Selbstorganisierte Fülle
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Angeregt durch meine Erfahrung der letzten Jahre und durch Überlegungen, die ich in meiner englischsprachigen Serie „The Earth’s the Limit“ (Teil 1, Teil 2) niedergelegt habe, habe ich meine Überlegungen zu einer möglichen künftigen Peer-Ökonomie weiterentwickelt. Anders als früher gehe ich nicht mehr von der Notwendigkeit einer Kopplung zwischen Geben und Nehmen aus. Der wichtigste Grund dafür ist, dass ich nicht mehr im menschlichen Tun, sondern in der Endlichkeit der natürlichen Ressourcen die kritische Grenze sehe, mit der jede emanzipatorische Gesellschaft wird umgehen müssen.
Meine Ideen für ein solches „entkoppeltes“ Modell einer verallgemeinerten Peer-Produktion habe ich erstmals am 5. Mai in einem Vortrag in Fulda dargestellt; seit Anfang letzter Woche folgten mehrere Vorträge in Baden-Württemberg. Dieser Beitrag dokumentiert meine Vortragsfolien (in Form eines Handouts); in näherer Zukunft hoffe ich auch eine verschriftlichte Version des Vortrags vorlegen zu können. Ich hoffe, dass das Handout schon einige Anregungen geben kann, wie es ohne Kopplung von Geben und Nehmen (und natürlich ohne Zwang oder Geld) gehen kann.
Selbstorganisierte Fülle
Gemeingüter und Peer-Produktion als Grundlagen einer nichtkapitalistischen Gesellschaft
Das Internet als Ort der Fülle
Zwei Auffassungen von Fülle:
- Fülle als grenzenlose Verschwendung
- Fülle als „genau was ich brauche“
Das Internet ermöglicht beide.
Nicht die Gesamtheit, aber ein größerer Teil dieser Fülle wird in commonsbasierter Peer-Produktion hervorgebracht.
Commonsbasierte Peer-Produktion
- Gemeingüter (Commons)
- werden von einer Gemeinschaft entwickelt und gepflegt und sind für die Nutzer/innen nach gemeinsam festgelegten Regeln verfügbar.
- Peer-Produktion
- Freiwillige Kooperation zwischen Gleichberechtigten („Peers“), die zu einem gemeinsamen Ziel beitragen.
- Commonsbasierte Peer-Produktion
- Peer-Produktion, die auf Commons aufbaut und Commons herstellt und erhält.
Beispiele für Peer-Produktion
- Freies Design (Open-Source-Hardware): Projekte entwickeln gemeinsam materielle Produkte und veröffentlichen alle benötigten Informationen (Objektbeschreibungen, Konstruktionspläne, Handbücher…) als Freies Wissen.
- Freie Funknetze: selbstorganisierte Computernetzwerke, die freien Datenverkehr zwischen Computern ermöglichen und freie Zugangspunkte ins Internet zur Verfügung stellen.
- Gemeinschaftsgärten (community gardens): kleine selbstverwaltete Allmenden, die an vielen Orten der Welt, meist in städtischen Umgebungen, entstanden sind.
- BookCrossing und ähnliche Projekte: Bücher „wandern“ von einer Leser/in zur nächsten.
Gründe für Peer-Produktion
Warum beteiligen sich Leute an Peer-Produktion, wenn sie damit kein Geld verdienen und von niemand dazu gezwungen werden?
- Pragmatische Gründe
- Man beteiligt sich an der Produktion eines Gutes, das man selbst gern hätte.
- Spaß/Befriedigung
- Man übernimmt Aufgaben, die man gerne macht.
- Ethische Gründe
- Man beteiligt sich, um der Gemeinschaft etwas zurückzugeben und seinen Nachbarn zu helfen.
Faustregeln für die Zusammenarbeit
- Finde andere Leute, die (ungefähr) dasselbe Problem oder Ziel haben wie du.
Jede gute Software setzt an einer Stelle an, wo’s ihre Entwickler/in juckt.
– Eric Raymond, Die Kathedrale und der Basar
- Produziere mit ihnen gemeinsam, was ihr haben oder erreichen möchtet (Bedürfnisprinzip).
- Seid fair und akzeptiert die anderen als ebenbürtig, als eure „Peers“ – da ihr alle freiwillig mitmacht, kann niemand den anderen Befehle erteilen.
- Seid großzügig und teilt was ihr könnt, denn das wird weitere Benutzer/innen anziehen, die früher oder später zu Beitragenden werden können.
Der Übergang von Nutzer/innen zu Beitragenden ist erfahrungsgemäß fließend: die meisten benutzen das Werk nur, manche tragen gelegentlich etwas zu seiner Weiterentwicklung bei, und nur ein kleiner Teil beteiligt sich regelmäßig und intensiv. - Seid offen und ermuntert andere, in das Projekt einzusteigen.
- Hinterlasst den anderen Beteiligten und potenziell Beteiligten Hinweise darauf, was noch zu tun ist und was für Beiträge ihr gerne sehen würdet (Stigmergie).
Wer mitmachen will, folgt vielleicht diesen Hinweisen und entscheidet sich freiwillig per Selbstauswahl für eine der gewünschten Aufgaben. Je mehr Beteiligten eine Sache am Herzen liegt, desto deutlicher werden die Hinweise und desto größer die Chance, dass sich jemand ihrer annimmt.
Beispiele für Hinweise:- To-Do-Listen, Bug Reports, Feature Requests
- Wikipedia: „rote Links“, Gewünschte Artikel
- Entwickelt gemeinsam die Projektstrukturen, die für die Zusammenarbeit am besten sind.
- Bemüht euch, einen groben Konsens über Ziele und Vorgehensweisen mit den anderen Beteiligten zu erreichen, denn wer nicht zufrieden ist, wird früher oder später gehen.
Wir lehnen ab: Könige, Präsidenten und Abstimmungen.
Wir glauben an: groben Konsens und lauffähigen Code.– David Clark, Internet Engineering Task Force
- Wenn ihr euch mit den anderen in der Sache oder in der Organisation gar nicht mehr einigen könnt, forkt das Projekt: trennt euch von den anderen und macht euer eigenes Ding.
Der Beitrag des Kopierens
Die drei Freiheiten
Kopieren allein schafft noch keine Fülle, denn wenn man nur kopieren würde, würde nie etwas Neues entstehen. Deshalb müssen bei Freien Werken (ob Software, Inhalte oder Baupläne) die folgenden drei Freiheiten garantiert sein:
- Die Freiheit, das Werk nach Belieben zu verwenden.
- Die Freiheit, das Werk zu untersuchen und es an die eigenen Bedürfnisse anzupassen.
- Die Freiheit, das Werk mit anderen zu teilen (zu verbreiten) und damit seinen Mitmenschen zu helfen.
Auch Kombinationen der drei Freiheiten müssen erlaubt sein – traditionell ist bei Freier Software von vier Freiheiten die Rede, wobei die vierte Freiheit die Kombination der beiden vorigen ist (Verbesserungen verbreiten).
Copyleft
Die drei Freiheiten sind keine bloßen Versprechen – sie sind unwiderrufliche Rechte, die allen Menschen eingeräumt werden.
Was ist mit angepassten Versionen? Wenn ein Werk unter Copyleft steht, sind die drei Freiheiten auch für alle abgeleiteten Werke garantiert: ich darf ein abgeleitetes Werk nur dann veröffentlichen, wenn ich allen potenziellen Nutzer/innen dieselben Rechte einräume.
Die Freiheit dieser Werke ist damit für alle Zeiten und für alle Weiterentwicklungen gesichert.
Materielle Fülle und Öko-Fußabdruck
- Ökologischer Fußabdruck
- Fläche auf der Erde, die nötig ist, um den Lebensstil einer Gruppe von Menschen dauerhaft zu ermöglichen.
Der ökologische Fußabdruck der Menschheit beträgt derzeit etwa 17,1 Milliarden globale Hektar, die verfügbare Biokapazität der Erde umfasst aber nur 11,9 Milliarden globale Hektar. Diese Übernutzung ist auf Dauer unmöglich – wir leben auf Kosten unserer Kinder, denen die übernutzten Ressourcen später fehlen werden.
Dieses „wir“ ist allerdings sehr ungleich verteilt:
→ Wir im „globalen Norden“ leben auch auf Kosten der Menschen anderswo.
Materielle Fülle für alle muss sich im Rahmen des dauerhaft möglichen ökologischen Fußabdrucks abspielen. Das schließt Fülle als grenzenlose Verschwendung aus, aber nicht unbedingt Fülle als „genau was ich brauche“.
Materielle Fülle für alle?
Kann commonsbasierte Peer-Produktion in diesem Rahmen materielle Fülle für alle erzeugen? Der Kapitalismus kann es jedenfalls nicht, denn:
- Die Notwendigkeit der permanenten Verwertung möglichst allen Kapitals (und seiner Zuwächse) zwingt zum möglichst weitgehenden Wachstum, was zwangsläufig zur Übernutzung der irdischen Biokapazität führt.
- Kapitalistisch produzierte Güter sind immer knapp, denn nur was knapp ist, kann verkauft werden.
- Der Zwang zur Konkurrenz bedeutet, dass Gewinne für die einen immer Verluste für die anderen sind.
Die Voraussetzungen der Peer-Produktion sind besser, weil sie auf dem Bedürfnisprinzip basiert: produziert wird aufgrund der produktiven oder konsumptiven Bedürfnisse der Beteiligten, nicht aufgrund eines abstrakten Ziels wie der Kapitalverwertung.
Meine Bedürfnisse gehen aber nicht unbedingt auf Kosten der Bedürfnisse der anderen noch auf Kosten der Natur. Im Gegenteil funktioniert Peer-Produktion deshalb so gut, weil sich die Beteiligten gegenseitig bei der Befriedigung ihrer Bedürfnisse unterstützen, was für alle Beteiligten von Vorteil ist.
Die Freiheit zu teilen
„Seid großzügig und teilt was ihr könnt“ → Wie lässt sich die Freiheit, Dinge mit anderen zu teilen (zu verbreiten) und damit seinen Mitmenschen helfen, im Materiellen realisieren?
- Vervielfältigung:
Wenn ich dein Fahrrad klaue,
musst du den Bus nehmen.
Wenn ich es aber kopiere,
haben wir beide eins!Wenn man die gesamten Baupläne (Freies Design) sowie die benötigten Ressourcen und Produktionsmittel hat, sind auch materielle Produkte kopierbar.
- Gemeinsame Nutzung: manche Dinge werden durch gemeinsame Nutzung nicht schlechter, sondern besser – je mehr Leute „den Bus nehmen“, desto höher die sinnvolle Frequenz.
Bei Netzwerken (Internet, Telefon…) steigt mit jede/r Teilnehmer/in die Anzahl der Kommunikations- und Nutzungsmöglichkeiten („Netzwerkeffekt“). Einzelne Zugangspunkte lassen sich oft problemlos durch mehrere Teilnehmer nutzen, weil einzelne nur selten und kurzfristig die gesamte Kapazität gebrauchen können (die Idee der Freien Funknetze). - Poolen:
Da ich eh den Bus nehme, kannst du heute mein Fahrrad haben.
Dinge, die man nicht ständig braucht, können gepoolt werden (z.B. Carpool, Werkzeugpool). Dies senkt den Ressourcenverbrauch sowie den Aufwand für Herstellung und Pflege, lässt aber allen die Möglichkeit, diese Dinge zu nutzen, wenn sie gebraucht werden.
- Weitergeben: da für den Gebrauch (nicht für den Verkauf) produziert wird, kann ich an andere weitergeben, was ich selbst nicht mehr gebrauchen kann.
Denkbar ist eine entsprechende (ethische) Verpflichtung der Nutzer/innen durch die Produzent/innen. Wenn diese Verpflichtung auch transitiv (für mithilfe dieses Guts hergestellte Güter) gilt, wäre sie eine Art Gegenstück zum Copyleft im materiellen Bereich.
Dezentrale commonsbasierte Produktion
„Wenn man die gesamten Baupläne (Freies Design) sowie die benötigten Ressourcen und Produktionsmittel hat, sind auch materielle Produkte kopierbar.“
Die benötigten Ressourcen und Produktionsmittel sind bei Peer-Produktion Gemeingüter oder verteilter Besitz.
Digitale Peer-Produktion basiert maßgeblich auf der Ressource Wissen, die in der Praxis Freier Projekte und dem Anspruch nach generell als Gemeingut behandelt wird.
Stellen Sie sich eine Welt vor, in der jeder Mensch freien Zugang zur Gesamtheit allen Wissens hat.
– Wikimedia Foundation
Freies Design, d.h. Freies Produktionswissen, ist eine wichtige Säule in der materiellen Peer-Produktion.
Der Logik der Peer-Produktion zufolge sind im materiellen Bereich die Naturressourcen ebenfalls als Gemeingüter zu betrachten, die von allen anteilig genutzt werden dürfen, gleichzeitig aber gemeinsam gepflegt und für künftige Generationen erhalten werden müssen. Das ist die zweite Säule.
Selbst eine ganze Gesellschaft, eine Nation, ja alle gleichzeitigen Gesellschaften zusammengenommen, sind nicht Eigentümer der Erde. Sie sind nur ihre Besitzer, ihre Nutznießer, und haben sie als boni patres familias [gute Familienväter] den nachfolgenden Generationen verbessert zu hinterlassen.
– Karl Marx: Das Kapital, Band 3
In der digitalen Peer-Produktion gehören die materiellen Produktionsmittel (Computer etc.) meist einzelnen Beteiligten, wobei sie als Besitz (was man benutzt), nicht als Eigentum (was man nach Belieben verkaufen oder verwerten kann) verwendet werden. Die Verteilung des Besitzes über viele unterschiedliche Personen verhindert, dass einseitige Abhängigkeitsverhältnisse entstehen können – niemand kontrolliert die Ressourcen, auf denen ein Projekt basiert.
Anfänge einer ähnlichen Entwicklung zeichnen sich im Bereich materieller Peer-Produktion ab: dezentrale, selbstorganisierte produktive Infrastrukturen, die allen den Zugang zu Produktionsmittel ermöglichen.
Beispiele:
- Mesh-Netzwerke wie die Scarborough Wireless User Group (Südafrika) – heute für Internet und Telefon, künftig auch für Energie und Wasser?
- Hackerspaces mit Infrastruktur zum Produzieren, Lernen und Entspannen.
- Fab Labs mit Produktionsmaschinen (CNC-Maschinen, 3D-Drucker…), die für dezentrale Produktion verfügbar sind.
Noch müssen die verwendeten Maschinen mindestens teilweise auf dem Markt eingekauft werden, doch sobald sie selbst in Peer-Produktion hergestellt werden können, wird es extrem spannend. Das ist die dritte Säule der materiellen Peer-Produktion.
Die vierte und wichtigste Säule sind die Beiträge der Beteiligten, die die Peer-Produktion erst ermöglichen.
Faire Ressourcennutzung
„Seid fair und akzeptiert die anderen als ebenbürtig, als eure ‚Peers‘“ → Aber was, wenn einzelne unfair sind und z.B. dauerhaft mehr Ressourcen verbrauchen wollen, als ihnen im Rahmen des ökologisch Möglichen zustehen?
In Peer-Projekten ist die typische Reaktion auf wahrgenommenes Fehlverhalten zunächst Schimpfen und Schneiden („flaming and shunning“). Wenn dies nichts hilft, bleiben Boykott und Ausschluss (strategische Nicht-Kooperation) als härtere Konsequenzen.
Da alle Menschen auf die Kooperation mit anderen angewiesen sind, dürfte es niemand möglich sein, ohne guten Grund dauerhaft mehr als den eigenen fairen Anteil zu verbrauchen und damit auf Kosten anderer (bzw. unserer Kinder) zu leben.
Aufgaben-Fairness
Normalerweise erfolgt die Aufgabenverteilung in Peer-Projekten per Selbstauswahl und Stigmergie. Was tun, wenn dies nicht funktioniert, wenn sich für bestimmte Dinge, die den Menschen wichtig sind, keine Freiwilligen finden? Denkbare Ansätze sind z.B.:
- Automatisierung: die entsprechenden Tätigkeiten wegautomatisieren.
- Umorganisation: die Tätigkeiten angenehmer (unterhaltsamer, interessanter, leichter) machen, so dass sich Freiwillige finden.
Falls dies nicht möglich ist, können die unangenehmen Aufgaben auf faire Weise aufgeteilt werden: wenn alle (bzw. alle, denen sie wichtig sind) hin und wieder einen kleinen Teil übernehmen, muss niemand viel damit zu tun haben.
Was sind die Unterschiede?
- Bedürfnisbefriedigung, nicht Profit, ist Ziel der Produktion.
- Direkte, lose koordinierte Kooperation mit anderem statt Kauf und Verkauf.
- Die Produktionsmittel sind Gemeingüter oder verteilter Besitz, sie können von allen gemeinsam genutzt werden – es gibt keine doppeltfreien Lohnarbeiter, die ihre Arbeitskraft verkaufen müssten.
- Es gibt im Produktionsprozess keine Konkurrenten, die man ausstechen müsste. Stattdessen ist es für die Produzent/innen sinnvoll, sich mit den anderen zusammenzutun oder abzustimmen, um ihre Ziele möglichst optimal und mit wenig Aufwand erreichen zu können.
- Schnellere Verbreitung von Wissen und Innovationen, da mit der Notwendigkeit des Auskonkurrierens der Sinn von Geheimhaltung entfällt.
- Kein struktureller Zwang zum Wachstum mehr – ob die Gesamtheit der produzierten Gebrauchswerte zunimmt, hängt allein von den Präferenzen der Menschen ab.
- Wenig Regulierungsbedarf, da die Antagonismen der kapitalistischen Produktionsweise (zwischen Konkurrenten; zwischen Kapitalisten und Arbeiter/innen) entfallen – der Staat, wie wir ihn heute kennen, wird überflüssig.
Materialien
- Buch: Siefkes, Christian. Beitragen statt tauschen. AG SPAK Bücher, Neu-Ulm, 2008. Lizenz: Creative Commons BY-SA.
- Website: http://peerconomy.org/
- Gemeinschaftsblog: http://www.keimform.de/
- Bildquellen und -lizenzen :
- Eric Raymond: http://en.wikipedia.org/wiki/File:Esr.jpg, Autor: Russ Nelson, Lizenz: gemeinfrei.
- David Clark: http://en.wikipedia.org/wiki/File:David_D_Clark_in_office.jpg, Autor: Garrett A. Wollman, Lizenz: CC-BY 3.0.
- Nina Paley, Nik Phelps, Connie Champagne: Copying Is Not Theft. http://questioncopyright.org/minute_memes/copying_is_not_theft, Lizenz: CC-BY-SA 3.0.
- Karl Marx: http://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Marx_color.jpg, Lizenz: CC-BY-SA 3.0.
„Der wichtigste Grund dafür ist, dass ich nicht mehr im menschlichen Tun, sondern in der Endlichkeit der natürlichen Ressourcen die kritische Grenze sehe, mit der jede emanzipatorische Gesellschaft wird umgehen müssen.“
BINGO!
Die Kopplung von Geben und Nehmen ist ja aber nicht dafür da mit „menschlichem Tun“ generell umzugehen, sondern um Kooperation zu erzwingen. Das Problem ist ja, dass sich heute fast niemand vorstellen kann, es könne auch ohne erzwungene Kooperation gehen. Für unsereiner mag das einsichtig sein, für die allermeisten anderen ist es das nicht. Diese Einsicht kann aber nur durch Erfahrung entstehen und nicht durch theoretisches Postulat.
Deine Version der Kopplung hatte dabei den Vorteil, dass sie gezeigt hat, dass man dezentral vernetzt koppeln kann ohne deswegen Tauschen zu müssen (auch wenn das mancher angezweifelt haben mag).
Hallo
Es wird wohl erst mal so bleiben, das 1. die endlichen (begrenzten) Resurcen und 2. die Selbsterkenntnis, also 2 Einstiegsmöglichkeiten zur Peerproduktion so erst mal weiter geben wird. Irgendwann aber, nicht mehr lange, da kommt der Punkt für alle… Wenn ich so darüber nachdenke, frag ich mich, was oder wie werden die Menschen ticken, die regelrecht gezwungen werden, zum andershandeln? So ne Art Mitläufertum… die stellen dann ja ne Potentielle größe dar. Werden die Peer/Share&Pool Communitys dann nicht substantinell aufgeweicht werden können? Also aus Selbsterkentnis oder aus Cargo-Kultur Peer zu sein, das wird Qualitativ und Quantitativ auswirkungen haben. Aber soweit ist es ja noch nicht…
>>Digitale Peer-Produktion basiert maßgeblich auf der Ressource Wissen, die in der Praxis<<
Wissen und Praxis beissen sich. Da sollte man eher von Erfahrung sprechen. Vorredner Benni Bärmann siehts ja auch so.
Auch wenn jeder weiss, das man nur einen Samen in die Erde stecken muss, damit daraus eine Frucht wird, die man Ernten kann und wenn man davon ein Teil als Samen für das nächste Jahr aufhebt und diesen dann wieder in die… Praktisch kann das nicht jeder, obwohl jeder doch eigendlich Alles darüber weiss. Wissen ist irgendwie ne fragile Sache. Und das mit dem Samen und der Frucht beinhaltet nicht so viele unterschiedliche Prozesse und unterstehen einen festen aber einfachen zeitlichen Rytmus. Bei technischen Dingen ist es noch komplezierter, da ist das mit dem Samen noch Kinderkram. Bei Peer Produktion ausserhalb der Computer und des Netzwerks Internet ist Wissen auch wichtig, Grundlage. Aber Erfahrung, ist mehr als nur wissen.
Freies Design, d.h. Freies Produktionswissen, ist eine wichtige Säule in der materiellen Peer-Produktion.
Diesen Satz solltest du nochmal korregieren. Was meinst du damit? Design und Produktionswissen sind doch so 2 Grundsätzlich verschiedene Begriffe und dann d.h. …
– der Staat, wie wir ihn heute kennen, wird überflüssig.
…darauf warte ich schon seid DDR zeiten. Aber der Satz gefällt mir.
@Benni:
Nun gibt es ja z.B. im Internet bekanntlich genügend Beispiele, wo es auch ohne erzwungene Kooperation geht, deswegen geh ich in meinem neuen Vortrag jetzt auch besonders ausführlich auf diese Beispiele ein, um zu zeigen warum und wann sie erfolgreich ist. Und davon abgeleitet versuche ich dann zu zeigen, wie dezentrale freiwillige Kooperation auch im Materiellen funktionieren kann und ansatzweise schon funktioniert.
Ich habe den Vortrag nun schon einige Male gehalten und dabei immer das Gefühl gehabt, dass das ganz gut rüber kommt, sprich dass ein größerer Teil der Anwesenden nachvollziehen bzw. erahnen kann, dass es auch ohne Tausch und ohne Kopplung gehen kann.
@Herr Schmidt:
Ich verwende den Begriff „Freies Design“ (Open Design) in seiner englischen Bedeutung, wo er sehr viel umfassender ist als im Deutschen, nicht nur die Oberflächengestaltung, sondern die gesamte immaterielle Grundlage eines Objekts umfasst. „Freie Konstruktionsbeschreibungen“ wäre wohl die exaktere deutsche Übersetzung, ist aber IMHO zu lang und schwerfällig.
@Christian: Zu Produktionswissen gehört aber auch noch viel mehr als bloß Konstruktionsbeschreibungen. Vor allem jede Menge Erfahrung. Nur weil ich einen Bauplan habe, hab ich noch kein Haus und ich bin auch noch nicht in der Lage eines zu bauen.
Hallo Christian,
erste Frage wäre: wie lang darf der Kommentar hier denn werden? ich hab eine längere Liste.
Dazu die Vorbemerkung: ich bin prinzipiell vollkommen d’accord, die folgende Kritik ist also als konstruktive gemeint und zu verstehen.
Was m. E. fehlt ist generell die wissenschaftliche Methodik sozusagen, ich kritisiere also: unscharfe Begrifflichkeit und unscharfe und verwaschene Aussagen; es entsteht so keine belastbare wissenschaftliche Theoriebildung; z. B.: Aussagen mit ökonomischem Inhaltsbezug sollten an gängige ökonomische Theorie anschlussfähig sein oder jedenfalls den Stand der Theorie reflektieren können, der Begriff „Fülle“ müsste z B den Begriff der Sättigung und der Gossenschen Sättigungsgesetze, gängige Definitionen von Wohlstand, Bedarf und Bedürfnis, Knappheit (absolute und relative) reflektieren; eine Begriffsdefinition ohne Bezug auf diese Theoriestücke ist – in gewisser Weise tatsächlich – unredlich, insofern als die Tatsache einer lange bestehenden Debatte dazu nicht explizit wird. Insgesamt würde ich die gesamte Commons-Debatte – soweit ich sie überblicke bzw. sie hier repräsentiert wird – dahingehend kritisieren wollen, dass die Einbindung der hier diskutierten technischen Möglichkeiten einerseits als auch der historisch-ökonomischen Notwendigkeiten andererseits in den grösseren Gesamtzusammenhang fehlt oder nicht genügend präsent ist, so dass zu wenig erkennbar wird dass es sich bei beidem – Technik und ökonomischem Umfeld – um folgerichtige, einer umfassenden, historischen und technischen inneren Entwicklungslogik folgende Phänomene handelt. Ich kann das an dieser Stelle nicht weiter ausführen, und erlaube mir hier zu verlinken auf die Einleitung zu meiner Diss. aus 2002, in der ich mich mit diesen Dingen beschäftigt habe. (http://schillerwelt.org/wp-admin/media.php?action=edit&attachment_id=3269)
Im Einzelnen: Commons – Unterscheidung zwischen Erzeugnissen der Peer-Produktion und Produktionsmitteln der Peer-Produktion verwischt oft; wie kommen die Produktionsmittel in die Verfügungsgewalt der Peer-Gemeinschaft? Wie ist die Verfügung genau geregelt? ich denke die Frage der tatsächlichen und unbeschränkten Verfügungsgewalt über „Produktionsmittel“ wird sich in Zukunft in grösserer Dringlichkeit stellen, so dass man sich da intensiver und sytematischer Gedanken drum machen sollte
Fülle und Kopieren: in der Sprache der Ökonomie geht es um Produktion, Produktivität und Bedarfsdeckung bzw. Sättigung. Wenn Produktionsmittel vorhanden sind, die einen Produktionsvorgang in Gestalt einer verlustfreien, vollständig maschinell durchgeführten Kopie ermöglichen, ist eine Ausweitung von Produktionskapazitäten ohne Begrenzung durch etwaigen Mangel an menschlicher Arbeit möglich, und damit in der Regel einfach und schnell, damit entsteht im Ergebnis sehr hohe Arbeitsproduktivität (bezogen auf die Herstellung der Kopiervorlage); d. h. wir haben es mit dem Vorhandensein dieser Technik zunächst nur mit drastisch gesteigerter Produktivität zu tun, wieso „commons“ hier eine Lösung beinhalten muss klarer herausgearbeitet werden, denn das ist nicht selbstevident!
Fülle und „etwas Neues“: etwas „Neues“ ist an sich noch kein „Wert“, auch kein Wohlstand: es kommt schon darauf an was denn „Neues“ geschaffen worden ist; die „drei Freiheiten“ haben wiederum mit dem Hervorbringen von „etwas Neuem“ eigentlich nichts zu tun: interessant wird es auch da erst, wenn man sich anschaut was in der Ökonomie – auch der „klassischen“ – etwas „Neues“ bedeutet, und in diesem Zusammenhang ist dann wiederum die (möglichst präzise) – Wertdiskussion spannend, wann und unter welchen Bedingungen „etwas Neues“ wertvoll ist
der link war der falsche, darum hier der richtige: http://schillerwelt.org/dateien/2010/05/Einleitung_Diss_WI.pdf
Im übrigen war der Kommentar offenbar zu lang, die Hälfte ist verschwunden. Den von mir geplanten letzten Satz will ich aber hier noch wiederholen, nämlich einen Hinweis auf den Telepolis-Aufsatz von Tomasz Konicz (04.05.2010) zur Krise in Griechenland im Speziellen und der Krise des Kapitalismus im Allgemeinen http://www.heise.de/tp/r4/artikel/32/32551/1.html , weil Konicz m. E. sehr schön die Entwicklungsgeschichte der aktuellen „Schuldenkrise“ nachzeichnet und deutlich macht wie sehr wir einem Kollaps des kapitalistischen Systems nahe sind, und wie sehr uns daher ein belastbare und frische Alternative fehlt – sollte also hinreichend Ansporn sein, so etwas mit vereinten Kräftren zu entwickeln!
Also: prinzipiell bin ich sehr einverstanden, genau der richtige Ansatz und Weg.
In diesem Sinne viele Grüsse!
@Benni:
Ja, Produktionswissen, wie Wissen überhaupt, lässt sich natürlich nie komplett formalisieren, sondern das Sammeln und Weitergeben von Erfahrungen gehört immer mit dazu. Peter Naur hat mal gesagt, dass ein Programm tot ist, wenn das ganze Entwicklungsteam abgetreten ist – selbst wenn das Programm frei verfügbar und komplett dokumentiert ist, wird vermutlich niemand in der Lage sein, sich ohne die Hilfe der bisherigen Entwickler/innen darin einzuarbeiten und es weiterzuentwickeln. Deswegen ist bei Peer-Projekten die Offenheit so wichtig – dass man neue Leute ins Projekt lässt und sie nach und nach „anlernt“.
Freies Design, also das formalisierbare, aufschreibbare Wissen, ist wie Freie Software, daher nur eine notwendige, aber keine hinreichende Bedingung für erfolgreiche Peer-Produktion – in beiden Fällen gehört dazu auch noch ein Peer-Projekt, das sich aktiv um die Weiterentwicklung der Software bzw. des Designs kümmert und das es neuen Leuten ermöglicht, sich mit der Materie vertraut zu machen.
Dito @Benni #3. Ich denke es ist wichtig die Abschaffung der Kopplung als optional zu betrachten und nicht als Voraussetzung. Wo man es ohne schafft – umso besser, aber wie du auch in deinem Prokla-Artikel schreibst: „Ob dies allerdings für alle gesellschaftlich nötigen Aufgaben gilt, ist eine Frage, die meiner Ansicht nach rein theoretisch nicht beantwortet werden kann.“
@Ludger:
Also oben gibt’s ja nur die Folien, wo alle Details fehlen, in dem Vortrag selbst (den’s demnächst auch schriftlich gibt) gehe ich natürlich sehr viel ausführlicher auf die relevanten Konzepte ein. Was die Anschlussfähigkeit an die „gängige ökonomische Theorie“ betrifft, wäre ich allerdings skeptisch, denn die geht ja vom Leitbild des Homo oeconomicus aus, der seinen Nutzen maximieren will. Maximal heißt „so viel wie möglich“, deshalb ist für die Mainstream-Wirtschaftswissenschaften Fülle als „genau was ich brauche“ gar nicht vorstellbar.
In der Tat, das thematisiere ich in dem Vortrag ja auch schon ziemlich gründlich, Stichworte „Gemeingüter“ und „verteilter Besitz“. Aber dazu wird zweifellos noch viel mehr zu sagen und auch praktisch herauszufinden sein.
Mit Maschinen allein wird man nie allzu weit kommen, es braucht Leute die sich um die Maschinen kümmern, es braucht Baupläne und Anleitungen, um den Maschinen zu sagen, was zu tun sollen, und natürliche Ressourcen und Vorprodukte, um die Maschinen zu „füttern“. Ohne Wissen und ohne natürliche Ressourcen geht es nicht, und beide sind in der Logik der Peer-Produktion Gemeingüter.
Das interessiert mich nicht, diese Frage überlasse ich getrost den Kapitalist/innen und den Mainstream-Ökonomen, die sich darüber den Kopf zerbrechen müssen. Bei Peer-Produktion geht es nicht um die Verwertung, um die Wertproduktion, sondern darum, die Bedürfnisse der Menschen zu befriedigen, und dabei ist Neues immer dann nötig, wenn das Alte den Bedürfnissen nicht entspricht.
@n0b0dy:
Das würde ich nach wie vor unterschreiben; in dem aktuellen Vortrag läuft das unter dem Stichwort „Aufgaben-Fairness“. Was ich nicht mehr drin habe, ist die Vorstellung, dass mehr tun muss wer mehr konsumieren will.
@Christian#13: Vielleicht meint Ludger gar nicht die Verwertung, wenn er danach fragt
Allerdings ist die Antwort auf diese Frage recht einfach: Wertvoll ist etwas, wenn die Commoners es so empfinden, wenn es also Bedürfnisse befriedigt. — Das ist genau der Unterschied zur Marktökonomie: Es gibt keinen objektivierbaren, abstrakten Maßstab.
Christian, Stefan: da verwendest Du eine „positivistische“ Wert-Definition, die unter kritischen Ökonomen wiederum heftigst abgelehnt wird! Die suchen nämlich gerade nach dem Kriterium, das erlaubt Wert oder Unwert von etwas überpositiv zu erfassen, also nicht nur davon abhängig ob irgendjemand behauptet, dass ein Ding für ihn wertvoll ist und sein „Bedürfnis“ befriedigt, also wenn z B jemand das Bedürfnis hat Kokain zu konsumieren oder mit einem 1001-PS-Bugatti seine Brötchen zu holen. Entsprechend ist bzw. war da die Rede vom „rationalen Produkt“, das eine „rationale“ Ökonomie eben herzustellen sich zur Aufgabe machen sollte, und eben nicht einfach alles was irgendjemand haben will – u. a. deshalb weil eben die Ökologie das nicht mehr mitmacht. Soll nur heissen: paar mehr Reflexionen sind schon noch erforderlich, ich würde es zum Beispiel gerade für einen Vorteil der Peer-Ökonomie halten dass es hier leichter möglich ist, sich bei der Produktionsentscheidung für ein „rationales“ Produkt zu entscheiden, eben weil hier keine ausserhalb der Sache selber liegenden Ziele (Markterfolg, Gewinn) eine Rolle spielen. Also – objektivierbare Maßstäbe gibt es schon, würde ich meinen… und dafür ob etwas Neues wertvoll ist auch!
Aber ich denke das ist nicht SO wichtig, eher akademische Frage an der Stelle.
@Ludger: Äh, nee, ob etwas »wertvoll« empfunden wird, hat gar nichts mit einem ökonomischen Wertbegriff zu tun (Wert ist ein gesellschaftliches Verhältnis). Rationalität würde ich hier auch nicht reinmischen wollen, denn sie meint in der Regel die betriebswirtschaftliche Logik, die hier fehl am Platze ist. Nein, tatsächlich geht es in der commons-basierten Peer-Produktion um die Bedürfnisse, die keiner fremden Rationalität unterworfen sind.
@Stefan: da hats mal so eine schöne tiefe Debatte gegeben, zu den Rationalitäten, also zur Abgrenzung „kommunikative“ (oder auch: vernunftgeleitete) Rationalität, und funktionale, instrumentelle oder Markt-Rationalität; letztere ist die positivistische, erstere aber eher die die Ihr hier vertretet, aber: dessen seid Ihr Euch gar nicht mehr bewusst, ist jedenfalls mein Eindruck dass das etwas in Vergessenheit geraten ist. Also die betriebswirtschafliche Rationalität ist der Musterfall von positivistischer, ausschliesslich Preisinformationen auswertender, und damit in gewisser Weise „blinder“ und kurzsichtiger Rationalität; und die kennt als Wert eben auch nur den Preis, der rationale Wert dagegen ist eben sehr wohl objektivierbar: leitet sich her aus überpositiven Ideen wie z B den Menschenrechten, oder der Menschenwürde, die wir immerhin im Grundgesetz verankert haben! Nützt allerdings nur begrenzt, ist aber m. E. besser als wenns nicht drin wär.
Ich würde sagen: eine zweckmässige, Verschwendung vermeidende Gebrauchswertorientierung in der Produktion ist rational.
Die Karlsruher haben eine Audio-Aufnahme des Vortrags online gestellt.
Wer das Ganze lieber schriftlich nachlesen will: die vierteilige Serie hier bei Keimform ist jetzt komplett: Teil 1 | Teil 2 | Teil 3 | Teil 4.
So einfach ist das allerdings nicht, denn die Konkurrenz nötigt eben auch zu Erfindungsreichtum und Arbeitsersparnis was am Ende für alle die Möglichkeiten der Bereicherung steigert, d.h. die Möglichkeit, Bedürfnisse zu befriedigen und auch weiter zu entwickeln – insofern man nicht dazu verdammt ist, die Nachteile der damit immer auch verbundenen Ausbeutung und Umweltbelastung zu ertragen.Das zeigt mir die vielleicht noch bestehenden Grenzen der Peer-Produktion-Sicht, die mir so immer noch eine produktionistische zu sein scheint bei der die Konsumspähre nur als „die Bedürfnisse“ auftaucht, die die gleichberechtigt miteinander produzierenden Assoziationen selbstverständlich besser bedienen werden und die sich dabei wie von Zauberhand in vollkommen unproblematische Bedürfnisse verwandeln. Vielleicht kommt es aber entscheidend auf die (Form der) Abstimmung zwischen den unterschiedlichen Bedürfnissen und was deren Befriedigung (wem) sozial bzw. ökolgisch kostet an.
@HHH: Ich halte es für ein Gerücht, dass Konkurrenz Erfindungsreichtum und Arbeitsersparnis und »am Ende für alle die Möglichkeiten der Bereicherung steigert«. Vielleicht war das gültig, als Adam Smith diesen Gedanken formulierte.
Heute ist nicht Konkurrenz, deren Aspekt u.a. die geschlossene, auf künstliche Knappheit setzende Produktion ist, sondern Offenheit die Voraussetzung von Erfindungsreichtum und Arbeitsersparnis. Würde man das Geldsystem und alle paranoiden Schutzmechanismen drumherum einsparen, wären grob geschätzt die Hälfte aller derzeit aufgrund der Konkurrenz genötigten Aktivitäten hinfällig und können tatsächlich in Erfindungsreichtum und Arbeitsersparnis fließen. Die Behauptung, der Kapitalismus wäre so ungeheuer produktiv halte ich für einen Mythos.
Die Produktivismus-Kritik kann ich nicht nachvollziehen. Ich verstehe sie schlicht nicht. Vielleicht kannst du das erläutern. Ist Produktivismus nicht Produktion um der Produktion willen? Das ist Peer-Produktion ja gerade nicht, weil dort „nur die Bedürfnisse“ zählen.
Das mit der Konsumsphäre verstehe ich auch nicht. Was ist gut daran, dass es eine abgespaltene Sondersphäre gibt, die nicht mit der Produktion direkt vermittelt ist? Was gibt’s denn da noch, das zu retten sein könnte? Was ist verkehrt an einer auf der Bedürfnisbefriedigung basierenden Produktionsweise, die Produktion und Konsumtion nicht mehr trennt?
Der Ansatz der Idee einer selbstorganisierten Fülle ist interessant. Beim Lesen der Ausarbeitung könnte sogar so etwas wie Euphorie aufkommen, denn theoretisch könnte die Welt wohl tatsächlich mit der Umsetzung gerettet werden, zumindest ökologisch. Der Satz am Schluss „Der Staat, wie wir ihn heute kennen, wird überflüssig“ hat mir dann doch einen Schrecken eingejagt. Ich halte es dann doch lieber mit einer Veränderung im Kleinen, nämlich in meinem persönlichen Lebensbereich, indem ich Konsum zurückschraube und die Verbundenheit zur Natur verstärke. Damit verändere ich zwar nicht die Welt, aber ich leiste wenigstens einen kleinen Beitrag zur Verbesserung.