JMStV — Hoax oder was?
Ich geb’s zu: Bis gerade eben habe ich die Bedeutung des Jugendmediendienstestaatsvertrags — JMStV — nicht realisiert. Aufgeregt sprechen einige von chinesischen Verhältnissen, andere kündigen die Schließung ihrer Blogs an, wieder andere, bislang besonnene Gemüter, lassen sich zu antideutschen Ausfällen hinreissen. Jetzt soll alle Websites ihrer Inhalte mit »Altersfreigaben« markieren, damit die Jugend geschützt wird. Oder ihre »Sendezeit« auf Mitternacht verlegen — Haha, netter Hoax!
Ehm. Doch, so wie es oberflächlich scheint, so spinnt die tatsächlich, die politische Klasse — SPD und Grüne mitten mang dabei. [Update: dito die LINKE] Ab 1. Januar 2011 sollen alle Websites ihre Inhalte indizieren. Das erzeugt erstmal ziemliches Chaos. So ein Scheiss, dass man dafür überhaupt seine Zeit verschwenden muss, um sich damit zu befassen!
Na ja, wir bei keimform.de sind ja fein raus, denn auf uns trifft ja voll die Ausnahmeregel zu, da wir »Nachrichtensendungen [und] Sendungen zum politischen Zeitgeschehen« verbreiten, an deren Inhalten die Welt ein »berechtigtes Interesse« hat. Wie SpOn quasi, nur besser. Ist doch logo.
Oder wir gehen nach China.
fast zum thema: tim wu – the master switch (Anarchy or empire? The internet in the balance (http://www.newscientist.com/blogs/culturelab/2010/11/anarchy-or-empire-the-internet-in-the-balance.html?DCMP=OTC-rss&nsref=online-news)) – könnte auch für die generelle betrachtung der peerproduction interessant sein, thema in zwanzig jahren: wie sich der kapitalismus die peerproduction einverleibt hat – ja ich weiß, ich bin pessimist…..
ich hab’s auch verschlafen – danke für’s wachmachen! … ansonsten schlaf ich gleich weiter, weil für mich ja auch die Ausnahmeregelung zutrifft. und im traum versuch‘ ich dann, diesen ganzen unsinn auf die reihe zu kriegen – mit „jenseits von markt und staat“ framings hab ich ja schonmal einen schönen faden zum weiterspinnen.
Man packe den Webserver mit dem Blog auf ein TrueCrypt Hidden Volume und lasse ihn über ein Tor Hidden Service laufen. Dann hat man Ruhe vor der Zensur. Und für den Fall, dass morgens die Gestapo klingelt und Folter androht, hat man natürlich ein Passwort fürs äußere Volume parat, in dem sich lauter unbedenkliche Urlaubsfotos befinden.
Staaten, ob China, USA oder BRD verstehen keinen Spaß, wenn die „freie“ Meinungsäußerung gegen den Staat „missbraucht“ wird. Wie man an den Reaktionen auf die WikiLeaks-„Enthüllungen“ sieht, lässt jeder angeblich freiheitliche Rechtsstaat schlagartig die Maske fallen und offenbart sich als Diktatur, die zur weltweiten Jagd auf Menschen bläst. Gegen diese Bedrohung sollte man sich rechtzeitig technologisch aufrüsten. Je eher das geschieht, desto leichter wird die Migration in selbst geschaffene Alternativen, wenn das offene Internet nur noch für eBay und iTunes erlaubt ist.
Es sieht so aus, als ob der JMStV an Nordrhein-Westfalen scheitern wird. Puh!