Kategorie: Feindbeobachtung

Die Piratenpartei auf dem Weg vom Schwarm zum Mob

Zur Europawahl hatte ich noch zur Wahl der Piratenpartei aufgerufen. Dazu stehe ich auch weiterhin. Seitdem hat sich diese Partei aber stürmisch entwickelt und ich fürchte nicht zu ihrem Besten. Warum interessiere ich mich überhaupt so sehr für diese Partei, dass ich mir mehrfach die Mühe gemacht habe ihre Entwicklung kritisch zu begleiten? Eigentlich sind wir Keimformer ja ansonsten nicht gerade für unsere Begeisterung für Parteien bekannt. Auch ich halte Parteien im Grunde für eine veraltete Form repräsentative Öffentlichkeiten zu beeinflussen.

Dennoch: Wenn es überhaupt so etwas wie eine antipolitische Partei geben kann, dann haben die Piraten viele Eigenschaften, die sie in diesem Sinne interessant machen:

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Dieter Althaus – oder: warum es manchmal keine Affäre gibt

Dieser Beitrag ist etwas off-topic. keimform konzentriert sich normalerweise aufs Neue und wie man da hinkommt, statt das Alte zu kritisieren. Aber am Wahltag kann ich mich dem Politikrummel nicht ganz entziehen und richte daher den Blick auf die Powers that be, die nicht zu feiern verstehen und zum Machterhalt ziemlich unschöne Sachen machen. Gähnst du, liebe Leserin? Natürlich, es ist das alte Lied, aber die singen sich ja manchmal am besten …

Dieter Althaus hat sich mit Hilfe der Lotto-Treuhandgesellschaft Thüringen ein Heft drucken und an die Haushalte des Landes versenden lassen, in dem die CDU seit 19 Jahren regiert. Die Jungle World schreibt: „Es tritt auf als unabhängiges journalistisches Erzeugnis. Umrahmt von Berichten, die ihr Land als eines der Superlative schildern, können sie darin auch die glückliche Ehe-Story der Familie Althaus nachlesen sowie sämtliche Kandidaten der CDU für die Landtags- und Bundestagswahlen bestaunen.“ Finanziert hat das Blatt der Geschäftsführer der Lotto-Treuhandgesellschaft, Jörg Schwäblein, der fast vier Wahlperioden für die CDU im Thüringer Landtag saß und dann Anfang 2009 den attraktiven Geschäftsführerposten erhielt. Dafür hat er sich nun offenbar revanchiert.

Das Heft ist Betrug in mehr als einem Sinn: (mehr …)

Pat Mooney: Privatization of Chemical Elements

Pat Mooney (Foto: Wikipedia, Lizenz GFDL)This is a reference to an article by Silke Helfrich maintaining the great CommonsBlog. Silke did a transcription of a spontaneous presentation by Pat Mooney given at the international commons meeting in Crottorf in June. Due to having a lot of english-only readers here, I want to point you to the orginal english transcription in Silke’s post starting after some introductory words in german with the headline »New technologies and new enclosures of the commons«.

A very interesting and somewhat disturbing presentation by Pat Mooney (Alternative Nobel Prize in 1985) about the dangers of nanotech and the like.

Über rechtsfreie Räume und andere Scheidewege

CC-BY-SA von ksuehring

Die Debatten um die Gestaltung der digitalen Zukunft werden schärfer. Man kriegt den Eindruck die alten Eliten merken erst jetzt so langsam, was da auf sie zu rollt. Deswegen ist ihr zwar nicht mehr ganz so neuer Schlachtruf, der der Netzgemeinde nun aus allen Ecken entgegenschallt:

„Das Internet darf kein rechtsfreier Raum sein!“

Die nachvollziehbare Reaktion aus dem Netz lautet meist in tausendfacher Variation:

„So ein Unsinn! Hier gibt es jede Menge Gesetze die zu beachten sind!“

und vielleicht dann auch noch mit einem defensiven

„Das Internet darf kein bürgerrechtsfreier Raum sein!“

So weit so richtig. Jedem der sich mal mit Publizieren im Netz beschäftigt hat wird mulmig bei dem zu beachtenden Dschungel an Lizenzen und AGBs, Impressumpflichten und Störerhaftung, Datenschutz und Urheberrechten. Jedoch meinen die alten Eliten im Grunde etwas anderes und zu anderen Gelegenheiten ist das der Netzgemeinde auch völlig bewußt: Im Kern ist das Netz unkontrollierbar, oder wie es John Gilmore schon 1993 so treffend und tausendfach zitiert sagte:

„The Net interprets censorship as damage and routes around it.“

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Captain Hook 2.0: oder, wie man Nachwuchsjournalisten auf Linie bringt

Die Musikindustrie lobt einen Preis für Schüler aus, die sich „mit den Folgen der Internetpiraterie beschäftigen“. 10.000 Euro Preisgelder stehen dafür zur Verfügung, dass man sagt, was die Musikbranche hören will − und dem ganzen auch noch den Anstrich der Objektivität gibt; Pro und Contra aufarbeitet usw. − alles natürlich im Rahmen der Deutung, die schon in der Wortwahl „Internetpiraterie“ eindeutig vorgegeben ist. Ein klarer Fall von Belohnung für Tendenzjournalismus.

So weit, so altbekannt. (mehr …)

GEMA hacken

gemahackenNach der KreidlerAktion ein neuer Anlauf: Danny Bruder hat eine Initiative gestartet, mit der die GEMA bewegt werden soll, die Lizenzen von Creative Commons zu akzeptieren. Bisher verweigert die GEMA das ihren Mitgliedern. Wer bei der GEMA ist, darf seine Werke nicht unter einer CC-Lizenz freigeben. Warum geht das, wo doch die Urheber_in über ihre Werke selbst entscheiden kann? Weil die GEMA eine Monopolorganisation ist und ihren Mitgliedern diktiert: Wer CC will, muss gehen. Die GEMA begründet das: so.

Danny Bruder will die GEMA reformieren. Ich glaube da ja nicht dran. Wie auch schon 2007 (-2,8%) sanken Einnahmen auch 2008 (-3,1%), und für 2009 sieht es auch düster aus. Nein, ich halte die GEMA für strukturell reformunfähig. Gleichwohl (oder deswegen) unterstütze ich die Herausforderung der GEMA zu einer Pressekonferenz durch Danny Bruder — könnte interessant werden.

Um die GEMA zu einer »Reform« zu überreden, gibt es zwei Pledges, die unterstützt werden können:

http://pledgebank.com/gemahacken (für GEMA-Mitglieder)

http://pledgebank.com/gemahacksupport (für Unterstützer_innen)

Zeichnet die Petition gegen Internetzensur!

Ok, die meisten werden es schon mitbekommen haben, aber dennoch: Bitte zeichnet die Petition gegen Internetsperren.

Das Thema ist sehr sehr  wichtig. Hier soll zum ersten mal eine geheime unkontrollierbare  Zensurinfrastruktur fürs Internet errichtet werden und schon jetzt gibt  es jede Menge Begehrlichkeiten die Zensur auf andere Bereiche  (Filesharing, Glücksspiele, politischer „Extremismus“) zu erweitern. Alle Erfahrung zeigt, dass das so kommen wird, wenn man nichts unternimmt. Am Ende stehen chinesische Verhältnisse auch bei uns.

Ja, das Petitionswesen ist eine im Kern feudale Angelegenheit und diese Petition kann nicht wirklich direkt etwas ändern, aber  sie kann Aufmerksamkeit generieren und so vielleicht dazu beitragen nach und nach die zur Zeit vorherrschende  öffentliche Meinung zu korigieren, dass wer gegen Internetsperren ist,  scheinbar ja wohl für Kinderpornos sein müsse.

Und nicht zu letzt ist es ein Test für die Mobiliserbarkeit der Netzcommunitys. Ein bisher sehr positiv verlaufender übrigens. In den ersten 24 Stunden gab es schon 15000 Mitzeichner. Wenn es gelingt in den ersten 3 Wochen 50000 Zeichner zu sammeln, gibt es immerhin ein Rederecht im Petitionsausschuß.

Und es geht darum die Commons zu verteidigen. In diesem Fall das Gemeinsame einer unzensierten Netzinfrastruktur.

Lesetipp: Ein Artikel aus der c’t.

Tipp: Nicht vom erschreckend wenig leistungsfähigen Server abschrecken lassen. Geduld mitbringen oder früh morgens oder spät abends zeichnen.

Turbokolonialismus

Es ist immer noch mal viel schlimmer, als man denkt: In dem Artikel über den Kauf von halb Madagaskar durch Daewoo im CommonsBlog wird am Ende auf den GRAIN-Report verwiesen. Darin geht es um eine »Art von neuem Landraub«. In der Tat. Klaus Pedersen, Autor des Buches »Naturschutz und Profit«, hat in der »jungen Welt« von heute das Thema unter der Überschrift »Turbokolonialismus« aufgegriffen:

Wegen der zunehmenden Erderwärmung kaufen oder pachten Regierungen Agrargebiete in ärmeren Ländern zur Absicherung der Ernährungsbasis. Unternehmen machen einen Spekulationsmarkt daraus

Hier verbindet sich also Klima- und Ökonomiekatastrophe. Die Vorbereitung für den Krieg um die Nahrungsmittelgrundlagen und für die nächste Spekulationsblase läuft heute, die Commons werden enteignet.

Alles Umsonst ist was Du daraus machst

808735784_a6367b75e7_mAm 28.3. sollen große Demonstrationen in Frankfurt und Berlin unter dem Motto „Wir zahlen nicht für eure Krise“ deutlich machen, dass wir uns nicht die Kosten der Krisenbewältigung aufhalsen lassen. Damit das funktioniert, müssen da richtig viele Leute kommen, also sowas mit vielen Nullen. Das wird wohl wahrscheinlich nix werden, wenn man die bisherige Friedhofsruhe zum Maßstab nimmt. Trotzdem werde ich hingehen. Nicht, weil ich denke, dass eine mehr oder weniger dolle Regulationspolitik am Krisenverlauf als solchen viel wird ändern können. Aber weil ich tatsächlich glaube, dass es davon abhängt, wie viele Leute sich wehren, wer die Kosten aufgebrummt kriegt. Oder auch um es mit plomlompom zu sagen: „Wir müssen aufpassen, dass wir unsere Zukunft nicht an die Vergangenheit verkaufen.“

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Re-Taylorisierung in der IT-Industrie?

Am Dienstag war ich auf einem interessanten Vortrag bei den Wobblies. Der Referent berichtet aus der Praxis der proprietären Softwareentwicklung, dass es dort wieder einen neuen Trend zu taylorisierten Verfahren gibt. Und das, obwohl diese Strategie schon einmal gescheitert sei. Ursache sei die gesunkene Verhandlungsmacht der Entwickler nach dem Ende des New-Economy-Booms. Die Quintessenz seines Vortrags gibt es auch online.

Das widerspricht natürlich dem gleichzeitig auftretenden Trend zu FOSS. Freie Software lässt sich wohl kaum in standardisierte Prozesse pressen. Seiner Erfahrung nach wird aber Freie Software auch benutzt um Prozesse zu standardisieren und somit die Kontrolle über die Mitarbeiter zu erhöhen.

Wie sind eure Erfahrungen? Bedeutet das was für unseren Keimformdiskurs? Und wenn ja, was?