Kategorie: Feindbeobachtung

Guttenberg als Vorkämpfer für Freie Kultur?

Karl Theodor Maria Nikolaus Johann Jacob Philipp Franz Joseph Sylvester Freiherr von und zu GuttenbergIst Noch-Verteidigungsminister Guttenberg, dessen Doktorarbeit in einem in der Geschichte des Plagiats wohl ziemlich einzigartigen Umfang aus von anderen geschriebenen Texten zusammenkopiert wurde, ein engagierter Vorkämpfer gegen das „geistige Eigentum“ – und damit für Freie Kultur [EN]? Diesen Eindruck könnte man gewinnen, wenn man die GegenRede zum Fall Guttenberg des regelmäßig für den Gegenstandpunkt schreibenden marxistischen Professors Freerk Huisken liest.

Huisken nützt den „Fall Guttenberg“, um gegen geistiges Eigentum und die Privatisierung der Erkenntnis zu wettern. Beide verdienen Kritik, doch der „Fall Guttenberg“ hat damit nichts zu tun. So ist auch bei der Freien-Software- und Freien-Kultur-Bewegung, wo das „geistige Eigentum“ oft explizit zurückgewiesen wird, die Attribution, also die Anerkennung der Beiträge anderer, selbstverständlich und wird praktisch universell praktiziert. Bei den Creative-Commons-Lizenzen wird sie sogar von der Lizenz gefordert, bei Freier Software gehört sie einfach zum guten Ton. Zusammenarbeit unter Peers funktioniert auch nur so, denn wenn einer die Beiträge anderer als seine eigenen ausgeben würde, würde er die anderen mit Sicherheit verprellen.

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S21: Stresstest mit proprietärer Software

Der Geissler-Coup mit »Stuttgart-21-Plus« war machttaktisch ziemlich clever, wurden dem Widerstand gegen S21 doch damit so ziemlich die Beine weggehauen. Teil des »Schlichterspruches« ist auch ein sogenannter »Stresstest«, mit dem die von den Kritiker_innen bezweifelte ausreichende Kapazitätsauslegung des S21-Konzeptes geprüft werden soll. Dazu wird eine Simulation mit einer Software des Schweizer Unternehmens SMA durchgeführt.

Gemäß der Weisheit »Traue keiner Statistik, die Du nicht selber gefälscht hast« (wahlweise Churchhill oder Goebbels zugeschrieben) dürfte das Ergebnis des »Stresstests« schon vorher feststehen: »Alles paletti, S21 — go!«. Begünstigt wird dies durch die Tatsache, dass es sich bei der verwendeten Simulations-Software um proprietäre Software handelt. Der Quellcode liegt nicht offen, die Algorithmen können nicht geprüft und nachvollzogen werden. Hinzu kommt, dass »alternative Stresstests« nicht möglich sind, weil die Daten aus den S21-Bauplänen nicht freigestellt, sondern per Urheberrecht »geschützt« sind.

Die Konsequenz für S21-Gegner_innen muss sein:

  • Das Ergebnis eines Stresstests mit proprietärer Software wird nicht anerkannt!
  • Baupläne von öffentlichen Bauvorhaben müssen grundsätzlich unter eine Freie Lizenz gestellt werden!

Brasilien: Das war’s mit der »Free Culture Nation«

Der erste Artikel in diesem Blog aus dem Jahr 2006 handelte u.a. von Brasilien als »Free Culture Nation«. Der berühmte Musiker Gilberto Gil beförderte damals als Kulturminister maßgeblich Freie Software und Freie Kultur und war für eine Lockerung des Copyrights (Legalisierung von nicht-kommerziellem Filesharing). Mit der Wahl von Dilma Rousseff ist das nun vorbei. Die designierte Kulturministerin Ana de Hollanda vollzieht eine Kehrtwende zum früheren Hardcore-Copyright. Die Creative-Commons-Lizenz wurde bereits von der Website des Kulturministeriums erfernt.

Verwaiste Werke in die Gemeinfreiheit!

Ein »verwaistes Werk« (engl.: orphan work) ist ein kulturelles Werk, dessen Urheber_in oder Rechtsinhaber_in nicht oder nur sehr schwer zu ermitteln ist. Wenn eine Urheber_in stirbt, gehen die Verwertungsrechte auf die Erben über. Wenn die jedoch ihrerseits das Zeitliche segnen, dann kann die Kette der Erben abreissen. Oder die Urheber_in macht sich sonstwo ein schönes Leben und vergisst ihr Werk. Folge: Das Werk ist verwaist.

Die Konsequenz ist, so James Boyle, dass die Mehrheit der kulturellen Güter nicht kommerziell verfügbar und wegen des Urheberrechts auch nicht unkommerziell verbreitbar sind. So bleibt etwa die Deutsche Digitale Bibliothek nur eine Alibiveranstaltung, wenn sie die verwaisten Werke nicht digitalisieren und in ihren Bestand aufnehmen darf.

Was geschieht nun mit den verwaisten Werken?

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JMStV — Hoax oder was?

Mein blog bleibt! #mimimimi on TwitpicIch geb’s zu: Bis gerade eben habe ich die Bedeutung des Jugendmediendienstestaatsvertrags — JMStV — nicht realisiert. Aufgeregt sprechen einige von chinesischen Verhältnissen, andere kündigen die Schließung ihrer Blogs an, wieder andere, bislang besonnene Gemüter, lassen sich zu antideutschen Ausfällen hinreissen. Jetzt soll alle Websites ihrer Inhalte mit »Altersfreigaben« markieren, damit die Jugend geschützt wird. Oder ihre »Sendezeit« auf Mitternacht verlegen — Haha, netter Hoax!

Ehm. Doch, so wie es oberflächlich scheint, so spinnt die tatsächlich, die politische Klasse — SPD und Grüne mitten mang dabei. [Update: dito die LINKE] Ab 1. Januar 2011 sollen alle Websites ihre Inhalte indizieren. Das erzeugt erstmal ziemliches Chaos. So ein Scheiss, dass man dafür überhaupt seine Zeit verschwenden muss, um sich damit zu befassen!

Na ja, wir bei keimform.de sind ja fein raus, denn auf uns trifft ja voll die Ausnahmeregel zu, da wir »Nachrichtensendungen [und] Sendungen zum politischen Zeitgeschehen« verbreiten, an deren Inhalten die Welt ein »berechtigtes Interesse« hat. Wie SpOn quasi, nur besser. Ist doch logo.

Oder wir gehen nach China.

Fake Commons

The more the commons gets attraction, the more false riders will use the idea. Today I what to point to one of these examples, which did not yet name themselves a »commons«, but it only takes them a minute to realize, that what they doing can be successfully labled a »commons«. I am talking about the ColaLife project. Due to explicitely putting a copyright stamp and »All rights reserved« on their pages, I can’t display images of their idea to »safe children’s lives«. Check out yourself.

The basic idea is to use existing distribution channels of Cola to spread »social products« such as rehydration salts, vitamines, or other medicine. These »social products« are transported in a specially designed small lenghty containers called »AidPod«, which fit between the bottles in crates. Sounds nice.

However, did you ever think of these facts:

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Fight ACTA, Create Commons!

Unversehens brennend aktuell ist meine Kolumne »Immaterial World« in den neuen Wiener »Streifzügen«: Es geht um das Handelsabkommen ACTA (Anti-Counterfeiting Trade Agreement), mit dem in abgestimmter Weise global gegen sog. Produktpiraterie und Urheberrechtsverletzungen vorgegangen werden soll. Das geheim verhandelte Abkommen soll in Kürze unterzeichnet werden.

Hintergründe zu ACTA und Überlegungen, was man gegen ACTA tun kann, gibt’s im Artikel »Fight ACTA, Create Commons!«.

Themenschwerpunkt der Streifzüge-Ausgabe ist »FremdE«.

Patente enteignen!

Patente sollen einen ökonomischen Anreiz bieten, neue techische Verfahren zu erfinden — zum Beispiel für die Produktion neuer Medikamente. Dass insbesondere im Pharmabereich häufig öffentliche Gelder in der Forschung eingesetzt werden, könnte alleine schon rechtfertigen, keine Patente für Privatproduzenten zuzulassen. Genau dies geschieht jedoch in aller Regel — die private Verwertung der öffentlichen finanzierten Forschungsergebnisse.

Skandalös wird die Sache, wenn die Privatproduzenten nicht willens (z.B. aufgrund zu geringer Gewinnmargen) oder in der Lage (z.B. aufgrund nicht eingehaltener gesetzlicher Hygienevorschriften) sind, das patentierte Medikament auch tatsächlich zu produzieren. Ein solcher Fall wird nun aus den USA berichtet.

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