Kritisches zum »containern«
»Containern« nennt man die Praxis, entsorgte aber noch gute Lebensmittel einzusammeln, um sie für ein leckeres Mahl zu verwenden. Damit befasst sich der autonome container-blog. »Warum zum Henker ist Containern illegal?« — fragt ein eher theoretischer Beitrag und erklärt schlüssig, dass die allgemeine Knappheit der Waren aufrecht erhalten werden muss.
Die Nichterreichbarkeit des »Abfalls« der ehemaligen Ware ist die Bedingung für die Warenform der aktuellen Ware. Dabei ist es ähnlich wie bei der kopierten Software egal, ob der aktuelle Warenbestand von der Aneignung gar nicht betroffen ist. Knappheit ist eben eine universelle Bedingung, eine soziale Form, in der Güter im Kapitalismus zirkulieren (müssen).
In diese Form der Nichterreichkeit des eigentlich Vorhandenen sind durchaus auch die Tafeleinrichtungen der Kirchen einbezogen, die mit »Aussortiertem« der Lebensmittelgeschäfte versorgt werden. Denn auch hier ist der Zugang limitiert: Wer keinen Hartz-4-Ausweis vorzeigen kann, kommt nicht an die Lebensmittel ran (etwa Asylsuchende).
Erfreulicherweise verbreitet der Beitrag keine Illusionen über die kritische Potenz des »Containerns«:
»Die Warengesellschaft wird dadurch selbst nicht Frage gestellt, geschweige denn ausgehebelt. (…) Das Containern ersetzt keine Auseinandersetzung mit der kapitalistischen Produktionsweise (z.B. in Arbeitskämpfen), aber beinhaltet vielleicht die Ablehnung einer Gesellschaft, in nur der/diejenige Essen soll, der/die dafür bezahlen kann.«
Die als Alternative genannten Arbeitskämpfe sind (zwar legitime) jedoch stets nur Auseinandersetzungen innerhalb der kapitalistischen Produktionsweise und überschreiten diese nicht. Wie beim »Containern« geht’s hier in der Regel nur um die Verteilung bereits geschaffener Werte, hier allerdings nicht in unmittelbar stofflicher, sondern in monetärer Form.
Insofern verweist die unmittelbar stoffliche Aneignung der real vorhandenen Güter gedanklich auf die Möglichkeiten einer Produktion und eines guten Lebens für alle — jenseits von Geld, Markt und Staat.
Yep, so sehe ich es auch … Es gibt aber auch einen wesentlichen Haken dabei:
je weniger Waren hergestellt werden, desto weniger Arbeitsplätze werden notwendig sein, um diese herzustellen, was weiter wieder heißt, dass sich noch weniger Leute diese Waren leisten können und das führt zum Abbau noch weiteren Arbeitsplätze, weil noch weniger produziert wird, usw. usf …
Der einzige Ausweg aus diesem Kreis ist IMHO eine besser durchdachte UMVERTEILUNG, weil wir bald ohnehin technologisch so weit sind, dass noch weniger Arbeitskräfte gebraucht werden, und daher werden sie in dem Herstellungsprozess kaum mehr gebraucht und dann frage ich mich:
Was machen wir mit diesen Menschen?
Wovon sollen sie leben, wenn sie im Arbeitsprozess nicht gebraucht werden und dadurch auch (logisch) kein Geld verdienen können um sich die waren der anderen Arbeiter leisten zu können?
Bald haben wir hier eine mittellose Mehrheit, deren in der Verzweiflung jedes Mittel recht sein wird um da rauszukommen …
Und das kann unmöglich zu etwas Gutem führen …
Exakt erkannt das Dilemma.
Umverteilung ist eine Option, aber Umverteilung auf der stofflichen Seite! Bisher wird bei Umverteilung immer nur an das Geld gedacht. Wenn das aber — wie du zurecht argumentierst — immer weniger da ist (weniger Arbeitskraft für mehr Produkte = weniger Wert = gleich weniger Geld), dann hat das seine objektiven Grenzen.
Weiter gedacht wäre nicht nur Umverteilung, sondern andere andere gesellschaftliche Regulation — eben jenseits von Markt und Geld — die Lösung. Ok, seeehr viel weiter gedacht. Bei Freier Software funktioniert das heute schon ansatzweise…
Wie ich in dem auch ansonsten sehr empfehlenswerten Dokumentarfilm Les glaneurs et la glaneuse von Agnes Varda erfahren habe, gibt es zumindest in Frankreich noch das explizite Recht einzusammeln, was uebrig bleibt. Urspruenglich bezieht sich dieses Recht zu „glaner“ (frz. fuer „auflesen“, „einsammeln“) auf das, was nach der Ernte auf dem Feld liegenbleibt. Ist sicher ein Relikt aus vorkapitalistischen Zeiten, so wie auch die Mittelalter allfaelligen Allmenden.
jaja das sind so die seltsamen auswüchse der kommerz-kapital-gesellschaft. Ich fahre sehr oft an die Laderampen von den Supermärkten der Umgebung um mir die offen stapelbaren Obstkisten zu holen die ich in meinem Bücherlager verwende. Da sehe ich dann auch oft die Lebensmittel, die einwandfrei sind und würde sie gern mitnehmen. Da originalverpackt, kann ich mir nicht mal einreden daß sie schmuddelig sind. Einzig mein Wissen um den Weg der absoluten Rechtschaffenheit, sprich nicht-Diebstahl hält mich davon ab. Ich wende mich dann halt meist ab mit einem smiley im Gesicht und dem Wissen daß mein Arbeit an der keimenden nicht-waren gesellschaft mehr bewirkt als diese paar Lebensmittel vor dem Verfall zu retten, DIe hartz4-tafelrunden-Leute holen hier bei weitem nicht alles ab. Ich glaub sie haben auch nur mit ein paar Märkten Verrträge wenn ich sie richtig verstanden habe.
Mahlzeit!
@Florian: Und wieso soll jetzt das Mitnehmen der Kisten weniger „Diebstahl“ sein, als das Mitnehmen der Lebensmittel? Womit ich Dich natürlich nicht vom Kistenmitnehmen abhalten will 😉
@benni: Die nehm ich auch beim Einkaufen im fünferpack mit und hab das mit denen abgesprochen. Sie kommen sonst alle ins Altpapier (außer „Füllhorn“ die Okomarke, die ihre wiederverwenden, die lasse ich brav da).
Ob ich das mjamjam mitnehmen darf hab ich zwar noch nicht gefragt aber ich schätze da haben sie was dagegen, es könnte meine Investition in den Laden dezimieren…
Völlig vergessen: Auch Wikipedia hat einen Artikel zum Containern.
hab jetzt paar mal containert.
Weil wir echt nichts mehr zu futtern hatten, ein paar tage am monatsende ist das geld meist aus.
Heute kommen aber doch bedenken auf ob ich mich nicht dem risiko aussetze in die scheiße zu greifen und daher google ich grad nach rechtsprechung in der sache, so bin ich hier mal wieder gelandet…
aber ich sag euch
es macht einfach so viel spass
Ist so ein Jäger&sammler feeling irgendwie, so ehrlich.
best2you all
flo
Containerprozess „gewonnen“
Containern kann süchtig machen, wenn man was findet, frustierend ist es wenn absolut nix zu finden ist oder sie lange schwere Ketten mit einem teueren Schloss haben. Es lohnt sich, erwischen ist so eine Sache, man muss eben wissen wann man los geht und wo. Am Sonntag Morgen ist es ideal, in der Nacht niemals, man weiss nie wer einen da beowachtet, auserdem haben die Läden lange auf und um 23 Uhr oder später würde mich keiner dort hinbekommen. Im dunkeln nach Lebensmitteln zu suchen ist nicht gerade das dollste. Vieles was ich schon gefunden habe würde ich mir nie kaufen, zu teuer oder ich mag es nicht. Ich hatte mal Katonweise Bio Produkte, der reinste Wahnsinn, die stabelten sich auf den Container, so voll war der. Oder Salamie Snack, eine ganze Tüte voll, für 20 Euro. Oft sind die Sachen noch länger haltbar, versteh auch nicht warum das weg muss, die haben eben zu viel davon, sag ich mir immer. Dann Pralinien und Schokolade, Apfesinnen und Zitronen, Säckeweise. Der Hammer war bis jetzt, mindesten zehn 3er Packung Paprika, nur weil eine kaputt war wurde eine ganze Kiste in den Müll geworfen. Man muss sich überwinden um das zu machen, hinterher freue ich mich immer über meine Beute. 🙂
Es gibt Länder in denen Containern keine Straftat darstellt. In Deutschland wird sich das wahrscheinlich niemals ändert, da sogar Abfall einem Besitzer zugeordnet werden kann…
Grade heute wieder in einem Forum gelesen das es irgendwo eine Aktion gibt wo man für 10 Euro ein Handy mit 10Euro Startguthaben kaufen kann. Hunderte haben bei dieser Aktion zugeschlagen und gesagt: „Man kann die 10 Euro vertelefonieren und dann das Handy einfach wegschmeißen“. Unbegreiflich wie manche wertvolle Rohstoffe verschwenden… tolle Wegwerfgesellschaft.
Hier habe ich einen super interessanten Beitrag zum Thema gesehen:
Containern – Gefundenes Fressen – Mahlzeiten aus dem Müll
https://www.youtube.com/watch?v=cjrcxIi3Te4
sehr informativ, wie ich finde.
LG.