In dem Systemwandel-Video der Taz sagt die Klimagerechtigkeitsaktivistin Ruth Kron einen Satz den ich in letzter Zeit leider viel zu häufig gehört habe: „Wenn wir für den Systemwandel unendlich viel Zeit haben, dann würde ich sagen: Der Systemwandel muss von unten passieren, es muss ein emanzipatorischer Prozess sein. Die Zeit haben wir leider nicht“.[1] Ulrike Herrmann zieht konsequent den darin immer implizierten Gedanken: „Das erfordert […] dass der Staat diesen Umstieg plant.“ Und dann übertreibt sie etwas, wenn sie eins draufsetzt und sagt „Und zwar in jedem einzelnen Schritt“. Das ist doch krass. Absage an Emanzipation, hoffende Hingabe an den Staat. Und ich glaube die Hoffnung liegt beim Staat falsch. In den letzten Texten kritisierte ich staatssozialistischen Ideen (nur grundlegend nicht anhand einzelner Modelle, das kommt noch irgendwann ), nun möchte ich mich mit der häufigsten liberalen Staatsphantasie auseinandersetzen: Marktwirtschaft mit öko-sozialer Weltinstitution.
Schlagwort: autoritär
Zukunftsperspektive: Autoritär-chauvinistischer Kapitalismus
(Voriger Artikel: Neoliberaler Kapitalismus)
Der autoritär-chauvinistische Kapitalismus unterscheidet sich vom neoliberalen durch eine andere Schwerpunktsetzung: Er schreibt der Politik, dem Staat die primäre Rolle dabei zu, die Dinge so einzurichten, wie sie sein sollen, während dem Neoliberalismus zufolge die Politik sich vornehm zurückzuhalten hat (zumindest in der Theorie), da weitestgehend unregulierte Märkte von sich aus für die beste aller Welten sorgen würden. Auch im autoritären Kapitalismus bestimmen Marktwirtschaft und Konkurrenz zwischen Firmen die wirtschaftlichen Verhältnisse, aber der Glaube an die Selbstheilungskräfte des Marktes ist hier weniger ausgeprägt. Stattdessen greift die Politik ordnend und gestaltend ein und entsprechend wichtig ist es, die je eigenen Interessen gegenüber der Politik erfolgreich zu propagieren und als die wichtigsten durchzusetzen.
»Mond« schmeisst hin
»Mond«, aka Franz Schäfer, Aktivist Freier Software, hatte emsig versucht, die KPÖ zu überzeugen: Freie Software sei nicht nur praktisch besser, sondern berge auch ein kommunistisches Potenzial. Nun hat er frustriert hingeschmissen:
»Wenn ehrenamtliche AktivistInnen nach einer 40+h Arbeitswoche keine Zeit haben sich mit Freier Software zu beschäftigen ist das eine Sache, bei bezahlten FunktionärInnen eine Andere. Einer der neuen IT Verantwortlichen der KPÖ schickt jetzt seine emails im Outlook. Ebenso wie der Koordinator des Bundesvorstandes. Mirko Messner hat den von mir aufgesetzten Linux-Laptop gegen Windows ausgetauscht. etc..etc.. Sie verstehen es nicht weil sie keine KommunistInnen sind.« [src]
Besserwisserei und Häme sind nicht angebracht. Ich habe Mond immer die Daumen gedrückt, er möge was in seiner Partei erreichen (wie das mit anderen AktivistInnen in anderen Parteien tue). Aber irgendwie musste das dann doch so kommen. Die KPÖ ist nicht nur eine »autoritäre Partei«, die nur Top-Down agiert, wie Mond das jetzt für sich resümiert, sondern sie ist allem Pathos zum Trotz eine bürgerliche Partei. Wo Kommunismus draufsteht, ist noch lange nicht Kommunismus drin.
Jetzt, wo sich Mond freigeschwommen hat, ist er auch zu beissender Kritik fähig. Weiter so. Freie Software zeigt auch: Parteien haben sich überlebt. In mit mit Parteien ist nichts mehr zu bewegen. Bewegung entsteht nur durch Bewegungen, die nicht bloß das Alte verwalten, sondern praktisch das Neue in die Welt setzen.
Fundamentalistischer Heimunterricht
Bei Telepolis ein bisschen Gegengift für alle, die glauben, dass es eine gute Idee wäre, ausgerechnet den Eltern zu überlassen, was und wie ihre Kinder lernen (und nicht der Gesellschaft – heutzutage zugegebenermaßen mehr schlecht als recht durch den Staat repräsentiert – und/oder den Kindern selbst):
Für den Hausunterricht entscheiden sich Eltern vor allem, um ihre Kinder fern von den Schulen zu halten, in denen sie um ihre Sicherheit fürchten und Sorge haben, dass sie an Drogen kommen oder unter den Druck von Mitschülern geraten. Fast ebenso oft werden religiöse oder moralische Gründe genannt. 72% der Eltern gaben an, ihre Entscheidung für den Hausunterricht sei aufgrund des Wunsches entstanden, religiöse und moralische Lehren zu vermitteln. Sexualität oder Keuschheit spielt bei den Fundamentalisten natürlich auch eine große Rolle. Man sorgt sich nicht nur, dass die Jugendlichen von ihren Altersgenossen verführt, sondern womöglich auch noch homosexuell werden könnten. […]
Nachdem die Fundamentalisten es mitunter nicht erreichen, im Unterricht etwa die Evolutionstheorie durch den Kreationismus bzw. Intelligent Design zu ergänzen oder gar zu ersetzen, könnte der Drang zum Ausstieg aus der Schule noch stärker werden. Lehrbücher für Biologie, die beispielsweise vom Beka Verlag für den Heimunterricht angeboten werden, sind denn auch ideologisch auf Bibeltreue getrimmt.
Tja, dagegen ist die Schule dann wirklich das kleinere Übel…