Thesen, die Dritte
Nach den Hamburger »Thesen für eine solidarische Ökonomie« und Bennis »Thesen zur Transformation« gibt es nun eine Wortmeldung aus Bremen, die sich direkt auf die Hamburger Thesen bezieht: »Thesen für eine solidarische Ökonomie – eine Antwort aus Bremen«. Herausheben möchte ich die Bremer Forderung nach einem »bedingungslosen Grundeinkommen«, aber nicht – Staat-hilf-uns – für alle, sondern »im selbstorganisierten Innenraum« als materielle Basis für die praktische Solidarität im Alltag. Wird der großenteils reichlich bescheuerte Kongress »Wie wollen wir wirtschaften? Solidarische Ökonomie im globalisierten Kapitalismus« eine Diskussion in dem einen oder anderen Workshop ermöglichen?
Diese Bezugnahme auf ein selbstorganisiertes Grundeinkommen würde ich im Vergleich zum bloßen Hoffen auf/Fordern an den Staat jedenfalls auch eher als Schritt in die richtige Richtung sehen. Dass allerdings ausgerechnet YouTube als Vorbild für eine „solidarische Ökonomie“ herhalten soll, finde ich dann doch etwas skurril – und wenn man sich wirklich von einzelnen Philantrophen, z.B. erfolgreichen (Internet-)Unternehmern abhängen machen wollte, würde man sich ja tatsächlich sehr abhängig machen.
Auch andere Dinge, die in dem Text stehen, finde ich (gelinde gesagt) seltsam, z.B. hat mich die – sicherlich gut gemeinte – Warnung, dass, „Die Lektüre des ‚Kapital‘ […] die Gefahren der Flucht vor der Praxis in die Theorie, der religiösen Dogmatisierung und des psychischen Absturzes [birgt]“ doch mehr amü- als interessiert 😉
Christian, hack doch nicht so auf dem Text rum. Ich fand das sehr wertvoll, dass jemand bereit ist offen und ehrlich über seine Fehler zu berichten. Das gibt es extrem selten und ist genau das was wir brauchen. Das sollte man ermutigen und nicht erschweren.
Und die „Theoriefalle“ halte ich tatsächlich auch für eine Gefahr (genauso wie die Praxisfalle), ob man das jetzt am Kapital festmachen muß, ist vielleicht eine Geschmacksache.
War jemand da beim Kongress? Von Christian hab ich schon einen Kurzbericht im Chat gekriegt, aber der war auch nur kurz da.
Ich war nur bei der einen Veranstaltung der Fraueniniiative, die hier auch angekündigt war. Wie zu erwarten, war’s sehr gemischt, aber wahrscheinlich eine der relativ „warenkritischsten“ Workshops. Hilmar aus Hamburg schätzte, dass wohl 80% auf dem Kongress ihr Projekt innerhalb der Marktwirtschaft betreiben wollen.
In einer Presseerklärung, die ich allerdings nicht auf der SÖ-Homepage, sondern nur bei der jungen Welt fand, ist von 1400 TeilnehmerInnen die Rede. Das hört sich viel an und klingt nach Aufbruch, aber die Stimmung war irgendwie so nicht.
In der Presseerklärung ist auch die Rede davon, dass die SÖ-Site zur Kommunikationsplattform ausgebaut werden solle. Darüber haben Thomas nach dem Workshop auch nachgedacht: Was könnte den Projekte wirklich helfen? Thomas denkt an sowas wie ein OpenBC für Projekte, ich finde die Idee auch gut. Wir kamen dazu, dass ein erster Schritt eine Befragung sein könnte: „Was braucht ihr?“.
Vielleicht ist das ein Charakteristikum und Unterschied zur „alten“ Alternativbewegung: Es ist keine Mittelschichtsveranstaltung mehr, sondern oft prekär und aus der Not geboren, es gibt kaum Vernetzungen und stabile Strukturen, und es gibt auch nicht mehr so viele Illusionen. Ich kann mich aber auch täuschen…