins, an naturnähere Interaktionsmuster zurückkehrt. Man darf aber – entgegen einer Naturidealisierung – nicht vergessen, dass auch das „Recht des Stärkeren“ ein biologisches Muster darstellt, das in der Kulturentwicklung zunehmend als Antimuster (destruktiv) erscheint, und auf allen möglichen Ebenen durch Muster relativiert wird, um das Soziale zu ermöglichen. „Eigentum als Idee und Institution“ ist ein solches Muster, das gegen das „Recht des Stärkeren“ entstanden ist, das aber auch nachteilige Nebenwirkungen hat, bis hin zum Kapitalismus, dessen Humus das Eigentum – besonders in seiner Pervertierung als Mega-Eigentum und als damit arrangierter Eigentums-Mega-Status – zu sein scheint. Das „Recht des Stärkeren“ kehrt somit in domestizierten Form als „Einfluss und Sozialstatus des Reichen“ zurück, wobei aber das Rechtssystem der früheren Willkür des Stärkeren mühsam aber zumindest teilweise Grenzen setzt.
Helmut Leitner (23.11.2014, 11:44 Uhr)
Ja, Helmut Leitner, „überraschend nahe in unseren Auffassungen“ – wie vermutet.
Reibungspunkte weniger in Terminologien, sondern wohl noch etwas weiter „vorn“ …
Wenn du z.B. von der „Trennung von Natur und Kultur“ sprichst, spreche ich von der Ganzheit, die sich aus beiden für unsere Sozialität ergibt, die Dritte ja auch noch von Natur und Kultur trennend verstehen, weil z.B. konstruktivistische philosophische Positionen zur Bewertung von naturwissenschaftlichen und DAMIT von systemischen Erkenntnissen angesetzt werden.
Mir fällt da z.B. ein gewisser Luhmann ein, über den ich mich nicht weiter auslassen möchte, da bereits genügend an anderer Stelle erfolgt, z.B. dessen vorgeblicher Versuch einer „sozialen Systemtheorie“ außerhalb und fern von Systemen und Sozialitäten, von Menschen.
blog zu klein
Ja, auch blog ist evtl zu klein, um solche Dinge auszuturnen – es fehlt am Anlauf, und geeigneter Höhe, um einen Sprung sauber und vollständig landen zu können.
Dennoch geht einiges, könnte man meinen.
Recht des Stärkeren
Schieben wir mal „Eigentum“ vorerst zur Seite (wirft sich von allein an geeigneter Stelle wieder ins Feld) und nehmen hier nur mal ein „ähnliches“ Problem, da sagst du:
„Man darf aber – entgegen einer Naturidealisierung – nicht vergessen, dass auch das “Recht des Stärkeren” ein biologisches Muster darstellt, das in der Kulturentwicklung zunehmend als Antimuster (destruktiv) erscheint, und auf allen möglichen Ebenen durch Muster relativiert wird, um das Soziale zu ermöglichen.“
Abgesehen davon, daß es dazu bisher nur Vermutungen und Behauptungen gibt, tritt da noch ein Aspekt auf:
Während du also beim (Recht des / auf) Eigentum eine eventuelle NATürliche systemische Funktion nicht erkennen möchtest, unterstellst du das jedoch sehr wohl dem „Recht des Stärkeren“, sogar als „biologisches Muster“ -?
Es dab und gibt kein „RECHT“ des Stärkeren.
Es sei denn als aktive oder passive (akzeptierende, duldende) Verabredung zwischen Menschen, was damit zwar ein „Muster“, jedoch keinesfalls ein biologisches bzw. NATürliches wäre, sondern nur eine rein KULTürliche Erscheinung, die damit vom Menschen veränderbare wäre.
Das ist also in deiner Argumentation nicht so nachvollziehbar, es sei denn, du denkst in den Bahnen des Herrn Dawkins und dessen Pseudobiologie mit seinen konstruierten und nie, auch nicht in nur in geringster Form, erwiesenen „egoistischen Gene“- ein einziger riesiger kommerzieller PR-gag?
Für mich, als praktizierender (nicht registrierter) Skeptiker, kommt das als unwissenschaftliche Meinungsäußerung nicht infrage, ich halte es da mehr mit den Erkenntnissen des russischen Großfürsten, revolutionären Frühberater Lenins, Zoologen und Biologen, Bienenzüchter, anarchistischen (common)Vordenker und von Stalin verfolgten Kropotkin aus der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts, der seine wissenschaftlichen biologischen Untersuchungen an sozialen Erscheinungen in seinem „Gesetz zur gegenseitigen Hilfe“ formulierte.
Zugegeben, es sollte erst in unseren Sprachgebrauch transferiert werden, um es anschlußfähig zu verstehen.
Desweiteren sind auch die wissenschaftlichen Erkenntnisse des Neurobiologen Prof. Dr. Joachim Bauer (Das KOOPERATIVE Gen) eine Art aktuelle wissenschaftlich fundierte Bestätigung des kropotkinschen Gesetzes.
Noch erklärlicher wird das, wenn die Funktion von INFORMATION, die ich (frei nach Ursuls Oberbegriff „Soziale Information“) als wahrgenommener UNTERSCHIED verstehe (Anderes als Unterschied kann nirgendwo, weder in anorganischen noch in organischen noch in sozialen Systemen wahrgenommen, erfaßt, gemessen oder erkannt und bewertet werden: Kein Unterschied – Keine Information – keine Bewegung/Dynamik), und die somit als Triebkraft jeder Bewegung in allen Systemen zu verstehen ist.
Damit wird Information (lange bevor außer- bzw. zwischensystemische Kommunikation stattfinden konnte und kann) zu dem wesentlichen Systemelement in der biologischen Evolution Mensch, mittels und in der die Fähigkeiten und Fertigkeiten (Techniken) bei Mensch sich qualifizierten, die ihn und damit Menschheit zu dem werden lassen konnte, was sie heute sind: Vorsprung in der Informationserfassung zur Herausentwicklung aus dem restlichen Tierreich – die SOZIALE INFORMATION.
Menscheit war so schon immer von Anbeginn eine im Wesen UNTERSCHIEDSGESELLSCHAFT, vom Unterschied getriebene, die ihre außerordentliche systemische (ganzheitliche) Dynamik biologisch wie sozial aus der wirksamen Erfassung / Verarbeitung von Unterschieden generierte, damit war und ist Menschheit nicht erst heute, sondern sachlich von ANBEGINN:
INFORMATIONSGESELLSCHAFT.
Unterschiede betreffen damit sämtliche Teile des Systems / der Systeme, im besonderen Merkmale, die in Form ihrer Strukturen damit DIE Identitäten der Teile und des GANZEN darstellen, und Strukturen (Unterscheidbares) sind damit ebenfalls nur Information, die substanziell in jedem materiellem / biologischen Bestand einer Ganzheit als untrennbarer und wesentlicher Bestandteil von System, von Ganzheit, nicht nur enthalten, sondern auch fest „im Verbund“ ist.
Laut Bertalanffys Algemeiner Systemtheorie ist das auf alle Arten von Systemen beziehbar.
Und hier, sollten wir bis hier zusammen gehen, könnten wir uns die Mühe machen zu (er)klären, wie Struktur und Identität (als immanente) Information grundsätzlich systemisch „geht“.
Vor allem, ob und welche Rolle HIER eventuell Eigentum, als Teil von eingebundener struktureller Identität, spielt, als grundsätzlicher Teil bereits struktureller systemisch-biologischer Identität, von dessen Code sich das gleichzeitig soziale System Mensch eben deshalb nicht „befreien“ kann, es dessen „Verhältnisse“ der sozialen Einbindung und Funktion jedoch – im Bereich der Sozialen Information – KULtürlich definieren und gestalten kann, z.B. anders …
Menschliche Identitäten, biologische (NATürliche) wie KULTürliche (soziale) sind aus meiner Sicht keine Jacken, die man an der Garderobe abgeben oder nach Jahreszeit wechseln kann, sie haben (als die Unterscheidungsmerkmale) bekanntlich eine extrem klebrige (systemisch eingebundene) Konsistenz, das könnte so auf Eigentum im grundsätzlichsten Sinne bezogen werden.
Statt „Recht des Stärkeren“ könnten wir korrekterweise sagen „Unrecht des Stärkeren“ – was deutlicher als rein (!) soziale Kategorie und nicht etwa als „biologisches Muster“ besser verstehbar ist.
Statt Eigentum als „bürgerliche Erfindung“ (zu viel der Ehre und: noch dazu der soziale Begriff „bürgerlich“ miserabel politisch mißbrauchend benutzt) gering zu schätzen, könnten wir dazu bestehende KULTurelle Veränderungserfordernisse dieser – ursächlich auf systemische Funktion von (erweiterten) Identitätsmerkmalen gerichteten – Erscheinung korrekterweise schon eher als systemisches und gegebenes „Muster“untersuchen.
@Lusru: sei mir nicht böse, dass ich hier aus der Diskussion aussteige. Meine Anmerkungen zur Interpretation von Commons und Eigentum habe ich gemacht, auch mögliche Erklärungen für etwaige Leser dieser Website dazu angeboten.
@Helmut Leitner (23.11.2014, 19:09 Uhr)
Nein. Wieso böse.
Andere Sichten sind immer gewöhnungsbedürftig.
Das ist so