Schlagwort: sanktionen

Jenseits von Recht und Strafe?

Workshop mit Inputs von Rehzi Malzahn und mir am Sonntag, 11. April 16–18 Uhr auf der Tagung „Der Staat ist doof und stinkt“? – Perspektiven linker und anarchistischer Staatskritik, 9.–11. April 2021 online über BigBlueButton.

Eine der häufigsten und vielleicht schwierigsten Fragen in Bezug auf die Vision einer herrschaftsfreien Gesellschaft ist die des Umgang mit Übergriffen gegen andere Menschen oder auch gegen Tiere, Kulturgüter und Natur und Umwelt. Als „Restorative Justice“ und „Transformative Justice“ werden Konzepte des Umgangs mit Grenzüberschreitungen diskutiert, die sich jenseits der staatlichen Antworten wie Strafe und Gefängnis bewegen. Sie sind entstanden in antikolonialen Befreiungskämpfen, indigenen Kulturen und marginalisierten Communities und können den Weg für einen emanzipatorischen Umgang weisen. In Bezug auf die Anwendung in einer herrschaftsfreien Gesellschaft stellen sich jedoch noch einige Fragen: Was tun, wenn der/die Täter:in keine Konsequenzen tragen will? Wer entscheidet über Schuldigkeit, Recht und Unrecht und über mögliche Sanktionen und wie werden diese verhängt?

Entscheidungsfindung in der Genossenschaftsgesellschaft

(Voriger Artikel: Eigentumsrechte in der Genossenschaftsgesellschaft)

Logo des des Internationalen Genossenschaftsbunds

Sowohl in Kooperativen wie in Communen müssen Entscheidungen getroffen werden. Eine romantische, aber für große Gruppe kaum realistische Vorstellung ist, dass Entscheidungen immer im Konsens aller Beteiligten getroffen werden sollten. Ein allgemeiner oder zumindest weitgehender Konsens aller bzw. der meisten Beteiligten ist, sofern möglich, klarerweise wünschenswert (ein lediglich weitgehender Beinahe-Konsens wird manchmal „grober Konsens“ bzw. „rough consensus“ genannt). Niemand wird gerne überstimmt und ignoriert und je mehr Beteiligte einer Entscheidung zugestimmt oder zumindest keinen Einspruch gegen sie eingelegt haben, desto besser dürften die Chancen dieser Entscheidung zu sein, allgemein respektiert und umgesetzt zu werden. Dabei gibt es Verfahren, die das Finden eines Konsenses auch in größeren Zusammenhängen erleichtern, etwa das Systemische Konsensieren und die Soziokratie.

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Vorzüge und Abwandlungen des Freiwilligenspiels

Freiwillige beim Spielen(Voriger Artikel: Das Freiwilligenspiel)

Das vorgeschlagene Freiwilligenspiel zur selbstorganisierten Arbeitsaufteilung vermeidet weitgehend die Nachteile eines ganz informellen Modells der reinen Freiwilligkeit. Reine Freiwilligkeit kann zu einer äußerst unausgewogenen Lastenverteilung führen: Einzelne übernehmen möglicherweise viel mehr oder viel undankbarere (auch für ihr eigenes Empfinden) Aufgaben als andere, um zu verhindern, dass sie sonst womöglich liegen bleiben. Auch Verantwortungsgefühl gegenüber der Community kann dazu führen, das manche immer mehr Aufgaben übernehmen, da es kein Feedback dazu gibt, was von einer erwartet wird und wann man genug getan hat. Beim Freiwilligenspiel kann sich zwar jeder nach eigenem Ermessen stärker oder weniger stark engagieren, doch weiß man dabei immer, wie man relativ zum Durchschnittsbeitrag steht.

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Post-Kapitalistische Landwirtschaft und Commons

Die WirtschaftsnobelpreiWork16.sizedsträger*In Elinor Ostrom hat in ihren langjährigen Forschungen zu Commons sieben Regeln gefunden, die ein funktionierendes Commoning ausmachen. An dieser Stelle möchte ich an Hand dieser Kriterien unser Projekt einer post-kapitalistischen Landwirtschaft reflektieren. Als Common gelten in diesem Fall der Boden und die darauf produzierten Lebensmittel. Als Commoning die Gemeinschaft aus Gärtner*Innen-Kollektiv und Unterstützer*Innen-Kreis.

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Prinzipien der Bildung von Communities (nach Ostrom)

Nobelpreisträgerin Elinor Ostrom hat zahlreiche Beispiele für funktionierende Commons (Gemeingüter) und die sie tragenden Communities (Gemeinschaften) gesammelt. Aus dieser Erfahrung hat sie Prinzipien bei der Bildung von »Gruppen«, »Institutionen«, »Netzwerken« oder einfach »Communities« abgeleitet. Diese sind (nach Hartzog):

  1. Die Grenzen der Gruppe sind klar definiert.
  2. Die Nutzungsregeln der kollektiven Güter sind gut auf lokale Bedürfnisse und Bedingungen abgestimmt.
  3. Die meisten Individuen, die von solchen Regeln betroffen sind, können sich an der Veränderung der Regeln beteiligen.
  4. Die Rechte der Mitglieder der Gemeinschaft, ihre eigenen Regeln zu entwickeln, wird von externen Autoritäten respektiert.
  5. Es gibt ein System der Beobachtung des Verhaltens der Mitglieder durch die Mitglieder selbst.
  6. Es wird ein abgestuftes Sanktionssystem verwendet.
  7. Die Mitglieder der Gemeinschaft haben Zugang zu niedrig-schwelligen Konfliktlösungsmechanismen.

Das ist doch eine gute Grundlage für eine Diskussion!

[Update: Der zu ergänzende 8. Punkt, der die Communities im engeren Sinne überschreitet, heißt »Eingebettete Institutionen« und meint die Verknüpfung der Commons über mehrere Ebenen (»polycentric governance«]