Elevate the commons
Vom 5. bis 9. November 2008 sollen in Graz die Commons »erhoben« werden. Das Festival für zeitgenössische Musik, Kunst und politischen Diskurs verbindet vier Tage lang Vorträge, Diskussionen, Workshops, Installationen und Performances im und um den Grazer Schlossberg. Der kanadische Farmer, Saatgutzüchter und Träger des Alternativen Nobelpreises, Percy Schmeiser, eröffnet den inhaltlichen Diskurs.
Ursprünglich hatte das Festival einen etwas anderen Titel, der auch einige Zeit auf der Website angekündigt wurde: »Elevate Commonism«. Das war wohl dann doch nicht konsensfähig, erinnert »Commonism« zu sehr an »Communism«, und den finden alle doof. Also, jedenfalls das, was historisch versaut für Kommunismus gehalten wurde, kein Wunder.
Ok, dann habe ich ja meine Rolle gefunden — ja, ich bin auch eingeladen: Der Commonismus gehört auf die Tagesordnung, gerade jetzt in der Krise, wo es einigen mehr dämmert, dass der Kapitalismus Menschen und Natur langfristig global zu Grunde richtet.
»Aber es gibt ja keine Alternativen«, sagen viele, und verschlimmbessern weiter an der Marktwirtschaft herum. Dabei gibt es eine Menge Alternativen, doch die haben jeweils oft eine nur sehr geringe Reichweite und ergeben kein konsistentes Ganzes. Und sie ergeben kein Bild, keine Vorstellung davon, wie es sich anders anfühlen könnte. Am weitesten ist da noch die Peer-Ökonomie, aber die klingt für Außenstehende eher — kompliziert.
Brauchen wir eine Art neues »Manifest«, eine illustrative Beschreibung, wie es anders gehen könnte? Kann der Commonismus dafür der tragende Begriff werden, was meint ihr?
nein, das kann er nicht. Bin nicht ganz unschuldig an der Titeländerung. Wurde dazu befragt und habe etwas Folgendes geäußert:
Ich habe keine Lust, meine Energie damit zu verschwenden, zu erklären, was Commonism NICHT ist. Ich will lieber erklären was commons based economy/ peer production, gemeingüterperspektive IST, und was wir wollen. Und da stehen uns die von Dir (und mir) bedauerten Assoziationen mit der ebenso bedauerlichen Vermengung von Gesellschaftsentwürfen und Realsozialismus ganz heftig im Weg. Das sind Klippen, die würde ich einfach umschiffen, um die Diskussion voran zu bringen. Alles andere ist Energieverschwendung.
Ob wir ein neues Manifest brauchen? Ja, das brauchen wir! Die Frage wie wir es labeln, beantworten wir, wenn die Grundbausteine des Manifests stehen.
@Silke: Ich glaube, dass wir eh dazu verdonnert sind, zu erklären, was cbpp (or whatever) nicht ist, weil wir erklären müssen, was es ist. Die Assoziationen kommen sowieso, und da ist die Frage, ob wir das nicht offensiv angehen sollten. Ok, Provokation mag ich ohnehin gerne und zwar als Irritation. Denn es geht darum klarzumachen, dass das bisherige Standarddenken nicht passt. Um es aufzuknacken, sind Irritationen manchmal hilfreich.
Aber du hast recht, wir sollten nicht mit der Labelfrage beginnen — obwohl Werbeleute oft genau damit anfangen 😉
Ah, mir fällt gerade Eben Moglen ein, der mit seinem dotCommunist-Manifesto etwas ähnliches gemacht hat. Er hat auch auf ein provokatives Label gesetzt und eine Sprache verwendet, die explizit an das Kommunistische Manifest erinnern soll. Inhaltlich ist es dann allerdings nicht so … weitreichend.
Hm, meine eigene Tendenz geht in letzter Zeit durchaus zum „Commonismus“-Begriff, der ist einfach schon prägnant und griffig. Und die Assoziation „commons-based economy = Vergesellschaftung der Produktionsmittel = ist das dann nicht wie im Kommunismus/Realsozialismus?“ kommt ja vermutlich auch schnell, insofern nützt einem so ein Ausweichen auf alternative Begriffe wenig – daher klingt „offensiv angehen“ durchaus nach einer vernünftigen Option.
Zumal man dann ja auch klarmachen kann/will, dass Commonismus != Communismus, was dann gleich einen schönen Anknüpfungspunkt für Ähnlichkeiten und Unterschiede bieten könnte. Wobei andererseits da natürlich das praktische Problem entsteht, dass von der Aussprache her die beiden Begriffe praktisch ununterscheidbar sind – v.a. im Englischen, wo die unbetonten Vokale alle so stark verschliffen werden, dass sie praktisch alle gleich ausgesprochen werden (das sog. „Schwa„). Das finde ich dann auch wieder nicht so optimal, naja…
StefanMz: „Die Assoziationen kommen sowieso, und da ist die Frage, ob wir das nicht offensiv angehen sollten. “
Bei „commonism“ kommen die Assoziationen aber bereits beim ersten Hören des Wortes und noch bevor sich mit dem Thema überhaupt auseinandergesetzt wurde. Das führt zu sofortigen Abblocken, daher bin ich auch eher dagegen.
Alternativen wären vielleicht Kooperativismus oder sowas wie ‚peerism‘.