Schlagwort: theorie und praxis

Lokalisierung des Gemeinsamen

In seinem Buch ‚Wasser als Gemeinsames‚ beschreibt Johannes Euler, dass etwas dann zu einem Commons wird, wenn es „eine soziale Form annimmt, die bestimmt ist durch die freiwillig und inklusiv selbstorganisierte Versorgung und Vermittlung von auf die Befriedigung von Bedürfnissen abzielenden Peers.“ Sprich: Ein Commons kann alles sein, wenn die Verwendung nur durch Commoning bestimmt wird. Das ist eine gute und wichtige Definition von Commons, genauso wie die im Zitat enthaltenen sieben Dimensionen Commoning wirklich schön beschreiben.

Wird sich aber näher damit beschäftigt, wie ein Commons praktisch organisiert werden kann, gerät die Definition an ihre Grenzen. Was ich folgend vorstellen möchte, ist ein Versuch von mir, dieses Commons zu lokalisieren, um darum stattfindende Auseinandersetzungen besser fassen zu können. Ich denke, dass dieser Schritt notwendig ist, um bestimmte Prozesse zur Organisation von Commons besser unterstützen zu können.

Das Thema wird für viele nicht relevant sein, aber wenn der eine oder die andere das Gefühl hat, das ginge sie etwas an und er oder sie hat Gedanken dazu, würde ich mich freuen diese Gedanken zu hören.

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Das Experiment einer schrittweisen Entgeldung in Villach/Österreich

Wie kann der Übergang von einer auf Geldwachstum verpflichteten Gesellschaft in eine Gemeinschaft gelingen, in der die Menschen bereits über die Deckung ihres Bedarfs an Lebensmitteln verbunden sind? Vorstellung eines in diesem Sinne gemeinschaftlichen Experiments zur Entgeldung lebenswichtiger Bereiche noch innerhalb der kapitalistischen Geldlogik.

Ich bin Robert Kravanja und arbeite in Villach zusammen mit Verantwortung Erde, einer Bewegung, die es sich zur Aufgabe gemacht hat bedingungslos für die Interessen unseres Planeten einzutreten. Wir sitzen im Stadt- und Gemeinderat und 3000 Menschen (12%) haben uns bei der letzten Wahl gewählt. Wir verstehen uns als Teil der Transitionsbewegung.

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Commons-Diskurs: Übergang

commons-jvmus-200Eine siebenteilige Serie mit Fragen an den Artikel Grundrisse einer freien Gesellschaft. Bisher erschienen: Freie Gesellschaft, Individuum und Gesellschaft, Konflikte, Abstimmungsprozesse, Inklusion, Stigmergie.

7. Übergang

Frage: Stefan, Du gehst in diesem Beitrag nicht darauf ein, wie die Übergangszeit zwischen heutigem Kapitalismus und zukünftiger Peer-Commons-Gesellschaft aussehen soll. Wie kann der Weg, den Du vorschlägst, wirklich Schritt für Schritt gegangen werden?

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Jürgen Leibiger über keimform.de

Jürgen LeibigerAm 22. September dieses Jahres jährte sich die Gründung dieses Blogs zum zehnten Mal — und es gibt ihn immer noch! Aus diesem erfreulichen Anlass haben wir einige Wegbegleiter_innen von keimform.de gebeten, uns ihre Gedanken zu diesem „Nicht-Projekt“ zu schicken. Die Antworten, die wir erhalten haben, veröffentlichen wir hier in loser Folge.

Ich gratuliere Euch zum Blog-Jubiläum.

Ich besuche Eure äußerst anregende Seite gerne, weil ich es für wichtig halte, Alternativen zum bestehenden System zu entwickeln und nach „Keimformen“ dafür im System zu suchen. Die Konzentration auf die Veränderung der sozialen Verhältnisse in der gesellschaftlichen Reproduktion ist nur zu begrüßen, wobei meines Erachtens nicht nur die Begriffsarbeit rund um das Commoning wichtig ist. Die Suche nach Keimformen erfordert analytische Arbeit bezüglich der Komplexität der bestehenden Verhältnisse und der Vielfalt möglicher Alternativen sowie transformatorischer Kräfte und Wege. Viel Erfolg bei der Zukunfts-Recherche!

Jürgen Leibiger, Wirtschaftswissenschaftler, Mitglied der Rosa-Luxemburg-Stiftung Sachsen

Friederike Habermann über keimform.de

Friederike Habermann (Foto: Christopher Schwarzkopf, Lizenz: CC-BY-SA 4.0, URL: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Friederike_Habermann_(11._ABC_des_Freien_Wissens,_2015).jpg )Am 22. September dieses Jahres jährte sich die Gründung dieses Blogs zum zehnten Mal — und es gibt ihn immer noch! Aus diesem erfreulichen Anlass haben wir einige Wegbegleiter_innen von keimform.de gebeten, uns ihre Gedanken zu diesem „Nicht-Projekt“ zu schicken. Die Antworten, die wir erhalten haben, veröffentlichen wir hier in loser Folge.

Ohne keimform.de würde die inspirierendste Plattform fehlen, um die Erfahrungen aus der digitalen Solidarität aufs Ganze zu übertragen.

Friederike Habermann, Volkswirtin, Historikerin, Commons-Forscherin

Marx‘ Plädoyer für die Commons

Heute mal Philosophie. Der Philosoph Karl Marx schrieb 1845 die »Thesen über Feuerbach« in sein Notizbuch. Sein Kumpel und Sponsor Friedrich Engels fand sie dort und brachte sie nach dem Tode von Marx (1883) in veränderter Form 1888 heraus. Können die Thesen uns heute noch was sagen? Vorweg die Antwort: Unbedingt! Marx hat dort wesentliche Elemente beschrieben, die wir heute als Commoning (Praxis der Commons) fassen würden.

Ich folgenden zitiere ich die elf Thesen in gekürzter Form. Dabei lasse ich v.a. zeitbezogene Aussagen weg. Anschließend kommentiere ich jeweils die zitierte These aus der Sicht eines philosophisch interessierten Commoners. Vorab: Wenn von Materialismus die Rede ist, dann ist immer ein philosophischer Begriff gemeint, nicht die heute oft genauso bezeichnete personale Orientierung auf den Besitz »materieller Sachen«.

Kurz zum historischen Hintergrund: (mehr …)

Einige Thesen zur P2P-Gesellschaft

Weil Benni jetzt begonnen hat, auf Marcin Jakubowskis Arbeit hinzuweisen, der tatsächlich ein volles technologisches Programm für die Entwicklung einer P2P-Produktion auf materiellem Gebiet erstellt hat und auch in die Tat umsetzt, veröffentliche ich einige ins Unreine gedachte Gedanken, die anlässlich eines Briefwechsels mit Stefan Merten entstanden sind. Dies auch, weil meine relativ liberale Einstellung zu verschiedenen Dimensionen des „Herausarbeitens“ aus der bürgerlichen Gesellschaft zu dem Missverständnis geführt hat, ich meinte mit etwas Lokalwährung und Sozialem Unternehmertum wäre alles in Butter (siehe Bergmann-Kritik). Es geht mir im wesentlichen um die Frage, was sind die Kernstrukturen und „Konstruktionsprinzipien“ einer anderen Gesellschaft, wie wir sie von den Mustern der freien Softwareentwicklung her denken können.
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Sind Freiräume Keimformen?

Einem Artikel bei Emanzipation oder Barbarei entnehme ich, dass man scheinbar die in der Linken immer wieder gerne genannten „Freiräume“ mit „Keimformen“ verwechseln kann. Wie das? In dem Artikel heisst es am Schluß:

Was es statt Kapitalismus dann geben könnte, weiß allerdings niemand so richtig. Keimformen, meinen die einen. Andere halten das hingegen für regressiv. Aber dazu vielleicht später mehr.

Ich hab mich ja schon gefreut, dass sich vielleicht mal endlich jemand aus der radikalen Linken substantiell und gerne auch kritisch mit unseren Thesen auseinandersetzt und stürzte mich also auf den verlinkten Text. Leider mußte ich dann aber feststellen, dass da garnichts über Keimformen drinsteht. Das Wort kommt im Text noch nicht mal vor. Statt dessen geht es nur um das Verhältnis von Theorie und Praxis am Beispiel zweier momentan verbreiteten Szene-Hypes, eben zum einen den „Freiräumen“ und zum anderen den Theoriezirkeln (wobei beides wohl eher evergreens als hypes sind). Lustigerweise kann ich dem Text, der mir als Keimformkritik präsentiert wird in weiten Teilen zustimmen, wenn es dort zum Beispiel heißt,

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