Die Piratenpartei auf dem Weg vom Schwarm zum Mob
Zur Europawahl hatte ich noch zur Wahl der Piratenpartei aufgerufen. Dazu stehe ich auch weiterhin. Seitdem hat sich diese Partei aber stürmisch entwickelt und ich fürchte nicht zu ihrem Besten. Warum interessiere ich mich überhaupt so sehr für diese Partei, dass ich mir mehrfach die Mühe gemacht habe ihre Entwicklung kritisch zu begleiten? Eigentlich sind wir Keimformer ja ansonsten nicht gerade für unsere Begeisterung für Parteien bekannt. Auch ich halte Parteien im Grunde für eine veraltete Form repräsentative Öffentlichkeiten zu beeinflussen.
Dennoch: Wenn es überhaupt so etwas wie eine antipolitische Partei geben kann, dann haben die Piraten viele Eigenschaften, die sie in diesem Sinne interessant machen:
- Sie beschränken sich auf wenige Themen und haben (noch) nicht den Anspruch das gesamte Politikfeld abzudecken. Das wird meistens als Bug präsentiert. Ich halte das eher für ein Feature. Ich bin nicht mehr gezwungen ein ganzes Ticket zu ziehen. Ich kann mich konkret für die mir wichtigen Themen engagieren, wenn ich mich für die Piraten engagiere.
- Sie sind auf der Suche nach neuen Formen von Mitmachpolitik. In ihrem Wiki wird um Positionen gerungen und jeder mischt mit. Sie experimentieren mit Liquid Democracy. Das alles sind Formen, die an der Repräsentation als solcher Kratzen.
- Sie kommen von außen auf den Politikbetrieb und konfrontieren diesen mit den neuen Formen der Kommunikation. Im Netz haben sie die Altparteien im Wahlkampf immer wieder sehr schön vorgeführt. Obamas viel gerühmte Netzkampagne war im Grunde altbacken dagegen.
- Sie haben tief in ihrer Identität als Piraten eine grundsätzliche Marktinkompatibilität vergraben. So tief, dass sie das selbst nicht wissen allerdings. Die Förderung des freien Informationsaustauschs auch durch Filesharing ist unter den Bedingungen des Wissenskapitalismus mit diesem inkompatibel. Marktinkompatibilität bedeutet aber immer auch Politikinkompatibilität und ist deswegen antipolitisch.
Aus all dem eine Partei zu schmieden ist der Versuch der Quadratur des Kreises. Wie sieht dieses Vorhaben in der Praxis aus? Eine kurze Chronologie der Ereignisse der letzten Monate:
- Der bekannte MdB Jörg Tauss tritt wegen der Zustimmung der SPD zum Zensurgesetz aus ihr aus und in die Piratenpartei ein. Tauss Kariere war schon vorher durch den Vorwurf des Besitzes von Kinderpornographie verbrannt. Bei den Piraten zählt er wieder was, das wird ihn freuen. Die Piraten erhielten dadurch jede Menge Publicity im Wahlkampf. Alle kritischen Überlegungen wurden mit einem abstrakten Rückgriff auf die Unschuldsvermutung beiseite gewischt. Was dabei vergessen wurde: Nur weil jemand vor Gericht seine Unschuld beweisen darf, heißt das ja noch lange nicht, dass ich seinen Beitritt feiern muss. Tauss hat entweder wirklich Kinderpornos gehabt oder war unglaublich dämlich. Beides qualifiziert ihn nicht gerade als Galionsfigur einer Bewegung, die ja eigentlich sagt, dass sie effektiver gegen Kinderpornographie vorgehen will, als die Regierenden. Sein Beitritt als solcher ist im Grunde seine Privatsache, aber die propagandistische Ausschlachtung der Piraten und die Begeisterung ihrer Mitglieder fand ich schon seltsam.
- Bodo Thiessen relativierte den Holocaust und konnte mit dieser Meinung jahrelang bei den Piraten was werden. Erst als das von Außen massiv kritisiert wurde machte man einen Rückzieher und leitete ein Ausschlussverfahren gegen ihn ein – auch wenn es schon vorher Auseinandersetzungen mit ihm gab hatten die keine wirklichen Konsequenzen. Positiv beeindruckt war ich von einer Basisinitiative innerhalb der Partei, die sehr schlüssig begründet hat, warum seine Entschuldigung keine war. Hier hat es die Partei geschafft von der sonst vorherrschenden formalistischen Ebene weg zu kommen. Erschreckend nur, dass auch in diesem Fall geschätzt ein gutes Drittel der Piraten dafür war Bodo Thiessen in der Partei zu behalten. Begründet wurde das meistens wieder mit einem formalistischen Bezug auf die Meinungsfreiheit. Auch Thiessen selbst verteidigte sich damit, dass er ja nix strafbares gesagt hätte. Hier ging es aber um Koalitions- und nicht um Meinungsfreiheit. Man muss jemanden nicht in einem Verein dulden, dessen Meinung man nicht mag, auch nicht wenn man die Meinungsfreiheit fundamentalistisch auslegt, so wie es viele Piraten tun.
- Als nächstes kam die Genderdebatte, die auch hier im Blog stattgefunden hat. Die Kommentare in all den Blogs die sich daran beteiligt haben quellen über von sexistischen Kommentaren. Hier schlugen sogar bizarre Antisemitismen in dem Zusammenhang auf (die ich gelöscht habe). Bei all dem weiß man nicht, was davon Piraten sind und was nicht. Sind die Piraten antifeministisch unterwandert? Wünschenswert wäre es, wenn die Piraten selbst sich diese Frage stellen. Aber auch hier: Es wird sich auf formalistische Argumentationen zurückgezogen und der eigene Postfeminismus wird zum gesellschaftlichen Normalzustand phantasiert und das alles wird begleitet von einem sexistischen antifeministischen Mob.
- Die neuesten Vorfälle: Der Parteivorsitzende und sein Stellvertreter geben der Jungen Freiheit Interviews. Das ist eine nationalkonservative Zeitung mit Scharnierfunktion in die Nazi-Szene, die schon seit Jahrzehnten versucht durch nicht-rechte Autoren und Interviewpartner satisfaktionsfähig zu werden. Selbst die allermeisten CDU-ler verweigern sich dieser Strategie. Nicht so der Vorsitzende der Piratenpartei. Wieder wird formaljuristisch mit Meinungsfreiheit argumentiert und das man ja jeden überzeugen wolle. Das ist im besten Fall bodenlos naiv. Das wird begleitet von einem Chor von Piraten(?), die sich freuen, dass den Linken Zecken und Gutmenschen mal gezeigt wird wo es lang geht. Abgrenzungen werden – wenn überhaupt – nur totalitarismustheoretisch begründet. Die Linken werden gleich mit entsorgt.
- In einem Werbespot für die Piratenpartei wird von der „Freiheit der Nation“ gesprochen. Auch hier wieder ein völlig unkritischer Umgang mit einem alles andere als harmlosen Begriff.
- Der Wahlkampf zur Bundestagswahl besticht vor allem durch Inhaltsarmut. Was bitte unterscheidet einen Spruch wie „Klarmachen zum ändern“ von inhaltsleerer Parteipropaganda a la „Wir haben die Kraft“? Auch auf der Demo Freiheit statt Angst haben wohl eher andere für die Inhalte gesorgt, während die Piraten vor allem mit Love-Parade beschäftigt waren. Was ja nichts schlechtes sein muß, nix gegen Party, aber ein bisschen mehr Inhalt als nur orange Fahnen erwartet man doch schon.
- UPDATE: Man brüstet sich damit, dass die Freien Wähler Düsseldorf zum wählen der Piraten aufrufen. Übersieht dabei aber, dass diese seit Jahren einen waschechten Nazi in den eigenen Reihen haben und auch noch zu vermehrter Videoüberwachung in ihrem Programm aufrufen. Kann man das noch mit bloßer politischer Unerfahrenheit erklären oder wird hier schon absichtlich versucht in rechten Gewässern zu fischen?
Bei all dem ist oft schwer auseinander zu halten was davon jetzt Piraten sind und was Andere, die sich da nur drauf stürzen, weil es ihren eigenen Interessen dienlich ist.
Die Schwarmintelligenz der Piraten droht zum Mob zu verkommen genau in dem Moment wo sie im Wahlkampf unter Druck geraten und gleichzeitig einen enormen Mitgliederzuwachs haben. Dann schart man sich ganz schnell um die eigenen Führer und beißt alles weg, was nach Kritik riecht.
Die Lehre für uns: Wenn man versucht mit den Mitteln der Peer-Production in Systeme zu intervenieren, die nach klassischer Repräsentationslogik funktionieren (Parteien, Staat, Wahlkampf), ist die Gefahr groß, dass die dunkle Seite der Macht die Oberhand gewinnt. Es mag sein, dass mal eine Zeit kommt in der auch Commons-Logik in Parteien möglich wird. Zur Zeit und bei den Piraten geht es nach hinten los. Die Mischung von äußerem Druck und innerer Orientierungslosigkeit führt offensichtlich sehr schnell zur Verdummung des Schwarms. Ein weiteres Moment scheint auch zu sein, dass ihre eigentliche Parteistruktur noch sehr klassisch ist (Vorstand, Parteitag, …), das kommt den Schwarmstrukturen oft auch ins Gehege. Ich hoffe für die Piraten, dass sie nach der Wahl die Ruhe und Gelassenheit finden auf die vernünftigen Stimmen in ihren eigenen Reihen zu hören – falls die bis dahin nicht schon wieder weg sind. Auf meine Stimme können sie erst wieder zählen, wenn der Mob das Beißen aufhört und sich wieder in einen intelligenten Schwarm verwandelt.
Zum Abschluß noch ein kleines Zitat von Erich Mühsam von 1907, der zeigt, dass das Problem schon älter ist als das Web 2.0:
„Der Mittelmensch, der Bürger, der aus der Not seiner Wesensgleichheit mit all seinen Mitmassenmenschen eine Tugend herleitet, hat gleichwohl das starke, seelische Bedürfnis, sich persönlich zu dokumentieren. Das innerstempfundene Gefühl seiner eigenen Unwesentlichkeit, der letzten Endes auch im Nichtigsten schlummernde Drang nach Unsterblichkeit, der verborgene Trieb, irgendwie doch einen noch so verschwommenen Schatten zu werfen, drängt ihn ans Sonnenlicht. Aus diesem Triebe sind so viele Äußerungen zu verstehen, die dem kleinen Mann Vergnügen machen. Wird irgendwo ein Haus photographiert, gleich stehen eine Reihe guter Leute in Positur vor der Fassade, um mit aufs Bild zu kommen. Sie werden ihr Konterfei nie zu sehen kriegen, der Photograph und der Besitzer des Hauses, die es anschauen werden, werden nie erfahren, wer die Leutchen sind, deren Typen sie vor sich haben, werden sich auch nie Gedanken darüber machen – aber der Bürger fühlt seine Befriedigung, weil seine Physiognomie irgendwo festgehalten ist; seinem Unsterblichkeitsdrange ist wenn auch noch so dürftig – Genüge geschehen. Ein noch beliebteres Mittel, seine Wesenheit in die Ewigkeit hinüberzuretten, ist das Anschreiben des Namens an Stellen, wo recht viele fremde Menschen ihn lesen werden, auf die Ruhebänke in gernbesuchten Parks, vor allem an Pissoirwände. Den Kommis und den Bäckergesellen, den Primaner und den Bücherrevisor überkommt ein Gefühl innerster Beruhigung, wenn er das Häuschen mit dem Bewußtsein verläßt, für seinen Nachruhm etwas getan und – sei es nur durch seinen Namenszug, sei es durch eine schweinische Zeichnung oder einen obszönen Vers – seiner tieferen Wesensart den Sprung in die Ewigkeit erleichtert zu haben. Jedenfalls hat er seiner Existenz einen weiteren Resonanzboden geschaffen, als sie auf korrektere Art gefunden hätte.
Mit diesem Phänomen rechnet die sozialdemokratische Parteileitung; muß sie rechnen, um. eine Massenbewegung hinter sich zu haben. Sie muß ihren Mitgliedern, grade weil sie sich zu einer die Persönlichkeit eliminierenden Tendenz bekennen sollen, die Gelegenheit bieten, sich persönlich wichtig zu machen. Mit welchem Stolz geht der Wähler zur Urne! Erfüllt er sein heiligstes Recht, alle fünf Jahre einmal einen Zettel mit dem Namen einer anderen Null feierlich zur Auszählung abzuliefern! Wie unentbehrlich kommt er sich vor! Sein Name steht in den Wahlregistern eingetragen, wird öffentlich aufgerufen; er kann selbst hervortreten, sich coram publico zu seinem Namen bekennen, kann sogar zwischen verschiedenen Zetteln, die ihm Weltanschauungen repräsentieren, aussuchen und kommt sich vor, als ob er am Steuerrad der Historie drehte. Die Befriedigung, die ihm das Bemalen der Abtrittswand erweckt, erfüllt sich beim Wahlakt potenziert.“
Wir erleben also gerade wie eine Partei, die angetreten ist neue Mittel der Politik zu erfinden zurück fällt in uralte Rituale, die so alt sind wie die Demokratie. Nur sind jetzt aus den Klowänden des Kaiserrreichs die Klowände des Internets geworden.
danke, benni, für das piratenupdate. einiges erinnert stark an die anfangszeit der grünen, die sich ja damals auch mit rechtsaussen-tendenzen in den eigenen reihen auseinandersetzen mussten. bin mal gespannt, ob die piraten, wenn sie denn politisch überleben und vom formalismus zu einer debattenkultur kommen, auch realo- und fundi-lager ausbilden.
Danke für den interessanten und gut lesbaren Artikel. 🙂
Aber wie kommst Du auf die skurille Idee, dass Themenbeschränkung ein Feature sei? Es wäre richtig, wenn ich mehrere Stimmen hätte, für jedes Thema eine. In diesem System ist es aber so, dass ich eine Partei wählen darf, die mich repräsentieren soll. Und wer mich vertreten möchte, muss Stellung beziehen zu den Themen, die mich betreffen. Wenn sich Piraten weigern, sich mit Themen auseinander zu setzen oder sich überhaupt nur weiter zu informieren, wie in Blog- Kommentaren z T recht kaltschnäuzig geschehen, fehlt mir als Wahlumworbener wirklich das Verständnis.
Wahrscheinlich war es ein Fehler, aus der Bewegung eine Partei machen zu wollen.
> einem abstrakten Rückgriff auf die Unschuldsvermutung
> Nur weil jemand vor Gericht seine Unschuld beweisen darf
Soso, abstrakt ist das. Sowas abstraktes wie Rechtsstaat, Meinungs- und Diskussionsfreiheit kann uns ja keinesfalls an einer konkreten Vorverurteilung hindern, nicht wahr?
Tiefstes Stammtischniveau. Noch ein Bier und ein Korn, bitte.
Danke für den erhellenden Beitrag! Daß die Piraten nach allen Seiten – und insbesondere nach rechts – offen sind, ist übrigens nichts Neues. Auch bei der „Keimzelle“ der Bewegung, also Pirate Bay, hat man offenbar kein Problem mit Nazis; nachzulesen unter anderem in Elke Wittichs Beitrag in KONKRET 6/09:
http://www.konkret-verlage.de/kvv/txt.php?text=linksrights&jahr=2009&mon=06
Zu den deutschen Piraten dann noch mal ein paar Grundsätzlichkeiten in KONKRET 8/09:
http://www.konkret-verlage.de/kvv/txt.php?text=narrenschiff&jahr=2009&mon=08
Süsss.
Du verwechselst offizielle Statements und Werbespots mit Veröffentlichungen die von privaten Leuten gemacht werden, Du wärmst nochmal sämtliche schlecht argumentierte Anti-Piraten-Propaganda und Halbwahrheiten auf…
Langweilig.
p.s: Je länger diese Hetze von Linksaussen dauert, desto widerlicher wird sie. Bald habt ihr mich so weit, dass ich tatsächlich linksaussen noch schlimmer finde als rechtsaussen. Und das sage ich als antifaschistischer Links-Libertärer. Ich schäme mich für Euch.
„auf die vernünftigen Stimmen in ihren eigenen Reihen zu hören – falls die bis dahin nicht schon wieder weg sind“ trifft es sehr gut. Für Diskussionen und programmatische Diskussionen ist der Wahlkampf denkbar ungeeignet, auch ich hoffe auf die Zeit nach der Wahl.
Die Themen soziale Gerechtigkeit, neue Formen der peer production, das ganze Feld der Bildung etc. wären zumindest theoretisch in die Piratenpartei inegrierbar, wie immer kommt es auf die Interessen und deren Durchsetzung an.
Die alte Frage ob Engagement in Parteien sinnvoll ist, lässt sich durch selbsterfüllende Prophezeiungen beantworten oder durch Ausprobieren, momentan weiß ich nicht recht was die richtige Variante ist.
Hallo benni,
der erste Teil von deinem Artikel liest sich ganz gut. Deine Schlussfolgerung der Inkompatiblität mit dem Wissenskapitalismus ist zwar nicht korrekt (vor allem nicht, da dieses Prinzip nicht in unserem Grundgesetz festgelegt ist und man es also jederzeit durch ein besseres ersetzen könnte), aber das ist ja nicht so schlimm.
Richtig böse werden dann die polemischen Vorwürfe bezüglich Tauss, Thiesen und Antifeminismus. Du bringst einen Haufen unbegründeter und anscheinend unüberlegter – oder bewusst so formulierter – Anschuldigungen. Zum Beispiel war es vor allem die Presse die Tauss Beitritt „gefeiert“ hat (ein denkbar schlechtes Wort in der Konnotation mit dokumentiertem Kindesmissbrauch). Oder Thiesen. Siehst du dir das Video vom Bundesparteitag an, dann wirst du feststellen, dass diese massive Kritik nicht von aussen kam, sondern von innen – und zwar unverzüglich.
Mit der Unterstellung die Piraten wären ein von Antifeministen unterlaufener Haufen (was soll das bitte sein? Frauenschänder? Ehemalige CD/SUler die ihre Frauen hinter den Herd sperren?) schießt du den Vogel ab. Wie du auf diese abstruse Idee kommst ist mir wirklich ein Rätsel. Auch wenn es viele nicht für vorstellbar halten mögen, weil ihnen ein altmodisches Frauenbild vorgelebt und anerzogen wurde: es gibt viele junge Menschen die keine künstliche Unterscheidung nach Geschlecht (oder Hautfarbe, Religion oder Sexualität) wollen und für sich wissen, dass die Gesellschaft diesen nächsten Schritt zur gleichberechtigten Gesellschaft gehen kann und muss.
Lieber benni, ich hoffe du kannst nachvollziehen was ich schreibe. Wenn du Fragen hast, dann mail mir gerne.
Viele Grüße, Johannes
@hb: ich hab mit keinem Wort eine Verurteilung von Tauss vorgenommen. Was soll das also? Selbstverständlich ist das erstmal abstrakt. „Abstrakt“ ist ja nicht schlecht. Wenn halt Politik sich auf solche abstrakten Überlegungen reduziert, wird es halt problematisch. Den Eindruck hab ich halt bei den Piraten immer mehr: Sie werden von einem abstrakten Regelfetischismus angetrieben. Ein seit ihrem Bestehen in der Netzkultur virulentes Problem.
@Francis Drake: Ich verwechsel garnichts. Ich bin mir der Unterschiede sehr wohl bewußt. Aber das alles stammt aus dem Umfeld der Piraten und manches auch aus offiziellen Quellen. Das ist ja gerade das Problem was ich versuche aufzuzeigen, dass der Schwarmeffekt eben manchmal nach hinten los geht.
@digimoral: Das mit dem Grundgesetz und der Marktinkompatibilität hab ich nicht verstanden. Aber das sollten wir vielleicht am Besten bei dem Artikel diskutieren, den ich verlinkt habe. Auch das Genderthema können wir vielleicht besser beim anderen Artikel diskutieren. Wenn Du Dir da die Kommentare anguckst, merkst Du vielleicht wie ich zu dieser Wahrnehmung komme. Wie gesagt: Sicher sind das nicht alles Piraten, aber dieser Mob ist durch alle Blogs in dieser Debatte getobt und kein Pirat hat sich dem entgegengestellt.
Das Video vom Parteitag kenne ich im übrigen. Es hat mich sehr erschreckt, weil eben Thiessen auch noch beklatscht wurde für seine Unverschämtheit. Die durchaus vorhandenen innerparteilichen Kritiker habe ich ja lobend erwähnt.
Tja, von uns Deutschen kann die Welt noch viel lernen. Da kann nicht einfach mal jemand kommen und ein paar neue Ideen aufwerfen, nein, wir sind das Land der Lehrer und Fußballtrainer, da weiss jeder wie man es besser macht, so lange man dabei nicht den Rasen betreten muss, oder den Bahnsteig ohne gültige Karte.
Wir sind das Land, in dem jeder weiss, wie man es nicht macht und nicht machen soll.
Wir sind das Land, in dem man der Partei mit den meisten Mitgliedern und Wählern auch weiterhin glaubt, dass irgendwann nach der nächsten Wahl alles besser wird.
Wir sind das Land, in dem für alles jemand verantwortlich ist und in dem selbstverständlich an jedem Unglück jemand Schuld ist.
Wir sind das Land, in dem vor jede herumliegende Bananenschale ein Schild gestellt wird, auf dem „bitte nicht ausrutschen“ steht.
Und wir sind das Land, in dem über alles so lange geredet wird, bis der kleinste gemeinsame Nenner gefunden ist. Der liegt zwar ziemlich genau bei Null, aber das ist immerhin besser als nichts.
Oder?
Das ist der entscheidende Satz. Und nein es ist nicht schwer auseinander zuhalten. Und genau aus dem Grund schreiben z.B. auch die Vorsitzenden ihre persönlichen Meinungen auch auf privaten Blogs und nicht im Namen der Piratenpartei.
@order: Ich hab doch genau geschrieben, was ich an den „neuen Ideen“ der Piraten interessant finde. Die allerneuesten Ideen finde ich halt nicht mehr so interessant. Und ausgerechnet mir den kleinsten gemeinsamen Nenner vorzuwerfen ist echt lustig.
@Christine: Schon klar, man verzichtet damit auf Einflußmöglichkeiten und setzt bewußt alles auf eine Karte weil man die für besonders wichtig hält. Für Zocker wie mich durchaus eine nachvollziehbare Strategie.
Auch wenn ich, als Pirat, dem Artikel in einigen Teilen zustimmend gegenüber stehe, so sehr amüsiert mich doch, dass der Autor von ‚tief vergrabenen’Dingen weiss, von denen selsbt die Betroffenen nichts wissen 🙂
@benni
> ich hab mit keinem Wort eine Verurteilung von Tauss vorgenommen
Natürlich tust du das in dem du auf dem Fall rumreitest in den paar wenigen dir verfügbaren Fakten nach Gutdünken heruminterpretierst.
@pitty: Ich habe nirgendswo behauptet, dass es _keine_ zuornenbare Äußerungen gäbe. Dennoch gibt es jede Menge bei denen das nicht so ist. Das ist im Einzelfall ja auch kein Problem (zB bei Dir), aber wenn man den Eindruck kriegt jedes Mal fällt das Heise-Forum bei einem ein, wenn man die Piraten kritisiert, dann läuft einfach irgendwas falsch.
@hb: Ich reite nicht auf dem Fall Tauss rum sondern auf dem Umgang der Piraten damit. Das ist was ganz anderes.
@Lord: Auch an Dich: Ich habe ja mit Grund einen Artikel verlinkt in dem diese Argumentation vertieft dargestellt wird. Wenn Du ein Argument dagegen vorzubringen weißt, dann tu das doch dort.
@benni
Oh je … wusste nicht, dass wir zum Lachen hier alle in den Keller müssen :-/ Wird nicht wieder vorkommen …
Dazu passt: »Klar zum Entern?« und »Online kompetent. Aber offline?« in »junge Welt« von heute — allerdings lange nicht so differenziert wie der Artikel hier von benni.
@Michael: Die Frage, ob es sinnvoll ist, als Partei zu agieren, ist doch eine Grundsatzfrage. Was versprichst Du Dir vom Austesten? Ich muss doch wissen, ob ich mich für EIN Thema engagieren möchte, z B als Bürgerbewegung. Oder ob ich das Volk vertreten und an der Regierung mitwirken möchte. Wenn ich das Volk vertreten möchte, bringt das die Verantwortung mit sich, die vielfältigen Interessen des Volkes zu kennen und vertreten. Nicht nur bezogen auf EIN Thema. Wenn ich dazu keine Lust habe, erübrigt sich doch die Frage, oder?
Hallo benni, erstmal Hut ab, vor der Arbeit, die du dir mit dem Artikel gemacht hast. Ich denke, Du hast in gewisser Weise Recht damit, dass der „Mob“ (kein schönes Wort, aber ich übernehme es jetzt mal) gerade die Außenwirkung der Piratenpartei bestimmt. Persönlich habe ich bisher nur nette, engagierte und intelligente Piraten mit vielen „revolutionären“ Ideen getroffen (BGE, neues Urheberrecht, OpenAccess, ja auch Commons, neben den klassischen Themen mehr Transparenz, mehr Demokratie und Freiheit). Wenn man das Ganze nur von außen sieht, ist das Bild bei weitem weniger schön, das finde ich auch Mist. Mein Vorschlag wäre an dich: Klinke dich mal ein, geh‘ zum allgemeinen Info-Treffen am Dienstag abend im Breipott, wirke mit in SQUADs oder AGs, die dich interessieren – dazu muss man kein Pirat sein und Expertise ist immer erwünscht! Vielleicht kannst du dann dein Bild wieder heben? Ich wünsche mir (und ich denke das tun so gut wie alle Piraten), dass viele Leute mit unterschiedlichen Wissen uns helfen, diese Gesellschaft umzugestalten, freier, humaner, sinnvoller…[sorry für den etwas pathetischen Schluss]
@digimoral
Wie wärs, wenn Du die Frage nicht in Klammern, sondern ganz normal und neutral stellen würdest? Genau diese Haltung ist es, die mich in Kommentaren von Piraten oder auch „Piraten“ oft ärgert. Du weißt nicht, was Antifeminismus oder Feminismus ist, was auch Deine weitere Argumentation zeigt. Oder warum es jemand wichtig findet. Aber Du fragst nicht nach, sondern ballerst aggressiv um Dich.
Wer nur nach dem Mob sucht, sieht auch nur den Mob. Die Piraten sind nicht nur mit einer Handvoll (internet-)öffentlichkeitswirksame Skandälchen durch eine Handvoll überforderter „Spitzenpolitiker“ in ein ein paar Blogs und Nebenschauplätzen der traditionellen Medien in Erscheinung getreten, sondern Piraten führen Diskussionen an Piraten-Stammtischen und in „Crews“, in Schulen und Universitäten im ganzen Land. Der sprunghafte Anstieg von Mitgliedern und Sympathisanten fällt etwas unglücklich mitten in das Wahljahr. Im Wahlkampf jetzt kommt die inhaltliche Arbeit und Weiterentwicklung dann aber selbstverständlich zu kurz. Ich bin gespannt, wie sich die Partei weiterentwickelt, sobald etwas ruhigeres Fahrwasser erreicht ist.
Interessante Diskussion.
Ich frage mich, warum man sich nicht darum kümmert, dass Menschen in D in bitterster Armut leben müssen wegen Hartz-IV und im Falle des Erfolges der Piraten nur Zuschauer abgeleiteter Freiheiten wären, die die Piraten in der Zukunft unter Umständen durchsetzen, oder auch eben nicht!
Ich finde die Ziele der Piraten ok., aber für eine Partei langt es noch nicht, insoweit 100% Zustimmung zu Benni.
Gruß aus hess.-Absurdistan,
Bernhard
Unter
http://www.wahl-o-mat.de
kann jede und jeder sehen, welche politischen Positionen ihm wichtig sind, entsprechend voten und schlussendlich erhält man ein Ergebnis, welche Parteien den eigenen Positionen am nächsten stehen. Wem soziale Fragen wichtig sind, der kann auf keinen Fall die unsoziale Piratenpartei wählen! Das zeigt sich beim Wahl-o-mat-Test sehr deutlich!
Ich werde trotz vieler Vorbehalte Die Linke wählen. Da, wo diese Partei an der Regierung ist (Berlin), betreiben sie leider genauso wie die Hartz-IV-Parteien denselben Sozialabbau. Aber insgesamt sorgen sie dafür, dass soziale Positionen überhaupt wieder ein Echo finden. Ganz im Gegensatz zu dieser Piratenpartei. Es ist schade, dass das Gift des Neoliberalismus bei diesen jungen Leuten (den Piraten) solche Wirkung hinterlassen hat! Und auch der Rchtsdrall ist ja bei jungen Menschen wie eben den Piraten nur leider allzu angesagt!
@KritischerLinker Nur weil die Piraten bisher keine speziellen Punkte zum Sozialthema haben (ausser freie Bildung z.B.) heisst das noch lange nicht, dass die Piraten „unsozial“ sind.
Und würdest Du Dich ein wenig näher mit den Piraten beschäftigen, dann wärest Du sicherlich sehr beruhigt, denn von „Rechtsdrall“ kann überhaupt keine Rede sein. Mag sein, dass sie häufig liberal sind, aber „neoliberal“? Das ist die Partei mit dem F.
Und damit wollte ich Dich keinesfalls für Deine Wahl der Linken kritisieren. Die sind mir allemale lieber als CDU/CSU/SPD/FDP.
@“Francis Drake“, #38:
Links- oder Rechtsdrall der Piraten? Die Zukunft wird es weisen.
Zum Begriff „sozial“: Der ist ziemlich platt getreten. Ein Beispiel: „Sozial ist, was Arbeit schafft“. Der Spruch ist bestenfalls gut gemeint. Definiert er doch die Arbeit als höherwertiges Gut. Wenn die Arbeit sprich, die Lohnerzielungsabsicht, über Menschen als solche gestellt wird, dann haben wir den derzeitigen Kapitalismus. Das läßt sich aber noch steigern in Richtung „Arbeit macht frei“. Was dann kam, wissen wir.
Mit anderen Worten, der Begriff sozial kann mißbraucht und im gleichen Atemzug in sein Gegenteil verkehrt werden – wie INSM.
Dieses Beispiel ist außerndem ein Hinweis auf die Gefahr, von intelligenten Rechtsextremen unterwandert zu werden (schleichendes Gift).
Gruß
Bernhard
Der Artikel ist einfach nur Spiegel-Niveau. Statt einer jungen Partei den Rücken zu stärken, wird jeder erdenkliche Mist rausgeholt um diese Partei zu diffamieren. Die Angst geht unter den Sesselpupsern aus dem Bundestag um.
Übrigens die angeblichen Vergehen von Herrn Tauss ( bis heute ist garnichts bewiesen) wurden, so sie denn begangen worden sein sollen, in der Zeit als er bei der SPD war begangen. Das hat so gar nichts mit den Piraten zu tun. Schon mal drüber nachgedacht?
Und, wenn der JF ein Interview gegeben wird, dann ist das Demokratie. Die JF ist eine Zeitung, die nach wie vor gedruckt und verkauft wird. Sie ist also nicht verboten.Für mich ist das, was hier geschrieben wurde einfach nur Schmierenjournalismus, ganz im Sinne eines sogenannten Rates, der in Deutschland bestimmen will, was gesagt werden darf.
Du schreibst den gleichen Mist, der im SPON oder in der Bild geschrieben wird. Einfach nur zum kotzen…
Heute Abend 18:05 Uhr auf „Radio Z“
http://www.radio-z.net/en/radioprogramm/kalender.html
Sendung 21 von „Antenne Tux“ mit dem Schwerpunktthema „Piratenpartei“.
http://www.antennetux.de/joomla/index.php?option=com_content&view=article&id=170:sendung-21&catid=60:sendung-21 (edit: mit vielen Links zur Piratenpartei)
„Übersieht dabei aber, dass diese seit Jahren einen waschechten Nazi in den eigenen Reihen haben und auch noch zu vermehrter Videoüberwachung in ihrem Programm aufrufen. “
Einmal Nazi immer Nazi. Nicht wahr? Ein einfaches Weltbild ist unschlagbar.
@pirat: Er war auch nach seinem angeblichen „Ausstieg“ jahrelang Mitarbeiter bei einem Rechtsrocklabel.