Kaskade
[alle Texte der Broschüre „ich tausch nicht mehr – ich will mein Leben zurück“]
„Eine Kaskade (von italienisch cascare „fallen“) ist … ein Wasserfall, … der über mehrere Stufen fällt.“ (Wikipedia)
Alle geben ihre Überschüsse in eine gemeinsame Schale, alle können sich bei Bedarf aus der Schale nehmen. Was dann noch übrig bleibt, fließt in die nächste Schale. Aus dieser werden dann Projekte aus dem direkten Kaskaden-Umfeld unterstützt. Auch von hier kann Geld in die nächste Schale für Projekte in weiterer Entfernung zur Kaskade fließen.
Das Ziel ist die Absicherung der Menschen,
die in nichtkommerziellen Projekten aktiv sind
Die Kaskade ist ein Ergebnis der Diskussionen auf den halbjährlichen Vernetzungstreffen nichtkommerziellen Projekte[1]. Sie ist eine Form gemeinsamer solidarischer Ökonomie. Das Ziel ist die Absicherung der Menschen, die in nichtkommerziellen Projekten aktiv sind.
Neun Menschen haben sich zusammengetan, treffen sich ein paarmal im Jahr für einige Stunden, um sich auszutauschen, über das was los ist in ihrem Leben. Dabei geht es auch um die finanzielle Situation der einzelnen Beteiligten und um die Verwaltung der gemeinsamen Kasse. Der Aufwand soll überschaubar bleiben. Die Freiheit der einzelnen soll nicht begrenzt, sondern erweitert werden. Die Beteiligten entscheiden völlig selbstständig, wofür sie ihr Geld ausgeben. Ihre Überschüsse fließen in die gemeinsame Kasse. Auch Geldvermögen wurde teilweise dazu gegeben.
In der Praxis zeigt sich, dass das Geben leichter fällt als das Nehmen.[2] Trotzdem hat es sich etabliert, dass sich einzelne bei Bedarf Geld aus der gemeinsamen Kassen nehmen. Auch das funktioniert unkompliziert. Es wird zwar gefragt, aber die Fragen haben eher die Funktion der Information. Einzelne werden immer wieder darin bestärkt, sich bei Bedarf auch wirklich Geld, z.B. für eine Urlaubsreise, zu nehmen.
Wahrscheinlich funktioniert die Kaskade bisher so reibungslos, weil genug Geld da ist. Außerdem kennen sich die Beteiligten schon lange und haben in anderen Zusammenhängen ein Vertrauen zueinander aufgebaut. Für die Beteiligten stellt die Kaskade eine spürbare Absicherung dar. Sie mindert finanzielle Ängste und Druck und ermöglicht so, sich Zeit zu nehmen für die Arbeit in nichtkommerziellen Projekten.
In der Praxis zeigt sich, dass das Geben leichter fällt
als das Nehmen
Bisher ist die Kaskade noch keine Antwort auf Wünsche nach einer längerfristigen Absicherung. So geben nicht alle Beteiligten ihre gesamten Überschüsse in die gemeinsame Kasse. Sie behalten einen Teil zurück, um sich damit eine längerfristige Absicherung zu organisieren.
Fußnoten
- 1. Siehe auch Geschichte der NK-Seminare
- 2. Siehe auch „So selbstverständlich“ oder Das Problem mit dem Geben und Nehmen
Autor*innenbeschreibung:
Die AutorIn ist in mehreren nichtkommerziellen Projekten aktiv und Teil der Kaskade-Gruppe.
„Bisher ist die Kaskade noch keine Antwort auf Wünsche nach einer
längerfristigen Absicherung. So geben nicht alle Beteiligten ihre
gesamten Überschüsse in die gemeinsame Kasse. Sie behalten einen Teil
zurück, um sich damit eine längerfristige Absicherung zu organisieren.“
Man will allen Beteiligten die volle Freiheit des Gebens und Nehmens lassen und trotzdem eine irgendwie verlässliche Absicherung erreichen. Meines Erachtens ist das Bemühen um die eigene Absicherung sehr verständlich und eine existentielle Frage, und man sollte eingestehen, dass man die eigene Existenz eben nicht gerne einem nicht-verbindlichen Prozess überantworten möchte. Das führt letztlich zu einer Spaltung im Bewusstsein: einerseits will man den Idealismus, jegliches Äquivalent-Prinzip abzulehnen, aufrechterhalten – andererseits fürchtet man eben doch verständlicherweise, im Ernstfall nichts in der Hand zu haben, und was tun wenn die Gemeinschaftskasse leer ist gerade dann, wenn man darauf dringend angewiesen ist? Wenn das Engagement der Jungen nicht mehr reicht für die Alten und Arbeitsunfähigen?
Nichts gegen Notbehelfe und Solidargemeinschaften, aber es zeigt sich doch, dass das als gesamtgesellschaftliche Lösung gerade kein Weg ist, denn da braucht man verbindliche, verlässliche Strukturen, ohne dass man tagtäglich einen großen Idealismus aufbringen muss oder immer wieder vor der moralischen Selbstprüfung steht, ob man sich das jetzt herausnehmen darf, was man gerne hätte oder braucht. Die darin liegende beständige moralische Selbst-Überforderung sollte nicht unterschätzt werden. Das mag in eher kleinen Kreisen eine ganze Weile gutgehen, aber man kann das nicht als Fundament für eine gesellschaftsweite ökonomische Alternative voraussetzen.
@Mattis – Deine Bedenken sind abstrakt, konkret gibt es Darstellungen, die solche Prozess beschreiben – auch wenn das nicht in der Common-Welt passiert.
Ein wunderbares Buch – zu welchem ich ein Remake geschrieben habe – ist Walden two (deutsch Futurum Zwei) von B. Skinner. Der Titel verweist auf Walden von H. Thoreau, dess Untertitel „Leben in den Wäldern“ auf die Zivilgesellschaft jenseits der Zivilisation verweist.
Da wird sehr genau beschrieben, wie Nehmen und Geben in einem konkreten Fall funktioniert. Natürlich muss einem das so nicht gefallen, was auch reflektiert wird, in der Form, dass es Manschen gibt, die lieber nicht mitmachen wollen.