Ist Commonismus Kommunismus?
Vor einigen Tagen ist die neuste Ausgabe der Prokla erschienen, der wohl renommiertesten marxistischen Zeitschrift im deutschsprachigen Raum. Das Thema der aktuellen Ausgabe 155 ist der »Sozialismus?« (mit Fragezeichen) – es geht darum, ob und welche Vorstellungen von Sozialismus und Kommunismus heute noch möglich und sinnvoll sind. Das Heft enthält einen Artikel von mir: »Ist Commonismus Kommunismus? Commonsbasierte Peer-Produktion und der kommunistische Anspruch« (PDF, 24 Seiten in A5-Format, es gibt auch eine A4-Version mit je 2 Seiten pro Blatt). Update: es gibt jetzt auch eine HTML-Version des Artikels.
In meinem Artikel untersuche ich, wieweit die unter Begriffen wie Peer-Ökonomie und Commonismus diskutierten Gesellschaftsvorstellungen Marx Erwartung an den Kommunismus – »die wirkliche Bewegung, welche den jetzigen Zustand aufhebt«, d.h. die negativen Eigenschaften des heutigen kapitalistischen Systems überwindet, ohne hinter seine positiven Errungenschaften zurückzufallen – gerecht werden. Meine Antwort soll hier, damit es spannend bleibt, nicht verraten werden 😉 , aber im Editorial schreibt die Redaktion dazu:
Marx behauptete, dass eine Gesellschaftsformation nie untergeht, „bevor alle Produktivkräfte entwickelt sind, für die sie weit genug ist“, und dass „höhere Produktionsverhältnisse“ nie an ihre Stelle treten, „bevor die materiellen Existenzbedingungen derselben im Schoß der alten Gesellschaft selbst ausgebrütet worden sind“ (MEW 13: 9). Wie neue Produktivkräfte mit den kapitalistischen Produktionsverhältnissen in Konflikt geraten, lässt sich gegenwärtig etwa im Bereich der freien Softwareproduktion und der Verteilung digitaler Güter über das Internet beobachten. Nur mühsam gelingt es (wenn überhaupt), mittels der „geistigen Eigentumsrechte“ und des Staates, offenbar obsolete Formen der privaten, kapitalistischen Aneignung des produzierten Reichtums weiter zu gewährleisten. Christian Siefkes sieht in der „commonsbasierten Peer-Produktion“ im Bereich der Informationsproduktion und der Informationstechnik bereits den Keim einer neuen Produktionsweise, die kommunistischen Zielen nahe kommt. Wir hoffen in diesem Sinne, dass die PROKLA dazu beiträgt, dass die Menschheit sich endlich jene Aufgaben bewusst stellt, für deren Lösung die materiellen Bedingungen bereits vorhanden sind.
Die Prokla enthält auch viele andere interessante Artikel, u.a. zur Kritik an Staatssozialismus und Marktsozialismus, zu Marx‘ Kritik an (früh-)sozialistischen Vorstellungen sowie zu rätedemokratischen Ansätzen. Die Ausgabe kann für 12€ beim Verlag bestellt werden, Abonnent/innen kriegen die Einzelhefte zu einem deutlich günstigeren Preis.
Sehr schöner Artikel mit neuen Aspekten und Argumenten (etwa zu den Fragen der Produktionsmittel und der Kopplung von Geben und Nehmen)! Damit ist zwar noch längst nicht »alles geklärt«, aber die Diskussion geht weiter 🙂