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mocaAm Sonntag, den 15. Juni, ist moca gestorben.

Sie wollte sich selbst vom Tod nicht vorschreiben lassen, wie sie mit ihm umzugehen hat: Sie betrachtete ihn bis zuletzt als positiven Teil ihres Lebens und blieb während ihrer langen Krankheit und der Sterbephase immer intensiv mit ihren vielen Freundinnen/Freunden (die Doppelnennung vergaß sie nie) in lebendigem Kontakt. Für sie war der Tod nur ein Wechsel der Welten, auf den sie sich auch freute und bei dem sie keine traurigen Gesichter sehen wollte.

Sie ging selbstbestimmt in den Tod — so wie sie selbstbestimmt gelebt hat. Ihre Überzeugung war: „menschen sind soziale, konstruktive, selbstverantwortliche wesen von geburt an. sie müssen nicht erst zu solchen gemacht werden“ (sie hielt sich nicht an die übliche Groß-/Kleinschreibung). Diese Haltung brachte sie zur konsequenten Ablehnung von Erziehung — Erziehung habe in den Beziehungen von Menschen nichts zu suchen. In der Gemeinschaft „Amication – Freundschaft mit Kindern“ fühlte sie sich aufgehoben. Kinder waren für sie „Keimformen“, Menschen, die alle Kraft haben, die Welt nach ihren Bedürfnissen zu gestalten. Man müsse sie nur lassen. Der Weg des Lassens, der Entfaltung, braucht keine „Ziehung“, er braucht Unterstützung und Teilhabe. Wir leben in der gleichen Welt, große und kleine Menschen, und wir brauchen uns gegenseitig. Als Unterstützer, nicht als Bevormunder.

Moca war Teil des „unverdient.de“-Projektes (das Bild oben entstand bei der Gründung Anfang 2006). Für sie lagen erziehungsfreies Leben und die Begeisterung und das Engagement für eine freie Gesellschaft jenseits der Geldlogik eng beieinander. In ihren Worten: „das menschsein muss sich nicht erst verdient werden durch harte arbeit und anstrengende charakterbildung, nein, schon bei der geburt ist da ein vollwertiger mensch. was liegt näher als diese auf psychosozialer ebene so befreiende einsicht auch auf die materielle ebene zu übertragen und von der möglichkeit zu träumen, dass menschen allein durch ihre geburt das recht auf die teilhabe an der menschlichen gesellschaft erwerben und diese nicht erst verdienen müssen.“

Uli Frank, Stefan Meretz

Keimformen in der Kultur?

Die Diskurse verschieben sich weg von den überkommenen und zunehmend unfunktional werdenden Strukturen der bürgerlichen Gesellschaft hin zu neuen Formen der Selbstorganisation. Zeigt sich das auch im Kulturbereich? Besitzt Kultur noch oder wieder eine emanzipatorische Potenz? Wo kann man das sehen?

In der Kultur zeigen sich »Ansätze einer emanzipatorischen Kultur contra Marktdiktatur«, meint Archibald Kuhnke. In einer Veranstaltung der Berliner Gruppe »Wege aus dem Kapitalismus« hält er ein »Nachwort zur Documenta 12«:

Am Freitag, 23. Mai 2008, 18:00 Uhr, in der »Hellen Panke«, Kopenhagener Str. 9, 10437 Berlin (S/U-Bahn Schönhauser Allee)

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Michel Bauwens on Peer to Peer Politics

Michel BauwensOekonux and P2P-Foundation are preparing a common conference in March 2009 in Manchester, UK. The founder of P2P-Foundation, Michel Bauwens, was born in Belgium and is now living in Thailand. He is a busy traveller and promoter of the concept of a »P2P political economy«. The italian researcher Cosma Orsi made an extensive interview with Michel, where he adopted some parts from Peerconomy and germ form theory.

Here are some interesting snippets.

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Information goods as genuine societal goods

[This is a translation of a German article by Stefan Meretz, also discussed on keimform.de (in german: 1|2|3|4). The article has been published in the magazines »Streifzüge« (issue 40/2007) and »Contraste« (issue 2/2007). Translation was done by Stefan Merten — many thanks!]

In issue 31 of the magazine krisis, Ernst Lohoff published a very interesting article. Title: »Der Wert des Wissens. Grundlagen einer politischen Ökonomie des Informationskapitalismus« (»The value of knowledge. Fundamentals of a political economy of the information capitalism«). It discusses the question whether digital information goods are commodities and whether they represent value substance (»Wertsubstanz«). Lohoff’s answer: They are neither commodities nor in an economical sense do they contain value. Here are the arguments in a short form.

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Transformation und Eigentum

[This is the German translation of the original english article]

Auf der Oekonux-Mailingliste gibt es eine interessante Debatte über das Verhältnis von Privateigentum und gesellschaftlicher Veränderung, insbesondere wenn es um die commons-basierte Produktion stofflicher Güter geht. Raoul Victor aus Frankreich schrieb:

Die ursprüngliche Frage war, wie mit der Eigentumstransformation umzugehen ist, wenn sie die materiellen Produktionsmittel betrifft. Ich bestand auf der Tatsache, dass dies zu dem einem oder anderen Zeitpunkt (wahrscheinlich noch viele Jahre hin) zu einer allgemeinen sozialen Konfrontation mit dem Kapitalismus führt, wobei die „Arbeiter der Welt“ die Hauptrolle spielen werden und die Keime der Peer-Produktionspraxen — hauptsächlich im Bereich frei reproduzierbarer Güter — dann eine wichtige Rolle bei der Evolution ihres Bewusstseins gespielt haben werden. Aufgrund der Natur des Kapitalismus ist diese Konfrontation unvermeidlich.

Das ist meine Antwort:

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Transformation and ownership

Fourier transform (cc-by-nc: xkcd.com/26/)[Es gibt eine deutsche Übersetzung dieses Artikels]

On the Oekonux-Mailinglist there is an interesting debate about the relationship between private ownership and societal change, especially when it comes to commons based production of physical goods. Raoul Victor from France wrote:

The original question is how to deal with the ownership transformation when it concerns material means of production. I insisted on the fact that, at one moment or another (probably many years ahead), this will lead to a general social confrontation with capitalism, where „the workers of the world“ will play a major role, the germs of peer production practices, mainly in the freely reproducible goods domain, having played an important role in the evolution of their consciousness. This confrontation is inevitable because of the nature of capitalism itself.

This is my answer:

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Ohne Kampf kein Mampf?

Jüngst kommt eine neue Ausgabe der Zeitschrift »Exit« auf den Markt, in deren Editorial es heisst:

»Einen parallelen Versuch ähnlicher Art [wie John Holloway] haben Stefan Meretz und Ernst Lohoff in Krisis 31 vorgeführt. Die Szene, die damit bedient werden soll, ist die als „Ökonux“ firmierende Ideologisierung der „Freien Softwarebewegung“. Dort wird (etwas allgemeiner gefasst unter www.keimform.de) schon länger die Wunschidee vertreten, der Kapitalismus würde hinter dem Rücken seiner Subjekte „das Neue im Alten“ hervorbringen, das dann unverändert in die befreite Gesellschaft übernommen werden oder diese gar auf dem Wege einer kampflosen Ausbreitung herbeiführen könne.«

Damit ist in der Tat ein wichtiger Punkt angesprochen, nämlich der nach den Vorstellungen gesellschaftlicher Transformation. Dabei scheinen sich zwei Pole herauszukristallisieren: Einerseits die Vorstellung, eine Befreiung könne nur durch den bewussten Umsturz der alten Verhältnisse und rückstandlose Entfernung derselben geschehen; andererseits die Vorstellung, die alten Verhältnisse wachsen in neue Verhältnisse hinüber, befördert durch das mehr oder weniger bewusste Handeln der Menschen.

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Kritik und Keimform braucht Dialektik

Hegel und MarxMarx hätte ohne Hegel die »Kritik der politischen Ökonomie« — so der Untertitel des »Kapital« — nicht schreiben können. Zu Lebzeiten hat sich Marx stets von Hegel abgesetzt, hat solche häufig zitierten Phrasen wie »vom Kopf auf die Füsse stellen« geprägt. Damit war für viele nachfolgende Generationen der Fall klar: Marx war der »Materialist«, Hegel der »Idealist«, Marx wollte »die Welt verändern«, Hegel nur »interpretieren«, Marx war der reifere Denker, Hegel der frühere und damit unreifere Philosoph. Kurz: Mit Hegel zu beschäftigen lohnt nicht, lieber gleich den Marx nehmen — oder keinen von beiden.

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Sozialwirtschaft als Keimform?

Telepolis hat ein Interview mit dem Praxisphilosophen Horst Müller gemacht. Die Praxisphilosophie beansprucht die alte Grundfrage der Philosophie (»Materie vs. Geist«) zu überschreiten und die Welt — von der unbelebten bis zur menschlich-gesellschaftlichen Natur — vom Standpunkt der menschlichen Praxis zu denken. Dem Anspruch nach möchte sie Materialismus, Dialektik und »Utopistik« zusammenbringen, um damit die bloße Kritik zu überwinden.

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Knast statt Keimform

Wie ich ja hier schon schrieb, wollte ich auf der Attac-Sommerakademie einen Workshop zu „Eigentum und Alternativen der Vergesellschaftung“ halten. Leider kam der Workshop nur zum Teil zu stande. Der Grund dafür hat mich völlig geschockt: Einer meiner Mitreferenten (Andrey H. ) sitzt im Knast, weil ihm „Bildung einer terroristischen Vereinigung“ vorgeworfen wird. Der Vorwurf wird mit folgenden bizarren Begründungen vorgetragen:

  • Er habe Leute getroffen, die Brandanschläge verübt haben sollen.
  • Er hat in seiner Forschungsarbeit Begriffe benutzt, die auch in Bekennerschreiben verwendet wurden. Dabei handelt es sich um sozialwissenschaftliche Fachbegriffe.
  • Er sei intellektuell in der Lage, Bekennerschreiben zu verfassen.
  • Er könne Bibliotheken unauffällig benutzen.
  • Er hat in einem Artikel einmal über einen Anschlag berichtet.

Ja, das ist alles! Und zwar obwohl es 30 Ordner (!) mit Abhörprotokollen geben soll. Mit anderen Worten: Es hätte genausogut mich, dich oder jeden anderen treffen können. Wir haben dann gestern mit ca. 400 Leuten eine Demo gemacht unter dem Motto „Wer dies liest ist Terrorist“. Es wurden ca. 30 Selbstbezichtigungen abgegeben, darunter auch auf der Kundgebung Tobias Pflüger (Europaparlament).

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