Geldlose Gesellschaft ist keine Utopie
Der Wiener »Standard« veröffentlichte einen Leser-Artikel des Architekten, Erfinders und Unternehmers Thomas Herzog. Der diskutiert eine geldlose Gesellschaft und geht dabei ein Reihe von Fragen durch, die wir auch hier immer wieder ansprechen:
- Motivation ohne Geld
- Wer macht die unangenehmen Tätigkeiten?
- Arbeitseinsparung durch Geldwegfall (50% schätzt der Autor)
- Eigentum und Besitz
Fazit: Eine geldlose Gesellschaft ist machbar, auch wenn etliche Fragen offen sind. Die schwierigste stellt der Autor zuerst: »Wie soll der Übergang … ablaufen?«
Gut, dass sich eine Standard-Zeitung traut, etwas so unstandardgemäßes zu bringen! [via]
Unglaublich, dann wird wohl bald ein Geldfreies Leben kein Tabuthema mehr sein! jedoch will ich keine welt wie in startrek das wäre ja der Horror schlecht hin, aber naja irgendwo muss man ja anknüpfen 😀
@Traumspinner,
was genau ist denn bei startrek so kritisch in Deinen Augen?
The Zeitgeist Movement hat sich auch ausführlich mit dem Thema Leben ohne Geld auseinandergesetzt und inzwischen reichlich Filmmaterial dazu. Interessant finde ich ihren Denkanstoß, denn ich mal aufgegriffen habe:
Schönes Beispiel einer Geld-Aktion: wie kann man zum Nachdenken anstoßen?
LG Martin
StarTrek = Hirachische strukturen!
RBE = totale abhängigkeit von Technologie
Besser mit State-of-the-Art-Technologie auf dem Stand der Produktivkraftentwicklung als auf rückwärtsgewandtem Alternativklitschen-Niveau!
also das ist keineswegs gesponnen, Frau Spinnerin #4, warum gibst Du Dir diesen aparten Namen?
Zu diesem Artikel will ich hier gar nicht viel sagen, ist schön geträumt, aber geträumt, das ist so einfach nicht zu haben und der Effekt auf den es eigentlich ankommt: gutes Leben mit Freiheit, Entfaltungsmöglichkeiten, wirtschaftlicher existentieller Sicherheit und politischer Gestaltungsfreiheit und Verantwortung, das ist auch zu haben unter der Bedingung dass Geld mit seinen vernünftigen wirtschaftlichen Funktionen erhalten bleibt. Bis man darauf ohne Verluste verzichten kann, muss ne Menge passieren, und zwar vor allem eben das: sehr smarte kleine feine blitzschnelle und blitzgescheite Technologie, um uns allen mit Verstand und Gefühl effektvoll unter die Arme zu greifen.
Wie der Kapitalismus in der Falle steckt, in einer ausweglosen Aporie, davon hat Konicz wieder einen wunderbaren Artikel geschrieben:
http://www.heise.de/tp/artikel/35/35303/1.html
Das zu kapieren halte ich immer wieder für hilfreich, auch wenn das Aufspüren der Auswege auf einem ganz anderen Feld passieren muss.
@Ludger: also der von dir verlinkte Artikel (Danke für den Tipp!) beschreibt ja sehr gut, warum die Idee, ausgerechnet der Kapitalismus oder (was de facto dasselbe ist) die Geldwirtschaft könnte ein gutes Leben für alle ermöglichen, heute weltfremder ist denn ja. Der einzige Versuch, eine Geldwirtschaft ohne Kapital aufzubauen, nämlich der Realsozialismus, ist ja so kläglich gescheitert, dass wohl nur wenige für eine Wiederholung dieses Experiments plädieren würden. Und tatsächlich gibt’s ausgerechnet von Marx (auf den sich der Realsozialismus berief, ohne aber viel von ihm verstanden zu haben) gute Argumente dafür, warum Kapitalismus und Geldwirtschaft nicht zu trennen sind.
@Christian #6: setz Dir doch bitte eine schärfere Brille auf…
Geldwirtschaften gabs schon vor dem alten Rom und dem klassischen Altertum, das ist nicht identisch mit Kapitalismus, und wenn Du den Artikel von Konicz genau liest und dann noch all die anderen die er dazu schon geschrieben hat und dann noch das Buch von Sarah Wagenknecht zum Beispiel, weil die so nett schreiben kann, dann verstehst Du dass der Kapitalismus an seinem eigenen Erfolg zerbricht und scheitert, und das ist dann eigentlich kein Scheitern, das ist Reife, der Kapitalismus konnte nirgendwo anders hinführen; und dazu ist es immer wieder gut dieses Marx-Zitat sich zu Gemüte zu führen: erst wenn die neuen Möglichkeiten im Schosse des alten heranwachsen etc etc.; und: die Menschheit stellt sich nie Aufgaben die sie nicht lösen kann.
Wie sagt Konicz: Hyperproduktivität. Das ist es. Zu viel Produktivität, zu viel Kapazitäten bei Vollbeschäftigung im Verhältnis zur Nachfrage. Und daran könnte eine bessere und gerechtere Verteilung was zwar durchaus ändern, aber nur zeitweise!
Realsozialismus: war nicht der Versuch eine Geldwirtschaft ohne Kapital aufzubauen, sondern war der Versuch eine warenproduzierende Wirtschaft zu planen, mitsamt den Preisen. Das geht eben nicht. Und Marx hat sich nicht auf den Realsozialismus berufen! Kenn mich nicht so genau aus, aber ich glaube Marx war im Prinzip eben eher dafür den Dingen ihren natürlichen Gang zu lassen – siehe Zitat oben, mit der Reife.
Es gibt durchaus die Möglichkeit, eine nicht-kapitalistische, also nicht ausschliesslich gewinnwirtschaftlich getriebene Wirtschaft aufzubauen, also eine mit rationaleren Steuerungsmöglichkeiten als nur über Markt und Geld, ohne zu dass man dazu ganz auf die Funktionen des Geldes als Tausch- und Wertaufbewahrungs- und Wertbemessungsinstrument verzichten müsste. Das wäre wirklich sehr aufwendig und tatsächlich auch erst auf weltweitem Massstab möglich, das ist ganz ganz ferne Zukunftsmusik. Also Kapitalismus als dieses unsteuerbare und auf Wachstum essentiell angewiesene System und eine Wirtschaft mit rationaleren Steuerungsmedien, die aber dennoch das Geld in seinen spezifischen Funktionen zulässt und einsetzt, kann man sehr wohl trennen. Die Entwürfe entstehen ja so ganz langsam, und open hardware ist sicher auch ein Teil dieses Entwurfs.
ja und was ich mal so gerne durchdenken würde bzw. dass das mal irgendwo systematisch durchgedacht wird wäre sowas:
http://schillerwelt.org/archiv/2011/08/common-stadtwerke-fur-fast-alles/
Weiss hier übrigend jemand dass der in Deutschland führende Experte auf dem Gebiet Generative Fertigung, Andreas Gebhardt, in seinem Standardwerk dazu auf S. 358 explizit vom Potenzial dieser Verfahren den „Entwurf neuer Arbeits- und Lebensformen“ zu unterstützen gesprochen hat? das Buch ist 2006 erschienen. Was ich eigentlich rätselhaft finde oder auch ein Versäumnis der universitären Forschungslandschaft, dass noch nirgendwo mal Forschungsprojekte aufgelegt worden sind um genau das mal systematisch und mit Pfeffer und Methode zu erforschen: welche neuen Lebens- und Arbeitsformen, was heisst das genau, welche Anforderungen stellt das an diese Technik, wie kann man das gezielt fördern, was kann man bis wann erwarten, wo sind die Nadelöhre, lauter solche Fragen. Statt dessen ist die ganze Ökonomie total paralysiert und hofft auf irgendwo schlummernde Produkt-Innovationen die dann den nächsten Kondratieff auslösen sollen.
Komisch, dass so viele sich ein Leben ohne Geld (vermeintlich) nicht vorstellen können. Es gibt so viele Bereiche, die nicht nach der Geldlogik funktionieren: Nicht nur Freie Software, Freie Kultur, Wikipedia, die Blogosphäre usw. sind da zu nennen, sondern auch Freundschaftsgruppen, Familie und Partnerschaft, Aufgabenverteilung innerhalb von Unternehmen, Wissenschaft, Kunst, Sport, ehrenamtliches Engagement, NGOs usw. (Fast alle genannten Bereiche brauchen natürlich Geld, aber halt zum Austausch mit der externen Wirtschaft. Insoweit das Geld sie bestimmt, also z.B. festlegt welche Forschungen in der Wissenschaft gemacht werden oder wer Kunst machen darf, schadet es ihnen nur.)
@Martin #9: ich kanns ja kaum glauben. Ökonomie ist die Organisation der wirtschaftlichen Mittelbeschaffung zur Sicherung der Existenz, das Notwendige zum Überleben, jedenfalls fängt es damit an. Wenn einer Polizist geworden ist und hat sich paar Jahre ausbilden lassen damit er weiss was er machen muss wenn er zu einer Schiesserei an der Grossen Freiheit gerufen wird, oder zu einer Geiselnahme in einer Bank, oder wenn er den Verkehr sichern muss wenn im Alten Land ein Reetdachhaus abbrennt – wie kommt der denn an seine Wohnung? und an alles was drin steht? wie kann er dafür sorgen dass seine Kinder zum Arzt gehen können? dass sie jeden Tag was zu Essen auf dem Tisch haben? was zum Anziehn? soll er immer darauf hoffen dass zufällig jemand da ist der die richtigen Sachen in der richtigen Grösse im Schrank hängen hat? und zufällig jemand die richtige Wohnung frei? wenn jemand eine Wohnung bauen will – wie soll er all die notwendigen Ressourcen zusammenkriegen? mit Stigmergie? alle spendieren paar Kubikmeter Beton und Baustahl und Fenster und Ziegelsteine und mixen sich daraus das Traumhaus. Also das ist so ersichtlicher Unsinn mit der geldlosen Gesellschaft; selbst das Beispiel Wikipedia, wo es ja für niemanden um die Existenz geht, zeigt dass es immer nur ein Prozent von Hundert ist, das wirklich aktiv mitmacht. Das ist Kinderkram.
Aufgabenverteilung in Unternehmen haben wir hier schon mal abgehandelt, da gibt es die interne Leistungsverrechnung, mit Planpreisen, ausser das Unternehmen hat nur 10 Leute.
Inwiefern wir uns mit Open Source und Open Hardware auf andere ökonomische Prinzipien zubewegen und inwiefern die weniger ausschliesslich Kapitalgesteuert sind ist viel komplizierter und keineswegs auf diese Formel „geldlose Gesellschaft“ zu bringen.
@LE: Die Fragen, die du stellst, betreffen die Organisation von Produktion und Verteilung, die bislang durch die Geldlogik bestimmt waren. Wie ohne Geld produziert und alle Bedürfnisse weitestmöglich erfüllt werden können, dafür gibt es z.B. hier viele Überlegungen. Dort findest du den heutigen Wissenstand zu allen deinen Fragen, und vielen anderen!
Warum auf Geld verzichten? – Geld ist nur das allgemeine Äquivalent und Tauschmittel, das sich herausbildet, wenn die Wirtschaft auf Tausch beruht. Zwar gab es auch vor dem Kapitalismus schon Geld, aber dort war es weitgehend auf den Handel mit anderen Weltgegenden beschränkt und bestimmte das tägliche Wirtschaften der Menschen nicht (das z.B. in bäuerlicher Subsistenz oder Feudalismus bestand). Wer Produktion und Verteilung über Geld organisieren will, der bekommt automatisch den Kapitalismus – mit allen seinen Nachteilen.
@Martin: hättest Du freundlicherweise mal einfach Antworten zu den Fragen und Beispielen die ich da genannt habe? das sollte Dir helfen Dir klar zu machen dass man sich nicht einfach entschliessen kann auf dieses Tauschmittel in all seinen Funktionen zu verzichten.
Das Geld hat sich herausgebildet weil man erkannt hat dass man ein allgemein anerkanntes Tauschmittel benötigt, weil es im wirtschaftlichen Verkehr hilft und irgendwann eben unverzichtbar war, und warum auch darauf verzichten: wichtiger sind die dem erreichten Stand der Wirtschaftsentwicklung – siehe Konicz, Hyperproduktivität – angemessenen Produktions- und Allokationsmittel, und damit kommt man auch zu rationaleren und effizienteren Methoden der Wirtschaftssteuerunng allgemein, das heisst aber nicht auf Geld in seinen ökonomischen Funktionen verzichten zu wollen oder zu sollen.
@Ludger:
Tja, das ist vielleicht auch eine Lektion, die du noch lernen musst: dass man ohne Geld andere nicht einfach so rumkommandieren kann 😉
OK ich biete 2,50.
War aber als freundliche Bitte gemeint, in heiligem wissenschaftlichem Eifer.
Geld treibt die Menschen an etwas zu tun, meist zerstörrerisches wie Krieg, Monokultur, Wegwerfprodukte, Ungesunde Nahrung usw…
man braucht nur ein Alternatives antriebsmittel das zugleich noch dafür sorgt das die Menschen nicht sooooooo viel Quatsch machen!
Dieses Antriebsmittel nennt sich Freiheit in einen groben Rahmen der verhindert das die Menschen solchen Unsinn machen wie sie jetzt nun mal machen aus gier oder liebe zum Geld …
Geld ist wie Mist. Gerecht verteilt verhilft es zu blühenden Landschaften. Auf einem Haufen konzentriert, fängt es zu stinken an und wirkt toxisch!
Schön gesagt White!
Nichts wäre mir lieber. Für die Sphäre der Produktion könnte man sich das bspw als Vertragswirtschaft auch noch ganz gut vortsellen, wobei in Diskussionen aber auch immer wieder die Frage auftaucht, wie man die ‚Entnahme‘ des Einzelnen regelt, dh was bringt er an Arbeitsleistung ein, und was darf er anschliessend aus dem Pool des Produzierten sich ‚aneignen‘. Gibt es dazu Überlegungen bzw ‚Erkenntnisse‘?
Die nächste Frage betrifft die Zirkulationssphäre, als Beispiel sei der Austausch von Gebrauchtwaren (oder besser -gegenständen…) genannt. Wie kommt man dort ohne etwas Geldähnliches aus, ohne in den Naturalientausch zurückzufallen, der das Problem birgt, dass es passen muss, dh dass ich anbieten kann, was der andere braucht, und der hat, was ich brauche?
Beides wäre natürlich dann kein Problem, wenn die Produktivität so hoch wäre, dass schlicht kein Mangel (bzw ‚Knappheit‘) an was auch immer mehr herrschte. Dann würde man schlicht entnehmen, was man meint zu brauchen, und verschenken, was man nicht mehr braucht. Aber ist das bereits gegeben, bzw welche (Selbst-) Beschränkungen müsste sich eine solche Wirtschaft auferlegen?
(Verzeihung, wenn ich hier dumme Fragen stelle, aber ich steige in diese Diskussion erst jetzt ‚aktiv‘ ein, und konnte zu den genannten Fragen bislang nichts konkretes finden…)
@Peinhart
jeder bringt 24 stund pro tag rein und darf rausnehmen was erSie zum leben braucht 😉
zum anderen kann ich nur empfehlen
http://www.freecycle.org/
Tauschen im klassischen sinne ist doch doof dann kann man gleich Geld benutzen ist einfacher 😉
oder http://www.shareandcare.at/
Was haltet ihr eigentlich von diesen Analysen
@Serdar: Den Blog kenne ich nicht, und aufgrund ihres bizarren Formats kann ich einen Großteil der Posts auch gar nicht lesen. Warum hältst du ihn denn für interessant?
Ich fand einige Analysen ganz interessant. Nun mit Opera konnte ich die Artikel auch nicht lesen, ging erst mit Firefox.