Das Experiment einer schrittweisen Entgeldung in Villach/Österreich
Wie kann der Übergang von einer auf Geldwachstum verpflichteten Gesellschaft in eine Gemeinschaft gelingen, in der die Menschen bereits über die Deckung ihres Bedarfs an Lebensmitteln verbunden sind? Vorstellung eines in diesem Sinne gemeinschaftlichen Experiments zur Entgeldung lebenswichtiger Bereiche noch innerhalb der kapitalistischen Geldlogik.
Ich bin Robert Kravanja und arbeite in Villach zusammen mit Verantwortung Erde, einer Bewegung, die es sich zur Aufgabe gemacht hat bedingungslos für die Interessen unseres Planeten einzutreten. Wir sitzen im Stadt- und Gemeinderat und 3000 Menschen (12%) haben uns bei der letzten Wahl gewählt. Wir verstehen uns als Teil der Transitionsbewegung.
Seit nunmehr 5 Jahren erproben wir in der Praxis einzelne Wandelskills und -tools, die wir entweder selbst entwickelt oder von anderen Bewegungen übernommen haben. Diese einzelnen Tools sind jedes für sich unabdingbar für ein nachhaltiges Leben im Einklang mit der Natur. Und so klein jedes für sich erscheinen mag, so wichtig sind sie für das gesamte Gelingen einer Transition. Zusammengesetzt sollten sie also ein großes Ganzes ergeben, das ein Leben in Fülle und Wohlstand ohne Gewalt und Zerstörung gegenüber unserer Mitwelt garantiert. Wir konnten dies bisher allerdings immer nur ausschnittsweise in die Praxis bringen, da wir derzeit noch zu wenige Menschen sind, die ihr Leben einem Wandel verschreiben haben können. Viele andere Menschen in Villach würden sich uns gerne anschließen, sind aber dem ausbeuterischen Wirtschaftssystem mit Haut und Haaren ausgeliefert. Diese Abhängigkeit halten wir an dieser Stelle einmal als eines der größten Probleme der Wandelbewegung fest, nämlich, dass Menschen mit struktureller Gewalt und unter Androhung der Zerstörung ihrer Existenz im Lohnarbeitssystem gehalten werden. Ich werde später noch darauf eingehen, wie dieses Problem möglicherweise zu lösen ist. Es soll uns aber nicht daran hindern heuer im Herbst ein sozial-ökonomisches Projekt zu starten, für das wir bis zu 2000 Menschen einladen wollen sich daran zu beteiligen. Auch dazu später mehr.
Welche Transition wollen wir?
Zunächst steht uns noch eine nicht ganz unwichtige Frage im Weg, nämlich: Was soll sich eigentlich in was wandeln, wenn wir von Transition reden? Wir brauchen eine eindeutige Definition einer solchen Transition. Und egal, wo wir derzeit hinschauen oder hinhören, wir sehen und hören die Menschen immer öfter vom Wandel sprechen. Alle scheinen zu wissen, dass es einen Wandel braucht, und die Ideen sind zahllos, die diesen Wechsel begleiten sollen. Da steigen wir vom Verbrennungsmotor auf E- oder Wasserstoff-Mobilität um, da kaufen wir uns unser Essen beim Bauern ums Eck, da rüsten wir unsere Häuser auf erneuerbare Energie um, da pflanzen wir irgendwo ein paar Blumenwiesen und verwenden recyceltes Papier. Jede/r feilt ein bisschen hier und da und wie es ihm/ihr richtig erscheint. Und alle meinen: Würden nur genug Menschen so leben, wie sie selbst es jetzt ohnehin schon tun, dann wäre die Welt gewandelt in ein Paradies und die Probleme gelöst. Und so arbeitet und lebt jede/r von uns vor sich hin, und komischerweise ergibt sich auch nach einem Jahrzehnt in dem ich das genau beobachte, nicht einmal das kleinste Zeichen eines bevorstehenden Wandels. Manchmal ergibt sich sogar das Gegenteil. Es wird immer schlimmer. Es erscheint mir daher unumgänglich, dass wir zunächst, bevor wir darüber reden, wie sich diese Transition ergeben soll, zu klären, was denn diese Transition eigentlich ist und was ihre Kennzeichen sind. Die große Frage, die sich stellt, ist also, an welcher Schraube wir drehen, was wir verändern müssen, damit wir sicher sein können, dass ein Wandel tatsächlich eintritt und sich unsere Probleme lösen können.
Denn so sympathisch uns die solidarökonomische Landwirtschaft oder das nicht mehr schmutzende und stinkende Auto auch sein mögen, sie werden unsere Probleme nicht lösen können. Einerseits bleibt die solidarisch-ökologische Landwirtschaft durch ihre Teilnehmer/innen mit dem Weltmarkt verbunden, weil ja der/die Produzent/in immer angewiesen ist auf Produkte und Hilfsmittel, deren Preise dem Weltmarkt unterliegen, weshalb selbst die bestgemeinte solidarische Landwirtschaft keine stabilen Preise für ihre Produkte halten wird können, und andererseits muss der Bauer auch seinen Lohn mit der Inflation korrelieren. Alle bleiben also im Markt verhaftet und haben nur ihre Positionen am Markt ein klein wenig verändert. Bei den Autos dasselbe: Die neuen Autos wiederum lösen unsere Probleme in Bezug auf Umwelttauglichkeit nicht, da wir mit ihnen den Ressourcen- und Energieverbrauch weiter ins Unermessliche treiben werden und damit die Zerstörung des Planeten sogar noch beschleunigen.
Ich habe diese zwei Beispiele nur zufällig herausgegriffen, und sie stehen nur stellvertretend für eine Unzahl von Vorschlägen für Lösungen unserer alten Probleme, welche durch ihre Umsetzung nur neue, noch größere Probleme schaffen werden. Was also kann es sein und vor allem, gibt es dieses eine überhaupt, dass wir verändern können, um einen Wandel herbeizuführen? In letzter Zeit wird es immer moderner, das Wirtschaftswachstum als Antwort auf diese Frage zu nennen. Dieses Wachstum, welches den Wirtschaftsforscher/innen die wichtigste Zahl ist und somit zum Allerheiligsten des kapitalistischen Systems zählt, wäre schuld an unserer Misere. Und ja, sie haben damit recht. Doch es geht auch immer noch um den Satz aus den 1970ern, der besagt: Auf einem endlichen Planeten ist kein grenzenloses Wachstum möglich. Und obwohl der Satz bei vielen von uns ins Bewusstsein eingedrungen ist, hat sich in den letzten 50 Jahren die Situation der Welt dramatisch entwickelt und immer mehr verschlechtert. Sind wir Menschen also nicht lernfähig, oder ist es tatsächlich die Gier, die uns ja transhistorisch innewohnen soll, wonach wir es bis zum heutigen Tage nicht lassen können, zu wachsen und immer weiter zu wachsen?
Die Logik des Geldes
Oder gibt es dafür einen anderen Grund, dass wir vom Wachstum nicht ablassen können? Und den gibt es. Es ist das Geld selbst, das uns diese Probleme bereitet. Wenn wir von Wirtschaftswachstum sprechen, dann reden wir eigentlich vom Wachstum der Geldmenge. Wachstum wird in Geld gemessen. D. h. es muss uns in der Marktwirtschaft gelingen, aus Geld immer mehr Geld zu erzeugen. Dafür braucht es reale Waren und unsere Bereitschaft zur Lohnarbeit, aber auch zum Konsum. Fordern wir also einen Stopp dieses Wachstums, so verlangen wir mehr oder weniger einen Stopp der Geldwirtschaft und damit der Marktwirtschaft. Es gibt nämlich keine geldvermittelte Wirtschaft, die ohne Wachstum denkbar ist. Und zwar ohne Wachstum des Geldes. Das bedeutet, Wachstum und Geld sind untrennbar miteinander verbunden. Eske Bockelmann hat in seiner neusten Veröffentlichung „Das Geld. Was es ist, das uns beherrscht“ eindrucksvoll nachgewiesen, dass es das Geld ist, welches das Wachstum erzwingt, ja, es zwingt uns sogar dazu, unsere hergestellten Produkte auf eine bestimmte Art und Weise zu tauschen. Nämlich im Äquivalent. Daraus folgt, und das will ich hier in aller Deutlichkeit festhalten: Wenn wir überhaupt in so etwas wie eine Transition oder einen Wandel kommen wollen, so müssen zunächst das Geld und die daraus entstandene Art etwas zu tauschen überwunden werden.
Wir haben das sowohl in allen theoretisch relevanten Texten, Artikeln und Arbeiten bestätigt gefunden, wie auch durch unsere fünfjährige Praxis in der Schenkwirtschaft überprüfen können. Wir gehen von der Annahme aus, dass durch das alleinige Wegfallen des Geldes sich unsere existentiellen Probleme in Nichts auflösen würden. Es gibt sie einfach nicht mehr. Es mag ein paar andere geben, aber keine, die uns in unserer Existenz bedrohen.
Du kannst das rasch selbst überprüfen, indem du einfach versuchst dir eine Welt vorzustellen, in der nichts mehr gekauft und bezahlt wird. Absolut nichts. Die meisten Tätigkeiten, die wir heute als Arbeit bezeichnen, würden schlicht und ergreifend mangels Geld nicht mehr durchführbar sein, und diese sogenannte Arbeit, oder besser gesagt unser gesamtes Lohnarbeitsstraflagersystem, würde sich selbst demaskieren als die größte Absurdität der Menschheitsgeschichte, und deren absolute Nutzlosigkeit würde schlagartig sichtbar werden.
Experiment Entgeldung
Betrachten wir quasi als Gegenblick dazu die Perspektive, wie sich Geldlosigkeit auf den Einzelnen auswirken würde. Ich müsste mir die Frage stellen: Würde ich meine Tätigkeit weiter ausführen (können), wenn ich dafür kein Geld bekäme? Wir machen also das Geld als den Grund fest, weshalb es Wachstum gibt und wir als Menschheit uns scheinbar nicht vom Wachstumsgedanken trennen können. Das macht uns unsere Sache in der Praxis aber nicht leichter, obwohl wir genau wissen, was wir zu tun haben, nämlich unsere Welt zu entgelden. Im Gegenteil, wann immer diese Gedanken, dass es das Geld sei, welches unsere Welt zerstört, geäußert werden, hat man aufgrund der Reaktionen des Gegenübers das Gefühl, man lehnt sich gegen die größte und all umfassendste je existierende Religion auf und will Gott selbst töten. Und selbst der ärmste Schlucker, der nicht einmal 100 Euro besitzt, wird ausrücken und gegen diese Ungeheuerlichkeit, kein Geld mehr verwenden zu sollen, auf das schärfste protestieren und dich für verrückt halten. Damit sind wir beim wahrscheinlich wichtigsten Punkt, wenn wir die Liste unserer Experimentsabteilungen durchgehen, der zu lösen ist, bevor überhaupt eine Umsetzung in der Praxis möglich ist. Es geht um unser aller Bewusstsein. Und um Bewusstseinsbildung.
Ich stelle also nochmals fest: Ohne auf das Geld zu verzichten, das für uns als Fixpunkt erscheint, auf den wir uns ständig und bei allen Gedanken und Handlungen beziehen, ist eine Transition oder ein Wandel in unseren Augen überhaupt nicht zu haben. Wir müssen uns strikt vom Geld trennen. Und daraus folgend auch vom Äquivalententausch. Ich weiß, das ist viel auf einmal. Und wie sollen wir das je ins Bewusstsein aller Menschen bringen. Wenn es geht, auch noch schnell. Und das angesichts der Erkenntnis, wie sehr uns das Geld in Form seiner Logik durchdringt, wie Eske Bockelmann in seinem ersten Werk „Im Takt des Geldes – Zur Genese modernen Denkens“ eindrucksvoll aufzeigt. Auch das haben wir überprüft, indem wir hunderte Gespräche geführt haben und Menschen von den Vorteilen eines Lebens ohne Geld überzeugen wollten. Das Herz hat es manchmal sogar verstanden, aber die durchkapitalisierte Vernunft zu wissen, dass das, was wir vorhaben, nicht geht, nicht gehen kann und nicht gehen darf, hat sich in allen Fällen durchgesetzt. Manchmal bis zur Hysterie gesteigert. Die Menschen können sich eine Welt ohne Geld nicht vorstellen, weil sie 100% vom Geld und seiner Logik, wie es Eske Bockelmann beschrieben hat, durchdrungen sind.
Eine rein theoretische Erklärung unseres Problems, z. B. in Vorträgen oder auf Youtube etc, fällt also flach, darf aber bitte auf keinen Fall vernachlässigt werden. Und muss stattfinden. Die Masse der Menschen werden wir damit nicht erreichen. Was uns hier als Verkünder des neuen Wortes aber entgegenkommt, ist die zunehmende Krisenhaftigkeit sowohl der Wirtschaft wie auch des Klimas. Beide Krisen sind schon zur Katastrophe mutiert. Und beide sind untrennbar miteinander verbunden. In der allgemeinen Kakophonie der Vorschläge, was denn jetzt zu tun sei, um diesen Krisen zu begegnen, müssen wir uns mit unserem noch dünnen Stimmchen erst noch bewähren. Aber wir haben ein gutes Argument. Wir kennen eine Lösung, von der wir zwar nicht wissen, wohin sie uns führen wird, doch wir können einen Vorschlag anbieten. Wir müssen die Menschen mit ihren derzeitigen existentiellen Ängsten dort abholen, wo wir sie am ehesten erreichen können. Dies scheint mir in dieser Frage gut zusammengefasst zu sein: „Wie geht es mit dir, mit uns und allgemein weiter?“
Spielen wir die zur Verfügung stehenden Szenarien total verkürzt und abstrahiert einmal kurz durch. Die Menschheit befindet sich in zwei Megakatastrophen. Das erste Szenario ist die bereits stattfindende Klimakatastrophe. Und das zweite ist die Weltwirtschaftskrise durch die Coronapandemie. Beide sind von ungekannten Ausmaßen für uns Menschen. So. Wie gehen wir nun mit diesen Problemen in der Logik des Geldes um? Konzentrieren wir uns darauf, die Wirtschaftskrise zu lösen, wird es mit den angepeilten Klimazielen nichts werden. Denn selbst, wenn uns diese aufholende Entwicklung gelingen würde, müssten wir unseren Ressourcenverbrauch und natürlich auch den Konsum weiter steigern und immer weiter steigern. Das würde dem Klima wiederum nicht gut tun. Aber auch der Klimakatastrophe zu begegnen, indem wir von zukünftigen Produkten so weitgehend wie möglich verlangen, dass sie grün und immer grüner sein müssen, führt letztendlich zu immer höherem Ressourcenverbrauch und damit zu noch größeren Zerstörungen unseres planetaren Biotops. So führt auch das Greenwashing der Unternehmen, das von den Regierungen als Feigenblatt erkannt wird, zu keinen wirklichen Lösungen der zwei Krisen. Wir stecken also fest und kommen nicht mehr vor oder zurück. Wir dürfen aber auch aus unserem neuen Denken heraus nicht das Drücken der Stopptaste von einem Tag zum anderen fordern. Das würde die Menschheit in ein noch nie dagewesenes Chaos stürzen. Wir müssen versuchen, Schritt für Schritt aus dem Geldsystem auszusteigen. Zunächst einzelne Bereiche und dann immer weiter. Das sollten wir mit den Menschen diskutieren und praktizieren.
Erste Abteilung: die Akademie
Ein weiteres Phänomen des Bewusstseins ist in unserem Zusammenhang nicht weniger komplex. Hier stehen wir vor der Aufgabe, die Menschen mit der Tatsache zu konfrontieren, dass jede/r Einzelne von uns an der Zerstörung der Erde mitarbeitet. Da es ein menschliches Phänomen zu sein scheint, seine eigenen Handlungen in ganz anderem Licht zu sehen, als die Handlungen der Anderen, stehen wir selbst immer auf der Seite des Guten. Mangels fehlender Zusammenhänge und Kenntnissen der Materie und als reine Schutzbehauptung wird immer gesagt, dass das Bisschen, welches ich zum Ganzen beitrage, doch gar nicht ins Gewicht falle. Und zur Sicherheit wird noch schnell nachgeschoben, das selbiges bei die Chinesen niemanden kümmert. An dieser Stelle ist festzuhalten: Die globale Zerstörung des Planeten ist die unendliche Anzahl an einzelnen und kleinen zerstörerischen Handlungen in unserem derzeitigen Wirtschaftssystem aufsummiert zur globalen Katastrophe. Es gibt also die Zerstörung der Erde nicht als ein Ganzes. Und keiner allein wird diese Zerstörung aufheben können. Das bedeutet: Der Wandel beginnt mit uns und in uns selbst. Sonst gibt es ihn nicht. Jede/r, der zu ihm beitragen will, beginnt also mit der Überprüfung ihrer/seiner eigenen täglichen Handlungen. Und zwar jeder einzelnen. Da hat dann jede/r zu tun und braucht nicht auf die anderen zu schauen. Der/die Einzelne ist zwar für das ganze Ausmaß der Zerstörung nicht verantwortlich zu machen, ist aber sehr wohl für sein/ihr Handeln verantwortlich. Diese Bewusstseinsbildung funktioniert, und darauf weise ich extra hin, in beide Richtungen: nämlich sowohl vom theoretischen in eine bessere Praxis als auch von einer korrigierten Praxis zur Theoriebildung. Das bisher Gesagte bildet die Grundlage für die erste Abteilung unserer Experimentsanordnung: die Akademie. Diese Bewusstseinsarbeit begleitet im Rahmen der Akademie unser Experiment von Anfang an und endet nie.
Jetzt zum Experiment direkt: Unser Ziel ist es, eine geldfreie Welt zu erschaffen, in der die Wirtschaft ausschließlich zur Bedürfnisbefriedigung betrieben wird, und die Rücksicht auf alles andere Leben auf diesem Planeten nimmt. Dies bieten wir nur für die Menschen an, die es wollen. Niemand wird gezwungen teilzunehmen oder wird durch unser Experiment gestört. Es soll sich eine zweite Sphäre in der marktförmigen Gesellschaft bilden, die als sich selbst versorgende Gemeinschaft vollkommen in ersterer eingebettet ist. D.h.: Wir laden Menschen dazu ein, ihr Leben eigenverantwortlich in die Hand zu nehmen, sich ihrer tatsächlichen Bedürfnisse bewusst zu werden, die Produktion der benötigten Lebensmittel und Konsumgüter sowie deren Produktionsketten in die eigene Hand zu nehmen und dann solidarisch miteinander zu teilen, was da ist.
Um dieses Vorhaben zu beschreiben, haben wir sechs Begriffe oder Eigenschaften erarbeitet, die das anzustrebende Ziel vorgeben. Es ist jedoch völlig klar, dass sich diese Vorgaben nicht verordnen lassen. Und schon gar nicht lassen sie sich von einem Moment zum anderen zu 100% einhalten. Das spielt dabei aber keine Rolle. Wichtig ist nur, dass man sich ihnen so gut es eben jede/r Einzelne kann, annähert. Der Rest kommt durch Übung und Praxis von selbst.
Die Vorgaben, an denen wir unser Handeln messen, lauten: geldfrei, regional, solidarisch, pflanzlich, ökologisch und eigenverantwortlich.
An diesen sechs Vorgaben kann nun jede/r Einzelne ihre/seine täglichen Handlungen überprüfen und sich so weit es geht dem Ideal annähern. Das kann jede/r machen, also auch Menschen, die im kapitalistischen System fest verwurzelt sind. Damit ist sichergestellt, dass tatsächlich jede/r an unserem Experiment teilnehmen kann, die/der ernsthaft etwas zum Wandel beitragen will. Wie überhaupt das Experiment sowie auch die geldfreie Welt immer für alle denkt, solidarisch eben. Allerdings kann niemand beitreten oder Mitglied werden. Wer da ist und etwas tut, ist dabei. Das hat aber auch den Vorteil, dass man nicht ausgeschlossen werden kann.
Und genauso, wie wir unsere Vorgaben nicht von Anfang an zu 100% erreichen können, können wir auch nicht damit beginnen, sämtliche Bereiche unserer Gesellschaft zur gleichen Zeit zu entgelden. Daher konzentrieren wir uns zu Beginn darauf, die Ernährung und viele Konsumgüter vom Geld zu befreien und in eine Schenkwirtschaft umzuwandeln.
Zweite Abteilung: die Stiftung
Um unsere Lebensmittel selbst herstellen zu können, brauchen wir natürlich Grund und Boden und Betriebsmittel, sowie Menschen die Ahnung haben, wie Landwirtschaft richtig geht. Wir werden versuchen, das auf mehrere unterschiedliche Weisen zu erreichen. Einerseits über den Ankauf von Flächen durch Geld, das uns aus unserer politischen Arbeit zur Verfügung steht, sowie einen „Wir kaufen uns Villach frei“-Fonds, den wir mit Experimentstart gründen und in den jede/r einzahlen kann. Dieser Fonds ist nur zum Freikaufen von Flächen, Immobilien und Betriebsmittel da. Er wird in einer Bundesstiftung installiert.
Eine weitere Variante wäre, dass Bäuerinnen und Bauern, denen das Wasser ohnehin bis zum Hals steht, ihre Höfe ebenfalls in diese Stiftung einbringen und gleichzeitig auf ihrem eigenen Hof Bäuerin/Bauer bleiben können. Die Stiftung vergibt dann Nutzungsverträge für die einzelnen Anwesen und Betriebsstätten. Das ist genau geregelt, und diese Nutzungsverträge sind in unserer Welt so etwas wie das Grundbuch. Ziel ist es, so viele Flächen und Häuser wie möglich in diese Stiftung zu bringen, um unsere Ernäherungsunabhängigkeit zu garantieren und die Immobilien dem Markt zu entziehen. Diese Bundesstiftung heißt „Munusstiftung“ und ist daher die zweite Abteilung unseres Experiments.
Dritte Abteilung: die Datenbank
Das nächste Tool und das Herzstück unseres Experiments ist eine Datenbank. Diese Datenbank versteht sich als Bestandsaufnahme dessen, was unser Potential ist. In Fragebogenform tragen wir mit denjenigen, die sich bei uns melden, sämtliche Besitzungen einschließlich möglicher Nutzungszwecke genauso ein, wie auch die bevorzugten und erlernten Tätigkeiten und Fertigkeiten, die in der durchkapitalisierten Welt nicht verwertet werden könneni. Diese Datenbank bringt unsere Teilnehmer/innen direkt in Verbindung ohne dass dabei eine Zentrale notwendig wird.
Wie könnt ihr euch das vorstellen? Angenommen eine ältere Person lebt, wie gar nicht selten, völlig alleine in einem zweistöckigen Haus. Nach Beratung wird diese Person in der Datenbank vielleicht angeben, dass sie für den Garten jemanden sucht, der ihn bewirtschaften kann, dass sie bereit wäre, ein Glashaus errichten zu lassen, dass jemand Bienenstöcke aufstellen könnte, dass das Haus energieautark gemacht werden soll und dass, bei Sympathie und einer Probezeit, eine junge Familie bei ihr wohnen kann, wenn sie diese Personen im täglichen Leben ein bisschen unterstützen. So wäre es in der Datenbank eingetragen. Wenn jetzt eine andere Person eines dieser Potentiale nutzen möchte, so gibt es ein Match, und die zwei Parteien können miteinander alles vereinbaren, was einem jeden von ihnen dienlich ist. Damit ist diese Datenbank die Entgeldungsmaschine für unsere Gemeinschaft. Je mehr solcher Matches wir nämlich herstellen können, desto weniger Geld ist im Spiel. Jede einzelne Aktion, aus der das Geld als Vermittler zwischen den Menschen herausgebracht wird, ist eine Aktion, die unvermittelt zwischen Menschen stattfindet und ein weiterer Schritt in Richtung Wandel. Damit entstehen mit der Zeit sich verselbstständigende Effekte, die den Menschen vor Augen führen, wie absurd der Umgang mit Geld einmal war. So zeigt es jedenfalls unsere Erfahrung.
Für diese Datenbank suchen wir noch jemanden, der/die sie programmiert. Mit dem/derjenigen müsste die Datenbank natürlich in allen Einzelheiten besprochen werden. Denn selbstverständlich werden in diese Datenbank auch die Ergebnisse unserer Produktion eingetragen, sodass wir immer einen aktuellen Überblick über unsere verfügbaren Lebensmittel und Konsumgüter haben. Hier finden also die Verwaltung unserer Wirtschaft statt, aber auch die Übersicht und die Planung der Produktion. Damit ist die Datenbank die dritte Abteilung unserer Wirtschaft ohne Geld.
Vierte Abteilung: die Lebensmittelpunkte
Damit kommen wir zum wichtigsten Thema für uns Geldmenschen, nämlich der Distribution unserer Güter. Dafür haben wir das Tool des Lebensmittelpunktes (LMP) entwickelt. In der Zweideutigkeit seiner Bedeutung liegt auch schon die Erklärung begründet. Einerseits ist es für jede/n Teilnehmer/in ein Bezugspunkt von Lebensmitteln, zubereitetem Essen oder Konsumgütern. Anderseits soll dieser Spot aber tatsächlich für unser gesellschaftliches Leben der Mittelpunkt sein. Jeder Lebensmittelpunkt ist verbunden mit landwirtschaftlichen Betrieben und den Gärten der sich zugehörig fühlenden Menschen. Von dort beziehen sie Obst, Gemüse und Getreide etc, die nach den Kriterien der Permakultur angebaut werden. Durch Glashäuser sichert sich jeder Lebensmittelpunkt seine ganzjährige Versorgung mit tatsächlich biologischem Gemüse. Ein Teil davon wird verkocht und dient für einen Buffetbetrieb als Basis. Hier wird ganztägig Essen für alle angeboten. Im LMP können gleichzeitig frische Lebensmittel geholt oder mitgenommen werden, wenn jemand privat etwas braucht. Der Rest geht an noch einzurichtende, weiterverarbeitende Betriebe, die alles nach alten Methoden haltbar machen. Von dort werden die konservierten Lebensmittel wieder an die LMP verteilt. Nicht nach Schlüssel, sondern nach Bedarf.
Jedem Lebensmittelpunkt sollen so um die hundert Menschen angehören, die sich einerseits um einen „Restaurant“-Betrieb kümmern und die Vorratswirtschaft betreiben, also immer darüber auf dem aktuellen Stand sind, was gebraucht wird. Mit den Lebensmitteln verhält es sich wie bei allem: Wir produzieren, das was wir können, und anfangs ist noch einiges zuzukaufen, wie wir aus unserer Erfahrung wissen. Dafür soll es im Hintergrund eine Kassa geben, woraus zum Beispiel Gewürze oder andere Spezialitäten aus anderen Ländern, auf die wir nicht verzichten wollen, gekauft werden. Hier kann einzahlen wer will, aber gerne auch die Teilnehmenden. Denn wenn ich 50 Euro pro Monat in die Kasse lege, habe ich mir ca. 250 Euro erspart und esse Lebensmittel, von denen ich die/den Produzent/innen kenne, die biologisch sind und die keine Weltreise zurückgelegt haben. Müssen wir aber mit diesem Geld Lebensmittel zukaufen, dann gilt: Wenn gekauft wird, dann so regional wie möglich usw.
Jede/r kann sich ihren/seinen Lebensmittelpunkt frei wählen, aber auch hier gilt: Je näher ich dran bin, desto sinnvoller. Dort wo ich wohne, arbeite ich auch und pflege den Hauptteil meines gemeinschaftlichen Lebens. Dadurch ergeben sich im LMP Lösungen für Probleme wie Kinderbetreuung, Krankenpflege, Nachbarschaftshilfe und tausend Dinge mehr. Ich kann aber auch nach Lust und Laune in einem anderen LMP essen und andere besuchen. Das bleibt sich für uns gleich. An ca. jeden fünften LMP soll ein Lager und „Geschäft“ für die Konsumgüter Kleidung, Bücher, Spielsachen, Technik und Möbel angeschlossen sein. Dieser Sammelstelle wiederum angegliedert sollen Reparaturteams, Mechaniker/innen, Up- und Recycler/innen sein. Damit sind die LMP die vierte Abteilung der Versuchsanordnung.
Fünfte Abteilung: die Mediation
Als letztes wirklich großes Tool unserer Wirtschaft ohne Geld gilt es eine Abteilung für Mediation zu schaffen. Da wir den schärfsten aller Richter, das Geld, nicht mehr zur Verfügung haben, es aber trotzdem zu Problemen zwischen den einzelnen Beteiligten kommen wird, ist es unabdingbar, eine Institution zu etablieren, die bei allen Fragen des Zusammenlebens zur Lösung von Problemen und Streitereien angerufen werden kann. Menschen dieser Institution beginnen auch mit einem Besuch bei jedem, der teilnahmewillig ist, um den Fragebogen für die Datenbank mit ihnen persönlich auszufüllen und zu besprechen. Alle Prozesse werden von Anfang an durch diese fünfte unserer Abteilungen begleitet.
Wer darf am Experiment teilnehmen? Es gibt niemanden, der von unserem Experiment ausgeschlossen ist. Die einzige Voraussetzung ist, dass der/die Teilnehmer/in bereit sein muss, für den Wandel einige Gewohnheiten in Frage zu stellen. Um dieses Umstellen der Gewohnheiten organisieren zu können, wird ein Jahr Vorlauf notwendig sein, in dem sich unsere Wirtschaft ohne Geld, wie ein Computerspiel, durchs Ausfüllen der Fragebögen immer mehr formt, und erst wenn unsere Produktion eine Tragfähigkeit in der Simulation erreicht, gehen wir alle zusammen den Schritt vom Computer in die Praxis. Dabei ist es für die Teilnehmer/innen keineswegs notwendig, ihre Lohnarbeit von heute auf morgen aufzugeben und sich in ein Wagnis zu stürzen. Vielmehr ist es so, dass sich jede/r soweit ins neue Modell einbringen kann, wie es die kapitalistischen Verstrickungen fürs Erste zulassen und er/sie es möchte.
Fassen wir also zusammen
Es gibt ein Gesetz und das lautet: Verwende so wenig wie möglich Geld. Nur für Dinge, die wir unabdingbar für unsere Gemeinschaft brauchen und die auf anderem Weg nicht zu haben sind, tauschen wir mit Geld. Es existiert keine andere allgemeingültige Regel.
Es bedarf der Einrichtung einer Akademie, die sowohl theoretisch, als auch praktisch den Fortgang des Wandels beobachtet. Je mehr Handlungen nicht geldvermittelt und nicht durch Äquivalententausch stattfinden, desto weiter ist die Transition fortgeschritten.
Wir haben sechs definierte Grundsätze, denen sich jede/r Einzelne von uns versucht so weit wie möglich anzunähern. Es gibt allerdings keine Kontrollen, wer welche Standards erreicht. Die Grundsätze lauten: geldfrei, regional, solidarisch, pflanzlich, ökologisch und eigenverantwortlich.
Wir versuchen so viele Grundstücke und Immobilien wie möglich in die Munusstiftung zu bringen, um sie dem Markt zu entziehen und damit zu entwerten. Entweder geschieht dies durch Stiftung des/der Eigentümer/in oder durch Freikauf. Die Munusstiftung ist eine gemeinnützige Bundesstiftung, die extra für Projekte wie unseres gegründet wurde. In ihr wird auch der Freikauffonds installiert.
Das Herzstück unseres Projektes ist eine Datenbank, die durch direkte Vermittlung geldvermittelte Handlungen in zwischenmenschliche Handlungen rückverwandelt. Die Datenbank zeigt uns nicht nur einen laufenden Bestand und eine Inventur an, in ihr organisieren wir auch die Verwaltung. Ich weise hier extra darauf hin, dass es sich bei den bestehenden Gemeindeverwaltungen bereits um eine vollständig entwickelte Verwaltung für unsere Zwecke handelt. Es bräuchte nur eine Umstellung von profitorientierten auf bedarfsgerechte Zwecke.
Wir organisieren unser Leben, indem wir es an LMP ausrichten. In einem LMP schließen sich Menschen zusammen, um ihren täglichen Bedarf und den Bedarf an Konsumgütern zu produzieren und zu teilen. Die Größe jedes LMP ist individuell.
Da wir keine Hierarchien in unseren Gruppen haben und damit auch keine/n Führer/in oder Chef/in, wird alles durch die Kompetenzen der Teilnehmer/innen geregelt. Alle offenen und strittigen Fragen sind in einem von Fall zu Fall blickenden Entscheidungsprozeß von einem Mediationsteam zu lösen. Dieses Team begleitet alle Prozesse und bietet Hilfe in jeder Situation. Bei seinen Entscheidungen gilt, solange es möglich ist, das Sowohl-als-auch-Prinzip.
Die Teilnahme ist jedem/jeder nach seinen/ihre Möglichkeiten erlaubt. Niemand muss zunächst seinen kapitalistisch angestammten Platz verlassen, und es gibt keine Mitgliedschaft.
Begleitende Maßnahmen: Inventur der Böden Villachs und Vorausberechnung, was 2000 Menschen an Lebensmittel brauchen. Sowie als weitere begleitende Maßnahme: Medienpartner finden oder eigene Zeitung gründen.
Zum Schluss möchte ich noch auf eine bemerkenswerte Tatsache hinweisen. Wir brauchen für die von uns vorgeschlagene Art und Weise, einen Wandel in die Welt zu tragen, kein Geld. Nichts von all dem, was wir vorschlagen, kostet etwas. Alles ist bereits da, es ist nur neu zu denken und neu zu benützen. Was wir brauchen sind Menschen, die das verstehen und bereit sind, neue Gewohnheiten in die Praxis zu bringen. Daher ergeht an euch noch einmal die Bitte um Unterstützung und Mitarbeit, insbesondere für die Bereiche Akademie und Datenbank.
Schön einen klaren und deutlich formulierten Vorschlag zu lesen. Als Studentin bin ich jeden Tag mit den Theorien wie es denn sein müsste, was man nicht tun sollte und wie es nicht funktionieren würde konfrontiert. Dabei ist es jeder Person vor allem wichtig groß zu Reden und möglichst intelligent zu erscheinen. Man müsse nur dies mit dem Geld, man müsse nur das mit dem Wert… Wenn wir uns bei einem gemeinsamen Mittagessen so uneinig wären wie bei diesen Fragen, dann würden wir vor dem vollen Teller verhungern. Das alles hat und wird niemanden weiter bringen. Deswegen freue ich mich sehr, einen auf die Praxis orientierte Vorschlag zur Besserung der Situation zu finden, der gleichzeitig alles offen lässt, was durch besondere Umstände in verschiedenen Regionen noch zu beachten wäre.
Das „No blame. No Shame“ und konsequentes Handeln so friedlich miteinander existieren können, gibt Hoffnung.
Ich bin dabei.
Gibt es eine Art Ausschreibung für die Suche nach der Softwareentwicklung der „Datenbank“ ? Oder bereits Rahmenbedingungen für die technische Basis? Ich hätte durchaus Interesse, daran teilzunehmen, sofern die gewählte Technik nicht all zu fern von dem entfernt ist, was ich beherrsche.
Liebe Maria vielen Dank für Deine warmen Worte. Wir können jede/n brauchen, der sich mit unserem Projekt auseinanderzusetzen bereit ist und vor allem bereit ist mitzuTUN.
Danke.
Lieber Herbert Maschke, auch Dir ein herzliches Danke für Deine Anfrage. Wenn Du es so willst, ist der Aufruf zur Mithilfe in meinem Vortrag gleichzeitig die Ausschreibung dafür. Insofern bist Du zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort. Ein Team von Programmiern des Commons Instituts hat sich bereit erklärt sich mit uns zusammen so etwas wie Rahmenbedingungen für die technische Basis zu erarbeiten. Sie beschäftigen sich bereits mit ähnlich gelagerten Datenbanken. Wir sind aber über jeden Kopf und über alle Hände, die zur Umsetzung unseres Vorhabens beitragen können, sehr froh und laden Dich und alle anderen,die sich bei unserer Expedition begleiten wollen,herzlich ein sich ins Projekt einzubringen. Sobald ich also mit der „Crew“ etwas Licht ins Dunkel gebracht habe, melde ich mich bei Dir.
Ist das nur eine Behauptung oder gibt es dafür auch Beweise? (Und bitte verweise jetzt nicht nur auf Eske Bockelmann, ich weiß was er schreibt und finde er argumentiert richtig richtig schlecht mit reihenweise Konfusion und oft falscher Empirie.)
Grundsätzlich scheint mir, du verwechselst hier Geld mit Kapital. Kapital ist Geld, dass verwertet werden soll, und da wird es natürlich zum Problem, wenn das auf Dauer nicht gelingt (und wenn es im Durchschnitt gelingt, ist mehr Geld da als zuvor, also hat Wachstum stattgefunden). Kapital kann zumindest immer die Geldform annehmen, aber nicht alles Geld ist Kapitel.
Historisch ist es auch sehr klar, dass diese Behauptung nicht hinhauen kann, denn Geld gibt es schon seit Jahrtausenden, und über den Großteil dieser Zeit hat überhaupt kein Wachstum stattgefunden bzw. wenn, dann höchstens so langsam, dass es aus heutiger Sicht praktisch nicht messbar ist.
Ernstgemeint oder Scherz?
Ansonsten: Eure Lebensmittelpunkte (LMP) erinnern mich sehr an die bolos aus p.m.s (Hans Widmers) bolo’bolo – später hat er statt „bolo“ noch andere Begriffe verwendet, aber das Konzept bleibt eigentlich immer dasselbe. Ist das eine bewusste Parallele und wo würdet ihr Ähnlichkeiten und Differenzen sehen?
Lieber Christian Siefkes, ich respektiere Ihre zum Ausdruck gebrachte Meinung. Wir leben allerdings den Lebensstil, den ich im Vortrag zum Ausdruck bringen wollte schon in der Realität. Seit fünf Jahren funktioniert das Konzept für eine kleine Gruppe von Menschen ganz gut. Um jetzt den nächsten Schritt zu wagen, diesen von uns gewählten Lebensstil einem breiterem Publikum zu präsentieren, laden wir Menschen ein uns zu helfen und mit uns ihre eigenen Erfahrungen zu teilen, damit wir allesamt schneller vorankommen. Wer sich auf die Grundsätze unseres Experiments einlassen kann, ist herzlich eingeladen mitzugestalten. Andere unternehmen ihre Versuche den globalen Problemen Herr zu werden und wir begrüßen diese Vielfalt. Wir feiern jeden Beitrag, der uns allen den gordischen Knoten ein bisschen entwirrt. LIEBE
Lieber Robert, es ist ganz toll, was ihr vor habt und ich wünsche Euch viel Erfolg! Ich denke auch seit mehreren Jahren über eine bessere Gesellschaft nach und vor einem halben Jahr sind mir auch die Augen aufgegangen, was das Geld anbelangt. Du nennst die zwei Gefahren – Klimakollaps und Coronakrise. Mittlerweile ist ja die Wirtschaft wieder am Wachsen, dank der 1850 Milliarden Euro, die gerade ausgeschüttet werden. Leider zwackt man nur ein paar wenige Milliarden für den Klimaschutz ab. Somit wissen wir, wie die Entwicklung sein wird. Wir haben also nicht mehr viel Zeit um etwas zu ändern. Menschen wie Ihr, die selbstversorgende Gemeinschaften gründen, sind leider zu wenig, um etwas zu bewirken. Es sind die 15%, die auch bereit sind, grüne Parteien zu wählen.
Ich habe mir etwas anderes vorgenommen. Ich gehe davon aus, dass man das Geld einfach wegnehmen kann, wenn die Menschen ausreichend dazu motiviert werden, ihre täglichen Abläufe überhaupt nicht zu verändern. Wie ich es mir genau vorstelle, habe ich auf meiner Website beschrieben. Ich habe mir vorgenommen, in den nächsten Jahren Menschen auf der ganzen Welt davon zu überzeugen, ein weltweites Referendum zur vollständigen Geldentwertung zu initiieren. Ich stelle mir vor, dass hauptsächlich im globalen Süden Interesse besteht, da ja gleichzeitig auch alle Schulden getilgt sind.
Nochmals viel Erfolg und viele Grüße, Eberhard
Lieber Eberhard, vielen, lieben Dank für Deine guten Wünsche. Wir wünschen Dir für Deine Vorhaben alles Gute, denn es können nicht genug Menschen sein, die sich mit der Problematik unseres Geldes auseinandersetzen. Solltest Du einmal in der Gegend von Villach sein, so laden wir Dich herzlich ein uns zu kontaktieren und ein bisschen bei uns verweilen. LIEBE
@Robert Kravanja:
Danke – ich freue mich über eine Kontaktaufnahme über die von mir angegebene Email Adresse. Gerne können wir auch mal einen Termin für einen Call machen, ich bin sehr gespannt, das bisherige „Team“ mal kennen zu lernen. Übrigens: mir wäre wichtig, das gesamte Projekt von Anfang an komplett öffentlich Open Source inkl. OSS Lizenz auf github/gitlab/wo-auch-immer zu hosten und zu koordinieren; denn diese unsere „geistige Arbeit“ sollte selbstverständlich für alle zugänglich sein und auch von jedeM/R verbessert werden können. Wir stoßen sozusagen den Stein nur an, Rollen soll er irgendwann von alleine.
Lieber Robert,
Du hast mir voll aus dem Herzen gesprochen: Auch ich sehe – wie ich in https://www.utopia-ist-machbar.de versucht habe darzustellen – in der Abschaffung des Geldes das Allheilmittel zur Transformation zu einer solidarischen, inclusiven, commonsorientierten Gesellschaft mit glücklicheren Menschen als sie es heute sind. Diesbezüglich habe ich aber 2 Fragen: Was hältst Du von https://www.helfa.org ? Ist es nicht im Wesentlichen identisch mit Eurem Konzept?
Lieber Lucki, danke für Deine unterstützenden Worte. Wenn Menschen so wie Du oder wir erkennen, dass Geld uns eigentlich nur daran hindert unser Leben zu gestalten, dann gibt es die verschiedensten Ansätze das neu zu gestalten. Egal wer das Konzept entwickelt und wo umgesetzt wird, wichtig ist nur DAS es umgesetzt wird. Es kann nicht genug Orte geben an denen das losgeht. Was uns vereint ist, dass wir nix verkaufen wollen oder müssen und daher unsere Erfahrungen und das Wissen teilen können. Sowohl utopia ist machbar, als auch helfa scheinen mir, so wie unser Experiment auch, am richtigen Weg zu sein. Ich hoffe wir können uns einmal treffen. LIEBE.
Irgendwie werde ich den Verdacht nicht los, dass sich hier bei manchem der Geldfetisch in einen Antigeldfetisch verwandelt hat.
Lieber Robert, mit großer Begeisterung habe ich beim Frühjahrstreffen des Commons-Instituts am 2. Mai deinen Bericht aus Villach gehört und mich besonders über die gute Laune gefreut mit der du erzählt hast. Ich bin ganz neu beim Commons-Institut und arbeite gerade an dem Wiki-Artikel zum Commoning. Sehr gerne würde ich dich mit der Einladung, die du dort ausgesprochen hast beim Wort nehmen und für ein paar Tage nach Villach kommen. Das wäre so um den 18. Juli herum. Würde das gehen? Könnten wir (zwei) bei euch übernachten und ein bisschen mitarbeiten?
Liebe Grüße, Cordula
P.S. Ich schreibe hier, weil ich keine MailAdresse von dir habe. Du kannst mir hier antworten: lulab@gmx.net. Freue mich darauf von dir zu hören – wie auch immer.
Das Social-Start up Bring Together in Leipzig könnte ein Start-Punkt für die „Datenbank“ sein. Sie haben schon einen „Matching“-Algorithmus entwickelt, der Menchen und Immobilien zusammenbringt. Dies könnte sicherlich als „Commons-Projekt“ wie Mozilla weiterausgebaut und im Sinne Eures Ansatzes genutzt werden. https://www.bring-together.de/de
Hallo Robert,
großen Dank für diesen Beitrag und Dein Engagement!
In aller Kürze: Was Du hier vielleicht als AKADEMIE andenkst, versuchen wir gerade unter dem Arbeitstitel „Commons College“ zu entwickeln und zu starten. Die STIFTUNG besteht ja bereits. Die DATENBANK wird in erweiterter Form bereits im Rahmen des Global Commoning System (https://commoningsystem.org/en/theory/) entwickelt und die LEBENSMITTELPUNKTE sind bei mir auf verschiedene Art und Weise im „Konzept für selbstorganisierte Versorgungszentren“ integriert. Für eine institutionalisierte MEDIATION sehe ich persönlich gerade keine Notwendigkeit. Falls Du in Kontakt treten möchtest: christian.schorsch@mailbox.org
„Nichts ist stärker als eine Idee, deren Zeit gekommen ist.“ (Victor Hugo)
Lieber Robert,
nach fast einem Jahr möchte ich einen weiteren Kommentar abgeben.
Wir leben in zwei unterschiedlichen Welten. Du auf dem Land, zwischen wahrscheinlich enthusiastischen Menschen, die ebenso denken wie du, die geldlose Wirtschaft praktizierend. Ich mitten in Brüssel, in einer stark befahrenen Straße, jetzt um elf Uhr des nachts knattern die lauten Autos und Motorräder vorbei. Wenn ich morgen aus dem Haus gehe, laufe ich an SUV und großen Limousinen vorbei. Aber wenn ich den Menschen aus aller Welt in dieser Multikultistadt begegne, stelle ich mir vor, wie es wäre, wenn es kein Geld gäbe. Es würde nicht viel anders aussehen. Wenn ich an den vielen Obdachlosen vorbeilaufe dann verspreche ich jedem Einzelnen im Stillen, dass ich alles dafür tue, dass sie so schnell wie möglich von ihrem Los befreit werden.
Die ersten Abschnitte Deines Beitrages lesen sich so leicht, die Brust füllt sich mit frischer Luft und ich könnte jauchzen vor Freude und Hoffnung. Aber wenn ich weiterlese, dann wird es stickig und ich werde immer trauriger. Das was Du beschreibst, diese Bürokratie ist schlimmer als das, was wir gerade auf der Welt haben.
Natürlich lässt sich das Geld abschaffen! Ich weiß, dass man es den Menschen nicht schmackhaft machen kann, ich habe dieselben Erfahrungen wie Du. Aber wenn wir ihnen versprechen, dass all ihre Schulden getilgt werden, dann müsste ein globales Referendum besonders durch die Stimmen im globalen Süden erfolgreich sein. Wir müssen diese Idee nur schnell genug auf der ganzen Welt verbreiten. Mein Werkzeug ist hauptsächlich Twitter und an guten Tagen erreiche ich über 2000 Impressions und über 150 Zugriffe auf meine Website. Und ich schreibe noch zehn oft individuelle Emails an Menschen, bei denen ich denke, sie sind dafür empfänglich.
Ich stehe mit ca. 25 Menschen im Kontakt, die sich ebenfalls eine geldfreie Gesellschaft vorstellen können. Aber sie denken ähnlich wie Du, dass man klein anfangen muss. Wenn theoretisch jeder aktiv bei der Verbreitung der Idee eines globalen Referendum zum Schuldenerlass mitmachen würde, dann könnte man täglich 50000 Impressions, und über 3000 Webseitenzugriffe schaffen. Wenn sich das potenziert, dann könnte die Idee der Abschaffung des Geldes innerhalb von fünf Jahren verwirklicht werden. Diese 25 sind doch vielleicht die Einzigen, die momentan dazu in der Lage wären.
Am Anfang schreibst Du auch etwas über die Wirtschaft. Ich denke, herausgefunden zu haben, warum das Wachstum nicht innehält, obwohl wir seit 50 Jahren wissen, dass wir ins Verderben rennen und es in den letzten Jahren sogar verstärkt Proteste gab.
Vermutlich ist die Antwort so banal, dass wir sie nicht wahrnehmen können. Alle Beschäftigten in der globalen Wirtschaft bis hin zum CEO haben einen Vertrag mit einem Unternehmen und nicht mit einer natürlichen Person. Das Unternehmen hat per se keine menschlichen Eigenschaften, geschweige denn, menschliche Interessen. Man kann sagen, Prinzipien, die für Menschen wichtig sind wie Gerechtigkeit oder Schutz der Natur sind für das Unternehmen irrelevant. Das Unternehmen interessiert nur wirtschaftlicher Erfolg. Proteste sind an diese Unternehmen gerichtet aber sie können sie natürlich überhaupt nicht verstehen.
Die Entscheidungen dieser Institutionen werden nicht mit Menschenverstand getroffen sondern mit Hilfe von Rechenprogrammen, die den zu erwartenden Profit kalkulieren. Auch der CEO bzw. der Vorstand des Unternehmens hat einen Arbeitsvertrag mit dieser Institution. Da er dem Arbeitgeber gegenüber zu Loyalität verpflichtet ist, kann er nichts gegen die Entscheidung dieser „Rechenmaschine“ unternehmen. Er würde auch bestimmt nicht sein Spitzengehalt riskieren. Und genau das ist der Grund, warum das Wachstum und steigende Ungleichheit immer weiter gehen werden, bis es eines Tages zwangsläufig zum Kollaps kommt.
Die einzige Möglichkeit wäre, die Marktgesetze außer Kraft zu setzen. Das ist durchaus realistisch, denn mit den heutigen Möglichkeiten des Internets braucht man den Markt nicht mehr. Man kann das Ladenregal direkt mit dem Produzenten verbinden. Das Prinzip des kürzesten Weges. Hierdurch würde gewährleistet, dass nur das produziert wird, was der Kunde benötigt, aber auch wirklich nur das. Das würde bereits zu einer großen Einsparung an Rohstoffen und Energie führen. Möglicherweise würden dann bereits alternative Energieträger ausreichen. Das hat nichts mit Planwirtschaft zu tun, das ist Produktion in Echtzeit!
Da der Markt aus Waren und Geld besteht, müssen wir hierfür global alles Geld abschaffen. Und das geht durchaus. Die Bereitschaft zur Arbeit steckt inhärent in uns, schließlich ist es das, was uns von den Tieren unterscheidet. Die benötigten Rohstoffe und die Energie bekommen wir kostenlos von der Natur geliefert. Somit wären alle Waren gratis und die Notwendigkeit für Wachstum entfällt.
Die Abschaffung des Geldes brächte gewaltige Vorteile mit sich. Heute können viele wichtige Arbeiten nicht durchgeführt werden, weil kein Geld dafür da ist. Diese Schranke fällt dann automatisch weg. Die Menschen gehen dann einfach dorthin, wo etwas erledigt werden muss.
Wenn das Geld vom Markt verschwunden ist, dann können auch die Waren endlich gerecht verteilt werden und die, die wenig oder gar kein Geld haben, bekommen dann ihren Anteil. Wenn es kein Geld mehr gibt, dann gibt es auch keinen Profit und keinen Zins mehr. Deshalb ist auch Eigentum nicht mehr schädlich, denn man kann nichts mehr damit anfangen. Es kostet nur Mühe und was man nicht für sich selbst benötigt, wird allmählich in Gemeineigentum übergehen, an dessen Erhalt sich jeder beteiligt.
Also erfordert dieser Systemwechsel überhaupt keine Enteignungen wie beim Übergang zum Sozialismus. Es ist ein viel besseres System als der Sozialismus!
Nun ergibt sich die Frage nach der Realisierung. Hierfür empfehle ich, sich vorzustellen, dass durch ein globales Ereignis, vielleicht einen elektromagnetischen Impuls oder etwas ähnliches, über Nacht plötzlich alles Geld verschwindet. Ich bitte Dich nun, zu überlegen, was Du persönlich machen würdest. Höchstwahrscheinlich würdest Du wie jeden Tag auf Arbeit gehen und Deine Aufgaben erledigen. Ganz bestimmt würde auch ein Arzt ins Krankenhaus gehen und nach seinen Patienten schauen, genauso tritt der Straßenbahnfahrer seinen Dienst an. Wer noch alles? Die einzige Konsequenz wäre, dass die Kassen im Supermarkt nicht besetzt sind, weil es ja kein Geld mehr gibt. Sonst passiert nichts. Bei der Bewältigung der Pandemie haben wir weltweit Disziplin und Solidarität gezeigt, warum soll das bei der Abschaffung des Geldes nicht so sein? Auch vor zwei Jahren, beim ersten Lockdown ist die Versorgung mit Waren des täglichen Bedarfs nicht zusammengebrochen.
Wir dürfen den Horror-Prophezeiungen der Ökonomen keinen Glauben schenken. Außerdem, welches Risiko ist größer – dieses oder das, wenn wir einfach so weitermachen.
Und wenn das Geld global abgeschafft ist, dann können sich alle guten Ideen der Gemeinwohl-Ökonomie von ganz alleine entfalten. Auf meiner Website gibt es einen FAQ-Bereich (einfach nach unten scrollen), da werden viele Fragen beantwortet.
Warum versteht es niemand, es ist doch so einfach!