»Vor Veränderung kommt Verstehen« — allerdings!
Die neue Ausgabe der »ak – analyse & kritik – zeitung für linke Debatte und Praxis« erscheint erst am 16.4.2010. Löblich, dass einige Artikel schon vorher online zugänglich sind. Noch besser ist, dass »Commons« das Schwerpunkt-Thema ist. Mehr dazu sicherlich noch in den nächsten Tagen in diesem Blog.
Heute möchte ich gerne den Artikel von Ingo Stützle kommentieren (gleich ein Minuspunkt: keine Kommentaroption auf der ak-Seite). Ich zitiere komplett und kommentiere jeweils unter den Absätzen.
Vor Veränderung kommt Verstehen
Die Commons liefern nur ein schräges Bild vom Kapitalismus
Das ist die Überschrift. Überschriften kürzen ab. Der Commons-Diskurs ist sehr heterogen. Folglich gibt es kein eindeutiges und schon gar kein einheitliches (ohnehin nur implizites) Bild vom Kapitalismus. Dann kann man sich auch schräge Bilder raussuchen.
Bereits für Marx stellte die Zerstörung der Commons eine zentrale Voraussetzung kapitalistischer Produktion dar. Sind die Bedingungen des Kapitals jedoch einmal durchgesetzt, reproduzieren sie sich in anderen Formen und vor allem diese müssen kritisiert werden. Die Anwendung des Commons-Begriffs für den modernen Kapitalismus ist deshalb nur bedingt angemessen. Zudem fehlt meist eine ordentliche Prise Staatskritik.
Der Commons-Begriff ist kein Anwendungsbegriff für den Kapitalismus. Es ist allgemeiner. Ihm fehlende Staatskritik vorzuwerfen, ist unberechtigt. Ein zentraler Slogan des Diskurses ist »jenseits von Markt und Staat«. Wie der Slogan jeweils gefüllt wird, ist eine andere Frage.
Für Marx sind vor allem vier (historische) Voraussetzungen zentral: a) Die unmittelbaren ProduzentInnen werden von den Produktionsmitteln getrennt. Gleichzeitig werden sie b) von den Früchten der Produktion ausgeschlossen. Der Schwerpunkt in der Commons-Diskussion liegt bei diesen beiden Punkten. Zwei weitere Momente fallen oft unter den Tisch. Ihre Existenz sichern die ProduzentInnen nämlich c) als doppelt freie LohnarbeiterInnen – frei von Produktionsmitteln, aber auch frei von personalen Herrschaftsverhältnissen. Über ihre Arbeitskraft können sie als EigentümerInnen „frei“ verfügen. Damit geht d) eine Veränderung der Aneignungsweise der Produktionsmittel einher. Unmittelbarer Zweck der Produktion ist nicht mehr die Bedürfnisbefriedigung, sondern der Profit. Produziert wird für einen anonymen Markt. Alle vier Punkte kleben wie Pech und Schwefel zusammen, was in der Diskussion kaum reflektiert wird.
Zustimmung, aber alle vier Punkte sind durchaus Teil des Commons-Diskurses (in der Tat mit Schwerpunkt auf a und b). Die Kritik der Profitorientierung ist zentraler Bestandteil (»jenseits von Markt«). Umstritten ist allerdings, was daraus perspektivisch folgt: eine Marktwirtschaft ohne Profit oder eine Gesellschaft ohne Verwertungslogik (vulgo ohne Tausch, Wert, Geld, Markt — und Profit).
Keine Güter sind qua Natur Gemeineigentum
Das hat niemand behauptet. Der Begriff »Gemeineigentum« wird hingegen deutlich als der falsche Begriff kritisiert: Es geht nicht um Gemeineigentum, sondern um Gemeinressourcen und Gemeingüter. Das ist ein Unterschied ums Ganze. Gemein- oder genauer: Kollektiveigentum sind auch die AG und der VEB.
Kritisiert wird in der Commons-Debatte, dass eine kollektive Nutzung oder abgestufte Nutzungsrechte künstlich oder rechtlich unterbunden werden. Oft genannte Beispiele sind Software oder Saatgut (Biopiraterie). Aus dem Blick geraten aber die beiden zuletzt genannten Momente und vor allem der Umstand, dass die gesellschaftlichen Voraussetzungen kapitalistischer Produktion zwar durchgesetzt, dann aber in einer bestimmten Form auf Dauer gestellt werden müssen.
Kritisiert wird, dass der Prozess des »enclosure« ein permannter ist, für den der traditionelle marxistische Blick sehr trüb ist.
Zu den Formen gehören u.a. Recht und Gesetz, die wiederum den Staat als Voraussetzung haben. Die Commons-Debatte empört sich hingegen über die einmalige Einhegung. In den Hintergrund gerät das, was den Kapitalismus als Dauerveranstaltung ausmacht, nämlich dass es bei der Aneignung des Mehrprodukts – der Ausbeutung – mit Recht und Gesetz zugeht. Der Akkumulationsprozess vollzieht sich gerade ohne Verletzung der formalen Normen und durch die allseitige Garantie des Eigentums durch den Staat.
Das stimmt schlicht nicht: Die Commons-Debatte kritisiert massiv die fortgesetzte Einhegung der Commons, die die Reproduktionsvoraussetzung des Kapitalismus ist. Im Commons-Diskurs ist durchaus auch klar, dass solche fortlaufenden Einhegungen nach »Recht und Gesetz« oder besser: nach »Verträgen« ablaufen. Deswegen werden solche Gesetze (z.B. Urheberrecht) und Verträge (z.B. internationale Abkommen) massiv kritisiert. Daneben gibt es allerdings auch verdeckte und offene Gewaltverhältnisse,die Herrschende installieren, wenn die »zivilisierten« Wege nicht ausreichen. Das sollte auch nicht ausgeblendet werden.
Dies gilt auch für die Lohnarbeit. Der stumme Zwang der ökonomischen Verhältnisse funktioniert nämlich nicht ohne Staat. Ihre Existenz als Arbeiterklasse erkennt diese erst aufgrund von „Erziehung, Tradition, Gewohnheit … als selbstverständliche Naturgesetze“ (Marx) an – mit der Existenz einer „Mikrophysik der Macht“ (Foucault). Diese umschreibt den Umstand, dass die Unterworfenheit unter die Verhältnisse die Form von verinnerlichten Einstellungen und Verhaltensweisen annimmt. Den von Marx nur kurz erwähnten Sachverhalt griff deshalb Foucault auf und machte ihn zu einem zentralen Thema seiner Auseinandersetzung und Gesellschaftskritik. Das bedeutet aber auch: Wer die Warenproduktion überwinden will, muss das System Lohnarbeit in allen seinen Facetten kritisieren.
Volle Zustimmung. Allerdings ist das tatsächlich kein Konsens in der Commons-Bewegung. Sie ist nun mal keine antikapitalistische Bewegung, sondern »nur« sehr anschlussfähig für antikapitalistische Positionen.
Die „virtuellen Pauper“ (Marx) verhalten sich nicht selbstverständlich zu ihrer Arbeitskraft als Ware. Was historisch die Verfolgung von Vagabundentum, Bettelei sowie die Einrichtung von Armenhäusern war, übernimmt jetzt der Sozialstaat und der zugehörige Diskurs, der alle Menschen „in Arbeit bringen“ will. Diese Seite der Medaille gerät bei der Commons-Debatte völlig aus dem Blick.
Nur Interesse halber: Wo hat Marx den Begriff »virtuelle Pauper« verwendet? — Diese Seite der Debatte gerät schon deswegen nicht aus dem Blick, weil sie massenhafte Realität in den Ländern des Südens ist (ohne das dort der Staat noch groß einspringt). Commons stellen dabei oft die einzigen Möglichkeiten dar, ein prekäres Überleben zu organisieren. Der Commons-Diskurs ist nicht bloß einer des globalen Nordens.
Aber auch der letzte Punkt bleibt unterbelichtet. Der Begriff der Commons hat zum Ziel, die unmittelbaren ProduzentInnen wieder mit den Bedingungen der Produktion (Produktionsmittel) zusammenzuführen. Dabei gerät jedoch ein Punkt völlig aus dem Blickfeld: Soll die nachträgliche Vergesellschaftung der Produktion über den Markt und das Profitprinzip überwunden werden, müssen andere Formen von Vergesellschaftung an die Stelle von Geld und Markt treten. Das ist in der Debatte kein Thema. Stattdessen wird mit dem Begriff der Commons immer schon eine „Gemeinschaft“ bzw. Gemeingüter unterstellt.
Nochmal: Commons bewegen sich jenseits von Markt und Staat. Dass (kleine oder große) Unternehmen Commons nutzen, um Produkte für den Markt zu erzeugen, ist ein von den Commons zu unterscheidene Sache und somit explizit als Verhältnis von Commons zu Unternehmen zu fassen und nicht in eins zu schmeissen. Es ist konstitutiver Bestandteil der Commons, dass es stets eine Community gibt, die sich um die Ressourcen und Gemeingüter kümmert. Da ist also nichts extra zu unterstellen, sondern das ist bei den Commons so: »There is no commons without commoning«. Dem Kapitalismus muss auch niemand Trennung der Privatproduzenten unterstellen.
Dieses konstitutive Element der Commons nicht zu sehen, reproduziert den alten Fehler von Garrett Hardin, der Commons mit dem ungeregelten Niemandsland verwechselte und daraus den Schluss zog, dass »Commons« (Niemandsländer) immer übernutzt werden. Um sie zu retten, müsse also privatisiert werden oder der Staat einspringen. Die Staatsaffirmation der »Linken« hat hierbei den Commons oft keineswegs gut getan.
Dass »andere Formen von Vergesellschaftung an die Stelle von Geld und Markt treten« müssen, ist die zentrale Frage. Ich bin begeistert sie in dem Artikel zu lesen. Sie steht für alle an, die den Kapitalismus los werden wollen. Aber das ist, wie geschrieben, keine zentrale Commons-Frage. Gleichwohl sind die Commons am ehesten dazu in der Lage, Ideen für Anworten auf diese Frage zu liefern. Ich verweise auf die globalen Vermittlungsformen jenseits von Geld und Markt, die in der Freien Software entwickelt wurden.
Linke Erfahrungen müssen aufgearbeitet werden
Ja, allerdings. Aber das wäre endlich mal eine Aufgabe der Linken selbst.
In vorkapitalistischen Gesellschaften waren Produktion und Verteilung von Gütern durch die persönlichen Herrschaftsverhältnisse, die Bedürfnisse der unmittelbaren Produzenten (bzw. deren Familien) oder deren Herren reguliert. Ebenso durch Gilden und Zünfte. Diese vom Kapitalismus zerstörten „Gemeinschaften“ gibt es nicht mehr und sollten auch nicht wiederkehren. In westlichen Industriestaaten unkritisch auf Gemeingüter zu verweisen, unterstellt entweder eine Gemeinschaft oder Güter, die „natürlicherweise“ allen zukommen. Und hier liegt das größte politische Problem. Weder sind Kollektive einfach da und können entdeckt werden, noch sind Güter qua Natur Gemeineigentum. Einfach eine Gemeinschaft und Gemeingüter zu unterstellen, spielt nur dem Staat als Zwangsverein und der Nation als kollektives Wahngebilde in die Hände.
Ein unkritischer Verweis auf Commons ist immer problematisch, egal wo. Dass ein traditionell-links strukturierter (Commons-)Diskurs auch schlecht ist, zeigt Walter Mignolo sehr deutlich. Es geht also nicht um »Rückkehr« oder (im Süden) bloße »Fortschreibung« traditioneller Commons-Formen. Das ist schlicht unmöglich. Dennoch ist darauf zu bestehen, dass die Erde und alle geschaffenen Güter »natürlicherweise« allen Menschen zukommen. Dabei ist zu begreifen, dass die Natur des Menschen eben die ist, die notwendigen Mittel für das Leben herzustellen. Es geht also nicht um einen aufgeladenen abstrakt-isolierten Naturbegriff, sondern um einen gesellschaftlichen Naturbegriff. Kurz: Die Güter gehören allen, weil sie alle herstellen. Dass dem heute nicht so ist, liegt auf der Hand, macht aber das tiefgreifende Kritikpotenzial der Commons deutlich, die die alt-linke Verteilungskritik überschreitet. Und dies spielt keineswegs dem Staat in die Hände.
Die politische Dimension der Konstitution von am Gebrauchswert orientierten Gütern ist bei öffentlichen Gütern offensichtlicher, auch wenn hier oft unterstellt wird, dass diese ein Gegenprinzip zum Kapitalismus darstellen, was sie nicht sind. (ak 507)
Das mag stimmen. Das liegt aber an der politizistisch verengten Sicht, nach der gesellschaftliche Veränderungen nur »politisch« herbeigeführt werden können. Die Commons zeigen, dass dem nicht so ist. Sie sind tendenziell antipolitisch und antiökonomisch.
Die mangelhafte Sensibilität für viele Probleme führt auch dazu, dass vor allem zwei historische Erfahrungen in der Commons-Debatte nicht aufgearbeitet werden. Zum einen die „alternative Produktion“ der 1970er und 1980er. Zentrale Punkte hatte bereits André Gorz in „Abschied vom Proletariat“ aufgeworfen. So den Umstand, dass alternative Produktion sich eben nicht ohne weiteres vom Markt loseisen kann. Aber auch die Planungsversuche seit 1917 müssten kritisch aufgearbeitet werden.
Zustimmung, das steht tatsächlich an, und es ist auch nicht nur eine historische Frage, sondern eine aktuelle. Aber es gibt solche Aufarbeitungen bereits — zu erwähnen wären v.a. die späteren Werke von Gorz, in denen er sich positiv auf die Commons bezieht und das Arbeitsregime des Kapitalismus kritisiert. Die Frage nach einer doch irgendwie möglichen Kompatibilität mit »Marktwirtschaft« wird unausweichlich diskutiert werden müssen. Das ist jedoch kein Spezifikum der Commons-Debatte, sondern eine Frage, die alle beschäftigt, die Emanzipation wollen.
Insbesondere aber auch Zustimmung zu der Anforderung, das totale Scheitern aller Ansätze eines staatsplangesteuerten Kapitalismus kritisch aufzuarbeiten (und im Archiv der historischen Niederlagen der Linken ein für alle Mal abzulegen). Das ist allerdings nur »erlaubt«, wenn nicht gleich wieder dem liberalen Kapitalismus gehuldigt wird. Beides sind keine Alternativen, sondern strukturell verwandtes.
Der Debatte über Commons muss man jedoch eines zugestehen: Sie bietet die Möglichkeit, sich über den Kapitalismus und dessen Überwindung zu verständigen – und das ist nicht wenig.
Das tut sie tatsächlich. Allerdings sollte auch die traditionelle Linke sie informierter einschätzen lernen und dabei auch das eigene Beurteilungsraster hinterfragen.
Finally: Die Kommentare geben meine Sicht und meinen Bezug auf den Commons-Diskurs wieder. Ich kann keine Allgemeingültigkeit beanspruchen, es gibt viele Bezüge. Das ist keine Schwäche, sondern eine Stärke der Commons.
[Update: parallel hat Silke auf dem CommonsBlog zu dem Artikel geschrieben]
das finde ich sehr wichtig. Ich würde das noch zuspitzen. Es hat historisch kein Kapitalregime gegeben das sich nicht gleichzeitig sowohl „zivilisiert“ als auch „unzivilisiert“ geäußert hat.
Die Gesellschaft des Kapitals ist ein Weltsystem und ist auch als dieses zu analysieren. Und das heißt das es im kapitalistischen Weltsystem immer Formen der Sklaverei, Halbsklaverei, der Knechtschaft u.ä. gegeben hat und gibt.
Diese Formen der Akkumulation sind keineswegs überwunden in der modernen Gesellschaft des Kapitals.
Ingos Hinweis darauf, dass Gemeinschaft als Begriff, aber auch als Konzept in der Commons-Debatte oft unkritisch und affirmativ gebraucht wird, finde ich beachtenswert. „Wir sind eben doch alle aufeinander angewiesen, der Individualismus des Kapitalismus ist passé“ — das alles höre ich (bei manchen, z.B. hier bei Johannes Heimrath) durch und es macht mir Angst. Als „Gemeinschaft“ behauptet sich ja auch nicht nur der Staat; es gibt auch Dorfgemeinschaften, Nachbarschaften, Hausgemeinschaften, durchorganisierte Sportverbände, die akademische Zwangsgemeinschaft, in die man als Wissenschaftler gerät, usw. Die Antwort auf Ingos Kritik ist hier aber, dass Communities eben grade keine „Gemeinschaften“ in diesem alten Sinn sind, dass sie z.B. meist das Gleichgewicht zwischen individuellen Rechten und den Interessen der Community mehr oder minder hinkriegen und jedenfalls immer egalitärer sind, als Gemeinschaften es meist waren.
Ingo ist für diese (erste mir bekannte substantielle) Kritik der Commons-Debatte zu danken. Marxistische Denker und Commons-Vordenker sollten ruhig im Gespräch bleiben!
Hi Martin,
von der deutschen Spezifik der Gemeinschaftsdebatte mal abgesehen: Der Grund, warum zum Beispiel der Sammelband „Wem gehört die Welt“ den Untertitel „Zur Wiederentdeckung der Gemeingüter“ und nicht „Zur Wiederentdeckung der Gemeinschaftsgüter“ trägt, ist genau die kritische Auseinandersetzung mit dem Gemeinschaftsbegriff. Es gibt nicht in jeder Gemeinschaft Prinzipien der Freiwilligkeit, der Selbstorganisation, des Respekts der Interessen des Einzelnen, die strukturell – z.B. in Entscheidungsverfahren – mitgedacht sind. Das ist klar und ich finde, das kommt in der Debatte insgesamt auch sehr gut rüber.
Und Dorfgemeinschaften sind nicht „schlecht“, weil sie Dorfgemeinschaften sind (jedenfalls nicht besser und nicht schlechter als eine free-software-community) – die digitalen commoners mogeln sich um diese Debatte ja immer ein bisschen durchs Ausweichen auf englische Begriffe drumrum – Dorf- oder Hausgemeinschaften können ebenso Träger des commoning sein wie international vernetzte, digitale Gemeinschaften. Da muss man sich jeden einzelnen Fall anschauen und fragen was funktioniert und was nicht funktioniert.
Ach, der gute alte „Arbeiterkampf“. Ich weiß noch, wie der „Kommunistische Bund“ diese Zeitung in den 70ern auch hier im Ruhrgebiet verkauft hat. 25.000 Auflage hatte der „AK“ damals, die Zeitung war vielfältig, informativ und für ein K-Gruppen-Organ erfrischend undogmatisch. Heute gibt es keinen „KB Nord“ mehr (in NRW waren die aber auch nie soo stark) und die außerparlamentarische Linke liegt am Boden. Obwohl es immer mehr soziales Elend gibt, haben sich alle eingerichtet. Die Geschichte der Grünen (wer hat uns verraten? Sozialdemokraten! wer war mit dabei? Die grüne Partei!), die auch von ehemaligen KB’lern wie Jürgen Trittin mitgestaltet wurde, haben vielen gezeigt: Man kann ja doch nichts machen!! Demnächst wohl schwarz-grün in NRW. Die außerparlamentarische Linke liegt am Boden. Und der Arbeiterkampf? Heißt jetzt „Analyse und Kritik“ und hat nicht mehr 25.000 Auflage, sondern nur noch 2.500. Ja – so kanns gehen!
Und die Kommentarfreudigkeit, die ist bei der „Analyse und Kritik“ wohl insegsamt nicht so gut. Siehe den Link.
http://www.a3wsaar.de/home/reaktion-flugschrift-multikulti/
@Silke: Stimmt, den deutschen Begriff durch einen englischen zu ersetzen, bringt gar nix. Mir scheint aber, dass eben auch das Konzept wieder Anhänger findet: Teilweise führt die Ablehnung des Kapitalismus und seiner Vereinzelung dazu, dass frühere Vergesellschaftungsformen romantisiert werden – sei es die Großfamilie, die festgefügte Dorfgemeinschaft, die „Nachbarschaft(-shilfe)“ usw. Das schlägt schnell ins Gegenteil um, wie man schon heute am „Zwang zum Ehrenamt“ sieht: Wer eine wissenschaftliche Karriere machen will und dafür ein Stipendium braucht, soll Nachweise für soziales Engagement und Ehrenämter vorlegen (wofür in vielen mir bekannten Fällen Bestätigungen aus Gefäligkeit ausgestellt wurden, denn das schafft man ja nebenher alles gar nicht mehr, so dass am Ende wieder Beziehungen entscheiden). Außerdem ist dieser „Zwang zum sozialen Engagement“ natürlich schön für die Kapitalisten, weil so wieder unbezahlte Arbeit geleistet wird, die indirekt angeeignet wird (etwa durch gleichzeitige Steuersenkungen für Unternehmen).
Ich halte nichts von dieser Abkehr von der Individualität und habe den Verdacht, dass der Commons-Diskurs u.a. deshalb für Konservative so anknüpfungsfähig ist. Die finden es nämlich gut, wenn man z.B. seinen Nachbarn, seiner Dorfgemeinschaft, seinen Vereinskollegen usw. erstmal helfen muss, als soziale Verpflichtung, anstatt sich sein Leben selbst organisieren zu dürfen. Marx wusste, dass es die größte Errungenschaft des Kapitalismus war, diese alten (Zwangs-)gemeinschaften zerschlagen zu haben. Wenn ein neues Modell den Kapitalismus, erfolgreich ‚aufheben‘ will, muss es eben auch seine Errungenschaften ‚aufheben‘ (erhalten).
Annette hat bei Ingo einen Kommentar zu dem Artikel geschrieben, in dem sie den Punkt der »permanenten Enclosures« (fortgesetzte »ursprüngliche« Akkumulation) als Voraussetzung für den heutigen Kapitalismus unterstreicht.
Noch mehr Commons-Kritik: Der Commons-Schwerpunkt der Jungle World ist inzwischen online. Leider hat man sich relativ stark auf das unzureichende Buch von Negri/Hardt konzentriert, einige Denkanstöße sind trotzdem drin.