Autor: Martin Siefkes

10 Prinzipien des Übergangs

Brückenbau in Berlin-MoabitImmer mehr Menschen wollen eine commonsbasierte Wirtschaftsweise, die uns von den Zwängen des Markts befreit. Freie Software, Freie Kultur, Wikipedia, Freie Hardware und und und: Beispiele für erfolgreiche Commons-Projekte gibt es viele, und täglich werden es mehr. Die commonsbasierte Produktionsweise existiert also schon, bildet aber bisher eine kleine Minderheit der gesamten Ökonomie. Unter welchen Umständen kann sie weiter wachsen? (mehr …)

Eine Idee für den Übergang

Fertige und unfertige Brücke (in Berlin-Moabit)Während hier auf keimform seit Jahren Überlegungen zur postkapitalistischen Gesellschaft angestellt werden, ist ein Punkt eher selten diskutiert worden: wie genau der Übergang in eine solche Gesellschaft aussehen könnte. Zwar wurde mit Hilfe des Fünfschritt-Modells der Kritischen Psychologie der Systemwechsel in abstrakt-kategorialer Form beschrieben, es bleibt aber offen, welche konkreten Veränderungen dafür nötig sind (abgesehen von einem allgemeinen Anwachsen der Peer-Produktion).

Wie kommen wir also dorthin, wo wir hinwollen? (mehr …)

The unissued recordings of Vladimir Horowitz: An example of copyright endangering culture?

Vladimir HorowitzInterview with Bernie Horowitz (The Horowitz Website)

Today, copyright influences strongly how cultural works are produced, who can access them, and how they can (or cannot) be used and shared. An important problem connected with the current strict copyright practices is the danger of confinement, degradation or even loss of important cultural heritage.

The world-famous artist Vladimir Horowitz is a striking example for these problems: His recordings are highly esteemed by critics and fans alike; nonetheless, a significant part of them remain unpublished, in locations without access of public or conservation specialists, and thus in danger of permanent loss.

The following interview discusses the reasons for these problems, as well as implications for general copyright practices, with Bernie Horowitz, administrator of The Horowitz Website, enthusiast and collector. (mehr …)

Peer-Journalismus

Das Netz hat viele Formen des Informationsaustauschs zu bieten. Aber kann es auch investigativen Journalismus? Nein, meinte Salman Rushdie in einem Vortrag auf einer Konferenz in A Coruña im September dieses Jahres.

Rushdie ist nicht nur ein verfolgter Autor (seit einer Fatwa des Ayatollah Khomeini muss er um sein Leben fürchten), sondern auch ein wirklich guter. Ausgehend von Überlegungen zur heutigen Funktion von Literatur betonte er nun, dass diese nach wie vor einen Informationswert und die Aufgabe habe, die Menschen gerade über komplexe Zusammenhänge oder versteckte Sachverhalte, die sich dem oberflächlichen Blick entziehen, aufzuklären. Eine Perspektive auf Literatur, die ich nach der oft gehörten Betonung der Spiel-, Fiktions- und Intertextualitätsdimension durch die Postmoderne als angenehm empfunden habe.

Der Hinweis, das Netz sei zwar zur Verbreitung von Meinungen und Argumenten gut geeignet, aber schlecht im investigativen Journalismus (IJ), fiel in diesem Zusammenhang. Rushdie schlug damit natürlich in eine Kerbe: (mehr …)

Basarökonomie oder Überproduktion – wo kommt die Krise her?

Ist die seit 2000 schwelende Dauerkrise der Wirtschaft – die von der scharfen, mit Problemen im Finanzsektor in Verbindung gebrachten Abwärtsbewegung von 2008, von der wir uns bereits wieder erholen, zu unterscheiden ist – eine Überproduktionskrise (auch hier, 2.)? In den letzten Jahren herrschte massive Konkurrenz unter den Warenproduzenten, es setzte ein starker Preiskampf ein. In Deutschland bildete sich eine Wirtschaft heraus, die auf Sonderangeboten, Vergünstigen, hartem Preiskampf und euroweisem Unterbieten (beispielsweise auf Basis der täglich aktualisierten Preisvergleichs-Seiten im Internet, wo man vorne dabei sein muss) basiert.

Für die Kunden mag dies angenehm sein, weil viele Dinge (gerade Markenware) deutlich billiger geworden ist: Im Internet bekommt man nicht selten aktuelle Elektronikprodukte für die Hälfte des Listenpreises. Für die Unternehmen bedeutet es die Notwendigkeit zur entschlossenen Umstellung, Gewinnmargen schrumpfen und können nur durch unerbittliche Preisdrückerei aufrechterhalten werden. Die Zeche zahlen oft genug die Arbeiter und Arbeiterinnen (mehr …)

Schon 1000 Netlabels für freie Musik

Das weiß die Jungle World in einem lesenswerten Artikel über den Stand der freien Musik im Internet.

Der Artikel zeigt Licht und Schatten in der Entwicklung auf: Einerseits wird immer mehr Musik mit Creative Commons-Lizenzen versehen und von Netlabels vertrieben oder einfach von den Bands auf ihren Seiten oder in Communities wie myspace eingestellt. Dazu trägt auch die ökonomische Entwicklung bei: (mehr …)

Dieter Althaus – oder: warum es manchmal keine Affäre gibt

Dieser Beitrag ist etwas off-topic. keimform konzentriert sich normalerweise aufs Neue und wie man da hinkommt, statt das Alte zu kritisieren. Aber am Wahltag kann ich mich dem Politikrummel nicht ganz entziehen und richte daher den Blick auf die Powers that be, die nicht zu feiern verstehen und zum Machterhalt ziemlich unschöne Sachen machen. Gähnst du, liebe Leserin? Natürlich, es ist das alte Lied, aber die singen sich ja manchmal am besten …

Dieter Althaus hat sich mit Hilfe der Lotto-Treuhandgesellschaft Thüringen ein Heft drucken und an die Haushalte des Landes versenden lassen, in dem die CDU seit 19 Jahren regiert. Die Jungle World schreibt: „Es tritt auf als unabhängiges journalistisches Erzeugnis. Umrahmt von Berichten, die ihr Land als eines der Superlative schildern, können sie darin auch die glückliche Ehe-Story der Familie Althaus nachlesen sowie sämtliche Kandidaten der CDU für die Landtags- und Bundestagswahlen bestaunen.“ Finanziert hat das Blatt der Geschäftsführer der Lotto-Treuhandgesellschaft, Jörg Schwäblein, der fast vier Wahlperioden für die CDU im Thüringer Landtag saß und dann Anfang 2009 den attraktiven Geschäftsführerposten erhielt. Dafür hat er sich nun offenbar revanchiert.

Das Heft ist Betrug in mehr als einem Sinn: (mehr …)

Krise und Kommunikation

Kann die Wirtschaftskrise der Linken helfen, ihre Analysen und Konzepte zu vermitteln? Dazu habe ich mir einige Gedanken gemacht und in Form von fünf Thesen gefasst, die in Unterpunkten erläutert werden. Hier geht es nicht darum, wie man mit der Krise umgeht (vgl. auch hier) oder sie analysiert (vgl. auch hier), sondern was sich durch die Krise für die ändert, die über Alternativen zum Kapitalismus nachdenken und reden. Die Thesen sind provisorisch und als Denkanstöße gemeint. Über Korrekturen, Ergänzungen, Widerspruch freue ich mich!

  1. Das Ende des Kapitalismus kann leichter gedacht werden.

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Kulturflatrate – oder, die Norm muss legal sein

Die Argumente für die Kulturflatrate haben einiges für sich. Zu Recht wird betont, dass die Kreativen ja auch im Kapitalismus von etwas leben müssen, und die Kulturflatrate erscheint vielen als ein akzeptables Modell, um dies mit der freien Nutzung von Inhalten zu verbinden. Ich möchte sie hier auch nicht insgesamt beurteilen, aber einmal auf eine wenig beachtete Seite der Kulturflatrate und des sie umgebenden Diskurses aufmerksam machen. Dieser Beitrag ergänzt auch meine Überlegungen zu Selektion und Normierung im Kapitalismus.

Eine häufig vorgebrachte Argumentation für die Kulturflatrate könnte man so zusammenfassen: „Die Gesellschaft hat sich verändert; heute laden alle jungen Leute ohne Rücksicht auf Copyright herunter und finden das ganz normal. Wir können nicht die ganze nächste Generation kriminalisieren. Langfristig gesehen wird es eh geändert werden, wenn die an der Macht sind, für die Filesharing so normal ist wie atmen. Die Gewohnheiten haben sich geändert, daher müssen die Gesetze angepasst werden.“ (vgl. z.B. Argumentationen von Lawrence Lessig)

Konservative und Gesetzeshüter sehen dies natürlich erstmal überhaupt nicht ein (ich erinnere mich an die moralischen Ermahnungen meiner Schulzeit, damals hieß es, „Dass die anderen es auch tun, ist kein Argument“). Sie werden aber durch die (implizite) Folgerung „Wenn ihr die Mehrheit kriminalisiert, wird sie eure Gesetze nicht mehr akzeptieren“ zum Nachdenken gebracht. Denn was könnte schlimmer sein, als eine Delegitimierung der Justiz und der allgegenwärtigen Bestrafung, ohne die moderne kapitalistische Nationalstaaten offenbar nicht auskommen und an die wir uns längst ebenso gewöhnt haben wie an das unvermeidliche Moralgedöns?

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Peer-Ökonomie – das Ende von Selektion und Normierung?

Wir leben in einer hochgradig selektiven Gesellschaft. In Schule und Universität, bei Wettbewerben in Kunst, Literatur und Musik, bei der Einwanderung, im Sport, bei Zeitschriften und Kongressen, bei Projektförderungen und in sozialen Netzwerken: Allenthalben wird (aus)sortiert, was das Zeug hält.

Oft werden vor das Erreichen attraktiver Ziele mehrere Auswahlstufen gesetzt. (mehr …)