Georg Seeßlen hat im aktuellen »Freitag« einen bitter-realistischen Artikel zur Zukunft der Autorenschaft geschrieben: »Die letzte Avantgarde«. Zunächst erklärt er die Long-Tail-These für gescheitert. Long-Tail bedeutet, dass in der Summe Nischen-Kulturgüter mehr Profit bringen, als die Top-Seller in der Spitze. Seeßlen hält dagegen, dass »in Deutschland nur mit 4 Prozent der publizierten Bücher echtes Geld verdient [wird]. Der Rest besteht aus Spekulation und Imitation, aus Subvention und aus einem System des selbstausbeuterischen Prekariats«.
Schlagwort: kultur
14 Thesen zum Urheberrecht
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Musiker, Texter, Filmschaffende und andere Kreative sind auf ihr Publikum angewiesen. Ohne ihr Publikum wären sie nichts. Unter kapitalistischen Bedingungen sind sie aber ebenso darauf angewiesen ihr Publikum selektiv auszuschließen, wenn sie von ihrem Schaffen leben wollen – was sie müssen, wenn sie sich ganz auf ihr Schaffen konzentrieren wollen. Dabei handelt es sich um eine grundsätzliche Selbstfeindschaft der professionellen Kreativen, die unter kapitalistischen Bedingungen nicht zu verhindern ist. Diese Selbstfeindschaft ist dem Leben im Kapitalismus generell eigen, doch ist sie selten so unmittelbar wirksam wie bei den professionell Kreativen.
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In der industriellen Periode war es die Aufgabe von Verwertungsgesellschaften und Verwertungsindustrien diese Selbstfeindschaft zu organisieren. Der massenhafte Verkauf von Tonträgern und ähnliches ermöglichte es den Kreativen mit der Masse zu kommunizieren und trotzdem zu selektieren. Durch diese Versöhnung der Selbstfeindschaft konnte der weiterbestehende Widerspruch zwischen dem notwendigen Wunsch der Kreativen nach Publikum und dem ebenso notwendigen Ausschluss von Teilen des Publikums verdeckt werden. (mehr …)
Manifest »Gemeingüter stärken. Jetzt!«
Das folgende Manifest ist Ergebnis eines anderthalbjährigen Prozesses, in dem sich Dutzende von Beteiligten aus Politik, Gewerkschaften, Wissenschaft, der Freien-Kultur- und -Software-Bewegung, der Umweltbewegung, der Wirtschaft sowie Kunst und Kultur mit den Gemeingütern und ihrer Bedeutung für die Menschheit auseinandergesetzt haben. Es ist im Rahmen des Interdisziplinären Politischen Salon »Zeit für Allmende« entstanden, der an der Heinrich-Böll-Stiftung angesiedelt war.
Auch das im Frühjahr verabschiedete »Manifest zur Wiedergewinnung der Gemeingüter« des Weltsozialforum macht sich für die Gemeingüter stark. Das Potsdamer Gemeingütermanifest geht darüber hinaus, indem es detaillierter und meiner Meinung nach sehr prägnant herausarbeitet
- warum Gemeingüter gerade in Krisenzeiten einerseits besonders wichtig und andererseits besonders bedroht sind,
- wie vielfältig die gemeingüterorientierten Communities und Bewegungen sind – und wie viel sie doch gemeinsam haben,
- was Gemeingüter ausmacht und wie eine gemeingütergerechte Gesellschaft aussehen könnte.
Wissensallmende — verständlich erklärt
Vor einigen Wochen erschien der Wissensallmende Report 2009., herausgegeben vom Netzwerk Freies Wissen. Das oben stehende Video stellt die Inhalte vor. Der Report gibt einen hervorragenden Überblick über all jene Bereiche, in denen Wissen als Commons (=Allmende=Gemeingut) direkt oder vermittelt die zenrale Rolle spielt: Netzwerke und Software, Bildung und Wissenschaft, Kunst und Kultur, Medikamente, Saatgut. Die Formen der Durchsetzung geistiger Monopolrechte werden beschrieben und Maßnahmen dagegen vorgeschlagen.
Leitmotiv des Reports:
Vielfalt und Wissen gehören uns allen. Das freie und vielfältige Wissen schafft Macht von unten. Das ermöglicht Selbstbestimmung über das eigene Leben. Wenn wir Vielfalt und Wissen teilen, bereichern wir uns gegenseitig.
Der Report steht unter einer freien Creative-Commons-Lizenz (Copyleft) und kann heruntergeladen oder als angenehm lesbare Druckversion für einen Richtwert von 5 Euro bestellt werden.
Urheberrecht mit links
Am 15. Mai fragte sich die Linksfraktion, wem eigentlich das Wissen gehört und holte sich etliche Gäste und rund 60 Besucher_innen zur Hilfe. Auf den Panelen Weltwirtschaft, Wissenschaft, Kultur, Internet und Abschluss wurde eine breite Palette von Themen angerissen — mehr Zeit war nicht.
Die Veranstaltung war — soweit ich sie mitbekam (bis 16:00) — mäßig interessant. Gut, wie immer, war Volker Grassmuck mit seiner Keynote, der nochmal klar darstellte, dass die alten Zeiten vorbei und alle Rückdrehversuche der digitalen Revolution (Raubkopierer-Propaganda, DRM etc.) zum Scheitern verurteilt sind. Es sprach sich für einen »digitalen Frühjahrsputz im Urheberrecht« aus. Sein Lieblingskind, die Kulturflatrate, durchzog im Folgenden die Veranstaltung.
Manifest zur Wiedergewinnung der Gemeingüter
[Via CommonsBlog. English version]
Das Weltsozialforum 2009 in Belém do Pará, Brasilien, hat das nachfolgend dokumentierte Manifest beschlossen. Es soll Grundlage für eine globale Kampagne zur Verteidigung und Wiederaneignung der Gemeingüter werden. Die Unterzeichner des Aufrufs schlagen vor, folgende Plattformen zur Mitarbeit und Diskussion zu nutzen. benscomuns.org, bienscommuns.org, bienescomunes.org, commons-campaign.org, gemeingueter.org. Hier nun das …
Manifest (mehr …)
Re-hacking your World
Today there are really interesting sessions at transmediale: Re-hacking your World. Intro:
Re-hacking your World examines issues of crisis and possibility by intervening in the relationships between environment, industry and culture. Has our cultural hardware and software become useless and unserviceable faced with the complex challenges that confront us? In order to prevent a complete takeover of commercial interests in the development of digital cultures in Africa, Asia and Latin America, it becomes essential to promote and strengthen the vocabulary of open source systems and develop fair use mechanisms.
The track has three sessions: Sensible Software, Fair Trade Hardware, I Saw Disaster
Leben in zwei Welten
[Dieser Artikel erschien im Katalog zur Ausstellung »/unvermittelt für einen Arbeitsbegriff jenseits von Überarbeitung und Mangel«, 13.12.2008 bis 1.2.2009 in der NGBK, Oranienstr. 25, Berlin-Kreuzberg; vgl. auch die Artikel hier und hier]
Erfahrungen aus der Freien Software- und Kulturbewegung
Netzwerke sind weder a priori sinnvoll oder besser geeignet als andere Kooperationsformen, um bestimmte Ziele zu erreichen. Die Frage ist vielmehr, worin das Ziel besteht, wofür Netzwerke also genutzt werden sollen. Das Profit realisierende Unternehmen hat die Vorteile der Vernetzung ebenso entdeckt, wie die Freie Software- und Kulturbewegung. Doch was ist der spezifische Unterschied?
Elevate the commons
Vom 5. bis 9. November 2008 sollen in Graz die Commons »erhoben« werden. Das Festival für zeitgenössische Musik, Kunst und politischen Diskurs verbindet vier Tage lang Vorträge, Diskussionen, Workshops, Installationen und Performances im und um den Grazer Schlossberg. Der kanadische Farmer, Saatgutzüchter und Träger des Alternativen Nobelpreises, Percy Schmeiser, eröffnet den inhaltlichen Diskurs.
Ursprünglich hatte das Festival einen etwas anderen Titel, der auch einige Zeit auf der Website angekündigt wurde: »Elevate Commonism«. Das war wohl dann doch nicht konsensfähig, erinnert »Commonism« zu sehr an »Communism«, und den finden alle doof. Also, jedenfalls das, was historisch versaut für Kommunismus gehalten wurde, kein Wunder.
Ok, dann habe ich ja meine Rolle gefunden — ja, ich bin auch eingeladen: Der Commonismus gehört auf die Tagesordnung, gerade jetzt in der Krise, wo es einigen mehr dämmert, dass der Kapitalismus Menschen und Natur langfristig global zu Grunde richtet.
»Aber es gibt ja keine Alternativen«, sagen viele, und verschlimmbessern weiter an der Marktwirtschaft herum. Dabei gibt es eine Menge Alternativen, doch die haben jeweils oft eine nur sehr geringe Reichweite und ergeben kein konsistentes Ganzes. Und sie ergeben kein Bild, keine Vorstellung davon, wie es sich anders anfühlen könnte. Am weitesten ist da noch die Peer-Ökonomie, aber die klingt für Außenstehende eher — kompliziert.
Brauchen wir eine Art neues »Manifest«, eine illustrative Beschreibung, wie es anders gehen könnte? Kann der Commonismus dafür der tragende Begriff werden, was meint ihr?
Keimformen in der Kultur?
Die Diskurse verschieben sich weg von den überkommenen und zunehmend unfunktional werdenden Strukturen der bürgerlichen Gesellschaft hin zu neuen Formen der Selbstorganisation. Zeigt sich das auch im Kulturbereich? Besitzt Kultur noch oder wieder eine emanzipatorische Potenz? Wo kann man das sehen?
In der Kultur zeigen sich »Ansätze einer emanzipatorischen Kultur contra Marktdiktatur«, meint Archibald Kuhnke. In einer Veranstaltung der Berliner Gruppe »Wege aus dem Kapitalismus« hält er ein »Nachwort zur Documenta 12«:
Am Freitag, 23. Mai 2008, 18:00 Uhr, in der »Hellen Panke«, Kopenhagener Str. 9, 10437 Berlin (S/U-Bahn Schönhauser Allee)