Streifzug-Review 4: »Wissensallmende«
Die vierte Ausgabe der Kolumne »Immaterial World« in der Wiener Zeitschrift »Streifzüge« schien ziemlich langweilig gewesen zu sein: Niemand hat einen Kommentar geschrieben. Vielleicht auch deswegen, weil besprochene das Attac-Büchlein »Wissensallmende. Gegen die Privatisierung des Wissens der Welt durch ‚geistige Eigentumsrechte’« langweilig ist? Oder weil es einfach langweilig ist, durch Attac immer wieder auf den Staat als Retter in der Not verwiesen zu werden? Wer weiss das schon. Es lohnt sich trotzdem, das Buch zu lesen:-)
Tschuldigung, aber nach so einem Bashing muss ich einfach mal zurückbashen:
Vielleicht ist es ja auch einfach nur langweilig jeglichen Reformvorschlag immer mit pauschalem „keinen Begriff von der Krise“ abzukanzeln?
Kann ja sein, dass Du Recht hast. Aber dann müsste es Dir ja auch ein leichtes sein zu zeigen, wieso genau und im Detail die Kulturflatrate jetzt aufgrund der Krise der Verwertung ein unmögliches Projekt ist. Beim Grundeinkommen geht mir das ja noch irgendwie in den Kopf (auch wenn ich anderer Meinung bin), aber bei einem verhältnismässigen Popelprojekt wie der Kulturflatrate seh ich es nicht ein. Da gibt es eben unterschiedliche Interessen und man sucht einen Ausgleich, natürlich ist das nicht besonders revolutionär, die Remix-Kultur könnte es trotzdem enorm fördern was dann indirekt auch die Keimformen fördert.
Nix für ungut, aber da hab ich mich jetzt echt geärgert 🙁
Danke für deinen Bash – was raus muss, muss raus;-)
Ich finde den Ruf nach dem Staat langweilig und irgendwie sehr deutsch, weil genau das uns kein bißchen weiterhilft. Es ist der (nachvollziehbare) Wunsch, es möge alles irgendwie geregelt werden für einen, der Staat möge für einen die verlorene Sicherheit wieder herstellen. Das ist nicht Selbstbetätigung und schon gar nicht Selbstentfaltung, sondern Delegation und Passivität. Zugespitzt formuliert.
Ich habe mir gerade nochmal das WOS-Panel „Business and Commons“ angesehen (die Streams der WOS 4 sind hier online). Ich gucke das unter der Fragestellung an, wie Menschen real mit Zerfallsprozessen umgehen. Die Anrufung des Staates ist eine Variante, die sich die Leute in der Peripherie – teilweise auch die Regierungen – abgeschminkt haben. In dieser Selbstbetätigung, klarerdings noch in Formen der Ware, liegt mehr Kreativität und emanzipatorisches Potenzial als der Ruf nach einer Regulationsform, die schlicht ihre Zeit hinter sich hat. Eine Remix-Kultur wird nicht durch den Staat gefördert, sondern nur duch die Leute selbst. – Üblicherweise kommt an dieser Stelle der Zynismusverwurf, aber ich hoffe, nicht von dir.
Im übrigen wird die Staatsanrufung nicht schwächer, nur weil ich hier rumquengele, sondern nur wenn die Leute ihre Erfahrungen machen.
Eine Regierung, die auf die „Anrufung des Staates“ verzichtet find ich nun wirklich eine ziemlich ulkige Vorstellung 😉
Ansonsten: Mir ist das halt zu schwarz-weiß. Der Staat ist eine Institution unter anderen. Die existierenden Institutionen können „wir“ (auch eine Anrufung!) nicht einfach ignorieren. Noch laufen viele Fäden beim Staat zusammen. Die Auseinandersetzung um Softwarepatente hat doch sehr gut gezeigt zum einen wie wichtig das ist und zum anderen, dass man da sehr wohl erfolgreich sein kann. Deswegen verlasse ich mich doch noch nicht gleich komplett auf den Staat und gebe mein Gehirn an der Garderobe ab.
Außerdem freue ich mich, dass ich jetzt dank Gassners Law gewonnen hab 😉
Ich finde es sympatisch, so was lasse ich als Regierung grad noch durchgehen 🙂
Hör (und sieh) dir mal Claudio Prado an (Achtung: 243 MB!):
http://phalacrocorax.informatik.hu-berlin.de/sa/14_20h_BrazilTheFreeCultureNation.ogg
Puh, ich dachte schon… 😉
Sorry, ich hab schon vorher wg. Raimund’s Law gewonnen, und wenn nicht deswegen, dann beantrage ich vorsorglich nach Peukert’s Law ein Meretz‘-Law: „Ein Staat-Bashing zieht stets ein Antistaat-Bashing nach sich“ 😉
Ansonsten ist der Staat natürlich keine „Institution unter anderen“, das ist mir zu grau in grau, aber das können wir ein anderes Mal diskutieren.
Staat ist in der Tat weiterhin eine zentrale Form der Organisation von Territorialitaet, da beisst das Internet keinen Faden ab. Ein positiver oder negativer Staatsfetisch bringt uns kein Stueckchen weiter, da sind sich ja alle hier einig. Vielmehr brauchts eine vernuenftige Analyse von Veraenderungen staatlicher Strukturen und der Hoffnungen und Befuerchtungen, die an jene zu knuepfen sind. Vielleicht interessant in diesem Zusammenhang Saskia Sassens neues Buch: http://www.eurozine.com/articles/2006-11-20-sassen-en.html