Die Gesellschaft nach dem Geld (1)
[Kolumne Immaterial World in der Wiener Zeitschrift Streifzüge]
Das ganze wissenschaftliche Denken ist von Ware und Geld besetzt. Das ganze Denken? Nein, ein kleines gallisches Dorf …, ähm, ein kleines wissenschaftliches Forschungsprojekt erforscht eine Gesellschaft nach dem Geld (GndG). Und damit eine Gesellschaft jenseits von Ware, Tausch, Markt und Staat obendrein. Gefördert von der Volkswagenstiftung. Verrückte Dinge geschehen in schier unverrückbaren Zeiten. Doch der Reihe nach. In zwei Kolumnen möchte ich über die Grundlagen und die Umsetzung des GndG-Projekts berichten, in dem ich mitarbeite. Zunächst also zur Entstehung und den theoretischen Grundlagen.
Das Programm „Originalitätsverdacht“ der Volkswagenstiftung (die unabhängig vom VW-Konzern ist) lud ein, Anträge zu Themen zu stellen, die nach gängigen Kriterien keine Chance auf Förderung hätten. So taten sich Wissenschaftler*innen von drei Unis und dem Commons-Institut zusammen und stellten einen Antrag für ein Kurzprojekt „Die Gesellschaft nach dem Geld“. Der Antrag kam durch, und die „Eröffnung eines Dialogs“, wie diese erste Phase betitelt ist, gelang. Die Ergebnisbände „Postmonetär denken“ bzw. „The Society after Money“ dokumentieren die Reflexion über postmonetäre Praktiken, Theorien und Utopien.
Die zweite Phase, die nach erneuter erfolgreicher Antragstellung ebenfalls von der Volkswagenstiftung gefördert wird, erstreckt sich über vier Jahre. Aktuell ist ein Drittel der Förderzeit absolviert. Es geht um die Entwicklung einer postmonetären Gesellschaft als Computer-Simulation. Das gibt es bisher noch nicht. Allerdings gab es mit der Socialist Calculation Debate der 1920/30er Jahre einen Vorläuferdiskurs, in dem ähnlich „große Fragen“ diskutiert wurden und der mit dem „Computersozialismus“ (Cockshot/Cottrell u.a.) aktuell Anschlüsse gefunden hat. Allerdings gehen die Intentionen unseres Simulationsprojekts viel weiter.
Im Unterschied zu liberalen und sozialistischen Modellen – da gibt es große Ähnlichkeiten – verzichtet das GndG-Projekt auf vier sonst übliche Setzungen.
(1) Tausch ist die natürliche Beziehungsweise von Menschen. Diese Annahme verewigt nicht nur historisch gewordene besondere Sozialbeziehungen, sondern mündet notwendig in die Seligsprechung der verallgemeinerten Formen des Äquivalententausches (Tausch gleicher Werte bzw. Herstellaufwände), des Marktes (Tausch als gesellschaftlich bestimmende Form von Sozialbeziehungen) und des Geldes (Geld als allgemeine, sich gegen alle Waren tauschende Ware).
(2) Bedürfnisbefriedigung wird vorwiegend durch Konsum realisiert. Diese Annahme sowie die Ansicht, dass Arbeit eher mit Plage und zu vermeidender Mühsal verbunden ist, spiegelt tatsächliche Knechtschaftsverhältnisse im Kapitalismus wider. Es zeigt den Fetischismus, dem wir unterliegen: Die sachlich-re/produktive Seite des „Reiches der Notwendigkeit“ hat sich gesellschaftlich unserer Verfügung entzogen und zeigt sich nurmehr als verselbstständigtes Hamsterradgesetz der Konkurrenz, während wir uns nur außerhalb der Arbeit im „Reich der Freiheit“ als Konsumwesen verwirklichen können. Wissenschaftlich tritt uns diese Annahme als Figur des homo oeconomicus, des isolierten nutzenmaximierenden Individuums, entgegen.
(3) Gesellschaften gründen auf dem Gegeneinander von Interessen. Diese Annahme wurde von Adam Smith dahingehend gewendet, dass, über den Markt vermittelt, das bornierte Verfolgen eigener Interessen im Ergebnis zu maximaler Wohlfahrt für alle führe. Allerdings brauche es dann, so Thomas Hobbes, einen „Leviathan“ (Staat), der regulierend Rahmenbedingungen setze und Konflikte vermittle.
(4) Eigentum sichert Produktion und Verteilung. Hier unterscheiden sich liberale und sozialistische Sichtweisen dann doch. Während das Privateigentum in liberaler Sicht entscheidender Anreiz für wirtschaftliche Aktivität sei, weil andere – staatlich sanktioniert – von der Nutzung von Produktionsmitteln und den Ergebnissen der Produktion ausgeschlossen werden könnten, ermögliche das Staatseigentum in sozialistischer Sicht eine zentrale Regulation oder gar Planung der Wirtschaft, um auf diese Weise negative Effekte eines freien Marktes auszugleichen. Arbeitszwang und Exlusionslogik wohnen jedoch beiden Ansätzen inne, in der sozialistischen Variante jedoch in abgeschwächter Form.
Wir nehmen hingegen an:
(1) Die individuelle Kopplung von Geben und Nehmen als „Tausch“ ist keine natürliche Vermittlungsform von gesellschaftlichen Beiträgen und Entnahmen: Beiträge und Entnahmen erfolgen freiwillig und bedürfnisbasiert.
(2) Bedürfnisbefriedigung entsteht nicht allein durch Nutzung von Befriedigungsmitteln, sondern ebenso durch Schaffung derselben: Menschen besitzen beitragsbezogene produktive wie nutzenbezogene sinnlich-vitale Bedürfnisse, die aneinander gekoppelt sind.
(3) Es braucht keine von der gesellschaftlichen Vermittlung von Beiträgen und Entnahmen getrennte Instanz der Regulation: Bedürfnisunterschiede nehmen keine Interessenform an, die im Gegeneinander politisch durchgekämpft werden müssen, sondern sie werden als solche, als Bedürfniskonflikte, verhandelt – und zwar als eingebetteter Bestandteil der gesellschaftlichen Vermittlung zwischen Herstellung und Nutzung.
(4) Es gibt kein exkludierendes und rechtlich durchgesetztes Eigentum mehr: Die Verfügung über die Produktion und ihre Ergebnisse erfolgt kollektiv durch die tätigen Menschen. Diese kollektive Verfügung ist vergleichbar mit der heute rechtlichen Form des Besitzes.
Im Buch „Kapitalismus aufheben“ haben zwei Projektmitglieder wesentliche Grundlagen für das Projekt entwickelt. Sie konnten theoretisch zeigen, dass Freiwilligkeit (1) und kollektive Verfügung (4) eine gesellschaftliche Struktur der Inklusionsnahelegung erzeugen. Diese unterscheidet sich fundamental von der kapitalistischen Exklusionslogik. Die Annahme der produktiven Bedürfnisse (2) gewannen wir aus der Kritischen Psychologie, und die Kritik der Interessen- und Staatsform (3) ist wertkritischen Analysen zu verdanken.
Doch sind diese theoretischen Überlegungen zutreffend? Wie lassen sie sich empirisch prüfen, fehlt doch für eine Simulation eine existierende Vergleichsgesellschaft? Das agentenbasierte Simulationsmodell und unser Forschungsplan sind Inhalte der Kolumne in der nächsten Ausgabe der Streifzüge. Stay tuned!
Ich finde Du verwendest hier den Begriff „Sozialismus“ einengend auf Staatssozialismus. Guck Dir mal die Wikipedia-Seite an was da für ein breites Spektrum an Ansichten drunter fällt. Für mich ist euer „commonismus“ immer noch eine Unterart des Sozialismus.
Ich finde das auch nicht nur vom Begriff her falsch sondern auch politisch, weil es falsche Linien zieht.
Ja, ich verwende den Begriff einengend oder vereindeutigend, denn: „Es gibt keine eindeutige Definition des Begriffs“ (Wikipedia). Für mich ist der Staatssozialismus die konsequente Variante des Sozialismus, weil sie die Regulation über den Markt nicht nur einschränkt, sondern zu ersetzen beansprucht. Was diesen Anspruch angeht, befinden sich Staatssozialismus und Commonismus tatsächlich auf gleicher Ebene, was die kategoriale Grundlage angeht, überhaupt nicht.
@Stefan: Dann ist doch aber der Commonismus eine genauso konsequente Variante des Sozialismus, weil er nämlich auch „die Regulation über den Markt nicht nur einschränkt, sondern zu ersetzen beansprucht“. Ich persönlich benutze den Begriff Sozialismus eher selten, eben weil er so wenig aussagt.
@Stefan: Gerade weil es keine eindeutige Definition des Begriffs gibt – wie bei fast allen politischen Begriffen – ist es eben umso wichtiger, wie man sich da einordnet. Ich verstehe ja noch wenn man zwischen Liberalismus und „Staatssozialismus“ eine Äquidistanz halten will, wenn Du aber eine Äquidistanz zwischen „Sozialismus“ als Oberbegriff und Liberalismus halten willst, bedeutet das, dass Du sehr viele Leute exkludierst(!) aus Deinem Projekt, deren Werte sehr nah an Deinen sind (zB ist Dein Co-Autor Mitglied eines sozialistischen Jugendverbandes soweit ich weiß ;). Es richtet also sehr viel Schaden an. Ich wüsste auch nicht wozu es gut sein sollte. Es ist ja auch kategorial nur unschärfer, nicht schärfer. Du lehnst doch an libertären oder anarchistischen Sozialisten nicht ab, dass sie Sozialisten sind? Und falls doch, wüsste ich einfach nicht wozu das gut sein soll.
Und wenn ich mich richtig erinnere hast Du das bisher auch nie getan. Wieso jetzt auf einmal diese Wende?
Sozialismus ist nun mal streng hierarchisch organisiert im Gegensatz zum Commonismus. Ich denke das ist der wesentliche Unterschied, der auch zur Exklusion und/oder zum Arbeitszwang gegenüber Menschen führt.
Ich fände es ungeheuer interessant, Erfahrungsbericht aus commonsbasierten Organisationen zu bekommen, wie im täglichen Miteinander hierarchiefreie Formen funktionieren. Ich denke da an z.B. Cecosesola.
@Manfred:
„Sozialismus ist nun mal streng hierarchisch organisiert im Gegensatz zum Commonismus.“
Nein. Libertäre Sozialisten existieren. Der Anarchismus ist eine sozialistische Strömung und schon immer gewesen und eines der zentralen Dogmen des Anarchismus ist die Ablehnung von (unnötiger) Hierarchie.
@Jojo#3: Der Commonismus ist gar kein Sozialismus, weil Commonismus keine Warenproduktion mehr kennt (das meinte ich mit dem kategorialen Unterschied). Aber wenn schon Sozialismus, einer Übergangsgesellschaft, die Warenproduktion noch kennt, dann ist in meinen Augen der Staatssozialismus, also die konsequente zentralgeplante Variante des Sozialismus, ein Konzept auf gleicher Ebene wie der Commonismus hinsichtlich der Ersetzung des Marktes – nur als Sozialismus eben weiter im Rahmen von Waren, Wert und Preis. Staatssozialist*innen (aktuell z.B. Computersozialist*innen) stellen sich in gleicher Radikalität der gleichen Frage einer anderen Form der Vergesellschaftung, beantworten sie nur völlig anders. Dennoch finde ich hier den Dialog spannend, weil ähnliche Aspekte – etwa nach der Transpersonalität – diskutiert werden.
@Manfred: Ja, ich stimme zu, konsequenter Sozialismus mit zentraler Planung bringt immer Hierarchien mit. Aber das ist für mich nur die erscheinende Oberfläche und nicht das wesentliche Problem. Das ist die Warenproduktion. Deswegen bin ich mit vielen Strömungen des Anarchismus nicht glücklich, weil sie zwar Hierarchien und Herrschaft nicht wollen (da bin ich im Boot), aber kein Vergesellschaftungskonzept jenseits der Warenform haben. Mir haben aber auch schon etliche Anarchist*innen gesagt, dass sie im Grunde das Gleiche wollen wie wir im Buch beschrieben haben. Okay, ist doch gut, aber da scheint es wirklich viele Strömungen zu geben, die ich nicht wirklich durchschaue.
@Stefan: Ich glaube wenn du Sozialismus als „Übergangsgesellschaft, die Warenproduktion noch kennt“ definierst, gehst du damit wirklich den MLern auf den Leim. Wie Benni schreibt, war der Sozialismus als Begriff historisch viel breiter (und ist es auch heute noch) und umfasst eben auch Anarchist*innen. Es stimmt, dass es innerhalb des Anarchismus auch Strömungen gibt, die nicht die Warenform ablehnen oder ein Vergesellschaftungskonzept jenseits davon haben, aber mindestens für die Anarchokommunist*innen trifft das eben schon zu. Das was Pjotr Kropotkin in „Die Eroberung des Brotes“ als anarchistischen Kommunismus beschrieben hat z.B., kommt schon ziemlich nah an den Commonismus ran.
@Stefan: Warenproduktion bedeutet getrennte Privatproduktion. Zentralplanung ist das ja nun gerade nicht. Also irgendwie verstrickst Du Dich da gerade in Widersprüche (aber andere Debatte).
Beim Sozialismus dreht es sich zunächst überhaupt nicht um Warenproduktion. Das ist einfach der historisch entstandene Oberbegriff aller Bewegungen, die versuchen das Leben der Menschen besser zu machen, die nichts zu verkaufen haben, außer ihre Arbeitskraft. Diese Bewegungen haben ganz unterschiedliche Strategien entwickelt (und sich bis aufs Messer um die Richtige gestritten). Commonismus ist da einfach eine davon, auch wenn es Dir nicht passt 😉
Am Sozialismus ist einfach nichts „kategorial“, das ist ein politischer Begriff kein theoretischer.
Du entledigst Dich der Geschichte der Arbeiter:innenbewegung, weil sie Dir nicht gefällt einfach in dem Du den bewegungspolitischen Begriff „Sozialismus“ auf ein „kategoriales“ Bild (ich würde sagen Zerrbild) von Staatssozialismus verengst. Das hat keinen kategorialen Erkenntnisgewinn (weil dann könntest Du ja einfach „zentralistischer Staatssozialismus“ sagen). Und es ist eine politische Katastrophe (bzw. wäre es, wenn es nicht eh niemanden interessieren würde, was wir hier so ins Internet schreiben), weil Du damit im Nachhinein denjenigen Sozialisten recht gibst, die andere Sozialisten ausgeschlossen (und im Extremfall umgebracht) haben, weil die ja keine richtigen Sozialisten seien.
Gerade wenn man einen kategorialen Anspruch hat, ist es umso wichtiger darauf zu achten, welche politischen Begriffe man benutzt und wie.
Das selbe haben die MLer übrigens auch schon versucht indem sie „Sozialismus“ kategorial interpretiert haben und es mit ihrer fiktiven „Übergangsgesellschaft“ und ihrer realen Parteidiktatur identifiziert haben. Du betreibst damit volle Kanne deren Spiel, wenn auch in Negation.
Eine postmoderne Variante dieser Diskursstrategie ist übrigens der Parteiname der „Die Linke“, aber das nur am Rande.
Die Bedürfnisse der Menschen werden doch, in den Staatsformen die wir geschichtlich kennen, manipuliert. Egal welche Staatsform, immer schreit es in jeder Person nach Statuserreichung und einem besseren Häuschen, als das des Nachbarn zu besitzen. Davon konnte sich auch der Sozialismus nicht befreien. Der Commonismus (schrecklicher Begriff) strebt nach einer Gemeinschaft, die sich von diesem Denken befreit.
@Jojo#11: Die Bestimmung des Sozialismus als „Übergangsgesellschaft, die Warenproduktion noch kennt“ ist von Marx, dem vielleicht die MLler*innen „auf den Leim“ gegangen sind. Zurecht sozusagen, denn Marx hat damit ein bestimmtes Trafokonzept angedacht, das dann mit der Arbeiter*innenbewegung und dem Realsozialismus geschichtsmächtig wurde. Dass es auch andere Linien gab, weiß ich, ich halte mich hier jedoch schlicht an den Marx der Kritikschrift zum Gothaer Programm von 1875.
Gleichzeitig bin ich sehr interessiert an Texten von Anarchokommunist*innen, die eine Vergesellschaftung jenseits der Warenform dachten oder denken. Kropotkin lehnt immerhin die Lohnarbeit ab. Ich subsummiere Anarchist*innen generell jedoch nicht unter den Sozialismus, weil sie (aus guten Gründen) eine Übergangsgesellschaft der Diktatur des Proletariats ablehnten (allerdings nicht unbedingt die Warenform).
@Benni: Nein, sorry, das sind zwei Diskurse, und ich lasse mir meine inhaltliche Sicht nicht absprechen, nur weil du eine bewegungspolitische Sicht bevorzugst. Aus meiner Sicht deutest du die Geschichte um, wenn du die von Marx ausgehenden Überlegungen einer Übergangsgesellschaft einfach für „fiktiv“ und von einer „Parteidiktatur“ ausgedacht erklärst.
Wie ich in #14 schrieb, nehme ich die inhaltliche Bestimmung von Marx, der zwei Phasen des Kommunismus unterschied, ernst – die erste Phase wurde später Sozialismus genannt. Das war zwar eine politische Entscheidung, doch mich interessiert die inhaltliche Bestimmung, und die war eine Phase der Warenproduktion. Das war alles aus der Zeit heraus nachvollziehbar, und das bringt mich jetzt nicht dazu, es inhaltlich umzudeuten oder für Quatsch zu halten.
Ich weiß nicht, was es bringen soll, alles unter den Begriff Sozialismus zu packen. Aus zum Teil guten Gründen haben sich Anarchist*innen gegen bestimmte Elemente der damaligen vorherrschenden sozialistischen (sozialdemokratischen wie dann auch kommunistischen) Arbeiter*innenparteien gewandt.
Dann noch inhaltlich:
Doch ist es, denn „getrennte Privatproduktion“ ist dem Inhalt nach stets jene, in der die Betriebe Tausch- und Geldbeziehungen nach außen haben – unabhängig davon, ob diese von einem Markt oder einem Zentralplan vermittelt werden. Nur im Realsozialismus war das keine „getrennte Privatproduktion“ auf Basis des Privateigentums, sondern „getrennte Einzelproduktion“ auf Basis des Staatseigentums. Nur weil zentral geplant wird, verschwindet der Charakter als Warenproduktion nicht. Und das war kein Geheimnis, sondern wurde auch so benannt.
Beim Sozialismus dreht es sich zunächst um Warenproduktion. Das ist für mich inhaltlich die Essenz dessen, was sich Sozialismus nennt – in der ganzen Spannbreite von Markt- bis Staatssozialismen. Darin waren die realen Unterschiede dann durchaus groß: Von Schweden über Jugoslawien bis zur Sowjetunion.
Wenn du das ausschließlich bewegungspolitisch sehen willst, dann musst du die inhaltlichen Unterschiede verwischen, dann ist alles irgendwie Emanzipatorische auch das Sozialistische. Das finde ich nicht hilfreich.
@Manfred Fußnecker,
Erfahrungsberichte von Cecosesola:
dazu gibt es ja ein Buch (schon etwas älter, die Kurzfassung von drei spanischen Originalbänden auf deutsch) http://archiv.labournet.de/internationales/ve/cecosesola.pdf | https://diebuchmacherei.de/category/auf-dem-weg-gelebte-utopie-einer-kooperative-in-venezuela/ und demnächst wird auch ein bisschen was in einem Dokfilm erklärt.
Homo Comunis wird im Sommer fertig sein:https://www.seemorefilm.de/
@Stefan: #14 Marx nennt die Übergangsgesellschaft in der Kritik des Gothaer Programms aber nicht Sozialismus, sondern „erste Phase der kommunistischen Gesellschaft“. So weit ich weiß benutzte erst Lenin den Begriff Sozialismus für diese Übergangsgesellschaft. Der Begriff Sozialismus ist außerhalb dieser marxistisch-leninistischen Denkfigur (die sie sich dabei leider zurecht auf Marx beziehen kann) deutlich breiter besetzt worden, eben auch von Anarchist*innen. Du kannst natürlich sagen, dass du sie nicht unter den Begriff des Sozialismus subsumierst – wenn du nämlich die Lenin’sche Definition übernimmst -, aber das ändert wenig daran, dass sie ihn für sich benutzt haben und z.T. auch heute noch nutzen. Ich selber finde es wenig sinnvoll, den Begriff positiv zu benutzen, eben weil so viel darunter fällt (Anarchismus, Sozialdemokratie, ML, …), aber gerade wegen dieser breiten Bedeutung taugt er glaube ich auch nicht dazu etwas zu bestimmen, von dem wir uns abgrenzen wollen, nämlich den warenproduzierenden Markt- und Staatssozialismen.
@Silke Helfrich: Danke für den Buchtipp. Habe es gerade bestellt und bin sehr gespannt. Die Diskussion hier dreht sich für meinen Geschmack zu viel um rein akademische Fragen…
@Jojo: Ja, Marx nannte den Sozialismus noch „erste Phase“ des Kommunismus. Das sind nur Wortunterschiede, inhaltlich ist es das, was ich beschrieb: eine Übergangsgesellschaft basierend auf Warenproduktion.
Sehr schön hier erklärt: https://system-change.net/?p=251 😉
@Stefan: Aber um Worte dreht sich doch die ganze Debatte. Die Frage ist doch: Warum bestehst du darauf, den Begriff „Sozialismus“ denen wegnehmen zu wollen, die sich was Positives darunter vorstellen, um ihn stattdessen lediglich für eine Planwirtschaft sowjetischer Prägung verwenden zu wollen? Von Marx hast du diese Begriffsverwendung nicht, das hätten wir geklärt. Und selbst den expliziten Freund:innen dieses Modells war ja noch bewusst, dass auch andere „Sozialismen“ zumindest vorstellbar sind – weshalb Honecker den Begriff „real existierender Sozialismus“ geprägt hat zur Bezeichnung dieses speziellen Sozialismus in Abgrenzung von den anderen, mindestens vorstellbaren. Willst du wirklich hinter diesen Erkenntnisstand zurückfallen?
@Christian: Ich nehme niemandem was weg. Die Debatte dreht sich für mich nicht um Worte, sondern um Begriffe. So verwende dem Begriff nach Sozialismus für die erste Phase des Kommunismus (=Übergangsgesellschaft) aus Marx‘ Gothaer Programmkritik. Darauf konnte sich der Realsozialismus begrifflich berufen. Das „real“ wurde verwendet, um sich von Kritiker*innen (wie mich) abzugrenzen: nicht perfekt, aber wenigstens real. – Warum muss ich Sozialismus gut finden?
Zur Frage ob Staat oder Markt kann ich das Modell der participatory economics ergänzen. Hier wird über einen dezentralen iterativen Planungsprozess Produktion und Konsumtion koordiniert, anstelle, wie im (Staats)-Sozialismus, diese Aufgabe einer „Koordinatorenklasse“ oder dem „freien Markt“ zu überlassen.
@Thomas Fuhrmann,
das von Michael Albert und Robin Hahnel entworfene Modell der „Participatory Economics“ (Parecon) würde meines Erachtens zu einer gigantischen Bürokratie und quasi nie endenden Versammlungen führen, die abermals eine „Koordinatorenklasse“ entstünden ließen, weil nach einer Weile allen Beteiligten die Zeit und Lust dafür fehlte ständig irgendwo Eingaben zu machen, diese zu prüfen und die Allokation quasi „bewusst-manuell“ vorzunehmen.
Darüber hinaus besteht die Frage wer es gut finden würde wenn es keine spontane Wahlfreiheit des Konsums mehr gäbe und irgendein Planungsbüro (oder eine künstliche Intelligenz, wie bei zahlreichen Vorstellungen eines „Computersozialismus“ vorgesehen?) von allen Konsumvorlieben weiß.
Eine diskussionswürdige Kritik an Parecon hat der US-amerikanische Mathematiker und Philosoph David Schweickart geliefert (der obendrein ein eigenes Modell der „Economic Democracy“ formuliert hat, das einen realistischeren Eindruck als Parecon macht): http://dschwei.sites.luc.edu/parecon.pdf
Eine ebenso interessante Aufzählung problematischer Punkte von Konzepten einer zentralen oder dezentralen Planwirtschaft bringt Meinhard Creydt vor: http://www.meinhard-creydt.de/cms/wp-content/uploads/2020/06/creydtproblemekonzeptenachkapgesl2020.pdf
@Perikles,
ich kann dir das Buch „Alternatives to Capitalism – Proposals for a Democratic Economy“ von Robin Hahnel und Erik Olin Wright empfehlen, 2016 bei Verso erschienen. Im Wesentlichen ist es ein Dialog zwischen den beiden Autoren. Hahnel geht darin ausführlich auf Kritiker wie Schweickart und andere Markt-Sozialisten (wie auch Wright, der eine Mischung verschiedener Ansätze vorschlägt, aber dabei sehr vage bleibt) ein und entkräftet deren Gegenargumente.
Ist hier eigentlich das Buch „Goodbye Kapital“ von Philip Broistedt und Chrisian Hofmann von Sommer 2020 bekannt? Und wenn ja was haltet ihr von diesem Entwurf einer geldlosen Gesellschaft?
Ich kenne das Buch nicht. Ein Blick ins Inhaltsverzeichnis und ins Vorwort zeigt mir, dass sie das Geld durch eine umfassende Arbeitszeitrechnung ersetzen wollen. Das ist nicht neu, bekannt sind vor allem Cockshot und Cottrell mit ihren „Alternativen aus dem Rechner“ geworden. Dazu habe ich hier was geschrieben: https://keimform.de/2008/geplanter-kapitalismus/
Mit diesem Ansatz wäre die Gesellschaft nur oberflächlich geldfrei, denn die Basis des Geldes, die Abstraktion und Reduktion von Bedürfnissen auf eine Zahl, bliebe hier erhalten. Vermute ich, es ist zu prüfen.
Hallo Stefan (& Lucki),
du schreibst in deinem Beitrag ‚Geplanter Kapitalismus‘: „Nein, sowas wie »Sozialismus« gibt’s nur jenseits des Wertprinzips, nicht in und mit ihm.“ Diesen Satz unterschreiben wir auch und kritisieren Cockshott und Cottrell in unserem Buch (Goodbye Kapital) ebenfalls dafür, die Wertkategorie beibehalten zu wollen. Das ist auch der Grund dafür, dass sie sich von einigen Geldkategorien (Steuern, Sparen…) nicht trennen können. In ihren ‚Alternativen‘ gipfelt das sogar in einer computergestütze Marktsimulation um die Konsumpreise an Angebot und Nachfrage anzupassen. Nichtsdestotrotz sind wir der Meinung, dass eine Art Wirtschaftsrechnung notwendig sein wird, um eine komplexe Industrie zu betreiben. Nur so können Aufwände eingeschätzt und geplant werden. Basis dafür kann nur die Arbeit sein – auch wenn sie eines Tages wirklich zum Bedürfnis geworden ist. Deshalb beschreiben wir in ‚Goodbye Kapital‘ die Idee einer Arbeitszeitrechnung. Ganz neu ist die Idee nicht, wurde sie doch in verschiedenen Formen schon von den Frühsozialisten vertreten. Marx setzt sich in den „Grundrissen“ mit diesen Ideen auseinander. „Gemeinschaftliche Produktion vorausgesetzt, bleibt die Zeitbestimmung natürlich wesentlich. Je weniger Zeit die Gesellschaft bedarf, um Weizen, Vieh etc. zu produzieren, desto mehr Zeit gewinnt sie zu anderer Produktion, materieller oder geistiger. Wie bei einem einzelnen Individuum hängt die Allseitigkeit ihrer Entwicklung, ihres Genusses und ihrer Tätigkeit von Zeitersparung ab. Ökonomie der Zeit, darin löst sich schließlich alle Ökonomie auf.“ Auch Marx Ausführungen in seiner Kritik des Gothaer Programmentwurfs finden wir wegweisend. An diesen Marxschen Auseinandersetzungen knüpfen wir in unserem Buch an.
Wesentlich bleibt dabei natürlich Ökonomie jenseits von Wert und Ware. Die „Abstraktion und Reduktion von Bedürfnissen auf eine Zahl“ ist mit Arbeitszeitrechnung jedenfalls nicht gemeint – oder höchstens in dem übertragenen Sinne, dass der Aufwand, den eine Gesellschaft zur Erfüllung der Bedürfnisse aller betreiben muss, auch abstrakt zahlenmäßig erfasst werden muss.
Die Vergütung, wenn du darauf abzielst, ist dagegen ein untergeordnetes Problem, auf das wir im Buch verschiedene Antwortmöglichkeiten geben. Hier sollte man allerdings das „Bewusstsein“ nicht unterschätzen und was „Bedürfnis“ heute heißt und später einmal heißen könnte. Auch die ökologische Frage – Ressourcen usw. – sind hier ganz zentral. Zum Zusammenhang von Arbeitszeitrechnung und Ökokatastrophe siehe auch: http://www.kapital-kann-kein-klima.de
LG
Philip
@Philip: Wenn du schreibst, dass „eine Art Wirtschaftsrechnung notwendig sein wird“, deren „Basis dafür … nur die Arbeit sein“ kann, genauer: ihre Zeit, dann ist das doch – nach Marx – die Wertsubstanz?
@Stefan
Ich sehe hier ein Missverständnis. Wert ist ein gesellschaftliches
Verhältnis zwischen Warenproduzenten und hat
damit ganz spezifische Voraussetzungen. Beim privaten Besitz der
Produktionsmittel und (Privat)Produktion für den Austausch (‚den
Markt‘)
regelt das Wertgesetz die Produktion. Hier werden die Produkte als
Waren produziert und haben einen Wert. Und hier gilt tatsächlich:
Die einzige Substanz von Wert ist Arbeit. Die Zeit dagegen ist ihr
Maß, das
heute nur auf Umwegen, über den Austausch und den Preis zum Tragen
kommt. Der Umkehrschluss, Arbeit schaffe immer, also
unabhängig von der Warenproduktion, Wert(substanz),
stimmt nicht. Bei assoziierter Produktion könnte die Zeit
unvermittelt und direkt, als Rechnungsgröße fungieren. Dabei würden
die Dinge aber nicht als Waren produziert und hätten keinen Wert, da
das gesellschaftliche Verhältnis sich geändert hat! Die Produktion
würde bei
gesellschaftlichem Besitz der Produktionsmittel und geplanter
Produktion nicht
durch das Wertgesetz geregelt, sondern durch den Bedarf der
Gesellschaft.
Hallo Stefan, du schreibst: „verzichtet das GndG-Projekt auf vier sonst übliche Setzungen.
(1) Tausch ist die natürliche Beziehungsweise von Menschen. (…) Seligsprechung der verallgemeinerten Formen des Äquivalententausches (2) Bedürfnisbefriedigung wird vorwiegend durch Konsum realisiert.(…) wir uns nur außerhalb der Arbeit im „Reich der Freiheit“ als Konsumwesen verwirklichen können.“
M.E. ist die Darstellung vereinseitigend und überzogen und dadurch falsch, auch in der Perspektive, und damit beim Kern der ganzen Fragen. Weil die abstrakte Negation falsch ist. Klar ist Tausch nicht DIE NATÜRLICHE Beziehungsweise und Äquivalententausch nicht selig zu sprechen. Aber es ist eine (unter mehreren) mögliche und ggf. sinnvolle, rationale, gute Ergebnisse bringende Form, auf die zu verzichten aus letztlich ideologischen Gründen genauso problematisch und zwanghaft ist wie ihre Verabsolutierung. Die relevante Frage ist, wie weit unter welchen Bedingungen Tausch und darauf aufbauende Formen (insb. kapitalistische) sinnvoll sind (also mehr Vor- als Nachteile haben) und so kontrolliert und gesellschaftlich gestaltet werden können, dass das so ist und bleibt.
Und klar kann auch produktive Tätigkeit, Arbeit, Bedürfnis sein und befriedigen, nicht nur Konsum. Aber viele und wesentliche Bedürfnisse können nur durch Konsum befriedigt werden, von Lebensmitteln im weitesten Sinne und inkl. Dienstleistungen durch andere Menschen, die vorher oder gleichzeitig produziert werden müssen. Durch Arbeit als wesentlich bewusst und zweckmäßig auf die Hervorbringung bestimmter Produkte bzw. Arbeitsresultate gerichtete Tätigkeit, die als solche und in dem Moment oft nicht selbst Bedürfnis ist, sondern eben notwendig und deshalb verrichtet wird. Überwiegend durch andere Menschen, in geringem Umfang auch durch sei selbe Person in früherer Zeitperiode. Wenn durch andere und in größerem gesellschaftlichen Umfang und differenzierter Arbeitsteilung stellt sich die Herausforderung, wie diese vielfältigen Produktions- und teils auch Konsumtätigkeiten gesellschaftlich koordiniert werden können. Unmittelbare Kommunikation und Kooperation, auch gesteigert in ihren Möglichkeiten durch heutige oder künftige I+K-Technik, reicht dazu nicht aus und bräuchte dann auch Regeln, Kriterien, Verfahren, Algorithmen. Und wenn sich die meisten Beteiligten persönlich nicht kennen (können) und Partner nur wegen des gemeinsamen Zwecks der Koordination sind, ist der Austausch nach dem Kriterium äquivalenter Arbeitseinsätze m.E. oft die weitaus effektivste Variante und man muss insoweit kein Problem daraus machen. Das Problem (aber leider auch nicht nur Problem, sondern wahrscheinlich transitorisch historisch in gewissem Maße unumgänglich) ist dass sich das tendenziell in Richtung Kapitalismus entwickelt (hat), die Dominanz spezifisch kapitalistischer Warenproduktion, auch gesamtgesellschaftlich. Aber die Lösung liegt nicht darin, das Kind mit dem Bade auszuschütten, sondern ein den jeweiligen Bedingungen und Herausforderungen adäquates Regulierungssysten zu gestalten – was leider keine primär intellektuelle Aufgabe ist, auch das, aber v.a. eine machtpolitische.
Hallo Ralf, freue mich, mal wieder in Kontakt mit dir zukommen – danke für deine Anmerkungen 🙂
Aus meiner Sicht vollziehe ich resp. vollziehen wir in dem Projekt keine abstrakte, sondern eine konkrete Negation. Das bedeutet, dass wir die „ggf. sinnvolle, rationale, gute Ergebnisse“ bringenden Aspekte des Tausches beibehalten, ihre problematischen Aspekte jedoch zu überwinden trachten. Die Rationalität des (Äquivalenten-) Tausches und der darauf gründeten Wertform liegt m.E. in der Potenz der gesellschaftlichen Ressourcenverteilung und der Vergleichbarkeit; seine problematische Seite in der Kopplung von Leistung mit Existenzsicherung, was zur der zunehmenden Ungleichverteilung des monetären Reichtums führt, die wir beobachten können. Alle Versuche, die negativen Effekte der Leistung-Existenz-Kopplung aufzufangen, hatten nur begrenzte Wirkung. Sowas wie Sozialstaat, Steuern, Umverteilungen, Rechtsregularien etc. sind historische Versuche, die IMHO gescheitert sind – gemessen an der weltweiten Reichtumsverteilung. Gar nicht zu reden von der Klimakatastrophe, die der Kapitalismus mit Erfolg produziert (die aber aus dem Wachstumszwang und nicht direkt der Zirkulationsweise erwächst).
Wenn du schreibst, dass „viele und wesentliche Bedürfnisse … nur durch Konsum befriedigt werden“ können, dann widerspreche ich dir nicht – das sind die sinnlich-vitalen Bedürfnisse. Ja, sie werden durch Produkte von anderen befriedigt. Warum jedoch ihre Herstellung nicht befriedigend sein soll (=produktive Bedürfnisse), leuchtet nicht ein. Es ist nicht relevant, ob eine Tätigkeit „in dem Moment“ vielleicht gerade unspaßig ist, so wie es nicht entscheidend ist, ob ich „in dem Moment“ etwas essen möchte – solange ich grundsätzlich motiviert bin und grundsätzlich versorgt bin. Wir Menschen sind in der Lage, temporär auf Essen zu verzichten, etwa zu fasten, oder sind in der Lage, eine Tätigkeit auszuführen, die gerade keinen Spaß macht. Entscheidend ist, ob mich etwa der Essensverzicht an schädliche Grenzen bringt oder ich einen dauernden Unwillen verspüre und mich zu jeder Tätigkeit mühsam aufraffen, sprich: mich selbst zwingen muss. Sieht man bei beidem mal von äußerem Zwang ab (utopisch angenommen), dann ist es im gesellschaftlichen Durchschnitt keine Frage, ob es für alle bei gg. Produktion notwendigen Tätigkeiten auch jemanden gibt, der/die diese Tätigkeit motiviert übernehmen kann. Es bleibt im wesentlichen die Frage, „wie diese vielfältigen Produktions- und teils auch Konsumtätigkeiten gesellschaftlich koordiniert werden können“. Das erforschen wir u.a. im genannten Projekt – jenseits des Zwangs.
Ich stimme dir zu, dass „(u)nmittelbare Kommunikation und Kooperation, auch gesteigert in ihren Möglichkeiten durch heutige oder künftige I+K-Technik, … dazu nicht“ ausreicht. Es geht nur über vermittelte Zusammenhänge. Die Frage ist, wie diese Vermittlung hergestellt wird. Dabei halte ich es für eine ins Religiöse gehende Überzeugung, wenn immer wieder vorgebetet wird, dass der „Austausch nach dem Kriterium äquivalenter Arbeitseinsätze m.E. oft die weitaus effektivste Variante“. Nein, ist sie nicht – wenn man als Effektivitätskriterium (das Ziel-Mittel-Verhältnis) eine ausreichende Versorgung für alle und die Erhaltung unserer Lebensgrundlagen ansieht. Nimmt man allerdings als Kriterium die Wert- oder Profitmaximierung, dann ist der Kapitalismus nicht nur effektiv (er reicht dieses Ziel), sondern auch unfassbar effizient (er erreicht es mit minimiertem Einsatz). Der damit einhergehend Menschen- und Erdverbrauch ist dann aber kein Bug, sondern sein Feature. Das treibt dem Kapitalismus auch kein „adäquates Regulierungssysten“ aus.