Ismus oder Nicht-Ismus – das ist hier die Frage!
Nicht nur im Commons-Institut wird die Frage eifrig diskutiert, ob „auf eine bestimmte Art handeln, vorgehen“ (Wikipedia) einen „Ismus“ (so die Übersetzung aus dem Griechischen) verdient, oder ob es besser wäre, das zu vermeiden. Was ist eure Meinung? Hier kommt meine 🙂
Laut Wikipedia gibt es Ismen als neutrale Begriffe („Organismus“), als Geisteshaltung/Lebenseinstellung („Pessimismus“), als Diskriminierung („Sexismus“), als Herabsetzung („Dilettantismus“), als Dogmata („Islamismus“) und als Umbrüche in Kultur („Dadaismus“) und Gesellschaft („Kommunismus“). Diese breite Benutzungsweise erzeugt bei mir in diesen sehr unterschiedlichen Kontexten sehr unterschiedliche Gefühle und Assoziationen. Meine Vermutung ist, dass es vielen so geht.
Eine weitere Vermutung ist, dass die ausgelösten Gefühle/Assoziationen bei den meisten Ismen doch sehr ähnlich sind, nur bei einem Bereich nicht, nämlich bei der Frage, ob wir gesellschaftliche Umbrüche mit einem Ismus benennen oder nicht. Mehr noch: Es geht eigentlich nur um die Bezeichnung eines erwünschten zukünftigen Umbruchs. Sollen, dürfen, wollen wir den erwünschten Umbruch in eine, hm, ja, da wird es schon schwer: Commonsgesellschaft oder Inklusionsgesellschaft oder oder oder, nun Commonismus nennen oder nicht [vgl. die Kommentare hier]?
Meine Meinung: Ja, das sollten wir tun. Ich mache es, aber ich respektiere, wenn es andere nicht machen wollen (was auch sonst) und der Meinung sind, wir sollten es nicht tun. Mein Grund ist recht schlicht: Das, was wir wollen oder mindestens: worüber wir sprechen wollen, braucht einen Namen, weil das die Verständigung vereinfacht. Ich gehe allerdings noch weiter, und das hat mit meiner Beschäftigung mit der Hegelschen Philosophie zu tun. Es geht mir nicht nur um einen Namen um der sprachlichen Vereinfachung willen, sondern es geht mir um einen Begriff. Mit einem Begriff ist der Anspruch verbunden, den inneren Zusammenhang der (widersprüchlichen) Momenten des Gegenstands zu kapieren. Etwas auf den Begriff zu bringen, heißt, den Gegenstand, um den es geht, zu durchdringen – zu begreifen – und dafür schließlich auch ein Wort zu finden, das das Durchdrungene – das Begriffene – ausdrücken kann. Gut ist es dabei, wenn die Worthülle dann wesentliche Momente aufgreifen kann (bei Commonismus also etwa Commons).
All das geht nicht ohne Wahrheitsmöglichkeit, braucht also eine grundsätzliche Überzeugung, dass die Welt erkennbar ist: Es ist möglich, die Wahrheit zu erkennen. Ob wir die Wahrheit tatsächlich erkannt haben, ist dabei eine andere Frage. Sicherheitshalber gehe ich gerne davon aus, dass ich auch bei sehr stabilen Überzeugungen die Wahrheit mindestens noch nicht vollständig erkannt habe. Und ganz im Hintergrund liegt auch noch ein Irrtumsvorbehalt, komplett falsch zu liegen – was mir in meinem Leben schon so manches neue Erkennen – inklusive Abschied von vorher für Wahrgehaltenem – ermöglicht hat. Der polare Gegenpart der Wahrheitsfähigkeit ist der Relativismus, also die Überzeugung, das alle Erkenntnis standortgebunden und relativ sei: „Ich denke das und du das, und beides ist gleich gültig“. Interessanterweise wird oft die eigene Festigkeit dieser Überzeugung aus dem Relativismus ausgeschlossen (alles ist relativ, nur meine eigene Meinung nicht, dass dem so ist – ein perfomativer Selbstwiderspruch).
Das Durchdrungene, dem Anspruch nach Begriffene und dann auf den Begriff gebrachte, wirkt – entgegen dem eben Dargestellten (Unvollständigkeit, Irrtumsvorbehalt) – für viele dennoch sehr fest, ja, manchmal geradezu dogmatisch. Empört wird gefragt: „Commonismus – ja, glaubt ihr denn, alles schon zu wissen, was bildet ihr euch ein?“ Dahinter spüre ich eine Angst, dass mit dem Begriff der Inhalt bereits zementiert ist, so dass nur noch die Wahl bleibt: „Bekenne dich oder gehe fort“. Und fertig ist die Sekte. Das kann ich nachvollziehen. Ich kann es nachvollziehen, obwohl wir zu Beispiel in unserem Buch Kapitalismus aufheben fast gebetsmühlenartig davon sprechen, dass wir dazu einladen, mit uns zu denken, dass wir überhaupt erst ein grobes Gerüst vorgelegt haben, das es noch auszufüllen gilt, und auch, dass wir uns auch beim Gerüst noch irren können. Gleichzeitig sind wird der Meinung: Das, was wir da aufgeschrieben haben, ist gut und ziemlich systematisch begründet. Wer das Gesamte oder Teile anders sieht, ist herzlich eingeladen, dies darzulegen. Denn worum es uns in erster Linie geht, ist die Verwissenschaftlichung der Debatte um Utopie. Die brauchen wir, denn nur, wenn wir wissen, wohin wir wollen, können wir auch den Weg bestimmen und danach handeln (auch so eine ziemlich feste Position).
Woher kommt die Angst vor Festigkeit und Wahrheitsanspruch? Und warum ist der Relativismus so verbreitet? Dazu zwei Thesen.
Die Angst vor Festigkeit und Wahrheitsanspruch hat mit der historischen Niederlage der Arbeiter*innenbewegung zu tun. In wichtigen Teilen glaubte sie tatsächlich, die Wahrheit der Geschichte erkannt zu haben und danach zu handeln. Die darin liegende Dogmatik war gut begründet, sie gab Zuversicht, Vertrauen, Handlungsfähigkeit. Kulminationspunkt war dann der Zusammenbruch des Realsozialismus, der auch jene Strömungen mit den Abgrund riss, die sich kritisch zum Traditionsmarxismus stellten. Wie sich nach dem Zusammenbruch noch positiv – egal, ob affirmativ oder kritisch – auf das beziehen, was da mal Kommunismus genannt wurde (und manchmal immer noch wird)? Das geht ja gar nicht! Diese Niederlage hat Triumph und Depression ausgelöst, Triumph, dass der Kapitalismus das Ende der Geschichte sei, Depression, dass nun die Utopie weg ist und der Kapitalismus keine Grenzen mehr hat (denn das hat der Sozialismus immerhin gemacht: Grenzen gesetzt). Ein neuer Ismus klingt vor diesem Hintergrund a priori dogmatisch.
Der Relativismus hat mit dem Zerfall der Zukunftsfähigkeit des Kapitalismus, also seiner allgemeinen Krise, zu tun. Zugespitzt gesagt, ist das Vertrauen darin, dass der Kapitalismus als Weltanschauung und Praxis die Probleme der Menschheit begreifen und lösen kann, extrem gesunken. Da aber neue Alternativen fehlen und die alten Alternativen gescheitert sind (s.o.), scheint sich die Relativität, also Begrenztheit, jeglicher (erkenntnistheoretischer) Ansätze zu bestätigen. – Das ist eine sehr grobe Darstellung, die in der absoluten Form selten vorkommt. Relativistische Momente finden sich jedoch in vielen (Erkenntnis-) Theorien, etwa in postmodernen, poststrukturalistischen oder konstruktivistischen Ansätzen. Begriffliche Klarheit und systemisch-umfassende Erkenntnisansprüche sind dagegen eher mit der Hegellinie verbunden, die wiederum von vielen bereits in ihrem Anspruch zurückgewiesen werden.
Das alles und noch viel mehr … ist für mich mit Ismen verbunden. Bin gespannt auf eure Ergänzungen und eure Sichtweisen.
Postskriptum: Ich ernte unterschiedliche Reaktionen auf meine Verwendung des Begriffs Commonismus. Die meisten nehmen ihn neutral an, einige sind abgestoßen und einige freuen sich explizit. Für meinen Artikel in der Zeitschrift Neue Wege hatte ich ursprünglich „Commons-Gesellschaft“ in der Überschrift stehen, die Redaktion wollte dann aber lieber „Commonismus“ haben, weil es klarer sei.
Ich glaub nicht mal, dass man hier den Hegel bemühen muss. Im Grunde ist jede Philosophie Begriffsbildung. Ganz klar wird mir aber in Deiner Argumentation nicht warum dieser Begriff zwingend auf „-ismus“ enden muss. Einen Hinweis bietet vielleicht Dein PS: Es schafft tatsächlich Klarheit.
Etwas (also zumindest im engeren Sinne der Verwendung im Rahmen von philosophischen Debatten) einen „-ismus“ zu nennen ist ja ein Versuch einer Kollektivierung. Es ist also eigentlich ebenso sehr ein politischer wie ein philosophischer Akt. Wenn Du z.B. sagst Du bist „Commonist“ macht das sofort deutlich, dass Du damit nicht alleine bist (oder wenigstens hoffst nicht alleine zu bleiben). Es ist ein Bekenntnis und damit eben mehr als nur ein philosophischer Begriff oder eine erkenntnisleitende Kategorie.
Wo man das sehr schön sieht ist daran, wie seit Jahrzehnten über den Begriff „Feminismus“ gestritten wird. Sowohl wird darüber gestritten was das eigentlich genau ist und _gleichzeitig_ funktioniert es aber als politisches Bekenntnis. Ich glaube in dieser Weise sind solche -ismen immer einerseits super anstrengend, weil es eben nicht nur um begriffliche Klarheit geht sondern immer auch um gesellschaftliche Kämpfe. Andererseits ist das auch unverzichtbar, weil ohne so etwas gesellschaftliche Debatten nicht kanalisierbar sind. Oder anders gesagt: In solchen Worten findet mehr als in anderen die Vergesellschaftung von Denken statt.
Nunja, tatsächlich gilt es, einer sich recht schnell einstellenden Fetischisierung des Begriffs entgegen zu wirken, der ihn dann als mit eigenem Geist beseeltes Subjekt Taten vollbringen lässt. Das ist bekannt: Der Kommunismus hat… der Kommunismus will…. der Kommunismus sagt… Es muss deutlich werden, dass damit ein Projekt mit einer bestimmten Vatiationsbreite an Absichten, Übereinkünften, Wert- und Zielvorstellunge bezeichnet ist. Eine bestimmte Orientierung deren Richtung immer wieder auch selbst neu zu justieren ist.
Entgegenwirken lässt sich der Ismussisierung indem in wenigen Worten die (Variationsbreite der) Bestimmung verdeutlich ist. Für mich geht`s beim Kommunismus ähnlich dem Commonismus um die Herstellung gemeinsamer Verantwortung – für bestimmte Produktionsbedingungen (-ziele, -standards usw.).
Ich rede etwa lieber von der Notwendigkeit, zu einem öko-kommunistisch bestimmten Stoffaustsuch mit der Natur zu kommen und versuche, Substantvierungen eher zu vermeiden um das Aniegen auf den Begriff zu bringen. Obwohl? Klar, ich kann nur immer wieder sagen: mehr (Öko-) Kommunismus wagen 😉
Stefan, wenn ich Dich richtig verstehe, willst Du auf ein Begreifen hinaus und der dabei erzeugte Begriff soll auch so benannt werden.
Das verschiebt die Diskussionsfrage aber nur. Denn es ist durchaus offen ob das, was Du begreifen willst, überhaupt begriffsfähig ist. Natürlich verläuft die Argumentation in Hegels Philosophie über Begriffsketten. Aber ausdrücklich scheidet er dabei alles aus, was nicht begriffsfähig ist. Nicht begriffsfähig ist z.B. die „Schreibfeder des Herrn Krug“ (HW 2: 195f.).
Im Begriff, wie ihn Hegel versteht, steckt letztlich die Totalität, d.h. jede Erscheinung ist die Erscheinung eines Wesens, dem sie nicht mehr entgegen steht. Und der Begriff „enthält alle […] bedingenden und bestimmenden Momente“ (so formuliert bei Holz). ALLE! Aus seiner Bestimmugn ergeben sich ALLE anderen Bestimmungen. Und: Er ist als Wahres immer KONKRET (im Hegelschen Sinne), d.h. „in sich entzweit gesetzt, und zwar so, daß die zwei Seiten des Entzweiten entgegengesetzte
Denkbestimmungen sind, als deren Einheit die Idee gefaßt werden muß“ (HW 16: 29).
Beim Common-ismus als derartiges „Wahre“ wäre also zu fragen, was ist da konkret „in sich entzweit gesetzt…“? Letztlich ist das Ganze ja die Bewegung des damit zusammenhängenden Widerspruchs zwischen den Entgegengesetzten und ihrer Einheit. (wenn man schon so genau bei Hegel bleiben will).
Du schreibst zwar etwas vom „inneren Zusammenhang der (widersprüchlichen) Momenten des Gegenstands“, aber ist das nicht nur eine Redeweise? Marx stellt für den KapitalISMUS tatsächlich diesen
„inneren Zusammenhang der (widersprüchlichen) Momenten des Gegenstands“ konkret dar als (logisch-systematische) Entwicklung dessen, was
„in sich entzweit gesetzt…“ ist (Widerspruch der „Ware“ bis … zu den Krisen…). Was ist der wesentliche Widerspruch („Grundwiderspruch“) des Commonismus, dessen Entwicklung die Selbstreproduktion des Verhältnisses (das dem theoretischen Begriff entspricht) erklärt?
Und nicht zu vergessen: Für historische Betrachtungen (etwa „Transformation“ zu und vom Kapitalismus) wird diese begriffliche (notwendigerweise deterministische) Dialektik extra ausgesetzt, hier findet sie – wenn wir richtigerweise mit Marx mal von Hegels grundsätzlich deterministischem Denken (weil nur Rekonstruktion) wegkommen – ihre Grenze, weil eben auch nicht aus Begriffen abgeleitete historische Voraussetzungen wesentlich sind, so dass eben grundsätzlich NICHT „alle […] bedingenden und bestimmenden Momente“ im Begriff stecken. (Das ist übrigens auch in Hegels Weltgeschichte so, deshalb wechselt der allgemeine „Geist“ auch die Regionen und „Völker“, weil neue, höhere Geistformen jeweils bestimmte historische Voraussetzungen aus diesen Regionen und Menschengruppen erfordern, die aus den früheren nicht einfach weiter-entwickelbar sind…).
Wahrheit steckt nicht bloß im Begriff, ein angemessener Wahrheitsbegriff ist einer, der relative und absolute Wahrheit voneinander unterscheidet (da kann mal wieder lange rumreflektieren,warum Lenins Erkenntnisse unterschiedslos in den Orkus geworfen werden).
Was ich vernünftiger finde, als auf einem absoluten „Begriff“ zu bestehen, ist die Suche nach dem „Verhältnis“. Ein Verhältnis geht über die Summe von Beziehungen hinaus, die in der Summe der Muster oder der real existierenden Commoning-Beziehungen bestehen würden. Ein Verhältnis ist das, was sich in Vermittlungsprozessen immer wieder selbst herstellt. Also quasi die gesamtgesellschaftliche Reproduktion meint, die eben nicht nur in der Summe der Beziehungen besteht. Es ist das, was aus der Menge der Beziehungen emergiert und gleichzeitig die Art der Beziehungen bestimmt. Das, was wir als „Verallgemeinerung“ des Commonings wollen.
Holz hat dazu mal einen interessanten Hinweis gegeben. Insofern diese Selbstreproduktion als allgemeiner Zweck zu betrachten ist, gilt:
„Nicht durch
Dekretierung einer Zweckordnung, sondern im Prozeß der Eliminierung inkompatibler Zwecke durch gegenseitige Beschränkung der besonderen Willen kristallisiert sich der allgemeine Zweck heraus.“
Finden wir das in den Commoning-Mustern und in den Konzepten von Stefan und Simon wieder? In gewisser Weise sicher in beiden…
@Annette: Ja, ich gehe davon aus, dass der Commonismus im Unterschied zur Schreibfeder begriffsfähig ist – schlicht deswegen, weil jede menschliche Gesellschaft begriffsfähig ist. Das kannst du mit Hegel bestimmt besser begründen als ich.
Muss ich alle Bestimmungen erkannt haben, um einen Begriff benutzen zu dürfen? Das ist eine verwandte Frage zu der nach der Wahrheit: Woher weiß ich denn, dass ich alle Bestimmungen erwischt habe? Woher weißt du denn, ob Marx alle Bestimmungen erwischt hat? Hier würde ich unterscheiden zwischen der Möglichkeit oder dem Anspruch auf Wahrheitsfindung oder vollständigem Bestimmungsaufschluss und der Gewissheit, die Wahrheit/Bestimmungen jetzt komplett erwischt zu haben. Und da sage ich – dein Argument aufgreifend: Der Commonismus ist wahrheitsfähig, bestimmungsfähig, also begriffsfähig. Ob wir die Fähigkeit schon „absolut“ oder nur „relativ“ erreicht haben, ist eine Frage des wissenschaftlichen Streits. Du gibst auch hier selbst wieder den Hinweis: „ein angemessener Wahrheitsbegriff ist einer, der relative und absolute Wahrheit voneinander unterscheidet“. Genau, das gilt auch für den Begriff.
Du fragst nach dem Grundwiderspruch des Commonismus. Ich würde sagen, es ist derselbe Widerspruch wie in jeder menschlichen Gesellschaft, nämlich der zwischen produktiven und sinnlich-vitalen Bedürfnissen und den Weisen ihrer Befriedigung. Die Form, in der dieser Widerspruch prozessiert und dabei zur „Selbstreproduktion des Verhältnisses“ führt, ist ist gesellschaftsform-spezifisch. Der Kapitalismus bringt die Exklusionslogik mit all seinen Exklusionslinien hervor und reproduziert sich darin und dadurch, der Commonisms bringt die Inklusionslogik hervor und reproduziert sich darin und dadurch. Dies ist alles noch viel genauer zu begreifen, und zwar sowohl für den Kapitalismus (immerhin haben wir Marx‘ Vorarbeit) wie für den Commonismus (da müssen wir halt alles selbst entwickeln). Aber da sind wir dran – und du bist herzlich eingeladen, mitzuforschen.
Ja, ich vergesse nicht den Unterschied zwischen Begriff und Geschichte.
Das Holz-Zitat befremdet mich eher, weil er, so scheint’s, Allgemeinheit nur als „Beschränkung der besonderen Willen“ und somit nur im Gegensatz zum „allgemeine(n) Zweck“ denken kann. Stattdessen es m.E. darum, den allgemeinen Zweck als Ergebnis der Entfaltung der besonderen Willen denkfähig zu machen.
In Eurem Konzept legt Ihr viel Wert darauf, dass die Commoning-Gesellschaft eine Konflikt-Gesellschaft ist. Damit ist m.E. auch das Holzzitat verständlich. Natürlich soll es beim Umgang mit Konflikten nicht primär um die Beschränkung dieser oder jener besonderer Willen zugunsten des Allgemeinen gehen, aber grundlegend verändern werden sich viele besondere Willensinhalte dabei dann doch müssen. Es geht nicht alles nur mit Win-Win-Entfaltung, auch wenn man sich das wünscht.
zwischen produktiven und sinnlich-vitalen Bedürfnissen und den Weisen
ihrer Befriedigung“. Das ist nicht für jede Gesellschaftsordnung der „Grundwiderspruch“ – jedenfalls nach Marx nicht für die kapitalistische. Und auch wenn müsste der für jede der Gesellschaftsformationen spezifiziert werden.
Trotzdem frage ich nach dem, was die Reproduktion von Commoning-VERHÄLTNISSEN mit sich bringt. Wir haben ja schon öfter mal drüber diskutiert, dass wir eine Art Systemcharakter brauchen, ohne dass dieses System sich wieder verselbständigt.
Danke Stefan für den Text. Und spannender Gedanke Benni. Wir könnten das Ding auch Inklusionsgesellschaft nennen, aber iwie ist es dann schwer zu sagen ich bin „Inklusionist*in“, wahrscheinlich vereinfachen -ismen Kollektivierung wirklich. Im Moment ist Commonismus halt sehr von einigen Leuten gefüllt aber mit der Zeit könnte der -ismus wie der Feminismus auch weiter werden, auf gemeinsamer Grundlage. Schlussendlich ist die Entscheidung glaub ich strategisch. Historisch ist der -ismus halt belastet, aber ihn darum aufgeben? Und macht es Commons-Gesellschaft besser? Ich verwende den Begriff manchmal unterschiedlich je nach Kontext. Bei Linken Commonismus. Bei sozial-ökologischen eher Commons-Gesellschaft oder so.
@Annette: Ich hätte wie Stefan bei dem Widerspruch zuerst an produktive und sinnlich-vitale Bedürfnisse gedacht. Würde dass dann deinem Einwand gerecht werden, oder bräuchte es einen anderen Widerspruch?
@Annette#6-1: Ja, die These, dass der Grundwiderspruch in jeder Gesellschaft der zwischen sinnlich-vitalen und produktiven Bedürfnissen sei, ist weitreichend. Er betrifft auch nur jede Gesellschaft als Gesellschaft, nicht in ihrer besonderen historischen Form. Im Kapitalismus wird das formspezifische Widerspruchsfeld durch die Exklusionslogik bestimmt, worunter der Widerspruch von Kapital und Arbeit fällt. Nur, das ist dann theoretischer Streit, ist Kapital vs. Arbeit nicht das einzige Exklusionsverhältnis, sondern Kapitalismus ist ein System von Exklusionsverhältnissen. Ich bin so vermessen zu sagen, dass Marx hier auch nur eine relative Wahrheit erkannt hat.
@Annette#6-2: Es ist ein spannende Frage, ob es „nicht für jede Gesellschaftsformation einen solchen Grundwiderspruch geben“ muss. Mit den Ausführungen vorher würde ich sagen, dass der allgemeingesellschaftliche Widerspruch zwischen sinnlich-vitalen und produktiven Bedürfnissen auch hier vorhanden ist, nur, und das ist das Besondere, das dieser nicht mehr herrschaftlich umgeformt wird. Endlich drückt sich der grundlegende Gesellschaftswiderspruch nicht mehr in einer fremden (Herrschafts-) Form aus, sondern kann sich als solcher entfalten – und das ist ein nie gekannter Entwicklungsmotor, es wäre der Beginn der Geschichte.
@Annette#6-3: „Trotzdem frage ich nach dem, was die Reproduktion von Commoning-VERHÄLTNISSEN mit sich bringt. Wir haben ja schon öfter mal drüber diskutiert, dass wir eine Art Systemcharakter brauchen, ohne dass dieses System sich wieder verselbständigt.“
Wir diskutieren das im Buch als Unterschied von Selbstständigkeit (=Systemcharakter) jeder Gesellschaft und Verselbstständigung, die wir nur im Kapitalismus finden (z.B. S. 170 im Kasten). Worauf zielt deine Frage danach, „was die Reproduktion … mit sich bringt“?
@Benni#1: Der Begriff muss nicht auf einen Ismus enden, aber im Deutschen funktioniert die Sprache halt so. Es gibt ja auch Versuche mit IE, also zum Beispiel Commonie. Annette schlägt Commoning-Verhältnisse vor.
Ich hab das Gefühl, dass die Verwendung von -ismen wie Commonismus manchmal auch abgelehnt wird, weil es sich für Menschen totalitär anfühlt. Und zwar nicht nur auf der von dir angesprochenen Erkenntnisebene („Commonismus – ja, glaubt ihr denn, alles schon zu wissen, was bildet ihr euch ein?“), sondern auch dahingehend, dass es als totalitär wahrgenommen wird, dass wir anstreben, letztlich die ganze Welt nach den Prinzipien des Commonismus gestalten zu wollen. Auf so eine Kritik würde ich antworten, dass der Commonismus ja erstens sowieso niemandem aufgezwungen werden kann, sondern aus Selbstbefreiungsprozessen hervorgeht und zweitens der Commonismus keine ausgepinselte Utopie ist, sondern lediglich auf kategorialer Ebene überlegt wird, wie Herrschaft und Exklusion ausgeschlossen werden und Menschen am besten ihre Bedürfnisse befriedigen können. Somit ist er eher eine Rahmung für eine Welt, in die dann tatsächlich viele Welten, viele unterschiedliche Weisen commonistischer Re/Produktion passen können, die so verschieden sein können wie menschliche Bedürfnisse es eben sind. Dann ist es eher totalitär, die Existenz von Markt und Staat zu rechtfertigen oder zu tolerieren, weil mit diesen menschliche Bedürfnisse systematisch übergangen und Menschen beherrscht werden.
Hallo miteinander, hier kommt mein Beitrag:
Erstmal: danke für den Anstoß, Stefan. Das gibt auch mir Gelegenheit das mehrfach geäußerte Unbehagen etwas besser zu begründen.
Ich versuch’s mal in Abfolge der oben geäußerten Gedanken
1) @Stefan, aus meiner Sicht trägt die These nicht, dass es nur in der Diskussion um gesellschaftliche Umbrüche ein Unbehagen mit -ismen gibt. Ich kann mich auch mit Islamismus nicht anfreunden – dh. mit Dogmen. Der Punkt ist, dass die vermeintlich „neutralen Begriffe“ in den unterschiedlichen Bereichen nicht nebeneinanderstehen sondern miteinander verbunden sind. Ein Dogma zum Beispiel ist ein Glaubensatz der mit einem Wahrheitsanspruch einher geht, der sich grandios mit – Gesellschafts-ismen verbinden lässt. Und genau das passiert auch – spätestens in der Wahrnehmung, der öffentlichen Diskussion aber eben auch in der Praxis, wie die Vergangenheit zeigt.
Es gibt also eine Gleichzeitigkeit zwischen dogmatischen Ismen, Gesellschaftsformen als -Ismen, Geisteshaltungen als Ismen usw. Das ist ein Problem und begründet teilweise auch, warum diese Frage hier – wie @benni schon richtig sagte – keine rein philosophische und erkenntnistheoretische ist, sondern auch eine politische.
2.) @ Stefan: Wir teilen den Irrtumsvorbehalt. Der ist bei mir vermutlich noch etwas stärker als bei Dir, aber das ist irrelevant. Relevant scheint mir, dass Du hier den Gegensatz zwischen Wahrheitsanspruch (mit Irrtumsvorbehalt) und Relativismus aufmachst und damit m.E. eine Fährte verfolgst, die zu einer Unterstellung führt – nämlich zu der, dass diejenigen, die sich mit dem Begriff Commonismus nicht wohl fühlen einfach hoffnungslose Relativist*innen sind, die in ihrem Anspruch plural zu sein den Kompass verlieren.
Du schiebst das also voll ins Philosophisch/ Erkenntnistheoretische. Und das wird dem Unbehagen nicht gerecht (siehe oben)
Ich versuche in der Diskussion um Commons und Commoning seit einigen Jahren immer einen Punkt für relational-prozessuales Denken zu machen. Alles ist Bewegung, wie @Annette sagt und das Richtige/ Wahre/zu Erkennende emergiert letztlich erst aus einer Vielfalt komplexer Beziehungen in Bewegung. Wir können nicht beanspruchen es VORHER zu wissen.
Mir ist also einerseits der Aspekt des Nichtwissens und andererseits die Zeitlichkeit wichtig. Wenn wir das ausdiskutieren kommen wir vermutlich zu dem Punkt, dass ich ein anderes Wissenschaftsverständnis habe als Ihr [z.B als @simon und Du), die Ihr den Anspruch habt, die Debatte zu „verwissenschaftlichen“. Dagegen ist rein gar nichts einzuwenden, aber dann ist die eigentliche Frage die nach dem Wissenschaftsverständnis.
Und jetzt kommt Hegel ins Spiel…
3: Ich kenne Hegel nicht gut – bitte also um Korrektur. Ich beziehe mich auf das, was ich
noch von früher weiß und auf das, was Ihr vermittelt habt: Hegel ist letztlich Determinist (haben wir auf der Sommerschule 2016 diskutiert und auch @Annette
vertraue ich :-), das macht ihn mir verdächtig. Aber er ist so eine Art prozessualer Determinist. Das ist cool. Deswegen kommt mensch mit Hegel sehr weit, aber nicht so weit wie mit dem Musteransatz.
Meine Vermutung ist, dass Letzteres daran liegt, dass Hegel zugleich ein Dualist ist. Widersprüche werden i.d.R. als Zweiheit verstanden, das aber wird der Komplexität der Welt nicht gerecht, wie auch in Annettes Beitrag durchscheint: „auch nicht aus Begriffen abgeleitete historische Voraussetzungen [sind] wesentlich“ . Überhaupt; dass Ihr die Begriffe rein theoretisch ableitet ist ein wesentlicher erkenntnistheoretischer Unterschied zwischen uns, aber das können wir andernorts diskutieren.)
4.) Das Holz Zitat inspiriert mich. Ich kann nicht sehen, wie daraus abzuleiten ist, dass Allgemeinheit nur als Beschränkung der besonderen Willen gedacht ist. Mich inspiriert es, weil es den Erkenntnisprozess als emergenten Prozess beschreibt, der aus der Klärung/Gestaltung vielfältiger Beziehungen besteht. Ich hatte zum ersten Mal den Gedanken : Vielleicht ist „Commons & Commerz auseinanderhalten“ unser wichtigstes Muster.
Dafür aber brauchst Du wiederum einen Commonsbegriff und dieser lässt sich nicht klären ohne diese Beziehungsdynamiken auf ALLEN EBENEN zu beschreiben. Ohne also Commoning möglichst genau zu beschreiben…. und damit sind wir wieder bei der Frage des WIE? Wie machen wir das? Welches Wissenschaftsverständnis haben wir? Welchen Grundannahmen und Methodologien folgen wir?
Mich hat @Simons Anmerkung in Hiddinghausen irritiert, dass mensch das gar nicht machen können, wenn der Zweck nicht VORAB klar sei. Ich fand in der Tat, dass darin etwas Totalitäres liegt.
Hier liegt jedenfalls ein Unterschied. Ich kann doch gucken, was gestern und heute gut funktioniert und sich für die Menschen gut anfühlt UND den aktuellen Produktionsbedingungen entspricht bzw. die „Entwicklung der Produktivkräfte“ nutzt… Mir genügt das als Kompass. Und ich kann meine Beschreibung ständig weiterentwickeln, offenhalten – Mustersprachen sind ja genau deswegen grundsätzlich offen.
Ein letztes: Sorry, dass es so lang geworden ist, ich hatte schon überlegt, eine Entgegnung auf dem Commonsblog zu bringen…
@Annette: Ich kann eine Mustersprache nicht als „Summe von Mustern“ denken. Das widerspricht dem Ansatz, oder @FranzNahrada? Etwas vereinfacht gesagt: Ein Muster wirkt nur in der Verbindung mit mehreren anderen – deswegen ist in einer formalen Mustersprache das Element der Anschlussmuster so wichtig. Ich muss mal überlegen, was das eigentlich bezogen auf die Frage nach den Verhältnissen bedeutet.
Insgesamt bin ich sehr dankbar für die vielen Denkanstöße und möchte weiterdenken in Richtung der Commons-Verhältnisse, die sich selbst zu reproduzieren in der Lage sind. Ich will nämlich nicht sagen, dass eine angemessene Beschreibung von dem, was Commons-Gesellschaft bedeuten kann, unwichtig wäre. Sie ist wichtig. Aber aus politisch und strategischen Gründen und auch unter dem Irrtumsvorbehalt, den @jojo hier beschreibt (vielleicht muss nicht alles Commons sein, auch wenn es das theoretisch sein könnte), lehne ich den Begriff Commonismus ab. Mit ihm wird nicht nur das Missverstehen geradezu angestachelt. Er vermittelt auch einen Dogmatismus, der mir Unbehagen bereitet.
@ Silke#15: „das Richtige/ Wahre/zu Erkennende emergiert letztlich erst aus einer
Vielfalt komplexer Beziehungen in Bewegung. Wir können nicht
beanspruchen es VORHER zu wissen.“
Die Frage ist, wozu wer was wissen will. Es gibt sicher solche Wahrheiten wie: „Die Menschen haben immer und überall eine gesellschaftliche Natur und das heißt immer und überall…u.a. dass diese oder jene gesellschaftliche Form möglich im Sinne von „nicht unmöglich“ ist.“Oder es geht eben darum, was jetzt, in dieser Generation hier und heute auf diesem Planeten gemacht werden muss und kann. Das ist für mich nicht identisch.
Das „nicht Unmögliche“ (und gleichzeitg gerade jetzt aus bestimmten Gründen Gewünschte, denn auch vieles andere ist „nicht unmöglich“) kann sich vernünftigerweise in dem, was für hier und heute ansteht, als Tendenz zeigen.
Bei Hegel war diese Art Tendenz nicht nur als „nicht unmöglich“ bestimmt, sondern als „das Vernünftige“. Man kann sicher sagen, „inklusionslogische Verhältnisse“ sind „das Vernünftige“… Aber real-historisch kann sich das natürlich nur jeweils konkret und abhängig von Bedingungen (die nicht alle gleichermaßen verändert werden können) verwirklichen, was wir über Hegel hinaus noch stärker wissen.
Wenn wir nun aber davon reden, dass die Commoning-Verhältnisse (mag ich auch mehr als „Commonismus“, ist bloß sperriger) der Tendenz nach in die Richtung des gewünschten nicht-Unmöglichen weisen, dann brauche ich natürlich eine Richtungsbeschreibung, quasi „am Horizont“. Dahin segeln können wir nur mit einem Schiff, das wir während der Fahrt umbauen, wo man nicht vorher genau wissen kann, welche Planke woher wiederverwendbar irgendwo eingebaut werden kann und welche man mit einem hoffentlich mitgenommenen Fabber schnell „ausdrucken“ muss – das muss dann auf dem Weg selbst erst herausgefunden werden.
@ Stefan #12:
„Wir diskutieren das im Buch als Unterschied von Selbstständigkeit (=Systemcharakter) jeder Gesellschaft und Verselbstständigung, die wir nur im Kapitalismus finden (z.B. S. 170 im Kasten). Worauf zielt deine Frage danach, „was die Reproduktion … mit sich bringt“?“
Auf S. 170 steht: „Das Moment der Selbständigkeit, das jeder Gesellschaft zugrunde liegt, wird im Kapitalismus zur Verselbstständigung von Sachzwängen gegenüber den Bedürfnissen der Menschen. Wir können den Kapitalismus nicht mehr kontrollieren, sondern dieser kontrolliert uns.“
Wenn die Selbstständigkeit der Gesellschaft darin besteht, dass sie einen eigenständigen Systemcharakter hat, der NICHT mehr unmittelbar durch seine Elemente (die Menschen) beeinflusst werden kann, gibt es immer ein Moment von Verselbstständigung. Im Kapitalismus gibt es „nur“ eine spezifische Art der Verselbständigung. Welches wären nun Vermittlungen, die sich in der gewünschten Weise verselbständigen, bzw. das Selbständige der Commoning-Verhältnis-Gesellschaft ausmachen? Bei Euch heißt das dann „Inklusionslogik“ und die Verselbständigung steckt im Wort „Logik“. (Hier nenne ich es spezfische Gesetzmäßigkeit/Eigengesetzlichkeit: http://www.thur.de/philo/kp/freiheit.htm#_Toc509932283).
Ich habe noch was vergessen, nämlich zu erklären, warum sich die Selbstbezeichnung „commoner“ und „commonist“ so unterschiedlich anfühlt. Es würde mir schwer fallen, mich „commonistin“ zu nennen. Ich könnte das vermutlich nicht. Tatsächlich habe ich noch nie als Selbstbezeichnung einen -ismus gewählt. Ich spreche auch nicht von mir als Feministin. Aber ich denke feministisch, vor allem aber bin ich so. Glaube ich. Diese „Weise zu sein“ ist es, die ich bezeichnen will. So wie „ich bin Moslem“ (denke/glaube/esse/handle so) im Unterschied zu „ich bin Islamist“ (gehöre der Identitätsgruppe an). Ok, das war jetzt ein krasses Beispiel, aber Ihr versteht was ich meine.
Jedenfalls ist mein Widerstand gegen den Begriff auch damit verknüpft, dass ich mich selbst nicht als Commonistin bezeichnen könnte, als Commoner aber sehr wohl.
@Stefan @Annette : Verselbständigung/ Eigengesetzlichkeit finde ich zur Beschreibung dessen, wonach gesucht wird sehr schön.
@ Silke “ Verselbständigung/ Eigengesetzlichkeit finde ich zur Beschreibung dessen, wonach gesucht wird sehr schön.“
Ich denke, man kann „Selbständigkeit“ und „Verselbständigung“ nicht wirklich trennen, wie Stefan #11 vorschlägt. Das Besondere an der Selbständigkeit/Verselbständigung im Kapitalismus ist: dass dort die Verselbständigung in verkehrender Weise geschieht (was zur Fetischisierung der objektiv verkehrt/verdreht erscheinenden Form führt):
– Der Gebrauchswert wird zur Erscheinungsform seines Gegenteils, des Werts. (MEW 23: 70)
– Konkrete Arbeit wird zur Erscheinungsform ihres Gegenteils, abstrakt menschlicher Arbeit (ebd.: 73)- Privatarbeit wird zur Form ihres Gegenteils, zu Arbeit in unmittelbar gesellschaftlicher Form (ebd.).
„Aber im Wertausdruck der Ware wird die Sache verdreht“ (ebd.: 72)
Daraus dann die fetischierenden Verhältnisse: „… die Verhältnisse der Produzenten, worin jene gesellschaftlichen Bestimmungen ihrer Arbeiten bestätigt werden, erhalten die Form eines gesellschaftlichen Verhältnisses der Arbeitsprodukte“ (ebd.: 86) – was nicht heißt, dass die „Verhältnisse der Produzenten“ dabei verschwinden würden, und tatsächlich nur die Arbeitsprodukte im Verhältnis stünden. Man muss nur das (wesentliche) „Verhältnisse der Produzenten“ hinter der (verdrehten/verkehrten) Erscheinungsform (verdreht/verkehrt erscheinenden Form) entschlüsseln. (Diese Form für das Wirkliche zu nehmen wäre der „Fetischismus“)
Ich denke als, in gewisser Weise ist etwas, was „emergiert“, was einen eigenständigen Systemcharakter hat, immer auch selbständig/verselbständigt gegenüber dem, was darin in Beziehung steht, sich in ihm verhält… aber es sollte eben nicht so verdrehend/verkehrend sein wie im Kapitalismus.
@Silke#14: Danke für deine Antworten!
Die Nummer 1) verstehe ich so, dass du die Verwendung von Commonismus für politisch-taktisch unklug hältst, weil Dogma und Ismus verbunden wahrgenommen werden. Das kann ich nachvollziehen, nehme dazu aber aus im wesentlichen drei Gründen eine andere Haltung ein.
(1) Aus politisch-taktischen Erwägungen Sachverhalte nicht bei ihrem Namen zu nennen, sondern eine relativierende, abschwächende Metapher zu verwenden, habe ich in der Vergangenheit oft als Schritt in die Beliebigkeit bzw. Anpassung erlebt (explizit: Ich meine nicht dich, Silke, sondern meine eigene traditionsmarxistische Vergangenheit). Dabei interessiert mich weniger der persönliche Opportunismus (den es nicht selten gab), sondern der diskursive Effekt: Es macht was aus, nicht mehr von Kapitalismus zu reden, sondern nur noch von Bereicherungsgesellschaft, Risikogesellschaft o.dgl. mehr. Diese Diskursverschiebung von den 70ern in die 90er konnte inzwischen wieder umgekehrt werden: Inzwischen kann Kapitalismus wieder Kapitalismus genannt werden. Das führt mich zum nächsten Punkt.
(2) Begriffe können besetzt werden, und sie können verloren gehen und auch wieder besetzt werden. Das scheint mir mit dem Begriff Sozialismus zum Beispiel dadurch, dass ihn Bernie Sanders offensiv verwendet, teilweise geschehen zu sein: Es klingt nicht mehr soo negativ. Beim Commonismus scheint mir das auch möglich, zumal der exakte Begriff noch gar beschädigt ist – im Gegensatz zum Verwandten des Kommunismus. Das führt mich zum dritten Punkt.
(3) Die Nähe von „Commonismus“ und „Kommunismus“ provoziert Fragen, die ich haben will: „Meinst du das Gleiche?“ Die Unterschiede zu erklären, ist ein guter Zugang zu den Inhalten, um die es mir geht. Ich gebe zu: Das ist ein taktisches Argument 😉
Ich habe mich jetzt nur auf die politisch-taktische Dimension bezogen. Die erkenntnistheoretische Dimension habe ich ja schon im Artikel behandelt. Klar ist, dass allein ein Wort die inhaltliche Klarheit nicht schafft. Der Verzicht auf das Wort aber auch nicht – oder mehr noch: erst recht nicht.
@Silke#15: Du befürchtest, dass für mich „diejenigen, die sich mit dem Begriff Commonismus nicht wohl fühlen einfach hoffnungslose Relativist*innen sind“. Ich kann dich beruhigen: Dem ist nicht so. Ich habe bewusst den Relativismus als gesellschaftliches Krisenphänomen analysiert und nicht als individuelles Problem. Es ist sozusagen eine Frage der Erdung, wenn ich frage: Warum greifen bestimmte Denkweisen in bestimmten gesellschaftlichen Situationen um sich? Das finde ich aufschlussreich, um mich dann in dem Diskurs zu verorten.
Ich könnte mich übrigens mein Denken durchaus auch als relational-prozessual bezeichnen – na, lieber noch als relational-prozessuales Verhältnisdenken, denn die Welt geht nicht in Relationen und Prozessen auf. Aber ja, das ist eine Debatte nach dem Wissenschaftsverständnis.
Jetzt zum Kernsatz: „Wir können nicht beanspruchen es VORHER zu wissen“. Richtig. Der Witz ist: Das tun wir auch nicht. Ich glaube sogar, dass wir explizit schreiben, dass wir es vorher nicht wissen können. Spannend, dass es uns trotzdem immer wieder unterstellt wird, so auch jetzt von dir. Ich frage mich ernsthaft, woher das kommt. Meine Vermutung ist, dass es einfach damit zu tun, dass wir uns überhaupt mit der Utopie beschäftigen. Wir beschäftigen uns jedoch nicht mit der Utopie als Vorhersage, sondern als Möglichkeit. Deswegen nenne ich unsere Utopie auch gerne Möglichkeitsutopie (vgl. der Artikel in Neue Wege).
Uns interessiert nicht, was passieren wird, sondern nur, was passieren kann. Nicht, was wir tun werden, sondern, was wir tun könnten. Denn das ist unsere Beobachtung: Mit dem Weltsieg des Kapitalismus wurde gleichzeitig verkündet, dass nun mal ja auch nichts anderes möglich sei. Das bestreiten wir, allerdings nicht abstrakt der unbestimmten Art „Eine andere Welt ist möglich“, sondern kategorial-konkret: So ist eine andere Welt möglich, sie liegt im Raum unserer gesellschaftlichen Handlungsmöglichkeiten. Hier gehören dann noch die konkret-historischen Bedingungen rein (wie Annette zurecht einfordert), um zu prüfen, ob das „grundsätzlich Mögliche“ auch unter den heute gegebenen Bedingungen möglich ist etc.
Allerdings ist die Möglichkeit eben weil wir sie nicht als Determination begreifen, so schwer fassbar. Da gehen Simon und ich dann zwei Wege: Simon versucht, diese mögliche andere Welt, den Commonismus, anschaulich zu machen. Das kann ich verstehen, aber nur unter Bauchschmerzen oder auch gar nicht mitgehen: Weil mir das „Auspinseln“ zu sehr in Richtung Vorhersage rutscht. Andererseits hat mich Bini Adamczaks Äußerung in Bonn, dass wir noch „viel mehr Auspinseleien“ bräuchten, um unsere eine andere Welt auch vorstellen zu können, etwas beruhigt, weil das dann in Richtung einer „pluralen Auspinselei“ geht, die wieder mehr etwas von „vielen Möglichkeiten“ (gerne auch „vielen Welten“) bekommt. Dennoch: not my style.
@Silke#16: Hegel als „Determinist“ und „Dualist“ zu bezeichnen, sind erstaunlich viele Ismen 😉 IMHO ist das nicht zutreffend, eine solche Zuschreibung wäre so, als ob ich die Mustersprache als bloß „verständig“, aber nicht „vernünftig“ bezeichnen würde. Das ist tatsächlich eine viel größere Diskussion.
Es ist nicht zutreffend, das wir die Begriffe „rein theoretisch“ (?) ableiten, sondern wir entwickeln sie theoretisch. Das tut ihr in eurem Buch auch, nur eben anders. Was wir mit Theorie und ihrem Wirklichkeitsbezug meinen, haben wir in Kapitel 1.2. dargestellt. – Ja, gerne andernorts diskutieren.
Zum Holz-Zitat fragst du, „wie daraus abzuleiten ist, dass Allgemeinheit nur als Beschränkung der besonderen Willen gedacht ist“. Weil Holz es genau so schreibt: „durch gegenseitige Beschränkung der besonderen Willen kristallisiert sich der allgemeine Zweck heraus“. Mich befremdet im Zitat nicht nur der schon genannte Teil, sondern auch der „Prozeß der Eliminierung inkompatibler Zwecke“. Wer sagt hier, was kompatibel und was inkompatibel ist? Das ist eine Sprache vom Drittstandpunkt – ganz und gar nicht relational-prozessual.
Nach all dem Kritischen finde ich doch, dass wir nicht so weit voneinander entfernt sind, wenn du schreibst: „Ich will nämlich nicht sagen, dass eine angemessene Beschreibung von dem, was Commons-Gesellschaft bedeuten kann, unwichtig wäre. Sie ist wichtig.“ 🙂
@Annette#21: Du schreibst: „Ich denke, man kann „Selbständigkeit“ und „Verselbständigung“ nicht wirklich trennen, wie Stefan #11 vorschlägt.“
Ich möchte es nicht trennen, das wäre tatsächlich falsch, aber unterscheiden. Vielleicht sind hier die Worte für die Sache, um die es mir/uns hier geht, nicht die passenden, weil sie zu nahe zusammenliegen. Die Differenz ist doch ziemlich groß. Worum geht es?
Das Moment der Verkehrung (aka Fetischismus), das du beschreibst, ist nur ein Aspekt, ein zweiter die selbstbezügliche Dynamik. Sie erwächst aus der Verkehrung, denn wenn die sozialen den sachlichen Beziehungen untergeordnet sind, dann bestimmt tatsächlich die Dynamik der sachlichen Beziehungen die sozialen. Die Menschen müssen ihre sozialen Beziehungen nach der Vorgabe der sachlichen Beziehungen der Waren organisieren und die darin liegende Logik exekutieren, um ihre Existenz zu sichern. Der sich selbst verwertende Wert ist eben eine sachliche Beziehung, die sich zum „automatischen Subjekt“ (Marx) verkehrt. Marx verwendete dafür weitere Metaphern wie des Geldes als dem „realen Gemeinwesen“ etc. Diesen letzten Doppelaspekt haben wir „Verselbstständigung“ genannt. Davon unterschieden besitzt jede Gesellschaft gegenüber den Handlungen der einzelnen Menschen eine „Selbstständigkeit“, doch ohne Verkehrung und daraus erwachsener selbstbezüglicher sachlicher Dynamik. Ich bin für andere Bezeichnungen offen, die die Differenz deutlicher markieren.
Schon aus dieser Überlegung kannst du ableiten, dass es keinen nach den Bedürfnissen der Menschen gestaltbaren Kapitalismus geben kann, weil die Bedürfnisse immer den sachlichen Eigenzwecken der Geldvermehrung untergeordnet bleiben – egal, welche Form der Kapitalismus auch annehmen mag (super-demokratisch oder sonst wie). Der Kapitalismus kann nur als Ganzes (als System) aufgehoben werden. Dass das jedoch nicht „auf einen Schlag“ geschehen kann, sondern in einem historischen Prozess, steht auf einem anderen Blatt – vgl. Unterschied von Logischem und Historischem. 😉
„Allgemeinheit nur als Beschränkung der besonderen Willen“ – gemeint ist: Alles muss miteinander „passen“ und das tut es bei realen Menschen auch in der besten Gesellschaft nicht automatisch. Das „zueinander passen müssen“ kommt bei Holz von Leibniz; bei Hegel gibt es die „Beschränkung“ auch im Sinne: dass das bloß Willkürliche, oder „Neigungen“ wie die „selbstsüchtigen, schlechten und bösen“ als Gegensatz zum Allgemeinen gelten. Was, damit alles „passt“, einzuschränken ist, ist der Aspekt der Willkür, der im Willen noch enthalten ist. Nur ohne diese Willkür ist der Wille wirklich freier Wille. Ersatze also im Holzzitat „Wille“ mit „Willkür“ und dann macht es schon auch in der freiesten aller möglichen Gesellschaften realer Menschen Sinn. Ob und wie diese Beschränkung dann eine Selbst-Beschränkung sein kann, ist dann eine weiterführende Frage (praktisch im Konfliktlösungsprozess zu lösen).
@Stefan #25:
Ich denke, „Verselbständigung“ ist der Prozess, der zur „Selbständigkeit“ führt. Das gilt für alle gesellschaftlichen Verhältnisse, sie sind selbstständig gegenüber den Handlungen einzelner Menschen. Das enthält auch immer eine selbstbezügliche Dynamik, die ist von sich aus m.E. nicht das Problem, denn auch gesellschaftliche Commoning-Verhältnisse beziehen sich auf sich selbst und reprodizieren sich (hoffentlich,wenn sie auf eigener Grundlage existieren) auch selbst.
Das Besondere des Kapitalismus ist „nur“ die verkehrende Form dieser Verselbständigung.
@ Stefan # 23:
„Uns interessiert nicht, was passieren wird, sondern nur, was passieren kann.“Das ist wie bei physikalischen Gesetzen: die Keplerschen Gesetze sagen uns, wie sich Planeten bewegen können, wenn es sie denn gibt. Ob es sie gibt, ist nicht aus der Theorie abzuleiten.
Das ist eine Erkenntnis auf der Ebene des „Wesens“, wenn man hegelianisch herangeht. Jeder konkrete Planet an einem bestimmten Ort und einer bestimmten Zeit erweist sich als „Erscheinung“ des „Wesens“, d.h. des Gesetzes und das Gesetz erscheint in Form von konkreten Ortsbewegungen der Planeten.
Was wäre der „Begriff“ davon? Das Gesetz müsste als Grund der Bewegung begriffen werden, dies führt dann zum Gravitationsgesetz…
Das würde für Eure Utopie die Frage aufwerfen: Warum verwirklichen sich diese oder jene Möglichkeiten (oder auch nicht)?
@Annette#27: Du schreibst, dass alle Gesellschaften „auch immer eine selbstbezügliche Dynamik [enthalten], die ist von sich aus m.E. nicht das Problem, denn auch gesellschaftliche Commoning-Verhältnisse beziehen sich auf sich selbst und reprodizieren sich“. Das stimmt, das tun alle Gesellschaften, nur wie ich versucht habe auszuführen, entsteht die selbstbezügliche Dynamik Kapitalismus aus sachlichen Beziehungen, die die sozialen Beziehungen bestimmen, während es im Commonismus die sozialen Beziehungen selbst sind. Sie sind damit in anderer Qualität verfügbar und gestaltbar. Ich habe damit „nur“ die Konsequenz der Verkehrung benannt.
@Annette#29: Du weist ja selbst immer mal wieder darauf hin, das Natur und Gesellschaft erkenntnistheoretisch nicht gleich behandelt werden können. Ich würde es so sehen: So wie in der Natur die konkreten Planetenbewegungen die Erscheinung des Wesens sind (auch Planeten sind nicht begriffsfähig), so müsstest du nach der konkret-historischen Realisation des Begriffs des Commonismus fragen. Die Antwort ist aber nicht logisch ableitbar, sondern historisch-kontingent. Deswegen stimme ich deiner Frage zu: „Warum verwirklichen sich diese oder jene Möglichkeiten (oder auch nicht)?“, die ja ex-ante gewendet die Trafofrage ist. Diese Frage können wir ernsthaft nur stellen, wenn wir davon ausgehen, den Begriff des Commonismus bereits zu haben (wenigstens umrisshaft).
@Stefan:
Hast du da nicht eine sehr platonische Vorstellung von Gesellschaftsformen? Meinst du wirklich, der Kapitalismus existierte als platonische Idee immer schon, bevor er sich dann in einem historisch-kontingenten Prozess lediglich realisierte? Oder irgendeine andere Gesellschaftsform?
Huihui, das ist ja eine lange Diskussion.
@Verselbständigung: Wie Stefan schreibt ist unsere begriffliche Entscheidung da noch offen. Wenn es bessere Vorschläge gibt: gerne. Wir haben Verselbständigung für Nicht-gesellschaftliche-Zwecke-bestimmen-können weil Marx den Kapitalismus über „Verselbständigung der Verhältnisse“ bestimmt hat.
@Christian 31: Also mit Platonismus hat das doch wirklich nichts zu tun. Der Kapitalismus hat verschiedene historische Realisationen (Manchester, Fordismus, Postfordismus etc.). Es gibt also ein Verhältnis von „Was bleibt gleich?“/Allgemeines „Was ändert sich?“/Historisch-Besonderes. Und das gleiche gilt hat für den Commonismus. Commonismus ohne Klimakrise sieht anders aus als mit Klimakrise.
@Simon # 32: „weil Marx den Kapitalismus über „Verselbständigung der Verhältnisse“ bestimmt hat.“
Nun ja, da müssen wir uns tatsächlich entscheiden. Bei Marx klingt es tatsächlich oft so, als wäre die Gesellschaft nur die Summe der menschlichen Beziehungen, die dann eben im Kapitalismus als objektiv verselbständigt erscheint.
Aber für die bei Holzkamp ausgeführte Argumentation zur Begründung der individuellen Möglichkeitsbeziehung braucht man die Gesellschaft tatsächlich auch als „Verselbständigtes“ gegenüber den Individuen. Und rein faktisch ist sie es ja auch in jeder Gesellschaft, weil die Individuen sogar nur wollen können, was sie von ihrem konkret-historisch-gesellschaftlichen Standort aus können…
@Simon:
Klar, und nachdem er erstmal im Entstehen bzw. in einer bestimmten Realisation vorhanden war, konnten ihn Leute auch beschreiben und analysieren. Und wenn sie das gut hingekriegt haben, wie Marx etwa, haben diese Analysen sogar über Änderungen der Realisation hin ihre Gültigkeit im Großen und Ganzen beibehalten. Nur: niemand, und sei sie/er noch so genial, hätten den Kapitalismus beschreiben und analyieren können, bevor er überhaupt da war. Und das gleiche gilt auch für alle anderen Gesellschaftsformen. Genau wie Biolog:innen etwa Tier- und Pflanzenarten beschreiben können, die heute oder (anhand von Fossilien o.ä.) früher existier(t)en, aber keine, die es künftig geben wird.
Oder? Sind wir uns da uneinig?
@ Stefan #30 „Diese Frage können wir ernsthaft nur stellen, wenn wir davon ausgehen,
den Begriff des Commonismus bereits zu haben (wenigstens umrisshaft). „
Ich denke, die Konzentration auf diese eine der möglichen zukünftigen Zustände der Gesellschaftlichkeit ist zu eng geführt, weil sie tatsächlich zu Dogmatismus führen kann. Grundsätzlich müsste die Zukunft in Form von einer Mannigfaltigkeit von möglichen Szenarien mit mannigfaltigen relativen Zielen behandelt werden, von denen man aus diesen oder jenen Gründen eine oder mehrere als „wünschbare“ bevorzugen kann und dann kann man nur noch navigieren und Segel in diese Richtung setzen (und hoffen, dass die anderen in dieselbe Richtugn segeln). Wenn dann auf dem Weg dahin ein Riesenhindernis auftaucht (Klima-Umbruch), muss man halt mindestens anders navigieren und ggf. auch neue Zwischenziele setzen.
@ Christian #34: Insofern können wir schon einiges sagen über das, was kommen könnte und erst recht, was wir wollen. Beim Kapitalismus gab es viele Vor-Denker, was die Gewaltenteilung betrifft, Inhalte der Verfassungen usw. – auch wenn noch keiner das „Kapital“ schreiben konnte. Das echte „Commoning“ kann eh nur jemand schreiben, die/der die wirklichen in ihrer Fülle und auf hohem, „reinen“ Entwicklungsstand kennt…
@Annette: Genau, aber eine „Mannigfaltigkeit von möglichen Szenarien“, bei denen man sich dann darum bemüht, die wünschenswerteren davon zu puschen, ist eben etwas völlig anderes als eine freischwebende „Utopie“, die ohne Analyse des Ausgangszustands (= der jetzigen Situation) und möglicher Transformationsszenarien beschreibbar sein soll.