Schlagwort: kommunismus

André Gorz: Auswege aus dem Kapitalismus

André Gorz: Auswege aus dem KapitalismusKurz vor seinem Freitod hat André Gorz ein Buch zusammengestellt, das kürzlich erschienen ist und als eine Botschaft an die Nachwelt gelesen werden kann. Das Buch enthält die beiden Linien, die für André Gorz immer wichtiger wurden: Ökologie und Wissen. In klarer Sprache zeigt er auf, dass sich der Kapitalismus seine eigene Basis — die Verwertung von Arbeit — unterm Hintern wegrationalisiert. Gleichzeitig zerstört der kapitalistische Wachstumszwang seine stofflichen Grundlagen. Als Ausweg sieht André Gorz einen Wissenskommunismus, dessen erste Anzeichen er in der Freien Software beobachtet.

Die taz hat eine lesbare Rezension des neuen Buches veröffentlicht, und in der 3SAT-Sendung »Kulturzeit« ist ein längerer Beitrag gesendet worden (siehe unten). Dort allerdings kommt eine Passage vor, die André Gorz nicht zugeschrieben werden kann: Regionales Geld sei ein Ausweg, weil es den Zins überwinde. Tatsächlich schreibt André Gorz von einer »Ökonomie der Unentgeltlichkeit«, die eigentlich eine »Antiökonomie« sei, und von der Freien Software als deren »Keimform«. Wie hieraus eine Zinskritik nach Gesellscher Manier abgeleitet werden kann, bleibt das Geheimnis der Autor_innen des Beitrags.

Peer-Ökonomie in der Diskussion II

Nach dem ersten Teil, dem Vortrag von Christian Siefkes, hier nun die aufbereiteten Mitschnitte des Workshops am nachfolgenden Tag. Mit 20 Teilnehmenden war die maximale Workshop-Größe ausgeschöpft. Die Diskussion war inhaltlich sehr kontrovers (»unbarmherzig«), im Ton und dem Aufeinandereingehen dennoch sehr freundlich und konstruktiv (»fortschreitend«). Zum Auftakt trug Uli Weiß eine sehr grundsätzliche Kritik am Modell der Peer-Ökonomie von Christian vor. Leider ist die Aufnahme dieses Teils misslungen 🙁

Daher gibt es nachfolgend nur die Notizvorlage von Uli, die Grundlage seines Beitrags war.

Die sich daran anschließende Diskussion wurde dann aber komplett aufgezeichnet. Ihr findet die drei Teile bei archive.org.
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Alles wird offen (Teil 1)

openeverything Panel (Author: kcu, Lizenz: CC-BY-NC-SA)Hier mit etwas Verspätung einige Eindrücke von openeverything Berlin. “Open Everything” ist eine globale Eventreihe, die für Vernetzung und Austauschen zwischen offenen/freien Projekten sorgen will.

Der 6. Dezember war da insofern etwas Besonderes, als drei Events in aller Welt praktisch gleichzeitig stattfanden – genauer gesagt zeitversetzt, entsprechend den verschiedenen Zeitzonen. So ging das Event in Hongkong gerade zu Ende, als wir morgens in Berlin anfingen. Und abends, als sich unsere Veranstaltung dem Ende zuneigte, begann das dritte Event in Madison (Wisconsin) in den USA. Dementsprechend begann und endete der Tag jeweils mit kleinen Videokonferenzen mit den Teilnehmern in Hongkong und den USA – trotz (und zum Teil auch wegen) einiger technischer Probleme eine lustige Sache, die einem ein gewisses Gefühl für die Internationalität der “Bewegung” gab.

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Hubert Herfurth: Gesellschaftlichkeitsdefizit in der Peer-Ökonomie

Peer-Irrtum?[Auch wenn ich gerade nichts zur Debatte um die Peer-Ökonomie beitragen kann (sorry, kommt später), finde ich sie sehr wichtig. Nach Werner Imhofs Kritik nachfolgend eine weitere grundsätzliche Kritik von Hubert Herfurth. Absätze von mir, Original hier.]

Einleitung

In dieser Linken ist man vor keiner Überraschung gefeit. Selbst die Geschichte des Realsozialismus, also das Desaster der reine weg voluntaristisch umgesetzten Veränderungsansprüche im Gefolge der russischen Oktoberrevolution hat nicht dazu geführt, dass den vermeintlichen Revolutionären heute eine sowohl selbstkritischere als auch gelassenere Sicht auf die eigenen Veränderungsbestrebungen möglich ist. Dabei zeigen die bisherigen sozialistisch/kommunistischen Veränderungsversuche doch glasklar, dass den hehren Wünschen nicht mehr oder weniger automatisch eine ebensolche Realität folgen muss, ja, dass selbst die — den angeblich realisierten Wünschen — anhängende Realität womöglich nichts mehr mit diesen Wünschen gemein haben muss, sich letztlich sogar als das glatte Gegenteil dieser Wünsche herausstellen kann.

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Einige Thesen zur P2P-Gesellschaft

Weil Benni jetzt begonnen hat, auf Marcin Jakubowskis Arbeit hinzuweisen, der tatsächlich ein volles technologisches Programm für die Entwicklung einer P2P-Produktion auf materiellem Gebiet erstellt hat und auch in die Tat umsetzt, veröffentliche ich einige ins Unreine gedachte Gedanken, die anlässlich eines Briefwechsels mit Stefan Merten entstanden sind. Dies auch, weil meine relativ liberale Einstellung zu verschiedenen Dimensionen des „Herausarbeitens“ aus der bürgerlichen Gesellschaft zu dem Missverständnis geführt hat, ich meinte mit etwas Lokalwährung und Sozialem Unternehmertum wäre alles in Butter (siehe Bergmann-Kritik). Es geht mir im wesentlichen um die Frage, was sind die Kernstrukturen und „Konstruktionsprinzipien“ einer anderen Gesellschaft, wie wir sie von den Mustern der freien Softwareentwicklung her denken können.
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Slavoj Žižek über Commons

Slavoj Žižek (CC-BY-SA)Der slowenische Philosoph Slavoj Žižek hat einen interessanten Artikel über die Aktualität 68er-Slogan »Seien wir realistisch, fordern wir das Unmögliche« geschrieben [via]. Dabei hat sich Žižek mit den »Commons« (Gemeingütern) einen neuen Leitbegriff zu eigen gemacht und damit vier »Antagonismen« ausgemacht, die die »unendliche Reproduktion« des Kapitalismus verhindern:

… die drohende ökologische Katastrophe, die Unangemessenheit von privatem Eigentum im Falle des sogenannten „intellektuellen Eigentums“, die sozio-ethischen Implikationen der neuen technisch-wissenschaftlichen Entwicklungen(insbesondere die Biogenetik) und, last, but not least, die neuen Formen der Apartheid, neue Mauern und Slums.

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Peer-Economy: Offene Fragen

Jetzt liegt ja Christians Vorschlag zur Peer-Economy schon eine ganze Weile vor. Ich schätze diesen Ansatz, weil er zumindestens in der Theorie den häufig gehörten Einwand gegen Keimformen, dass diese spätestens an der Grenze zur materiellen Ökonomie verlieren müssten, entkräftet. Darin hat er für mich eine ähnliche Rolle wie die Freie Software, die für mich vor allem ein Argument ist, dass globale Produktion in selbstorganisierter freier Kooperation auf hohem technischen Niveau möglich ist. Nun ist es leider so, dass praktische Argumente wesentlich besser funktionieren als theoretische. „Guckst Du hier“ überzeugt halt einfach mehr als „liest Du hier“.

Ich habe ja schon relativ früh meine Kritik, oder besser meinen Erweiterungsvorschlag zu seinem Konzept dargelegt. Meiner Meinung nach kann es keine dauerhaft funktionierende Peer-Economy geben ohne Grundauskommen. Dazu stehe ich auch weiterhin, auch wenn Christian dazu mal sagte, dass Grundauskommen sei eben genau das Ziel der Peer-Economy und könne deswegen nicht schon als Vorraussetzung gesetzt werden. Scheinbar beißt sich da eine Katze in den Schwanz.

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Damals war noch Morgen…

Zweimal gab es in den letzten Jahren große Kongresse der radikalen Linken. Beide Male waren das eher ernüchternde Veranstaltungen, beide Male gab es aber auch im Umfeld dieser Kongresse zwei kleine Büchlein zu bewundern, die man nicht nur als genialen Kommentare zu diesen Veranstaltungen lesen kann, sondern die beide Male auch um ein vielfaches gehaltvoller als die ganzen gelehrten Podien waren. Beide Bücher sind von Bini Adamczak, von der ich hoffentlich in den nächsten Jahren noch viel mehr lesen werde.

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»Mond« schmeisst hin

qummunismus.at»Mond«, aka Franz Schäfer, Aktivist Freier Software, hatte emsig versucht, die KPÖ zu überzeugen: Freie Software sei nicht nur praktisch besser, sondern berge auch ein kommunistisches Potenzial. Nun hat er frustriert hingeschmissen:

»Wenn ehrenamtliche AktivistInnen nach einer 40+h Arbeitswoche keine Zeit haben sich mit Freier Software zu beschäftigen ist das eine Sache, bei bezahlten FunktionärInnen eine Andere. Einer der neuen IT Verantwortlichen der KPÖ schickt jetzt seine emails im Outlook. Ebenso wie der Koordinator des Bundesvorstandes. Mirko Messner hat den von mir aufgesetzten Linux-Laptop gegen Windows ausgetauscht. etc..etc.. Sie verstehen es nicht weil sie keine KommunistInnen sind.« [src]

Besserwisserei und Häme sind nicht angebracht. Ich habe Mond immer die Daumen gedrückt, er möge was in seiner Partei erreichen (wie das mit anderen AktivistInnen in anderen Parteien tue). Aber irgendwie musste das dann doch so kommen. Die KPÖ ist nicht nur eine »autoritäre Partei«, die nur Top-Down agiert, wie Mond das jetzt für sich resümiert, sondern sie ist allem Pathos zum Trotz eine bürgerliche Partei. Wo Kommunismus draufsteht, ist noch lange nicht Kommunismus drin.

Jetzt, wo sich Mond freigeschwommen hat, ist er auch zu beissender Kritik fähig. Weiter so. Freie Software zeigt auch: Parteien haben sich überlebt. In mit mit Parteien ist nichts mehr zu bewegen. Bewegung entsteht nur durch Bewegungen, die nicht bloß das Alte verwalten, sondern praktisch das Neue in die Welt setzen.