So, hier ist sie nun, die Audio-Dokumentation vom Ums-Ganze!-Kongress. Ich habe alle Podiumsdiskussionen aufgenommen, jedoch keine Workshops. Die Qualität der einzelnen ReferentInnen-Beiträge ist meistens gut, die Qualität der bloß per Raum-Mikro aufgenommenen Diskussionen meistens mies. Die Audio-Dateien werden bei archive.org gehostet, der Titel linkt jeweils zu der entsprechenden archive.org-Seite der Veranstaltung. Dort gibt’s dann verschiedene Download-Formate (OGG, MP3 oder MP3 im ZIP-Archiv) sowie Audio-Streaming. — Have a lot of fun!
Kategorie: Theorie
Kritik und Keimform braucht Dialektik
Marx hätte ohne Hegel die »Kritik der politischen Ökonomie« — so der Untertitel des »Kapital« — nicht schreiben können. Zu Lebzeiten hat sich Marx stets von Hegel abgesetzt, hat solche häufig zitierten Phrasen wie »vom Kopf auf die Füsse stellen« geprägt. Damit war für viele nachfolgende Generationen der Fall klar: Marx war der »Materialist«, Hegel der »Idealist«, Marx wollte »die Welt verändern«, Hegel nur »interpretieren«, Marx war der reifere Denker, Hegel der frühere und damit unreifere Philosoph. Kurz: Mit Hegel zu beschäftigen lohnt nicht, lieber gleich den Marx nehmen — oder keinen von beiden.
Klaus Holzkamp
…wäre heute 80 Jahre alt geworden. Aus diesem Anlass gibt es heute in der »jungen Welt« eine Würdigung von Morus Markard, einer der letzten institutionell abgesicherten Kritischen Psychologen.
Ich persönlich hatte das intellektuelle Vergnügen, Klaus Holzkamp als Zweitgutachter für eine Diplomarbeit (über Neuronale Netze zusammen mit einer Kollegin) im Fach Informatik zu haben. Er war stets ungeheuer interessiert daran, wie die Debatten in der Informatik laufen, gab es doch seinerzeit erhebliche Überschneidungen von informatischem Kognitivismus und der dominanten kognitiven Psychologie.
Eine zentrale Inspirationsquelle war und ist für mich Holzkamps Hauptwerk »Grundlegung der Psychologie«, ein Buch, in dem ich immer wieder etwas Neues entdecken kann — je nach dem, was gerade meine Fragen an die Welt sind. In der frühen Oekonux-Zeit war es die methodische Verallgemeinerung aus der Untersuchung der Psycho-Phylogenese, also der Herausbildung des Psychischen in der Evolution, die ich — unter Protest von manchem Insider — auf die Geschichte übertrug. Dieses dann von mir so genannte »Fünfschrittmodell« enthält den Begriff der »Keimform« und ist damit eine Quelle des »Keimform-Denkens«, aber keinesfalls die einzige.
Ums Ganze und ein Abstract
Ja, es geht mir ums Ganze, darunter mache ich es nicht. Ich bin zum gleichnamigen Kongress eingeladen worden, also passe ich da wohl hin. Nun gab es einige Hakeleien im Vorfeld, die es mir nicht gerade leicht machen, mich auf meinen Beitrag vorzubereiten. Dazu gehört die nun als Kompromiss gefundene Themensetzung »Immaterielle Arbeit und Ware Wissen«. Das sind zwei zusammengeklatschte Themen, die erstmal nur sehr vermittelt miteinander zu tun haben.
Also stelle ich mich der Aufgabe, eine inhaltliche Vermittelung herzustellen. Dazu habe ich eine Skizze, ein Abstract. Das ist eigentlich unlesbar, weil so dicht geschrieben, dass Mensch schon sehr tief in der Diskussion drin stecken muss, um dem folgen zu können. Ich stelle also in Rechnung, dass Ausstehende das für völlig unverstehbares Zeug halten. Sorry. Trotzdem, hier isses.
Triple-free
Aus dem Oekonux-Netzwerk stammt die Einsicht, dass es nicht nur proprietäre und Freie Software gibt, sondern dass Freie Software ihrerseits sich aufteilt in einfach und doppelt Freie Software. Einfach Freie Software ist jene, bei der das Produkt frei ist, meist garantiert durch eine freie Softwarelizenz. Bei doppelt Freier Software ist darüberhinaus auch der Produktionsprozess frei, erfolgt also nicht im Auftrag, für den Markt, für Geld oder andere fremde Gründe, sondern ausschließlich aus je eigener Motivation.
André Gorz aus dem Nachlass
André Gorz, zu dessen kürzlichen Tod Stefan ja schon einen Beitrag schrieb, hatte einen langjährigen Briefwechsel mit Franz Schandel und Andreas Exner von den Streifzügen. Diese haben jetzt Auszüge daraus veröffentlicht. Die sind sehr interessant und einige Passagen sind inbesondere für unsere Keimformproblematik interessant. Diese gebe ich hier mal als Auszüge der Auszüge wieder:
Ums Ganze — oder Sandkasten?
Inzwischen befürchte ich ja fast, dass der »Ums-Ganze«-Kongress (7.-9.12.2007 in Frankfurt/M., vgl. Kongress-Website) nicht viel Neues bringen wird, sondern darin besteht, sich Alt(bekannt)es jeweils gegenseitig nur noch mal vorzustellen. Jede/r hat so ihre Position, und für die Emanzipation ist nicht die Praxis maßgeblich, sondern dass die eigene richtige Position sich im Raum der Gedanken durchsetzt.
Das muss ich jetzt auch persönlich erleben als jemand der zum Thema »Ware Wissen« als Teilnehmer eingeladen wurde. Ich habe mich entschieden, folgenden Brief- bzw. Mailwechsel öffentlich zu machen — auch, weil ich schlicht keine Reaktion auf meine Einwände erhielt. Aber lest selbst.
Tier werden, Schwarz werden, Frau werden.
So lautet der Titel eines Buches von Gabriel Kuhn. Der Untertitel lautet „Eine Einführung in die politische Philosophie des Poststrukturalismus“. „Post was?“ Wer so reagiert sollte vielleicht dieses Buch lesen. Ebenso kann man es allen empfehlen, die ihre Vorurteile – oder meinetwegen auch lange gepflegte Urteile – mal hinterfragen wollen. Meiner Meinung nach kann es nämlich keine halbwegs zeitgemäße Theorie geben, die die wesentlichen Erkenntnisse des Poststrukturalismus ignoriert. Man muß sie vielleicht nicht teilen, aber sollte dann zumindestens gut begründen können, warum man diesen Weg der Philosophie nicht teilt. Viele von den landläufig kursierenden Einschätzungen („Beliebigkeit“, „wirr“, …) halten dieser kompakten Einführung jedenfalls nicht stand.
Peerconomy-Buch erschienen
Es hat etwas länger gedauert als gehofft, aber meine Einführung in die Peer-Ökonomie ist jetzt auch als gedrucktes Buch verfügbar. Wer an einem Exemplar interessiert ist, kann es ab sofort im Peerconomy-Wiki bestellen. Bei Onlinebestellung kommen zu den 9,50 EUR für das Buch (156 Seiten) noch 2,50 EUR Versandkosten, die ich leider nicht vermeiden kann (die tatsächlichen Versandkosten sind noch höher). Aber das ist dieser revolutionäre Text schon wert 🙂
Sozialwirtschaft als Keimform?
Telepolis hat ein Interview mit dem Praxisphilosophen Horst Müller gemacht. Die Praxisphilosophie beansprucht die alte Grundfrage der Philosophie (»Materie vs. Geist«) zu überschreiten und die Welt — von der unbelebten bis zur menschlich-gesellschaftlichen Natur — vom Standpunkt der menschlichen Praxis zu denken. Dem Anspruch nach möchte sie Materialismus, Dialektik und »Utopistik« zusammenbringen, um damit die bloße Kritik zu überwinden.