Commons: Ausblick

Logo des Commons-Instituts[Bisher erschienen: Einleitung, Teil 1, Teil 2, Teil 3, Teil 4]

Gemeinsam auf dem Weg in eine postkapitalistische Welt: emanzipatorisch, bedürfnisorientiert, ressourcenschonend und ohne Wachstumszwang

Eine Transformationsperspektive, die den Weg in eine Commons-Gesellschaft vordenkt, wird als Keimform-Ansatz beschrieben (vgl. Meretz 2014b). Diese Perspektive bildet insbesondere im deutschsprachigen Raum einen wichtigen Bezugspunkt. Vereinfacht gesprochen, geht es um die These, dass eine konsequente Praxis von Commons sich im Hier und Jetzt verbreiten und unter anderem aufgrund der Krisenhaftigkeit des heutigen Gesellschaftssystems dazu in der Lage sein könnte, zur gesellschaftsbestimmenden Logik zu werden. Demnach sind im heutigen Commoning die Potenziale einer Commons-Gesellschaft schon angelegt, wenn auch noch nicht voll entfaltet. Dabei finden sich Commons-Projekte immer der Gefahr ausgesetzt, vereinnahmt zu werden. Verteidigungs-, Aneignungs- und Aushandlungskämpfe von gemeinsam verwalteten Ressourcen sind notwendig, solange der hierarchische Nationalstaat und der kapitalistische Markt mit ihren jeweiligen Logiken dominant sind. Diese Kämpfe werden erfolgreicher sein, wenn sie im Kontext einer starken, gemeinsamen und vor allem emanzipatorischen Bewegung stattfinden.

Eine konkrete postkapitalistische Vision ist eine Welt, die nicht hierarchisch ist, sondern netzwerkartig über funktional differenzierte Verbindungspunkte selbstorganisiert ist und in der die individuellen Bedürfnisse aller Personen durch Commons befriedigt werden können. Diese Welt würde sich zudem durch selbstbestimmte und verantwortungsvolle Tätigkeitsverhältnisse auszeichnen, die Freude und Sinn bringen, ohne Ressourcen zu übernutzen oder Ökosysteme zu zerstören. Die Commons-Bewegung vertraut in die menschlichen Potenziale und übersetzt den Nachhaltigkeitsgedanken in die Sprache menschlicher Bedürfnisse: Es gibt ein Bedürfnis, den Planeten zu erhalten, das nur befriedigt werden kann, wenn wir unsere individuelle wie kollektive Bedürfnisbefriedigung im Einklang mit den Grenzen der Erde organisieren. Commoning ist eine konkrete Art und Weise, mit Menschen und nicht menschlicher Natur umzugehen, die nicht auf einem abstrakten Wachstumszwang aufbaut, sondern anerkennt, dass wir Menschen ein (re)produktiver Teil der Erde sind.

Commons mögen langfristig nicht alle Probleme der Welt lösen. Doch wir leben in einer endkapitalistischen Welt, in der sich Gegensätze tendenziell eher verschärfen und Konflikte immer brutaler ausgetragen werden. Da ist die Schaffung positiver Perspektiven, das Formulieren und – mehr als alles andere – das Praktizieren einer solidarischen Vision von besonderer Bedeutung. Für die Zukunft erscheint es aus Bewegungsperspektive wünschenswert, dass eine aufeinander abgestimmte Laufrichtung gefunden wird. Unter dem Stichwort Konvergenz finden derartige Allianzbildungsprozesse (an denen auch zahlreiche andere in diesem Band vertretene Strömungen beteiligt sind) statt. Gleichwohl sollten auch die inhaltlichen Auseinandersetzungen intensiviert werden, um auch strategische Fragen offen und kontrovers zu diskutieren. Nur so kann vermieden werden, dass die unterschiedlichen Strömungen unverbunden nebeneinanderstehen, und wird dafür gesorgt, eine Verbundenheit in Vielfalt entstehen zu lassen. Als gemeinsames Dach könnte sich ein emanzipatorisch verstandener, den Kapitalismus überschreitender Begriff der „sozial-ökologischen Transformation“ anbieten. Obwohl er bereits ansatzweise „vernutzt“ ist, vermag er wohl den gemeinsamen Zielhorizont der unterschiedlichen Strömungen zu fassen.

Literatur: im Einleitungsbeitrag

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