Ein Softwarekonzept für ununterbrochenes Commoning – Beitrag und individueller Vorteil, […]
Im Zentrum dieses Teils steht die Kopplung von Geben und Nehmen bzw. – im eigentumsfreien Raum – die Kopplung von Beitrag und individuellem Vorteil. Erfahrungsgemäß wird dieses Moment der Software am stärksten kritisiert, denn eine unfaire Kopplung von Beitrag und individuellem Vorteil kann wiederum Momente des Leistungszwangs und der Konkurrenz hervorbringen, wie wir sie aus dem kapitalistischen System kennen und die wir im Commoning nicht haben wollen. Die Frage ist also: Wie kann Fairness im softwarevermittelten Commoning hergestellt werden?
Ich bin so frei hier Silke Helfrich und David Bollier aus ihrem Buch Frei, Fair, Lebendig länger zu zitieren. Der Abschnitt ist dem Muster Gegenseitigkeit behutsam ausüben entnommen: „Worauf es bei Commons letztlich ankommt, ist ein Gefühl der Fairness. Das verlangt nicht notwendigerweise, allen genau gleiche Anteile zukommen zu lassen und auch keinen »Äquivalententausch in Geldwerten«, wohl aber sicherzustellen, dass alle Bedürfnisse aufgenommen wurden und auch strukturell benachteiligte Personen in würdevoller Weise das bekommen, was sie benötigen. Ein selbstbewusstes, gütiges Commons-Umfeld ist also eines, in dem die Beteiligten gut damit leben können, wenn sie im Laufe der Zeit in den Genuss eines ungefähr ausgeglichenen (aber nicht absolut gleichen) Verhältnisses von Geben und Nehmen kommen. Die Entscheidung, »nicht genau auszurechnen«, wer wem etwas schuldet, ist die Praxis der behutsam ausgeübten Gegenseitigkeit. Sie ist nicht selten eine Angelegenheit der sozialen Weisheit und Toleranz. Auf strikte, direkte Gegenseitigkeit zu bestehen und damit immer wieder eine Welt zu erzeugen, in der Menschen vor allem als Schuldner oder Gläubigerinnen gesehen werden, kann Neid, soziale Spannungen und polarisierende Eifersucht schüren. Wenn aber Trittbrettfahrerinnen und Trittbrettfahrern erlaubt wird, sich um ihren fairen Beitrag zum Gemeinsamen zu drücken, führt dies ebenfalls zu Ressentiments und zu abnehmender Toleranz. […] In einem Commons muss also sichergestellt sein, dass Geben und Nehmen im Laufe der Zeit in einem grob ausgewogenen Verhältnis stehen, ohne auf eine zu überprüfende strikte Gegenseitigkeit zu bestehen und ohne Beiträge zu erzwingen.“ (S.103) Und weiter zum Thema auch Meretz und Sutterlütti in Kapitalismus aufheben: „Fairness ist zudem nicht verallgemeinerbar, sondern basiert auf empfundener Gerechtigkeit und interpersonalen Beziehungen. Fairness ist eine interpersonale Empfindung und benötigt ein konkretes Gegenüber.“ (S.229)
Die Kopplung zwischen → Beitrag und individuellem Vorteil geschieht über die Transformationsvariable, kurz: Trava. Die Schwierigkeit war es, für die transpersonale Vermittlungsform der Software eine Funktion zu finden, welche eine Regelung der Trava-Verteilung auf interpersonaler Ebene erlaubt, um somit Fairness auf transpersonaler Ebene herzustellen. Diese Funktion und die Möglichkeit der bewussten Regelsetzung wird im Kapitel → Der Umverteilungsprozess beschrieben. Ähnlich wie Geld ist die Trava dabei eine rein quantitative Größe, unterscheidet sich dabei aber sowohl durch ihre Einbettung in der entsprechenden Gesellschaftsstruktur als auch in der Anwendung erheblich von diesem. Auf das → Verhältnis zwischen Geld und Trava wird in einem gesonderten Kapitel eingegangen.
WICHTIGE ANMERKUNG: Bis zum Abschluss nach sieben oder acht Teilen ist die Textreihe im Wandel und wird besonders seit Mai 2020 vollständig neu erarbeitet und strukturiert. Dieser Text ist nicht länger aktuell!
Die neuesten Versionen der Texte finden sich als pdf/odt immer auf https://marcusmeindel.wordpress.com/ bzw. online im Discourse-Forum. Hier finden sich auch Einführungen zum Thema. Wenn du Interesse an einer Beteiligung am Projekt hast, kannst dich dort gerne auch vorstellen und einbringen.
Beteiligung und individueller Vorteil
Die direkteste Kopplung von Beteiligung und individuellem Vorteil ist schlicht, sich in solche Commoning-Prozesse einzubringen, die zur eigenen Bedürfnisbefriedigung führen. Falls allerdings die eigenen Interessen und Fähigkeiten nicht in genau diese Prozesse integriert werden können, braucht es eine andere Möglichkeit, dass die eigene Beteiligung – die eigens aufgebrachte Anstrengung zur generellen Bedürfnisbefriedigung – auch Anerkennung findet. Die Beteiligung soll damit tendenziell vorteilhaft zur Befriedigung der eigenen Bedürfnisse sein, damit auch eine zunehmende Unabhängigkeit von Geld bewirken und so – als gesamtgesellschaftliche Auswirkung – die destruktive Verwertungsmaschinerie der kapitalistischen Produktionsweise bremsen (→Vorwissen).
Der Ausgleich zwischen Bedürfnisbefriedigung und Tätigkeit geschieht über die Transformationsvariable (Trava), die Fairness wird hergestellt über den Umverteilungsprozess. Die Trava ist dabei eine Zahl und damit eine rein quantitative Größe. Sie bewegt sich im Re-Produktionsprozess, indem sie Personen zur Verfügung steht, welche damit ihren Bedürfnissen ein Gewicht zuschreiben, wodurch sich die Trava dem Aufwand nach auf die zur Bedürfnisbefriedigung notwendigen Tätigkeiten verteilt (→Tätigkeitsgewichtung). Die Tätigkeiten haben damit ein bestimmtes Gewicht, das nach erfolgreichem Abschluss der Tätigkeit über den Umweg des Umverteilungsprozesses zu einem Teil direkt der Person zur Verfügung gestellt wird, welche sich der Tätigkeit angenommen hat. Die Person selbst kann die Trava wiederum nutzen, um die eigenen Bedürfnisse höher zu gewichten und damit anderen Personen einen größeren Anreiz zu geben, sich den eigenen Tätigkeiten anzunehmen. Über die Trava wird also keine Bedürfnisbefriedigung garantiert, aber diese wird wahrscheinlicher gemacht. Ihren Namen erhielt die Transformationsvariable dabei durch ihre Funktion, die gesellschaftliche Transformation zu unterstützen, das heißt, aus der Geldabhängigkeit herauszuführen, indem sie – einem Lohn ähnlich – einen Zusammenhang zwischen Leistung und Bedürfnisbefriedigung herstellt, dabei aber – im Unterschied zur Vermittlung über Geld – eine Struktur der unbegrenzten Kooperation hervorbringt und in dieser Bewegung selbst an Wichtigkeit verliert (→Verhältnis von Geld und Trava ).
Der Umverteilungsprozess
Bei der Trava-Übertragung ohne Umverteilungsprozess wird eine problematische Leistungsgerechtigkeit hergestellt. An dieser Stelle wird daher der Umverteilungsprozess über folgende Schritte ergründet: (1) Warum die Trava-Vermittlung alleine problematisch ist. (2) Wer in der Umverteilung einbezogen wird. (3) Aus welchen Teilen der Umverteilungsprozess besteht. (4) Welche Aufgaben eine Umverteilungsrunde hat. (5) Welche Konsequenzen der Umverteilungsprozess für die Software hat. (6) Was unsere Aufgabe in Entwicklung und Konzeption ganz allgemein ist.
1. Warum ist die direkte Trava-Übertragung problematisch?
1.1 Es entsteht eine gesellschaftliche Vermittlung durch eine Zahl/eine reine Quantität, wodurch ähnliche Problematiken wie in der Vermittlung durch Geld entstehen können: Ja und nein. Der Vergleich mit dem Geld liegt hier immer und notwendigerweise nahe, da es die wesentliche Form der gesellschaftlichen Vermittlung ist, welche heute unser Leben bestimmt und sich, ebenso wie die Trava, rein durch Zahlen darstellen lässt. Der entscheidende Unterschied von Geld und Trava ist allerdings, dass das eine in einer auf Ausschluss basierenden Konkurrenzstruktur eingebettet ist und das andere in einer auf Inklusion basierenden Kooperationsstruktur. Dieser Unterschied ist wesentlich und wird im letzten Kapitel dieses Textreihenteils, → Verhältnis von Geld und Trava, näher dargestellt.
1.2 Es entsteht ein Leistungsprinzip: Wer viel für die Bedürfnisbefriedigung anderer leistet, soll tendenziell auch viel von anderen zurückbekommen. In einer Gesellschaft mit dem Ideal der Freiwilligkeit ist das problematisch, allerdings kann diese Gesellschaft nicht entstehen, wenn nicht tatsächlich auch etwas geleistet wird. Die Trava dient hierbei als Motivation. Dass über die Trava Leistung gewürdigt werden kann, ist nicht das Problem, sondern der Grund für die Einführung der Trava. Das Problem beginnt erst, wenn die Wichtigkeit der Trava nicht mit einer Verbreitung dieser Form der Gesellschaftlichkeit zurückgehen würde. Der im Ausdehnungsdrang moderner Commons (Kapitel „Dominanzwechsel 1: Effizienz des Commonings) erarbeiteten Theorie nach allerdings, geht die Wichtigkeit der Transformationsvariablen (Trava) unbedingt mit der Ausbreitung des Commonings zurück. Da durch den Prozess des ununterbrochenen Commonings die Menge an ausschließlich zur direkten Bedürfnisbefriedigung bestimmten Mittel zunimmt, welche dem Bedarf einer Commons-Struktur auch zunehmend besser entsprechen, nimmt damit die Effizienz des Commonings an sich ebenfalls stetig zu. Das heißt, dass mit immer weniger Aufwand immer mehr Bedürfnisse befriedigt werden können – sprich, es auch immer leichter wird, die Bedürfnisse von denjenigen mit geringer Trava einzuschließen.
1.3 Es entsteht eine Ungleichheit zwischen denen, die mehr und denen, die weniger leisten können. Hierbei geht es nicht um die jeweiligen Lebensumstände, sondern die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit an sich. Das ist eines der Probleme, weswegen ein Umverteilungsprozess notwendig ist und die Übertragung der Trava nicht direkt zwischen der tätigen Person und der Person mit einem befriedigten Bedürfnis geschieht.
1.4 Es entsteht eine Ungleichheit zwischen Software-vermittelten und nicht-Software-vermittelten Tätigkeiten: Hierbei wird sich auf Tätigkeiten bezogen, welche sich dem Commoning zuordnen lassen, und tatsächlich ist das ein schwerwiegendes Problem. Ein Fehlschluss wäre der Gedanke, dass diejenigen, welche ihre Tätigkeiten nicht über die Software vermitteln, auch alle ihre Bedürfnisse im nicht-Software-vermittelten Raum erfüllen können bzw. hier einen entsprechenden Ausgleich durch etwa interpersonal vermittelte Anerkennung finden. Es ist möglich, dass in einigen Situationen eine Commons-vermittelte Bedürfnisbefriedigung nur über den Umweg der Softwarevermittlung möglich ist, weswegen der strukturelle Ausschluss von Personen, die ihre Tätigkeiten nicht über die Software vermitteln, problematisch ist. Der Umverteilungsprozess soll die Möglichkeit bieten, sich diesem Problem bewusst anzunehmen und es aufzulösen oder zumindest abzumildern.
Das Problem einer nur direkten Trava-Übertragung, welches den Umverteilungsprozess notwendig macht, ist daher die Ungleichheit zwischen denen, die mehr und denen, die weniger leisten können und außerdem zwischen denen, die ihre Tätigkeiten über die Software vermitteln und denen, die das nicht tun. Selbstverständlich können Personen dabei auch von beiden Ungleichheiten betroffen sein.
2. Wer wird in der Verteilung einbezogen und wer nicht?
Die Software für ununterbrochenes Commoning ist kein vollständiges Gesellschaftssystem – es ist ein Werkzeug, um Commoning zu unterstützen bzw. komplexe Re-Produktionsprozesse nach Commons-Prinzipien zu ermöglichen. Und schauen wir zurück zu den acht Designprinzipien für langlebige Commons-Institutionen von Elinor Ostrom, dann gibt es dort „klar definierte Grenzen, wer oder was zu einem Commons gehört“ (1. Prinzip) und es gibt einen „Zusammenhang zwischen Aneignung und Bereitstellung“ (2. Prinzip) (Alle Prinzipien in Helfrich/Bollier, Fair, Frei, Lebendig, S. 317-318), aber keinen Ansatz davon, dass prinzipiell jede Person, die mit dieser Commons-Institution in irgendeiner Verbindung steht, dort allerdings nichts beiträgt, auch an den Resultaten der darin eingeschlossenen Tätigkeiten teilhaben kann. Wird ununterbrochenes Commoning als eine solche Commons-Institution betrachtet, dann wäre der Anspruch, dass die eigenen Bedürfnisse mit einbezogen werden sollen, wenn die eventuell eigenen Tätigkeiten diese Vermittlungsform auch nicht betreffen, ein neuer Anspruch. Da im ununterbrochenen Commoning allerdings mit den Grenzen traditioneller Commons gebrochen wird, kann es ein gerechtfertigter Anspruch sein. Im Gegensatz zu anderen Werkzeugen und Methoden Commoning zu betreiben jedenfalls, entsteht durch das ununterbrochene Commoning überhaupt die Möglichkeit auch die Bedürfnisse solcher Unbeteiligter einzubeziehen, die kein Teil eines festen, interpersonalen Zusammenhangs sind, deren Bedürfnisse also oft vergessen bzw. durch die Grenzen des interpersonalen Raums ignoriert werden.
Wer wird also in die Vermittlung einbezogen und wer nicht? Ganz einfach: Wir, die wir die Software konzipieren und entwickeln, haben das nicht zu entscheiden. Die Entscheidung muss bei den Beteiligten liegen und das damit nicht allgemein und alle betreffend, sondern die Entscheidung muss in den jeweiligen Situationen, Kontexten und Umgebungen immer wieder neu diskutiert und gesetzt werden können. Es sind die Beteiligten in einer bestimmten und damit auch abgegrenzten Umgebung, die darüber entscheiden, wer in die Verteilung mit einbezogen wird und wer nicht. Für sie muss es sich richtig anfühlen; sie müssen entscheiden, was tragbar ist und was nicht. Und sie müssen Personen in diesen Kreis einschließen können, die, unabhängig von der Softwarevermittlung, schließlich auf Augenhöhe an solchen Entscheidungen beteiligt sind und es muss möglich sein, Personen auszuschließen, welche (mehrfach) gegen festgelegte Regeln verstoßen (→Sanktionen). Und wenn die Beteiligten einer bestimmten lokalen Umgebung dann sagen: „Wir wollen, dass die gesamte durch Tätigkeit gewonnene Trava gleichmäßig und der entsprechenden Bedürftigkeit nach an all diejenigen verteilt wird, die einen Anspruch darauf erheben“, dann muss die Software diese Entscheidung unterstützen. Wenn sie sagen: „Es wird hier zu wenig getan, also müssen wir die Motivation dafür erhöhen, tätig zu werden“, dann muss diese Gruppe einstellen können, dass das gesamte Gewicht einer Tätigkeit auf bis zu alleinig diejenigen Personen übertragen wird, die sich diesen Tätigkeiten annehmen. Und wenn sie sagen, dass sie immer wieder aufs Neue zusammenkommen wollen, um die Trava den jeweiligen Bedürfnissen entsprechend bewusst zu verteilen, dann muss die Software das genauso ermöglichen.
3. Wie kann der Umverteilungsprozess aussehen, damit solche Entscheidungen ermöglicht werden?
Die Trava, welche aus dem Gewicht der abgeschlossenen Tätigkeit gewonnen wird, zerfällt hierfür in drei Teile variabler Größe.
3. 1 Individueller Vorteil: Ein Teil der Trava wird direkt der Person zugeschrieben, welche die Tätigkeit erfolgreich abgeschlossen hat.
3.2 Trava-Pool: Ein zweiter Teil der Trava wird einem lokalen Trava-Pool hinzugefügt und kann vor dort aus durch einen bewussten, interpersonalen Prozess aufgeteilt werden. Der hauptsächlich zu diesem Zweck entstehende interpersonale Zusammenhang wird folgend als „Umverteilungsrunde“ bezeichnet. Auch wenn Regelsetzungen sich davon unterscheiden können, wird die Teilnahme an solchen Umverteilungsrunden im weiteren Textverlauf als freiwillig, aber offen für alle im jeweiligen Gebiet ansässigen Personen angenommen. Die Entscheidungsberechtigung selbst kann dabei allerdings eingeschränkt sein (siehe den vorhergehenden Abschnitt 2.)
3.3 Automatische Verteilung an alle dafür Berechtigten: Ein Teil des Gewichtes einer abgeschlossenen Tätigkeit wird an alle dazu Berechtigten im lokalen Umfeld verteilt – gleichermaßen, aber gewichtet durch den Grad ihrer Bedürftigkeit. Wer berechtigt ist und wer nicht, genauso wie der Grad der Bedürftigkeit, kann über den interpersonalen Prozess der Umverteilungsrunden festgelegt werden.
Anmerkung: Es ist dabei sehr gut möglich, dass sich diese Dreiteilung während der Entwicklung oder Anwendung als problematisch herausstellt und bessere Lösungen gefunden werden. Es handelt sich hierbei nicht um feste Vorgaben. Verbesserungsvorschläge und Kritik sind weiterhin auch während der Ausarbeitung jederzeit willkommen.
4. Welche Aufgaben liegen bei einer Umverteilungsrunde?
Erster Zweck der Umverteilungsrunden ist eine direkte Wertschätzung fürsorglicher Tätigkeit zu erhalten (auch, nicht nur, in Form von Trava). Hierbei soll es nicht wesentlich sein, ob diese Tätigkeiten über die Software vermittelt wurden oder nicht. Während dabei über die Software vermittelte Tätigkeiten und die Summe ihres Gewichtes für alle sichtbar gemacht werden kann, müssen anders vermittelte Tätigkeiten erzählt oder andersartig durchsichtig gemacht werden. Der weitere Zweck ist schließlich die Feststellung der unterschiedlichen Bedürfnisse und Bedürftigkeiten, damit Möglichkeiten gefunden werden können, als Gemeinschaft diese zu berücksichtigen. Soweit es an dieser Stelle ersichtlich ist, hat eine Umverteilungsrunde im Bezug auf die Trava daher bis zu fünf Aufgaben:
4.1 Die Umverteilung der Trava im lokalen Trava-Pool an (1) individuelle Bedürfnisse von Personen in den Grenzen des Umverteilungsgebietes, (2) an Projekte (→Manuelle Konfiguration / Projektplanung) und (3) an andere Trava-Pools mit etwa einem höheren Anteil an von der Trava-Vermittlung benachteiligten Personen. Die Umverteilung erfolgt dabei nur durch die entscheidungsberechtigten, teilnehmenden Personen: Besondere Bedürfnisse sollen hierdurch auf zwischenmenschlicher Ebene wahrgenommen werden können. Besondere Anstrengungen sollen Resonanz erfahren und gewürdigt werden können. Gemeinsame Ziele und Projekte sollen diskutiert werden können. Es geht also um die Bearbeitung all der Momente, welche im transpersonal vermittelten Commoning nicht möglich sind.
4.2 Die Regelung des Verhältnisses zwischen (1) individuellem Vorteil, (2) bewusster Umverteilung durch den Trava-Pool und (3) automatischer Verteilung an alle dafür Berechtigten. Wichtig hierbei ist, dass Regeländerungen in Übereinstimmung mit allen davon Betroffenen geschehen. Wird der Anteil des individuellen Vorteils bei der Trava-Gewinnung verändert, betrifft das auch alle Beteiligten im jeweiligen Gebiet, die nicht an Umverteilungsrunden teilnehmen (wollen bzw. können). Wird der Anteil der automatischen Verteilung geändert, betrifft das sogar nicht nur alle Beteiligten, sondern alle Berechtigten im Gebiet. Das heißt damit nicht, dass solche Entscheidungen nicht in Umverteilungsrunden getroffen werden können, aber alle davon Betroffenen müssen 1. in Kenntnis davon gesetzt werden, dass diese Verhältnisse zur Diskussion gestellt werden und 2. brauchen Betroffene auch die Möglichkeit, an solchen Entscheidungsfindungen mitzuwirken, wenn sie selbst an Umverteilungsrunden nicht teilnehmen. Es darf keine Instanz entstehen, die über den Köpfen von Betroffenen hinweg Entscheidungen trifft.
4.3 Feststellung des Bedürftigkeitsgrades. Während in der Umverteilungsrunde die Trava bewusst nach Bedürfnissen bzw. Bedürftigkeit aufgeteilt werden kann, geschieht die Übertragung der Trava sowohl für den individuellen Vorteil, wie auch bei der automatischen Umverteilung mit sofortiger Wirkung. Über die Einstellung des Bedürftigkeitsgrades kann dabei etwa der individuelle Vorteil eigener Tätigkeiten höher ausfallen, wenn die entsprechende Person körperlich oder geistig beeinträchtigt ist. Oder der Anteil bei der automatischen Verteilung kann höher sein, wenn jemand gerade dabei ist, Kinder zu erziehen und somit in der eigenen Handlungsfähigkeit eingeschränkt ist. Der Bedürftigkeitsgrad im Umverteilungsprozess ist damit etwas anderes als etwa der Grad einer Behinderung, welcher von einer allgemeingültigen Instanz festgestellt wird. Der Bedürftigkeitsgrad entsteht aus einem bewussten interpersonalen Prozess heraus und zeigt, wie die Personen im jeweiligen lokalen Umfeld mit individuellen Beeinträchtigungen umgehen. Er ist ein Faktor, welcher durch die Umverteilungsrunde bestimmt und einer Person zugeschrieben wird, wodurch der Re-Produktionsprozess in deren Richtung gelenkt wird.
4.4 Verifikation des Aufwandes von Tätigkeiten. Bisher nicht angesprochen ist die Möglichkeit von Umverteilungsrunden den Aufwand von Tätigkeitsmustern zu diskutieren und verifizieren, und damit eine Problematik abzumildern, welche im Kapitel →Aufwandsbestimmung noch näher diskutiert werden wird. Die Verantwortung über die Richtigkeit der Angabe wird hierbei auf das Kollektiv gehoben, welches zwar über die automatische Umverteilung immer noch einen jeweils eigenen individuellen Vorteil von der Höhe des Gewichts einer Tätigkeit hat, welche eine Person aus ihrem Gebiet durchführt, aber dieser Vorteil ist 1. wesentlich schwächer und 2. dem Verantwortungsgefühl der Gruppe unterworfen.
4.5 Verifikation von Beteiligten: Ebenfalls bisher nicht angesprochen ist die Problematik von Doppel- und Fakeaccounts bzw. die Möglichkeit, die Vermittlungsform zu manipulieren. Die Verifikation durch die Teilnehmenden von Umverteilungsrunden kann eine Möglichkeit sein, diese Problematik abzumildern. Im Kapitel →Verifikation und Vertrauensnetzwerk wird näher darauf eingegangen.
5. Konsequenzen des Umverteilungsprozesses für die Softwarestruktur
Die erst Konsequenz aus dem vorgestellten Prinzip bedeutet: Grenzen. Für einen Umverteilungsprozess mit lokalen Regelungen und einem lokalen Trava-Pool muss klar definiert sein, wen diese Regeln betreffen bzw. wer mit diesem Trava-Pool verbunden ist. Die nächste Konsequenz ist: Die Software muss – in durch die Umverteilungsrunde regelbaren Abständen – daran erinnern, solche Runden einzuberufen und alle davon Betroffenen Personen benachrichtigen. Die Trava-Aufteilung muss schließlich den Entscheidungen einer Umverteilungsrunde nach konfiguriert werden können und sämtliche Personen benachrichtigen, welche von Änderungen betroffen sind. Selbstverständlich braucht es schließlich auch Funktionen, um den Trava-Pool durch die Umverteilungsrunde verteilen zu können – sowohl an bestimmte Bedürfnisse einzelner Personen, an das Gewicht einzelner Personen, an Projekte und an andere Trava-Pools. Die Software muss besprochene und in den Umverteilungsrunden gesetzte Regelungen festhalten können, welche diese Verteilung betreffen.
Um Übersicht und einen eigenen Bezug zum jeweiligen Trava-Pool und den gesetzten Regeln bewahren zu können, erscheint es sinnvoll, dass die Personenzahl innerhalb gesetzter Grenzen begrenzt ist bzw. begrenzt werden kann. Eine Grenze kann dabei eine ganze Stadt einschließen, wenn nur wenige Personen in dieser Stadt über die Software miteinander in Beziehung treten. Falls die Personenzahl wachsen sollte, muss es möglich sein, ein Gebiet immer wieder in kleinere Segmente aufzuteilen. In solchen Prozessen müssen Regeln festgelegt werden können: Etwa, ob sich bei einer Aufteilung die durch Tätigkeit gewonnene Trava zukünftig gleichermaßen auf beide Pools verteilt und nur die Umverteilung eigenständig geregelt wird, oder die Trava-Pools regulär unabhängig voneinander gefüllt werden. Und nimmt die Anzahl der Teilnehmenden dagegen ab, müssen sich Gebiete wieder mit der Möglichkeit entsprechender Regelsetzungen vereinen lassen können.
Verhältnis zwischen Geld und Trava
Sowohl Geld als auch Trava sind Zahlengrößen, durch welche ein Richtung vorgegeben wird, wie einander oft unbekannte Personen miteinander interagieren. Beides miteinander gleichzusetzen liegt nahe, ist jedoch bei näherer Betrachtung weder haltbar noch konstruktiv. Folgend wird sich mit ihren Gemeinsamkeiten und Unterschieden näher auseinander gesetzt.
Gemeinsamkeiten: Sowohl Geld als auch Trava sind rein quantitative Größen, können also als Zahl angegeben werden. Beide verhelfen den Teilnehmenden der jeweiligen Gesellschaftlichkeit ihre Bedürfnisse zu befriedigen. Über beide werden bestimmte Handlungsmöglichkeiten nahe gelegt, beide bestimmen eine gesellschaftliche Bewegungstendenz. Über beide kann eine Kalkulationsrationalität entstehen und beide treten als zweiter Charakter eines konkreten Phänomens auf: Das Geld als Wertcharakter von Dingen, die Trava als Gewichtscharakter von Tätigkeiten. Beides ist zum Teil eine Anerkennung von Leistung.
Unterschiede: Während Kapital die Bewegung von Geld zu mehr Geld ist und durch die Arbeitskraft als Ware ermöglicht wird, scheint eine Bewegung von Trava zu mehr Trava nicht möglich zu sein. Die Verselbstständigung der Geldvermittlung – und damit ihr Auftreten als scheinbare Macht, der sich Menschen unterordnen müssen – kann in der Vermittlung über Trava nicht geschehen. Geld ist dabei eine allgemeine Verfügungsmacht: je mehr Geld eine Person hat, desto mehr Bedürfnisse kann sie sich befriedigen. Die Trava ist dagegen eine Nahelegung – je höher ein Bedürfnis gewichtet ist, desto wahrscheinlicher ist dessen Befriedigung. Geld repräsentiert dabei die Getrenntheit der Dinge durch privates Eigentum. Geld setzt die Dinge am Markt gleich und als Vermittlungsform des Marktes ist Geld das Konkurrenzprinzip per se. Trava dagegen steht außerhalb des Eigentumsprinzips. Über Trava werden Bedürfnisse gleichgesetzt und Trava unterstützt eine unbegrenzte Kooperation auf Augenhöhe zu deren Befriedigung. In Bezug auf Geld schreiben Helfrich und Bollier: „Wenn Sorgearbeit einer Kalkulationsrationalität unterworfen wird, verliert sie ihren (für-)sorgenden Charakter“ ( Frei Fair Lebendig , S.163). Die Kalkulationsrationalität im Bezug auf Trava dagegen fördert die Effizienz zur Befriedigung möglichst vieler Bedürfnisse und hierdurch verliert sich auch auf transpersonaler Ebene der (für-)sorgende Charakter nicht. Geld in seiner Bewegung als Kapital muss sich in sämtliche gesellschaftliche Sphären ausdehnen und ordnet sich in dieser Bewegung das menschliche Leben unter, macht ein menschliches Leben ohne Verfügung über Geld immer unmöglicher. Im Wert eines Dinges steckt dabei der Aufwand als gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit. Das Prinzip der Trava ist dagegen die Befreiung von Eigentum und damit der Befreiung von der Möglichkeit, Menschen von den Quellen ihrer Bedürfnisbefriedigung strukturell auszugrenzen. An einem durch den Prozess des Commonings gefertigten Produkt hängt keine Trava – welcher Aufwand zur Produktion notwendig war, ist ab seiner Fertigstellung nicht ablesbar und in seiner Verwendung nicht relevant. Die Trava ist eine Prozessvariable. Sie tritt im Prozess der Verfügbarmachung von Dingen auf, wenn tendenziell unbekannte Personen zur eigenen Bedürfnisbefriedigung tätig sind und verschwindet, wenn der Grund ihrer Tätigkeit nicht länger gegeben ist. Die Berechtigung über die Verwendung von Mitteln folgt einem sozialen Prozess, in welchem die Trava nicht involviert ist. Sie unterstützt das Commoning in seiner Ausdehnung, während sich ihre Wichtigkeit in dieser Bewegung verliert.
Bei allen Gemeinsamkeiten und Unterschieden, eine letzte Anmerkung: Trava unterstützt die Gewohnheit. Sie ist weitgehend verständlich für Menschen, für die Geld und Lohn normal ist. Die nicht aus einem Idealismus heraus Commoning betreiben, die nicht die gesellschaftlichen Strukturen verstehen, welche sich durch das ununterbrochene Commoning ergeben können, die schlicht zum eigenen Vorteil über die Software vermittelt tätig werden. Und am Ende des Tages geht es genau darum: Ein Werkzeug zu erschaffen, das keine theoretische Bildung voraussetzt und dessen Anwendung Selbstbestimmung ohne Rückgriff auf Geld fördert. Und mit welcher Intention es benutzt wird, spielt keine Rolle in der Ausdehnung seiner Logik, in der Erweiterung der allgemeinen Handlungsfähigkeit hierdurch und schließlich: In der Aufhebung der kapitalistischen Produktionsweise.
kann wiederum Momente des Leistungszwangs und der Konkurrenz
hervorbringen, wie wir sie aus dem kapitalistischen System kennen“
Außerdem bin ich langsam etwas irritiert dass Du kein einziges mal auf Christians „Beitragen statt Tauschen“ von 2007 Bezug nimmst, obwohl das mehr oder weniger die selbe Idee zu sein scheint.
Beeindruckender Text. Vielleicht etwas sehr trocken, technisch, aber das ist der Sache geschuldet. Ich finde deine Überlegungen wirklich spannend. Und ich bin selbst überzeugt von so einer Software/einer technischen Vermittlung. Aber jetzt geht es um die Gewichtung von Bedürfnissen im Vermittlungsprozess. Hier einen „Anreiz “ zu schaffen, um mitzumachen, um die Software zu nutzen, erscheint dir wichtig zu sein. Das ist der individuelle Vorteil. Gleichzeitig soll dies allseitig als fair empfunden werden.
Dazu ein Gedanke vorweg: wenn die Vorsorge über Lohnarbeit prekär ist, ist vielleicht jede stabilere Möglichkeit willkommen. Es bräuchte also vielleicht keine Anreize. Dieser Anreiz ist quasi eher und vor allem ein Schutz (!): Wer allgemein beiträgt, darf nehmen und mitentscheiden. Wer schwerst behindert ist am Beitragen, muss sich darauf verlassen, dass andere seine/ihre Bedürfnisse mit berücksichtigen? Also wer entscheidet? Die Beitragenden. Ich bin mir nicht sicher inwiefern sie über ihren individuellen Vorteil hinaus gehend Gründe hätten, andere nicht-beitragende Personen einschließen zu wollen.
Dann dachte ich, dass die Trava Teil der Transformation ist und in der Utopie für die Software nicht mehr gebraucht wird. Jetzt klingt sie fest etabliert im Software Konzept. Absichtlich?
So ein Trava-Pool, ist das eine Art lokale Versammlung, wo vielleicht 10 bis 40 Personen interpersonal zusammen kommen, um über die Verteilung zu sprechen? Das ist mir nicht ganz klar. Wo wird wie miteinander kommuniziert? Chat, Vollversammlung im einem physischen Raum… ICh dachte, die Software ist genau die Plattform für diese Kommunikation. Aber da müsste ich vielleicht nochmal genauer reinlesen.
Dann gibt es Berechtigte, Bedürftige und Beitragende. Die Unterschiede sind mir nicht ganz klar. Berechtig sind Beitragende. Bedürftig sind alle.
Angesprochen sind beispielsweise alle einer Stadt. Berechtigt sind jedoch nur die, die beitragen. Demokratisch gesprochen hieße das, wer leistet hat ein Stimmrecht. Die anderen wären demnach dem Willen der Leistungsstarken ausgeliefert.
Soweit erstmal meine offenen Fragen nach erstem Lesen. Du siehst, sie drehen sich etwas im Kreis und es sind eigentlich nur zwei Fragen. Eine zur Dauer der Trava als Funktion innerhalb der Software. Die zweite sehr wichtige Frage ist die nach Leistungvorteilen, die wie Benni glaubt, Leistungszwang und Konkurrenz hervorbringen könnten. Daher müsste nochmal genauer nach Gründen geschaut werden, warum die beteiligten Menschen bestimmte Bedürfnisse/Handlungen mehr oder weniger gewichten, wie das geht und so…
Beste Grüße
Ich finde diese Software Idee sehr spannend, obwohl die Texte darüber für mich sehr schwer zu lesen sind. Ich habe mir auch schon die Seiten, die jeweils in den Texten verlinkt waren angeschaut, inklusive des neuen Mini Prototyps. (Ich wollte dort Pflanzen als Mittel eingeben, aber bekam nach dem Abschicken eine Seite mit viel Code angezeigt :/ … vermutlich muss man sich registrieren, um etwas einzugeben?)
Ich würde sehr gerne bei diesem Projekt mitmachen – bei dem Commons-Projekt, sobald es fertig ist, nicht beim Programmieren der Software – davon hab ich keine Ahnung.
Mir ist das ganze Trava Prinzip noch nicht ganz klar. Weshalb muss man erst etwas leisten, um etwas zu bekommen? Widerspricht das nicht dem Commons Prinzip? Ich muss doch bei Wikipedia und Firefox auch nichts leisten, um die nutzen zu können.
Ich liebe es Pflanzen zu vermehren, und ich stelle jeden Freitag 5-7 verschiedene Zimmerpflanzen auf eine Bank im Eingangsbereich unseres Hochhauses – zum Verschenken. Auch umhäkle ich die Übertöpfchen (Joghurtbecher etc.), damit sie netter aussehen, weil mir Häkeln Spaß macht. Auch einige Bücher u.a. Sachen habe ich schon auf diese Bank gelegt. Es hat sich daraus ein kleiner Verschenkemarkt entwickelt, und andere Hausbewohner tun nun auch Dinge, die sie nicht mehr brauchen auf diese Bank … CDs, DVDs, Kinderspielzeug, Geschirr, Klamotten etc. etc. Niemand muss da was hintun, und jedeR kann sich nehmen was er/sie möchte. Ich finde das super toll!!! 🙂
Hin und wieder bemale ich Steine, die ich dann draußen irgendwo hinlege, wo sie dann jemand mitnehmen kann, oder sich auch nur am Anblick freuen kann.
Ebenso sind die Bücher, die ich geschrieben habe, gratis online verfügbar. Ich würde auch die vielen Fotos, die ich über die Jahre gemacht habe, zur Verfügung stellen, aber auf meiner Webseite ist nur begrenzt Platz, und mit der Bedienung von Wikipedia habe ich mich bis jetzt noch nicht beschäftigt – es erscheint mir sehr kompliziert. Außerdem hab ich ehrlichgesagt keine Lust, die tausenden von Fotos zu durchsuchen und zu kategorisieren… aber egal, darum geht es ja nicht.
Was ich damit sagen will ist, dass ich die Sachen die ich zur Verfügung stellen kann, gerne zur Verfügung stelle, einfach weil es mir Spaß macht. Ich bin völlig von dem Gedanken abgekommen, dafür Geld zu verlangen (für die Bücher und Fotos z.B. … obwohl ich noch Fotos auf RedBubble habe, aber ich war schon seit Jahren nicht auf der Seite, und habe bisher keinen Cent dort verdient … ). Nun muss ich zugeben, dass ich Sozialhilfe beziehe, ergo nicht auf anderweitige Einnahmen angewiesen bin. Aber andererseits, wenn ich an die Nachbarn denke, die hier auch Sachen verschenken … OK, manche sind vielleicht Rentner, oder bekommen HartzIV, aber viele gehen sicher einer Erwerbsarbeit nach und sind dennoch bereit, Sachen zu verschenken, anstatt sie auf eBay zu verticken. Warum sollte das bei einer Commons Software nicht möglich sein?
Wenn diese Software eh sehr lokal vermittelt, dann ist das doch sehr nachbarschaftlich … irgendwie ähnlich wie nebenan.de (wo leider viel zu wenig los ist in meinem Umfeld), nur eben völlig ohne Geld. Warum sollten Menschen aus der Nachbarschaft nicht willens sein, sich gegenseitig zu helfen bzw. Sachen in der Nachbarschaft zu verschenken, etc.
Sicher, solange wir das Geldsystem haben, und es noch kein BGE gibt, sind die Kapazitäten (sprich Zeit) beschränkt, weil die meisten Menschen arbeiten gehen müssen. Aber deswegen kann man doch schonmal mit denen anfangen, die jetzt schon beitragen können. Und weshalb sollten nicht alle dennoch Zugang haben? Mir ist es doch völlig egal, wer sich über meine Pflanzen freut. Ob der/die jetzt bei dem Commons auch etwas beiträgt oder nicht, tut doch meiner Freude am Pflanzenbvermehren keinen Abbruch.
OK, das waren so meine Gedanken … hoffentlich nicht zu viel 😀
Herzliche Grüße
@Benni:
Es stimmt, dass der Kapitalismus auf reiner Geld-Ebene fair ist. Aber es ist keine faire Kopplung von Beitrag und individuellem Vorteil. Aber Geld ist nur eine Möglichkeit der Kopplung von Beitrag und individuellem Vorteil, Trava eine qualitativ andere. Wie im Kapitel „Verhältnis von Geld und Trava“ dargestellt, bringt diese Form der Kopplung keine Herrschaft hervor.
Kannst du kurz erläutern, warum du meinst, es wäre „mehr oder weniger dieselbe Idee“?
@TWA: Ich danke dir erstmal! Und ja – die Texte sind trockener als altes Brot, aber – wie du ja auch sagst – ist das der Sache geschuldet. Die Software muss durch die Textreihe sinnvoll zu entwickeln sein und die Beschreibung muss daher so konkret, präzise und unzweideutig sein, wie es mir nur möglich ist.
Und obwohl ich das selbst immer in den Vordergrund stelle, geht es nicht nur um den Anreiz, sondern auch um eine Fairness bei der Bedürfnisvermittlung: Ist es fair, wenn jemand 1000 Bedürfnisse in die Welt schickt und damit eine 1000-fach höhere Chance hat, dass sich andere seiner annehmen? Durch die Bedürfnisgewichtung über einen Trava-Wert wird so etwas vermieden. Und weiter ist es nur die Möglichkeit eines individuellen Vorteils, die auch „abgeschalten“ werden kann, wenn diejenigen sie nicht wollen, die für solche Entscheidungen berechtigt sind (ich komm noch darauf zurück).
Den letzten Satz finde ich super hairy. Das heißt in der Konsequenz, dass wir als Entwickler/Konzeptoren der Software eine Entscheidung treffen, welchen sich diejenigen, die die Software verwenden, fügen müssen. „Wenn ihr nicht-geldförmig kooperieren wollt, dann müsst ihr aber auch alle mit einbeziehen, die sich dafür anmelden! Sonst ab mit euch in die Lohnarbeit!“. Damit hätten wir ein gutes Stück Moral in der Software, aber die Software wäre kein Werkzeug, das Selbstbestimmung unterstützt.
Und an der Stelle: Ich finde es super wichtig, klar zu benennen, wann wir Utopietheorie betreiben und wann wir Werkzeuge für Commoning herstellen. Weil Commoning nicht utopisch ist. In Elinor Ostroms Designprinzipien – die ich als Grundlage der Commons-Forschung sehe – gibt es klare Grenzen, wer zu einem Commons gehört und wer nicht (1.Prinzip), es gibt einen klaren Zusammenhang zwischen „Aneignung und Bereitstellung“ (2.Prinzip), es gibt eine rechenschaftspflichtige Überwachung (4. Prinzip) und es gibt natürlich auch Sanktionen (5.Prinzip). Ich habe oft den Eindruck, dass so etwas gerne außen vorgelassen wird und manchmal dann der Eindruck entsteht, dass Commoning ein… naja… utopischer Prozess ist, in dem immer alle irgendwie alles haben dürfen und dabei total nett zueinander sein sollen (ich übertreibe natürlich; aber ich mein das schon auch ernst). Commoning ist aber „lediglich“ eine andere (Re-)Produktionsweise, ein andere Form die äußere Welt zu organisieren und auch sie hat ihre „Härten“. Und wenn am Commoning Beteiligte sagen, „wir schuften hier den ganzen Tag, während dieser Typ ohne Beine nur faul in der Ecke hockt“, dann ist das im Kontext dieser (Re-)Produktionsweise und im Kontext der Selbstbestimmung ihr volles Recht. Sie sind dann halt Arschlöcher. Das kann man, finde ich, gar nicht anders sagen. Aber das ist einfach eine andere Geschichte.
Der Trava-Pool ist ein digitaler Speicher, der verteilt wird. Vielleicht am ehesten mit einem Bankkonto vergleichbar. Die „Umverteilungsrunde“ (ein Wort, das mir überhaupt nicht gefällt, aber ich finde auch nichts besseres) ist die interpersonale Versammlung zur (in erster Linie) Verteilung der Trava im Trava-Pool und zur Regelung des Verhältnisses des Umverteilungsprozesses. Da hierbei schon ein wenig „ausgemalt“ wird, wollte ich das nicht ausformulieren und offen für andere Möglichkeiten des interpersonalen Zusammenkommens halten – aber ja, in erster Linie stelle ich mir auch einen physischen Raum vor, in dem sich getroffen wird. Das ist eben der Ort, an dem die an der Softwarevermittlung Beteiligten einerseits untereinander zusammenkommen können, anderseits mit Leuten zusammentreffen, die ihre Tätigkeiten nicht über die Software vermitteln, aber trotzdem Trava zur Befriedigung ihrer Bedürfnisse benötigen bzw. auch zur Feststellung von Benachteiligung. Und eben der einzige Raum, in dem die Verhältnisse der Umveteilung bestimmt werden und in dem du – um in der vorhergehenden Sprache zu bleiben – ein wirklich konsequentes Arschloch sein musst, wenn du von der Trava-Vermittlung benachteilgten Menschen direkt gegenübertrittst und klar sagst, dass sie davon nichts abhaben sollen. Aber das klingt erstmal, als würde ein Machtgefälle entstehen, in dem alle von der Gutmütigkeit der Beteiligten abhängig sind. Sekunde…
Da gibt es im Text tatsächlich ein sprachliches Problem. Folgender Absatz ist hier relevant. Aus dem Kapitel Umverteilungsprozess, zweiter Punkt:
Der Gedanke ist: Am Anfang sind es selbstverständlich nur diejenigen, die sich über die Software vermitteln, die die Regeln der Software setzen. Aber in diesen Umverteilungsrunden wird der Kontakt aufgebaut, zwischen denen, die sich über die Software vermitteln und denen, die fürsorglich und unentgeltlich tätig sind, aber sich nicht über die Software vermitteln. Und solche Leute sind ebenfalls am Prozess des Commonings beteiligt, aber eben nicht (unbedingt) an der Softwarevermittlung. Aber in Umverteilungsrunden können sie als Beteiligte sozusagen auf Softwareebene „registriert“ werden und haben damit den genau gleichen Einfluss auf die Regelsetzung der Software etc., wie diejenigen, die sich darüber vermitteln. Das ist gewissermaßen der „Gleichmachungsprozess“ von transpersonalen und interpersonalen Commoning und der Grund, warum solche Umverteilungsrunden (1000 Blumen für die Person, welche einen besseren Namen findet) so unbedingt notwendig sind.
Vielleicht um die drei Begriffe kurz aufzuschlüsseln: Beteiligte meint also alle, die Commoning aktiv betreiben, wenn auch teils nur diejenigen gemeint sind, die sich über die Software vermitteln (das ist die Unschärfe). Berechtigte ist immer im Bezug auf die automatische Umverteilung gemeint – wer ist Teil der Umverteilung und wer nicht? Das hängt nicht unbedingt mit eigener Tätigkeit zusammen, sondern kann auch die Oma im Altenheim sein. Und Betroffene bezieht sich situationsabhängig auf die Personen, die von bestimmten Entscheidungen direkt betroffen sind… das kann ich jetzt auch gar nicht anders sagen.
Ich glaube, hier besteht auf jeden Fall bedarf, den Text weiter zu differenzieren, also zu versachlichen.
… und damit zur zweiten Frage:
Bei aller Liebe und auch überhaupt nicht gegen dich (oder andere) gerichtet: Ich finde die Utopie-Forschung gerade super wichtig – and I mean it! (und profitiere ja auch sehr davon) -, aber die ständige Verwendung des Wortes Utopie als der zu erreichende Zustand cringed mich gerade auch immer. Aber ich weiß ja voll, was du meinst.
Die Trava ist ein fester Teil der Software und ich denke – wieder in Hinblick auf die Bedürfnisgewichtung -, dass sie immer notwendig sein wird. Aber sie verliert ihre Wichtigkeit, indem über den Prozess des Commonings die allgemeine Handlungsfähigkeit wächst bzw. immer mehr Mittel der Bedürfnisbefriedigung untergeordnet werden und damit a) immer leichter Bedürfnisse mit eingeschlossen werden können und b) immer mehr Menschen Zugriff auf die Quellen ihrer Bedürfnisbefriedigung haben und weniger von anderen abhängig werden. Im Kapitel Umverteilungsprozess Punkt 1.2 ist das näher Thema.
Ich würde allerdings nicht meine Hand dafür ins Feuer legen, dass ich das schon immer so gedacht habe. Die Trava zu dem herauszuarbeiten, wie sie hier dargestellt wird, war ein langer Weg und spätestens das Kapitel „Bedürfnispriorisierung“ aus dem Ausdehnungsdrang moderner Commons wird bestimmt auch nicht mit dem hier ganz konform sein.
So viel an der Stelle. Vielen Dank für deine Anmerkungen! Hat mir wirklich geholfen.
@Luna: Ich hab dich nicht vergessen und will dich auch nicht ignorieren. Mir läuft nur gerade die Zeit weg.
Na weil es halt auch ein System ist, was Beitrag und Entnahme summiert gewichtet koppelt. Und meines Wissens nach war Christian der erste, der so was vorgeschlagen hat.
@benni: Alles klar, versteh ich. Allerdings beziehe ich mich – daneben, dass es mir einfach sinnvoll erscheint – hauptsächlich auf ein Marx-Zitat zum „Verein freier Menschen“ aus dem Warenfetisch-Kapitel:
Christians Text habe ich in Teilen, aber nicht vollständig gelesen. Mein Eindruck bisher ist, dass wir unsere Texte mit dem selben Anliegen geschrieben haben, aber unsere Ansätze sehr verschieden sind. Und dem Anliegen nach selbst ist meiner Meinung nach nicht geholfen, wenn ich auf seinen Text quer verweise.
@Sophia DeLuna: Dein Interesse an dem Projekt freut mich wirklich! Und zugegeben finde ich die Texte selbst nicht einfach zu lesen. Da die Textreihe sich aber in erster Linie (nicht nur) an Entwicklerinnen und Entwickler wendet und ich versuche, eine möglichst genaue Anleitung zur Programmierung der Software zur Verfügung zu stellen, sehe ich da keine andere Möglichkeit. Und der bisherige Prototyp ist sehr cool für uns im Projekt, Vorstellungen abzugleichen und bestimmte Funktionen zu diskutieren, aber noch nicht wirklich anwendbar 🙂
In erster Linie geht es bei der Trava um das Einbeziehen der Bedürfnisse anderer. Du vermehrst zum Beispiel deine Pflanzen und stellst sie anderen zur Verfügung (was cool ist, weil ich dazu wirklich nicht in der Lage wäre), aber du machst das, wie du sagst, weil es dir Spaß macht. Und wenn dir das was gibt und dir auch die Form der Vermittlung gefällt (du stellst sie aufs Fensterbrett, jemand Unbekanntes nimmt sie dann mit), dann sehe ich keinen Grund, warum du etwas dabei anders machen solltest.
Aber du weißt nicht (außer natürlich ihr habt persönlichen Kontakt), was deinen Nachbarn sonst noch wichtig ist und was sie brauchen. Und vielleicht gibt es da ja etwas, was du auch machen kannst und was dir auch Spaß macht. Und hier setzt die Trava an: Weil du dich den Bedürfnissen von Menschen annimmst, die du selbst nicht persönlich kennst, wird anderen – die dich nicht kennen – nahe gelegt, sich auch deinen Bedürfnissen anzunehmen. Und „wie sehr deine Bedürfnisse nahegelegt werden“ (individueller Vorteil) bzw. was euch als Nachbarn gerade wichtig ist (Projektgewichtung) bzw. wo ihr glaubt, dass andere gerade mehr Unterstützung brauchen (Umverteilung auf andere Trava-Pools) muss durch euch gemeinsam bestimmt werden können.
Und Verzeihung, hier rutsche ich schon wieder in die Softwarestruktur ab 🙂 Was ich in erster Linie sagen will: Es gibt Dinge, die uns Spaß machen oder denen wir uns zumindest annehmen könnten, aber wir haben kaum Überblick darüber, was andere Menschen brauchen (was sie sagen, was sie brauchen) und wie wir uns einbringen können, damit sie das bekommen. Und die Trava soll auch dabei helfen, eine gewisse Zuverlässigkeit in solchen Prozessen zu geben. Damit Leute nicht frustriert werden, weil sie „immer alles für andere machen, aber niemand was für sie“.
Und Firefox/Wikipedia hat den Vorteil, dass es allen zur Verfügung gestellt werden kann, ohne, dass es weniger wird. Das ist bei vielen (wahrscheinlich den meisten) Dingen nicht so. Und dieses Softwarekonzept hier wurde begonnen, um solche aufbrauchbaren Dinge organisieren zu können.
Aha. „Habs nicht wirklich gelesen, aber ist total verschieden“. Wie Du meinst.
Mein Eindruck ist, dass Du dazu tendierst, alles neu zu erfinden und alle anderen machen natürlich immer was ganz anderes. Wie wärs damit erst mal wenigstens zu versuchen zu verstehen was andere schon gemacht haben? Aber wie Du willst, ist ja Deine Zeit.
@Benni: Ich habe hier auf dem Schreibtisch gerade noch einen Ordner liegen, in dem Christians Text vollständig ausgedruckt abgeheftet ist und habe ihn mir gestern nach deiner Nachricht auch nochmal durchgesehen. Die Vorgehensweise ist verschieden. Bei Christians Text geht es nicht um die Beziehung des Individiuums mit ihr unbekannten Personen, wie es hier über Tätigkeitsmuster angegangen wird. Und diese über Tätigkeitsmuster vermittelte Struktur ist das Wesentliche an der Textreihe und die Strukturen, die sich daraus ergeben, sind spezifische.
Ich würde mich sehr freuen, wenn diese Herangehensweise mit Christians Herangehensweise abgeglichen wird und ich bin mir sicher, dass es daraus etwas zu lernen gibt. Und ich würde mich freuen, wenn sich jemand konstruktiv einbringt, um sich dem anzunehmen und aufzeigt, wo es für das Projekt hilfreiche Verbindungen gibt. Ich habe nicht das Gefühl, dass du ein Interesse an einem solchen Prozess hast, aber ich lasse mich auch gerne überraschen und freue mich sonst über die Mithilfe von anderen.
Und ich habe kein unbedingtes Interesse daran, alle neu zu erfinden, aber ich habe eine bestimmte Methode mit der ich mir selbst sowohl Commoning als auch die Softwarestruktur erschließe. Ich schaue mir die allgemeine Formel des Commonings (Abschnitt 1.3) an und folge Schritt für Schritt der Struktur, wohin sie mich führt. Und ich greife auf die Arbeiten anderer zurück, wenn sie mir helfen, diese daraus hervorgehende Struktur zu verstehen. Ich puzzle mir nichts zusammen. Und wenn du meinst, das wäre alles schon dagewesen, ohne das wirklich belegen zu können (und ein gewichteter Zusammenhang zwischen „Beitrag und Entnahme“ ist nicht alles), dann brauchst du meine Texte nicht.
@Marcus: Ich habe auch den Eindruck, dass ihr Ideen aus meinem Buch übernommen habt, ob dir das bewusst ist oder nicht. Z.B. die gewichtete Arbeit, bei euch „Tätigkeitsgewichtung“ genannt. Davon steht bei Marx nichts.
Finde ich auch nicht schlimm – im Gegenteil, ich freue mich ja, wenn meine Ideen aufgegriffen werden – aber natürlich freue ich mich, wenn die Quelle anerkannt und genannt wird.
PS, weil sich unsere Kommentare gerade überkreuzt haben:
Doch, natürlich geht es das – um was denn sonst?
„Es gibt Dinge, die uns Spaß machen oder denen wir uns zumindest annehmen
könnten, aber wir haben kaum Überblick darüber, was andere Menschen
brauchen (was sie sagen, was sie brauchen) und wie wir uns einbringen
können, damit sie das bekommen. Und die Trava soll auch dabei helfen,
eine gewisse Zuverlässigkeit in solchen Prozessen zu geben. Damit Leute
nicht frustriert werden, weil sie „immer alles für andere machen, aber
niemand was für sie“.„
Hm … ich sehe da eigentlich k/ein Problem, aber vielleicht verstehe ich ja was noch nicht so ganz …
1. Gedanke: Wenn ich denken würde, dass ich immer alles für andere mache und niemand was für mich – dann kann ich doch einfach aufhören, was für andere zu machen, und schon hat sich das Problem erledigt.
2. Gedanke: Ich denke so nicht. Ich mache, was mir Spaß macht, und lasse andere daran teilhaben. Nun fällt mir ehrlich gesagt nicht viel ein, was ich als Bedürfnis angeben könnte. Das Einzige, was ich wirklich gerne hätte, wenn ich es mir leisten könnte, wäre, dass jemand meine Wohnung putzt. Ich mache mir allerdings keine Hoffnungen, dass jemand das freiwillig ohne Bezahlung tun möchte. Nun könnte ich dieses Bedürfnis ja trotzdem in so eine Software eingeben und mal schauen, ob sich jemand meldet. Wenn sich aber niemand meldet, dann hör ich doch deswegen nicht auf meine Pflanzen etc. zu verschenken, weil mir das ja Spaß macht. Ergo: auch wieder kein Problem.
3. Gedanke: Wie willst Du denn mit dieser Trava Menschen dazu bringen, dass sie meine Wohnung putzen? Selbst wenn das Programm meinen Wunsch als hohe Priorität anzeigen würde, weil ich sehr viel tue – deswegen werden doch jetzt nicht plötzlich Menschen Bock auf Putzen kriegen. Also, wie willst Du mit dieser Trava Bedürfnisse erfüllen, die keiner erfüllen will? Ich sehe nicht wirklich einen Sinn in einer Gewichtung, wenn es sich um Dinge/Tätigkeiten handelt, die jemandem Spaß machen – denn solcherlei Bedürfnisse werden, denke ich, auch ohne spezielle Gewichtung erfüllt werden. Vielleicht nicht immer gleich sofort, aber mit Geduld sollte es da kein Problem geben. Sollte es jedoch Bedürfnisse geben, die niemand machen will, dann kannst Du Menschen auch mit einer Gewichtung nicht dazu bringen sie zu tun – es sei denn, die Erfüllung des Bedürfnisses würde einem höheren Zweck dienen (Müllabfuhr, Wasser- und Stromversorgung etc.).
4. Gedanke: Kann denn in einer Commons Gesellschaft überhaupt jemand behaupten niemand täte etwas für ihn/sie? Meiner Meinung nach nicht, denn in einer Commons Gesellschaft tun immer für jeden Menschen ganz viele Menschen etwas. Das fängt bei der Wasserversorgung an und hört beim T-Shirt und Lebensmitteln noch lange nicht auf. Selbst für meine Pflanzen brauche ich Wasser, Dünger, Substrat, Gefäße. Dafür haben andere Menschen gearbeitet. Also selbst wenn ich keine Putzfrau finde (oder sonstige persönliche Bedürfnisse nicht erfüllt bekäme), kann ich doch nicht behaupten niemand täte etwas für mich.
Also, ich verstehe irgendwie immer noch nicht, wozu es eine Gewichtung braucht.
Bennis Anmerkungen finde ich erfrischend deutlich.
Die „Fairness“ muss erklärt werden.
Wer bekommt wie viel? Wer es nötig hat, oder wer super arbeiten kann ?
Ist es überhaupt erstrebenswert zu arbeiten, wenn man selbst alles hat, aber die Anderen am verhungern sind?
Die ganzen Prinzipien der Artikelserie (und des daraus aufbauenden fiktiven Staates) sind mir nicht deutlich.
@Christian: Ich freue mich, dass du dich eingeklinkt hast!
Projekte sind in deinem Text zentral und Individuen treten nur in Erscheinung, wenn sie in Beziehung zu diesen Projekten treten. Siehst du das anders?
Bei Marx steht nicht der Begriff der gewichteten Arbeit, aber sie ergibt sich zum Teil daraus. Marx schreibt: „Andrerseits dient die Arbeitszeit zugleich als Maß des individuellen Anteils des Produzenten an der Gemeinarbeit und daher auch an dem individuell verzehrbaren Teil des Gemeinprodukts.“ – Über die Arbeitszeit wird ein Verhältnis zwischen den Tätigkeiten Einzelner und der Gesamtarbeit aufgemacht und je nachdem, wie groß der individuelle Anteil ist, desto mehr kommt zu der entsprechenden Person zurück. Und das, was anzeigt, wie viel eine Person sich eingebracht hat, kann meiner Ansicht nach als Gewicht beschrieben werden. Nur, ob das jetzt die reine Arbeitszeit ist, die das Gewicht ausmacht oder ob es noch andere Faktoren gibt, geht daraus nicht hervor. Allerdings wird die Arbeitszeit auch nur als Beispiel zur Parallele zur kapitalistischen Produktion genommen, weswegen das auch für Marx hier irrelevant ist.
Und nur um das an der Stelle klarzustellen: Das was Marx hier beschreibt sind keine Prinzipien des Commonings. Das ist nicht das, woran sich die Tätigkeitsgewichtung hier unbedingt orientiert.
Ich glaube nicht, dass es als ein solcher von dir gemeint war, aber ich empfinde es als relativ starken Vorwurf, ich hätte Teile von dir übernommen, ohne dich als Quelle zu nennen. Weil ich das schlicht in keiner Weise gemacht habe.
Aber das ist mir gerade wirklich wichtig: Hast du das Kapitel „Tätigkeitsgewichtung“ aus dem dritten Teil der Textreihe gelesen und dein Kapitel „4.3.3 Gewichtete Arbeit (Aufgabenversteigerung)“ aus Beitragen statt Tauschen (S.27-32) im Hinterkopf und hattest du, während du es gelesen hast, das Gefühl, ich hätte das vollständig oder in Teilen von dir übernommen? Oder geht es dir nur um den Begriff bzw. die bloße Überschrift des Kapitels?
@Marcus:
Nein, in Projekten wird produziert, wie bei euch ja auch (wobei ihr statt von „Projekten“ von „Commons“ redet). Aber da wo es um die individuelle Bedürfnisbefriedigung geht, spielen Projekte keine direkte Rolle. Das funktioniert stattdessen über „Verteilungspools“, die im Wesentlichen eurem „Softwarekonzept für ununterbrochenes Commoning“ entsprechen (und natürlich hatte ich die Verteilungspools ebenfalls als softwarebasiert gedacht).
Ach, ich finde das nicht so schlimm, habe es schön öfters erlebt und ihr schreibt hier ja keine wissenschaftliche Arbeit. Ich habe das Gefühl, einige meiner damaligen Ideen und Schlagworte haben sich so weit verbreitet, dass es Leuten vielleicht gar nicht mehr bewusst ist, wo sie herkommen. Bei euch juckt es mich allerdings schon etwas, dass ihr einen sehr eng mit meinen Vorschlägen verwandten Ansatz verfolgt, ohne dessen Herkunft offenzulegen (ob durch bewusstes Kopieren oder durch versehentliches Neuerfinden weiß ich natürlich nicht, finde ich auch nicht so wichtig) – aber hätte Benni den Punkt nicht gemacht, wäre ich wahrscheinlich zu höflich gewesen, das anzusprechen 😉
Naja, was heißt „vollständig“, aber definitiv die Grundidee. Erstmal: Bei Marx, auf den du oben verweist (aber, soweit ich sehe, nicht im Text selber, da erwähnt ihr Marx nur in anderen Zusammenhängen – wie war das mit Offenlegung eurer Quellen? 😉 ) ist die Idee ja quasi wie bei einem Tauschring: Was ich der Gesellschaft in Form von Arbeitszeit zur Verfügung stelle, kriege ich in Form von Arbeitsprodukten (= den Ergebnissen der Arbeitszeit anderer) von dieser zurück. Das Problem dabei ist aber eben, dass Arbeitszeit nicht unbedingt gleich Arbeitszeit ist: vielleicht haben Leute keine Lust, x Stunden lang im Bergwerk zu schuften, wenn sie stattdessen ebenso lang z.B. Software debuggen oder Texte übersetzen können. Meine Idee dazu: um Arbeiten/Tätigkeiten, für die sich sonst nicht genug Freiwillige finden (relativ zum Bedarf nach den entsprechenden Arbeitsprodukten), attraktiver zu machen, kann man diese Arbeiten höhergewichten. Dann zählt z.B. 1 Stunden Bergwerk = 1,5 Stunden Programmieren. Nun erfolgt der Austausch zwischen Individuum und Gesamtheit (Kopplung von Nehmen und Geben) also nicht mehr über einfache, sondern über gewichtete Arbeitszeiten. Ich nenne das „gewichtete Arbeit“ bzw. „Aufgabenversteigerung“, ihr nennt es „Tätigkeitsgewichtung“ und „Trava“.
Darüber hinaus unterscheide ich noch zwischen „gewichteter Arbeit“ einerseits und „Produktversteigerung“ bzw. „Präferenzgewichtung“ (Abschnitt 4.4.2.4) andererseits. Wenn es einen Mangel an bestimmen Produkten gibt, weil z.B. zu wenig Vorprodukte oder benötigte Ressourcen zur Verfügung stehen, können diese meistbietend versteigert werden, wobei aber nicht die Produzent:innen, sondern die Allgemeinheit profitiert (alle anderen Produkte werden dadurch etwas billiger). Bei eurer Trava werden beide Aspekte in einem Topf geworden, soweit ich sehe – die Produzenten also tendenziell dafür „belohnt“, dass sie knappe Ressourcen einsetzen. An der Stelle könnte es eurem Konzept meiner Einschätzung nach guttun, nochmal bei mir nachzulesen und euch zu überlegen, ob ihr das nicht ebenfalls trennen könnt.
Im Übrigen hat meiner bescheidenen Meinung nach das, was ich zur Umverteilung von Aufwand zugunsten von Menschen, die nicht oder wenig beitragen können, sage (insb. Abschnitt 8.1.1 und Anhang A.4), mehr Hand und Fuß als euer „Umverteilungsprozess“ aus dem aktuellen Text, der im Wesentlichen auf Charity hinausläuft. Auch da würde euch denke ich eine genauere Auseinandersetzung mit dem Buch guttun – natürlich mag es gute Gründe für eure Präferenz geben, aber indem ihr euch explizit und öffentlich mit früheren Vorschlägen auseinandersetzt, könntet ihr diese Gründe auch nachvollziehbar machen.
@Christian:
Als grundsätzliches voran gestellt: Ich habe gerade Lust diesen Ansatz hier mit Beitragen statt Tauschen zu vergleichen und zu diskutieren. Ich freue mich auch, wenn durch die Textreihe Dein eigener Text wieder Aufmerksamkeit erfährt. Die Diskussion hatte einen schwierigen Start, da mir hier Vorwürfe entgegengehalten worden sind, die für mich aus dem Nichts kamen und auch nicht begründet waren. Sowie in #1 nicht einfach gefragt wurde, ob ich Deinen Text kenne, der 12 Jahre bevor ich zu Keimform gekommen bin erschienen ist, sondern die Kenntnis darüber schlicht angenommen wurde, plus der nicht belegten Behauptung, es wäre mehr oder weniger die selbe Idee. Dann von Dir der Vorwurf in #9, ich hätte Ideen aus diesem Text übernommen, aber die Quelle nicht angegeben. Das sind erst einmal zwei Vorwürfe mir gegenüber, die Deinen Text betreffen.
Kurz zu meinem Verhältnis zu deinem Text: Ich fand vor zwei Jahren deine Textreihe „Geld als eine historische Anomalie“ sehr gut, die auch mein Denken über Geld beeinflusst hat. Um den Text daher im Diskurs zu halten, hatte ich ihn dann auch im Ausdehnungsdrang moderner Commons, Kapitel: „Die Phasen der kapitalistischen Produktionsweise“ erwähnt. Vor zwei Jahren hatte ich mir dann auch Beitragen statt Tauschen ausgedruckt und wollte es durchgehen. Die Herangehensweise hatte mich allerdings nicht angesprochen und ich habe ihn wieder auf Seite gelegt – warum, kann an anderer Stelle diskutiert werden. Aber damit gesagt: Ich habe den Text kaum gelesen, erst recht nicht studiert, und von dem Text direkt ist mit absoluter Sicherheit nichts in das Softwarekonzept gekommen.
Auf die Notwendigkeit einer spezifischen Software, wie sie hier erarbeitet wird, wurde im Ausdehnungsdrang moderner Commons geschlossen. Und der Ausdehnungsdrang moderner Commons ist eine ausführliche Auseinandersetzung mit Kapitalismus aufheben von Meretz und Sutterlütti. Eine Möglichkeit, warum es Überschneidungen in unseren Texten gibt, kann sein, dass Ideen von dir Kapitalismus aufheben beeinflusst haben. Keine Ahnung, ich bin erst seit rund 2 Jahren dabei. Die zweite Möglichkeit, warum es Überschneidungen geben kann ist schlicht: Wir beschäftigen uns beide damit, wie Peer-Production/Commoning gesamtgesellschaftlich funktionieren kann. Ich sage immer noch sehr klar: Unsere Ansätze sind völlig verschieden. Das können wir gerne noch herausstellen und hoffentlich kommen dabei Gemeinsamkeiten heraus, die uns weiterhelfen. Aber unser Anspruch an diese gewollte Gesellschaft (Produktion auf Augenhöhe und nach Bedürfnisbefriedigung, würde ich sagen), ist weitgehend derselbe und es wäre super merkwürdig, wenn es bei der Ausarbeitung nicht zu Überschneidungen kommen würde.
Und jetzt zu dem Vorwurf, ich hätte mich an deinem Text bedient:
Du magst es nicht allzu schlimm finden, wenn Leute deine Ideen weiterverwenden, aber ich finde es richtig schlimm, wenn mir unterstellt wird, ich hätte mich an deinen Ideen bedient. Ich verliere den Respekt vor Autoren, wenn sich herausstellt, dass sie die Ideen von anderen als ihre eigenen Ideen ausgeben. Und indem du öffentlich die Behauptung aufstellst, ich hätte das bei dir getan – ohne das wirklich zu belegen! – bringst du mich in diese Position. Du bringst Leute dazu 1. zu glauben, unsere Ansätze wären weitgehend gleich und 2. ich wäre ein Autor, der sein Zeug nicht selbst erarbeitet, sondern sich heimlich an anderen bedient. Die Zuschreibung werde ich nicht hinnehmen. Es mag dir lächerlich erscheinen, aber ich würde Dich bitten, mich da ernst zu nehmen und – sobald du im Verlauf der Auseinandersetzung davon überzeugt wirst, dass ich mich nicht bei dir bedient habe – von der Behauptung zurückzutreten. Und das nächste mal, stell bitte keine solche Behauptung auf, ohne sie ausreichend zu belegen. Für mich ist das keine Kleinigkeit.
Ich habe auch in der Diskussion hier das Vertrauen verloren, dass sich mit dem Inhalt der diskutierten Texte auseinandersetzt wird, bevor Behauptungen darüber aufgestellt werden. Das hat nicht unbedingt mit Dir zu tun. Aber falls wir weiterdiskutieren – was ich gerne tun würde -, dann würde ich darauf bestehen wollen, dass Aussagen über die Texte des jeweils Anderen mit Verweisen auf Textstellen ergänzt werden. Ich habe das Gefühl, dass wir uns hier Behauptungen und Vorwürfe an die Köpfe werfen und dabei komplett im luftleeren Raum stehen. Ich nehm mich da nicht raus, aber ich habe keine Lust so weiterzumachen.
Meine Texte lassen sich am einfachsten von hier mit Hinweisen auf die Kapitel diskutieren.
Und jetzt endlich zum Inhalt:
Kannst du mir am Text zeigen, wo wir von Commons reden? Weder im Softwarekonzept noch im Timeless Way of Re-Production ist von so etwas die Rede. Im Timeless Way gibt es das Konzept des „integrierten Zusammenschlusses“ (Ab Alexander:500), welches auch noch in der Textreihe eingeführt wird, aber das Konzept der integrierten Zusammenschlüsse sind wieder (wie die Umverteilungsrunden) eine Brücke zu anders-vermittelten Commoning und nicht das Zentrale im Softwarekonzept. In erster Linie können sich über die Software einzelne Personen am gesamtgesellschaftlichen Re-Produktionsprozess beteiligen, ohne Teil eines Projektes (oder Commons) zu werden. Ich sehe das als wesentlichen Unterschied.
Meine Behauptung, dass bei dir Projekte im Vordergrund stehen, gründet auch auf deiner Einleitung:
Du willst erst die Probleme aufzeigen und dann siehst du nach, wie diese Probleme über Peer-Projekte gelöst werden können. Und dann wie eine Vielzahl solcher Projekte in einer Gesellschaft zusammenwirken können, damit Peer-Produktion die dominierende Produktionsweise wird.
Und auch in den Teilen des Textes, die ich bisher gelesen habe (ich freue mich über eine Widerlegung), werden Individuen hauptsächlich als Mitglieder bestimmter Projekte behandelt. Beispiele finden sich m.M.n. überall dafür… zum Beispiel in 4.3.3 Gewichtete Arbeit:
Und keine Frage, die Projekte verschmelzen dann miteinander zu einem Großprojekt, aber das Projekt selbst steht doch trotzdem im Vordergrund – auch wenn es dafür das ist, den Konsumbedarf der Mitglieder zu stillen.
Das ist jetzt keine Kritik, nur: Projekte und die Organisation solcher Projekte stehen – so wie ich Deinen Text lese – im Vordergrund. Ist als Herangehensweise meiner Meinung nach auch völlig legitim und sinnvoll, wenn es um „materielle Produktion nach dem Modell Freier Software“ (Unterüberschrift des Textes) geht.
Aber im Softwarekonzept ist die Herangehensweise halt eine andere. Mehr vom Individuum ausgehend und völlig ohne Projekte (Commons, etc.) denkbar. Siehe z.B. Teil 1: Grundstruktur der Software
Das meine ich gerade, ist der springende Punkt. Ich zitier Dich mal aus 5.2 Aufwand zwischen Projekten teilen: Verteilungspools:
Ich glaube auch, dass hier der wesentliche Moment ist, indem das Softwarekonzept für ununterbrochenes Commoning und Beitragen statt Tauschen zusammenfinden. Was bei Dir dann natürlich wieder vorkommt ist die „Aufgaben- und Produktversteigerung“ (ebd.) – was in der von Dir erarbeiteten Struktur Sinn ergibt, aber im Softwarekonzept
schlicht anders gelöst wird (und wodurch auch eine andere Struktur hervorkommt).
Aber nur um das mal wieder aufzubringen: Nur weil hier beschrieben wird, dass Menschen (über eine Software) ihre Tätigkeiten und Resultate untereinander aufteilen, ist das kein Grund für die Behauptung, das Softwarekonzept hätte sich hier bedient. Ich sags nur,… weils mir wichtig ist.
Ich bin gespannt.
Dieses Marx-Zitat wird im Ausdehnungsdrang moderner Commons, Kapitel 2: Keimform und Vermittlung, ausführlich behandelt. So läuft das mit der Offenlegung der Quellen. Ha 😉
Und: Das Softwarekonzept richtet sich an Entwickler:innen und nicht an Theoretiker wie uns. Da sind Marx-Zitate etc. einfach unpassend und sollen nicht dort vorkommen.
Und an der Stelle mal ganz kurz zu der Behauptung, ich würde immer alles neu erfinden wollen und mich nicht mit dem Zeug der anderen beschäftigten: Ich habe mich im Ausdehnungsdrang sieben Monate in Vollzeit an Kapitalismus aufheben von Stefan und Simon abgearbeitet. Stück für Stück. Und das nachdem ich eine Einführung ins Kapital von Marx geschrieben habe. Und bevor ich neun Monate lang im Timeless Way of Re-Production ein Buch von Christopher Alexander auf die Re-Produktionsweise des Commonings interpretiert habe, um die Softwarestruktur zu erschließen – ein Autor übrigens, auf den sich Silke Helfrich stützt und bei dem Text liegt auch die Hoffnung, dass durch die ständigen direkten Zitate von Alexander auch Silkes Texte besser verstanden werden. Auf deren Werk Frei Fair Lebendig es im Text übrigens auch einige Querverweise gibt.
Ich finde die Behauptung, ich würde mich nicht mit den Arbeiten anderer beschäftigen, wirklich absurd. Ich hatte eine wirklich lange und intensive Zeit der Theorieeinarbeitung, bevor ich mich überhaupt getraut habe, eigene Gedanken zu entwickeln.
Sorry, zurück zum eigentlichen Thema, dass die Grundidee der Tätigkeitsgewichtung im Softwarekonzept definitiv dieselbe ist, wie Deine Idee der gewichteten Arbeit:
Rhetorische Frage: Wieso musst du das Konzept erklären, wenn die Grundidee dieselbe ist? Billige Antwort: Weil die Grundidee nicht dieselbe ist.
Außer natürlich, als Grundidee wird betrachtet, dass Tätigkeiten ein bestimmtes Gewicht haben. Das kann man machen, aber finde ich jetzt nicht so spannend. Die Dinge selbst können ja kein Gewicht haben (dann wären sie ja Ware oder quasi-Ware), also müssen als Konsequenz die Prozesse zur Herstellung/Verfügbarmachung der Dinge ein Gewicht haben, sobald ein wenig Ordnung benötigt wird. Und die Prozesse sind eben Tätigkeiten (oder: Arbeiten). Will sagen: Ich finde das ganz nett, dass wir aus unseren verschiedenen Vorgehensweisen beide darauf geschlossen haben, aber nur auf das Moment, dass Tätigkeiten/Arbeiten ein Gewicht haben, zu schließen, ich hätte die Idee geklaut, halte ich jetzt nicht wirklich für sinnvoll. Erstens natürlich wieder: Weil ich das schlicht nicht gemacht habe. Zweitens: … weil das echt nicht so der riesen Gedanke ist. Also jetzt von keinem von uns. Niemand von uns wird jemals auf einer Bühne stehen und einen Preis überreicht bekommen, für die philosophische Glanzleistung, als Erste angedacht zu haben, dass Tätigkeiten/Arbeiten ja ein Gewicht zugeschrieben werden kann.
Das für mich Wesentliche ist: Wie entsteht dieses Gewicht?
Und bei Dir drückt das Gewicht die Beliebtheit der Tätigkeit aus (BsT, S.27ff) bzw. soll ein hohes Gewicht unschöne Aufgaben attraktiver machen. Und im Softwarekonzept drückt das Gewicht die Notwendigkeit einer Tätigkeit im Re-Produktionsprozess aus. Je höher das Gewicht, desto hilfreicher ist die Tätigkeit, um möglichst viele Bedürfnisse zu befriedigen (Teil 3, Kapitel Tätigkeitsgewichtung). Und durch die Gewichtung von Bedürfnissen erhalten die Tätigkeiten ihr Gewicht, während es bei dir den Prozess der Aufgabenversteigerung gibt.
Und nur nochmal weils hier Thema ist und ich den Vorwurf des Plagiats weiterhin nicht hinnehme: Was genau soll ich jetzt von dir übernommen haben? Findest du im Softwarekonzept irgendwo ein Prinzip der Aufgabenversteigerung o.ä., das diesen Vorwurf gerechtfertigt?
Schöne Gleichsetzung, aber so einfach funktioniert das nicht. Nochmal aus deinem Text:
Zu meinem eigenen Verständnis: Man muss Zeit für ein Projekt aufbringen, oder? Wie ist diese Zeit festgelegt? Und wenn einer Aufgabe mit hohem Gewicht nachgegangen wird, wirkt sich das auf die Zeit auf, die ich einbringen muss. Wirkt sich das auch auf meine Bedürfnisbefriedigung aus? Gibt es eine Verbindung zwischen individueller Tätigkeit und individueller Bedürfnisbefriedigung? Und woher wissen wir überhaupt, welche Arbeiten notwendig sind und gewichtet werden müssen? (das ist eine sehr generelle Frage)
Trava ist (wie hier im Artikel beschrieben), sowohl individueller Vorteil als Nahelegung der eigenen Bedürfnisbefriedigung für andere und Ursache der Tätigkeitsgewichtung, womit notwendige Tätigkeiten von weniger notwendigen Tätigkeiten unterschieden werden. Ich sehe das in der Aufgabenversteigerung nicht.
Läuft so eine Versteigerung über Geld ab? Oder über die bisher geleistete Arbeit? Kann ich „Zeit“ gegen Produkt tauschen?
Mhh…. wieso werden sie belohnt, wenn sie knappe Ressourcen einsetzen?
Hast du dich mit dem Konzept der Qualität aus dem zweiten Kapitel beschäftigt, das wesentlich für den Konfigurationsprozess ist? (Der Konfigurationsprozess wird allerdings bisher nur im Timeless Way, noch nicht im Softwarekonzept, beschrieben. Dort ab Alexander:382)
(Wenn nicht, dann musst du das natürlich jetzt auch nicht – war eine ernstgemeinte Frage)
Aber ich les nochmal bei dir rein.
Nur kurz: Dieses wir gibt es nicht so richtig. Robert und ich haben den ersten Teil der Textreihe zusammen durchdiskutiert und erarbeitet, aber seit dem zweiten Teil und diesem ganzen Musterzeugs ist das ein Solo-Projekt und Robert arbeitet an der Entwicklung. Nur auch, um ihn da aus der Verantwortung zu nehmen. Das Projekt der Realisierung ist natürlich ein Gemeinsames.
Ich werde mir deine Abschnitte mal in Ruhe ansehen, habe aber noch Zweifel, ob das irgendwie zusammengeht. Der Umverteilungsprozess ist an sich ja super kritisch, da er eben zum ersten Mal in dieser Textreihe eine soziale Praxis im interpersonalen Raum einbringt. Aber eben notwendig, um Software- und nicht-Software-vermitteltes Commoning zusammenzubringen bzw. (grob gesagt) die Produktions- und die Care-Sphäre. Aber wie gesagt, ich schau mir das gerne mal an.
Und Charity: Ich sehe den Gedanken davon, aber hier zeigt sich eben der Unterschied in den Vorgehensweisen – und berichtige mich gerne: Was Du beschreibst ist ein mögliches Gesellschaftsmodell – eben eine Gesellschaft aus Peer-Projekten wie in der Freien Softwareentwicklung. Was ich mache, ist ein Softwarekonzept, das eine App werden soll und die es einander unbekannten Menschen ermöglicht, zur gemeinsamen Bedürfnisbefriedigung miteinander zu kooperieren (und das ohne sich untereinander abzusprechen o.ä.). Es ist ein Werkzeug bzw. eine bestimmte Form Commoning zu betreiben, die sich in andere Formen eingliedern lassen soll und es geht nicht darum eine Welt zu beschreiben in der alle immer die Software verwenden. Die Software soll Selbstorganisation bzw. Selbstbestimmung unterstützen und dieser Umverteilungsprozess ist darin ein echt winziges (aber notwendiges) Moment.
Ist bisschen viel geworden, sorry.
@Marcus
Ich bin jetzt nicht der große Commons-Theoretiker.
Aber mit den Zweck Deiner App erfüllt e-bay schon ganz gut.
Du beschreibst immer nur, für was Deine App nicht da ist.
Und zum Schluß hat die ganze App noch nicht einmal einen gesellschaftlichen Nutzen, nur einen individuellen.
Vielleicht doch besser Kunst anstelle von SW-Engineering oder Gesellschaftwissenschaften?
Ehrlich gesagt fühle ich mich durch die Texte veralbert.
@Tobias:
Ich mag deinen Ton und besonders deine Spitzen. Ehrlich, ich mag sowas.
Ich beschreibe in den Kommentaren für was die Software nicht da ist, zur Unterscheidung mit Christians Text. Für was die Software da ist und wie sie funktioniert, beschreibe ich in der Textreihe.
Zwei ernst gemeinte Gegenfragen:
1. Hast du die Textreihe ab dem ersten Teil gelesen?
2. Woher kommt der Vergleich mit ebay?
@Marcus
erstmal danke für die schnelle Antwort.
Ich hab den Text gelesen, zum großen Teil.
Darin habe ich gesehen, dass Zahlen auf Dinge aufgeteilt werden und Leute ein Budget haben.
Was das mit Commons zu tun hat, und Bedürfnissen und Notwendigkeiten, weiss ich nicht.
Dass man Zahlen berechnen kann, weiss ich. Warum das ganze dann aber „Software“ heißt, weiß ich nicht. Genauso gut könnte meine Steuererklärung Software heißen.
Dies ganze System(„Software“) kommt mir wie ein Bewertungssystem vor.
Mein Rat: Mache eine Zusammenfassung:
– Warum mache ich mein Produkt
– Wer soll es benutzen.
– Welches Problem löst es.
das ganze auf 2 Din-A4-Seiten.
Zusätzlich noch einen Elevator-Pitch, falls der potentielle Sponsor Dir im
Fahrstuhl begegnet.
Dann hat man vielleicht eine Gesprächsgrundlage.
Und muss nicht Stunden damit verbringen Texte zu lesen, bei denen man nicht weiss, wo es drauf hinausläuft.
Wegen dieser fehlenden Zusammenfassung fühle ich mich immer noch veralbert.
Der e-bay-Vergleich kam daher, dass Du schriebst, dass
„Was ich mache, ist ein Softwarekonzept, das eine App werden soll und die es einander unbekannten Menschen ermöglicht, zur gemeinsamen Bedürfnisbefriedigung miteinander zu kooperieren (und das ohne sich untereinander abzusprechen o.ä.).“
Das ganze noch ohne gesellschaftlichen Anspruch
Das ist eine der wenigen Dinge die ich darüber weiß mit Hilfe der Texte.
Dazu ist e-bay ein nützliches existierendes Mittel.
@Tobias:
Danke dir, für diese an einer Konfliktklärung orientierten Antwort.
Ich gebe dir auf jeden Fall recht, dass es langsam wirklich Zeit für eine kurze Zusammenfassung wird. Als ich mit dieser Textreihe angefangen habe, dachte ich, ich wäre in ein paar Monaten fertig und mittlerweile ist es über ein Jahr her, dass der erste Teil davon auf Keimform erschienen ist. Und es ist wirklich nicht einfach und erfordert Aufmerksamkeit, die hier beschriebene Struktur zu verstehen und es kann von niemanden erwartet werden, nach teilweise einem Jahr immer noch das notwendige Vorwissen aus den vorherigen Teilen im Kopf zu haben. Ein kurze Einführung zur Entstehung des Projektes gibt es übrigens hier versteckt in unserem Diskussionsforum, aber eine Zusammenfassung der Software selbst muss auf jeden Fall noch geschrieben werden.
Das mit den Zahlen empfinde ich übrigens auch als eine überaus schmutzige Angelegenheit, die das ganze Projekt wirklich grundlegend verkompliziert. Aber ich halte sie für notwendig, um 1. anzuzeigen, welche von den Tätigkeiten, denen ich mich zuordnen kann, für die Befriedigung von möglichst vielen Bedürfnissen am notwendigsten sind und 2. (der kritische Punkt) um eben eine Fairness für diejenigen zu ermöglichen, die sich aktiv in die Befriedigung der Bedürfnisse von ihnen unbekannten Personen einbringen.
In klassischen Commons, wie sie von Elinor Ostrom beschrieben werden, gibt als Design-Prinzip auch diesen Zusammenhang zwischen „Aneignung und Bereitstellung“ (im Kontext der von ihr beschriebenen Commons gibt es Markt und Eigentum, weswegen bei ihr diese Begriffe sinnvoll sind, im Softwarekonzept allerdings nicht. Im Timeless Way, nach Holzkamp 80b, wird das näher diskutiert). In diesen klassischen Commons kann dieser Zusammenhang allerdings zwischen konkreten Personen direkt untereinander ausdiskutiert werden, was natürlich bei der Softwarevermittlungt nicht möglich ist, welche eben Commoning explizit in dem Raum unterstützen soll, in welchen Personen sich nicht direkt gegenübertreten.
Und zu dieser ebay-Geschichte: Ebay selbst ist ja reiner geld-vermittelter Markt und wesentlicher Zweck der Software ist es, einen komplexen Re-Produktionsprozess – wie er heute existiert – zu ermöglichen, ohne dafür über Geld und Markt gehen zu müssen. Ich zitierte mich kurz aus dem Vorwissens-Teil des ersten Teils der Textreihe:
Aber ja, ich nehme das als überaus gerechtfertigte Kritik gerne an, dass ich mir endlich mal Zeit für eine Zusammenfassung nehmen muss. Ohne eine solche Zusammenfassung ist es wohl relativ witzlos, Teile der Textreihe hier weiterhin zur Diskussion zu posten 🙂
Hallo Marcus,
ok und danke für die Klarstellung.
Ich finde, es muss eine Einordnung in bislang erfolgte Überlegungen geben.
Einen super Überblicksartikel finde ich den von Simon zitierten:
Freunde und Freundinnen der klassenlosen Gesellschaft, 2018: Umrisse der Weltcommune, https://kosmoprolet.org/de/umrisse-der-weltcommune
Da steht auch etwas dazu, was die Software zum Commoning leisten soll.
„Immerhin scheinen die Szenarien eines Zwischenstadiums einen gewissen Realismus auf ihrer Seite zu haben. Anstatt eine vollendete gesellschaftliche Harmonie ab dem ersten Tag der Umwälzung zu unterstellen, gehen sie von den Menschen aus, wie sie heute eben sind, also im Zweifelsfall egoistisch: Sie nehmen zu viel und geben zu wenig. Der scheinbare Realismus des Modells fällt jedoch in sich zusammen, sobald man es zu Ende denkt. Natürlich bedarf die planvolle Produktion in der Commune grober Vorstellungen darüber, wieviel Arbeitsaufwand etwas erfordert: Um zum Beispiel einen Wohnblock zu errichten, braucht es eine bestimmte Zahl von Leuten, die eine bestimmte Zahl von Monaten daran arbeitet. Die Koppelung von individueller Konsumtion an geleistete Arbeitsstunden unterstellt aber darüber hinaus die Möglichkeit, exakt zu beziffern, wieviel Arbeitszeit in jedem einzelnen Produkt steckt. Auch bei penibelster Buchführung, die ihrerseits einen aberwitzigen Aufwand erfordern würde, ließe sich bereits bei einem vergleichsweise schlichten Produkt wie der Schrippe nur sehr schwer die darin vergegenständlichte Arbeitszeit ausrechnen, denn dazu müsste man nicht nur wissen, wie viele Stunden Arbeit der Backofen gekostet hat – der seinerseits eine lange Kette an Vorprodukten erfordert –, sondern auch, wie viele Jahre er in Gebrauch sein wird und wie viele Schrippen ihn in diesem Zeitraum verlassen werden. Je mehr zudem allgemeine Voraussetzungen wie etwa Transportmittel in ein Produkt einfließen, umso schwieriger wird das Unterfangen. Spätestens mit Einbezug der zunehmenden Verwissenschaftlichung der Produktion scheint es schlicht aussichtslos zu werden: Mit wie vielen Sekunden schlägt die Programmierung von Software zu Buche, die gleich an mehreren Stellen der Produktionskette zum Einsatz gekommen ist, welchen Stellenwert muss man dem in die Gesamtheit der Produktionsprozesse eingegangenen gesellschaftlichen Wissen zubilligen? Was bei der kleinbürgerlichen Idee der Tauschringe noch aufgehen mag – A mäht B eine Stunde lang den Rasen, B wäscht A eine Stunde lang den Polo –, stellt sich auf dem Niveau einer arbeitsteilig-hochtechnisierten gesellschaftlichen Produktion als Ding der Unmöglichkeit heraus; jeder entsprechende Versuch müsste ein engmaschiges Netz der Zeiterfassung und -kalkulation über die Gesellschaft legen und würde dennoch scheitern. Ein solcher Kommunismus wäre nie mehr als eine schlechte Imitation des kapitalistischen Marktes, auf dem sich das Gesetz der Arbeitszeit blind und regellos durchsetzt.“
@Marcus:
#1 war Benni. Der ist ja nun in keines unsere Konzepte involviert, sondern einfach ein langjähriger Blogbeteiligter, dem die (reale oder scheinbare) Ähnlichkeit ins Auge gefallen ist. Insofern solltest du dich über diesen Hinweis freuen – als eine Sache, wo nachzuarbeiten ist –, statt so pflaumig zu reagieren.
Und #9 habe ich super zurückhaltend formuliert: „Ich habe auch den Eindruck, dass ihr Ideen aus meinem Buch übernommen habt, ob dir das bewusst ist oder nicht.“ (Hervorhebung hinzugefügt)
Ich weiß ehrlich gesagt nicht, wie ich das noch zurückhaltender hätte formulieren können. Bei dir klingt klingt es so, als als ob ich dich beschuldige, bewusst aus meinem Text kopiert und dies ebenso bewusst verschwiegen zu haben. Das ist aber explizit das Gegenteil dessen, was ich tatsächlich gesagt habe.
Und im Übrigen hattest du selbst schon vorher gesagt, dass dir der Text nicht unbekannt ist, sondern du ihn „in Teilen, aber nicht vollständig gelesen“ und ihn gar „vollständig ausgedruckt abgeheftet“ in einem „Ordner“ hast. Und die Idee der gewichteten Arbeit findet sich daneben ja auch in vielen späteren Texten von mir wieder, z.B. im „Freiwilligenspiel“ von 2014. Ebenso in Texten und mindestens einem Buch von Friederike (die dabei auf mich verweist).
Das Buch ist natürlich ein wunder Punkt, weil es halt leider ein Totalausfall ist, was einen transparenten Umgang mit Quellen betrifft. Z.B. erwähnen die beiden nicht, dass die dort im „Szenario 2: Ausdehnung“ (S. 226–230) beschriebene und kritisierte „Commonsverbünde“-Idee ein von mir und anderen Mitgliedern des Commons-Instituts entwickelter Vorschlag ist; ich hatte das in Zur Kritik der Aufhebungs- und Keimformtheorie schon erwähnt. (Übrigens stammt auch die Kritik an dem Konzept zu nicht so kleinen Teilen von mir – ich hatte in Vorgesprächen zu dem Buch, als ich noch einer der vorgesehenen Koautoren war, meine mittlerweile entstandenen Bauchschmerzen mit dem Modell dargestellt. Hier kann ich zwar noch eher verstehen, dass sie das nicht benennen, weil es dazu keine schriftliche Quelle gibt; gemäß wissenschaftlichen Standards müssten aber auch mündliche Ideengeber per Fußnote o.ä. genannt werden.) Dabei ist der fahrlässige Umgang der beiden mit Ideengebern und verwandten Vorschlägen natürlich auch anderen aufgefallen, so Holger Marcks, der den beiden vorwirft, „150 Jahre Keimformtheorie und -praxis beseitigt“ zu haben, indem sie Ideen als neu ausgeben, die so neu nicht sind. (Seine Behauptung, die beiden würden lediglich den „syndikalistischen Kernbestand … usurpieren“ und neu verpacken, würde ich dabei aber keineswegs unterschreiben – doch ein sorgsamerer Umgang mit und Anerkennung von früheren ähnlichen Überlegungen wäre zweifellos nötig gewesen.)
Insofern ist es schon auch für mich und andere ignorierte Ideengeber unbefriedigend, wenn du zwar auf das Buch der beiden verweist, dir aber nicht die Mühe machst, mal nachzuforschen, wo die dort dargestellten Ideen eigentlich herkommen.
Da bezog ich mich auf Commoning-Prozesse, Prozessanalyse, Tätigkeitsmuster:
Das passt ganz gut zu dem, was ich „Projekt“ nenne.
Wie das? Ein Projekt (so wie ich den Begriff verwende), ist doch einfach ein Zusammenhang, in dem produziert wird. Also z.B. die Wikipedia nennt sich ein „Projekt zur Erstellung einer Enzyklopädie“ – wenn du also einen Wikipedia-Artikel editierst, beteiligst du dich an einem Projekt. Wenn Robert und du zusammen eine Software designt und entwickelt, ist das ein Projekt. Tatsächlich ist es ja gerade in der Freien Software-Welt nicht selten, dass nur eine Person an einer Software arbeitet. Aber auch Ein-Personen-Projekte sind Projekte, so wie ich den Begriff verwende und wie er üblicherweise verwendet wird. Du scheinst dir unter „Projekt“ etwas sehr hochschwelliges vorzustellen – vielleicht einen Verein, der eine Satzung, einen Vorstand mit mindestens 7 Mitgliedern und einen Eintrag beim Amtsgericht braucht, oder sowas in der Art? So ist der Begriff aber nicht gemeint.
Nein, das ist nur ein Effekt der Darstellungsweise, ich gehe eben vom „Kleinen“ zum „Großen“ über. Projekte können den Konsumbedarf ihrer Mitglieder nicht stillen (oder jedenfalls nur sehr fragmentarisch), dafür ist vielmehr der Verteilungspool zuständig. Das diskutiere ich in Kap. 5. Projekte beteiligen sich einfach am Produktionsprozess.
Okay? Aber siehst du das Problem? Du hast mich auf ja selber auf den Textabschnitt zur „Tätigkeitsgewichtung“ im vorigen Teil hingewiesen. Was ich dort erwarten würden, wäre ein mehr oder weniger kurzer Hinweis der Art: „Der hier verwendete Begriff ‚Tätigkeitsgewichtung‘ ähnelt dem Begriff der ‚gewichteten Arbeit‘ aus Siefkes (2008). Gemeinsam haben diese beiden Konzepte, dass (kurze Liste einfügen). Unterschiede sind, dass (kurze Liste einfügen).“ Das würde zeigen, dass du deine Hausaufgaben gemacht hast, verwandte Ansätze kennst und anerkennst.
Das finde ich dort aber nicht, stattdessen hast du dann im Kommentar auf eine Stelle bei Marx verwiesen als mutmaßliche Ideenquelle. (Wobei dort von Arbeits-/Tätigkeitsgewichtung überhaupt nicht die Rede ist, das hatten wir ja schon geklärt. Aber egal.) Nur finde ich dazu im Text eben auch nichts. Und ich habe es nicht dabei belassen, den Abschnitt zur Tätigkeitsgewichtung zu checken, wo die entsprechende Referenz auftauchen müsste – ich habe die gesamte Artikelserie zum „Softwarekonzept“ durchgesehen. Nun sagst du: „ätsch bätsch, du hast die Referenz nicht gefunden, weil sie eben in einem völlig anderen Text steht“. Ja, schön und gut, aber wie zum Teufel soll ich das wissen? Erwartest du ernsthaft, dass jede Leser:in das gesamte Lebenswerk eines Autors durchforscht auf der Suche nach möglichen Referenzen? Nein, eigentlich jeder Artikel, aber allermindestens jede Artikelserie muss schon einigermaßen self-contained sein. Also ich verstehe schon, dass du den „Ausdehnungsdrang“ wahrscheinlich als „Grundlagenwerk“ für das „Softwarekonzept“ ansiehst. Es ist völlig in Ordnung, dass du die Theorie an einer Stelle behandelst, und die praktischen Konsequenzen/Umsetzungsüberlegungen anderswo. Aber die entsprechenden Querverweise („für terminologisch und inhaltlich verwandte Ansätze, siehe da-und-da“) musst du dann schon setzen. Andernfalls erwartest du die allwissende Leser:in, und die gibt es leider selten.
Auf die Unterschiede und Ähnlichkeiten zwischen den Konzepten werde ich jetzt nicht weiter eingehen, die Debatte ist ja auch so schon ausufern genug. Klar gibt es Unterschiede, auch wenn ich sie als deutlich kleiner einstufen wurde als du. Aber aus meiner Sicht ist der wesentliche Punkt erstmal, dass einfach schon aus terminologischen Gründen – „Tätigkeitsgewichtung“ ist ja quasi derselbe Begriff wie „gewichtete Arbeit“, wenn man weiß, dass manche linke Kapitalismuskritiker:innen lieber von Tätigkeiten statt von Arbeit reden, weil ihnen letzteres zu sehr nach Lohnarbeit klingt – eine mindestens kurze Würdigung der Ähnlichkeiten und Unterschiede im Text selbst zu finden sein sollte. (Und nicht bloß in irgendwelchen Kommentaren, die im Zweifelsfall doch niemand liest.)
Zum besseren Verständnis meines Vorschlags kann ich übrigens noch auf meinen Prokla-Artikel Ist Commonismus Kommunismus? verweisen. Der enthält zwar natürlich nicht alle Details aus dem Buch, stellt aber die Kernideen in deutlich kompakterer Form vor.
Verstehe ich erstmal, andererseits formulierst du am Anfang dieser Textreihe als Zielsetzung: „Wie kann Commoning gesellschaftlich bestimmend werden?“ – damit ist ja wohl gemeint, dass es das heute dominierende Duopol von Kapitalismus und Nationalstaaten ablösen und dadurch „bestimmend“ werden kann. Das heißt aber auch, dass du dir Gedanken darüber machen müsst, was dann an Stelle des (natürlich oft sehr unbefriedigend, aber zumindest im Westen halbwegs funktionierenden) Sozialstaats treten kann. Es macht wenig Sinn, einerseits den Staat ablösen, sich andererseits über wesentliche Staatsfunktionen – und was an deren Stelle treten könnte/sollte – aber gar keine Gedanken machen zu wollen.
@Christian:
Mit der Perspektive der Ein-Personen-Projekte fällt mir der Zugang zu deinem Text tatsächlich wesentlich leichter und ich kann viele Gemeinsamkeiten darin besser nachvollziehen. Die Unterschiede sind natürlich trotzdem gegeben – ich halte die Herangehensweise und Vermittlung über Tätigkeitsmuster für wesentlich in der Softwarekonzeptreihe und als nicht-gegeben in Beitragen statt Tauschen -, aber das ist echt nichts, worüber man sich jetzt streiten müsste. Ich hoffe, ich unterstelle dir jetzt nichts falsches, aber ich vermute, wir haben beide wohl keine Lust auf eine Art „Schaukampf“ über die Inhalte.
Ich denke, das Problem liegt gerade auch wirklich woanders.
Nur kurz: Ich glaube, es ist jeder Person, die hier Texte veröffentlicht, bewusst, was für ein Kraftaufwand hinter solchen Texten steckt. Und dieser vierte Teil der Textreihe, unter der wir diskutieren, war hart. Das war eine lange Vorarbeit, die vor über einem Jahr angefangen hat und dann nochmal sechs intensive Wochen seit der Veröffentlichung des dritten Teils. Und da gab es Tage, in denen ich fast verzweifelt bin, weil ich das Gefühl hatte, für ein bestimmtes Problem keine Lösung zu finden, dass es vielleicht überhaupt keine Lösung dafür gibt. Und dann eben wieder ganze Wochen, in denen die Lösung für dieses spezielle Problem einfach zäh abgearbeitet wird – jeden Tag stundenlang, um halbwegs eine Ordnung zu finden, in denen die Problemlösung verständlich gemacht werden kann, damit andere damit arbeiten können. Ich nerv mich ja schon selbst mit der Aussage und das ist sicher kein Alleinstellungsmerkmal. Aber: Es war eine fucking harte Zeit diesen Teil fertig zu bekommen, der sich auch mit der Lösung eines sehr speziellen Problems auseinandersetzt.
Und du fragst, warum ich mich nicht über Bennis Hinweis freue, dass das alles mehr oder weniger eine alte Idee ist. … Weil diese Aussage, so wie ich sie gelesen habe, mir diese Leistung aberkennt. Weil eben nicht das spezifische darin gesehen wird, sondern es wird, meiner Meinung nach, recht oberflächlich in eine Schublade gesteckt und damit abqualifiziert. Das empfinde ich als verletzend und als keinen respektvollen Umgang mit der Arbeit anderer Autoren. (das geht jetzt natürlich eher @Benni, ich hab nur keine Lust zu streiten)
Und ich erwarte als Umkehrschluss jetzt nicht unbedingt riesen Anerkennung hier in den Kommentarspalten. Klar, freu ich mich jedes Mal, wenn jemand versteht, was ich mache und mir sagt, dass es gut ist. Aber ich weiß selbst, dass diese Triologie vom Ausdehnungsdrang über den Timeless Way bis zum Sofwarekonzept für kaum jemanden nachvollziehbar ist. Ich finde es auch etwas schade, dass gerade so wenig andere Artikel auf keimform erscheinen und dieses super spezielle Ding damit so viel Platz einnimmt, obwohl es wahrscheinlich nicht sonderlich viele Leute anspricht. Und ich freue mich über Kommentare, wie von Tobias (#16), nicht nur, weil ich den „bleib mal bei der Kunst“-Spruch wirklich gut fand, sondern weil mir der Hinweis hilft, dass endlich mal eine Zusammenfassung für die Mitlesenden bereitgestellt werden sollte. Das habe ich nicht unbedingt auf dem Schirm. Die Triologie wird, nachdem das Softwarekonzept fertig ist, an Verlage geschickt und ich hoffe, dass es möglich ist, im selben Buch dann leichter zwischen den verschiedenen Teilen Verknüpfungen herstellen zu können. Aber was ich in den Kommentarspalten erwarte, ist ein fairer Umgang mit dem Stoff. Sehr gerne Kritik daran, die jetzt auch nicht super spezifisch sein muss. Sehr gerne erwähnen, was wirklich nicht verstanden wird. Wirklich gerne Hinweise darauf, an welcher Stelle ein ähnliches (oder dasselbe) Thema behandelt wird. Aber so ein allgemeines abqualifizieren – als welches es bei mir ankam, wenn es auch vielleicht nicht so gemeint war – finde ich einfach nicht in Ordnung.
Und es stimmt absolut, dass dein Ton vollkommen korrekt war. Mittlerweile versteh ich dich auch besser und es ist sehr gut möglich, dass ich überreagiert habe. Aber für mich stand der ständige Vorwurf im Raum, ich hätte eben von dir „Ideen übernommen“ ohne die Quelle zu nennen bzw. würden eben nicht „die Herkunft offenlegen“ von dem Ansatz, den wir verfolgen. Das war immer relativiert von dir, immer mit einem „Ich habe das Gefühl“ zuvor, aber trotzdem war der Vorwurf einfach da. Und auch ein „ob euch das bewusst ist oder nicht“ empfinde ich als übergriffig, wenn es für mich keine direkte Verbindung zu deinem Text gibt. Es ist wieder dieses „Aberkennen von Leistung“ und zwar von dem, was mein Leben die letzten beiden Jahre bestimmt, seit ich mich Kapitalismus aufheben abgearbeitet habe, dabei auf die Notwendigkeit einer spezifischen Software gekommen bin und seitdem an deren Konzeption arbeite. Und mir diese Leistung abzuerkennen bzw. auch nur zu relativieren, trifft mich wirklich. Ich hätte mir einfach eine Nachfrage gewunschen, ob ich den Text kenne. Und ob ich etwa das Konzept der „Arbeitsgewichtung“ von dir kenne. Das wäre für mich eine völlig andere Gesprächsgrundlage gewesen.
Weil das Wort echt so ein ärgerlicher Aufhänger geworden ist, würde ich mich mal eben aus dem Ausdehnungsdrang selbst zitieren, in dem das Wort zuerst bei mir vorkommt – das hätte ich letztes Mal schon mit angeben sollen. Das ist erst im Kapitel 9 „Bedürfnispriorisierung„, aber mit direkten Bezug auf das Marx-Zitat:
Ich hoffe wirklich einfach, dass das, was ich als Plagiats-Vorwurf wahrgenommen habe, mittlerweile aus der Welt ist. Ich glaube wichtiger ist, wie mit Verweisen auf Texte untereinander umgegangen werden kann.
Das konntest du natürlich an der Stelle nicht lesen, da ich zu dem Zeitpunkt nichts von deiner Arbeitsgewichtung wusste. Das einfach mal zeitlich festgehalten.
Mögliche wäre jetzt im Nachhinein so einen Verweis einzufügen. Das würde dann nicht auf die Herkunft verweisen, aber darauf verweisen, dass du dich mit einer ähnlichen Thematik befasst hast. …. kann man machen. Ich würde das tendenziell nicht, da es an der Stelle weder den Gedankengang noch die Entwicklung der Software unterstützt bzw. durch die notwendige Einführung einer anderen Systematik (Arbeitsversteigerung etc.) sogar eher verwirrt. Möglich wäre es zum Beispiel in einem Vorwort darauf zu verweisen, aber da bin ich mir gerade echt nicht sicher – das Buch hatte schließlich keinen direkten Einfluss auf mich. Habe ich jetzt keine abgeschlossene Meinung.
Wie würdest du denn damit umgehen? Was hättest du getan, wenn dein Buch/Text gerade erschienen wäre und jemand hätte dich dann mit der Bemerkung angeschrieben, dass er/sie bereits zu einem ähnlichen Thema geschrieben hat, es dabei auch zu Gemeinsamkeiten kam und die Person sich wünschen würde, dass du ihr Buch durcharbeitest, Gemeinsamkeiten und Unterschiede korrekt herausstellst und in entsprechenden Fußnoten in deinem Text erwähnst? Das klingt zynisch, ist aber eine wirklich ernstgemeinte Frage.
Und zur Sache mit Kapitalismus aufheben kann ich natürlich wenig sagen. Was mir nur bei den Texten von uns Vieren auffällt, ist die bemerkenswerte Abwesenheit von Fußnoten sowohl in Ein Softwarekonzept für ununterbrochenes Commoning als auch Kapitalismus aufheben sowie Beitragen statt Tauschen. Ich glaube, wir versuchen alle eine bestimmte Thematik möglichst geschlossen zu denken und formen dafür all unser Vorwissen aus anderen Texten etc. zu einer Einheit zusammen. Mir würde es in dem Prozess wahnsinnig schwer fallen, auf andere Autor:innen zu verweisen, wenn der Verweis nicht wirklich direkt zu einer Textstelle der betreffenden Person führt, welche den jeweiligen Gedanken zum Beispiel konkretisiert, nochmal anders darstellt o.ä. Diese direkten Verweise funktionieren für mich im Timeless Way ganz gut mit Frei, Fair, Lebendig von Silke und David, allerdings sind auch dort immer wieder Verweise rausgeflogen, wenn sich durch die zigste Überarbeitung Abschnitte so verändert haben, dass dieser unmittelbare Zusammenhang nicht mehr bestand. Und selbstverständlich wird es noch andere Texte gegeben haben, die mein Schreiben in dem Moment beeinflusst haben, aber die ich entweder nicht benennen kann oder, für die es einfach keine passende Textstelle gibt.
Und wie gesagt: Kapitalismus aufheben – kann/darf ich nichts dazu sagen, da ich keine Ahnung habe wie es ablief. Und so wie ich es als Aberkennung von Leistung empfinde, wenn mir vorgeworfen wird, ich hätte die Inhalte/Ideen anderer ohne Nennung der Quelle übernommen, kann es sicher auch als Aberkennung von Leistung empfunden werden, selbst nicht als Quelle genannt zu werden, wenn es eigentlich angebracht wäre. Ich will das nicht relativieren, ich denke nur, das ist so ziemlich derselbe Effekt. Für mich wäre jetzt allerdings die Frage: Wie können wir, als Autoren, die so schreiben, als hätten sie alles selbst und neu erfunden, respektvoll und fair mit den Arbeiten anderer umgehen?
Was ich mir vorstellen kann, ist ein Abschnitt am Ende eines größeren Werkes, das sämtliche Personen im näheren Umfeld auflistet, die selbst Theorie-schaffend sind, mit denen häufig diskutiert wurde, deren Texte man gelesen hat usw. usf. und der Versuch dabei, deren Arbeit kurz für einen selbst einzuordnen. Dann steht nicht unbedingt fest, inwieweit diese Personen die Texte beeinflusst haben, aber Leser und Leserinnen haben eine Orientierung, um von den jeweiligen Texten auf die Texte anderer, die direkten/indirekten Einfluss darauf hatten, zu kommen. Das stelle ich mir machbar und sinnvoll vor.
Aber vielleicht wäre das auch ein gutes Thema fürs nächste CI-Treffen. … eine Moderation wäre dann bestimmt nicht verkehrt.
Die Kommentarspalte ist nun schon länger als der Text selbst. Abgesehen von Eurer Diskussion, möchte ich noch andere inhaltliche Gedanken zur
Transformationsvariablen einbringen. Bisher ging es um
Tätigkeitsgewichtung, ihre Potenziale und Grenzen/Risiken. Mir kamen
im Gespräch mit einem guten Freund noch ein paar Ideen dazu: Diese
beziehen sich auf drei Punkte. 1 Lizenzen, 2. Ausschluss und 3.
Geldstrafen. Es sind auch Fragen. (Vielleicht hast du das auch schon
mal irgendwo berücksichtigt, Marcus, und ich habs jetzt nicht aufm
Schirm – anyway). Könnte eine TRAVA nicht beinhalten, dass das,
was mittels der Sorftware gemacht wird, (1.) lizenziert wird (Copy
Left uÄ), sodass die „Produkte“ kommerziell nicht genutzt werden
dürfen? Dies muss logischerweise fühlbare Konsequenzen haben, wenn
dagegen verstoßen wird. Das wäre dann entweder der (2.) soziale
Ausschluss: die Person/Gruppe würde aus der Software (oder aus
Teilen) ausgeschlossen werden. Damit das nicht unterlaufen wird,
könnte auch (3.) der heikle Schulterschluss mit dem Staat für die
Transformation gewagt werden, solche Linzenzverletzungen mit
Geldstrafen zu ahnden. Das würde nämlich dann nicht die Software
benachteiligen, sondern wiederum den Markt, welcher ja ausgehebelt
werden soll. =)
Jedoch, dass ist wichtig: es kann keine
„kommunistische Polizei“ geben („Ist eine kommunistische
Polizei vor allem Polizei oder primär Kommunismus?“ Narr,
Politikum der Form, 1980: 152), hier –bei der TRAVA – erscheint
mir höchste Vorsicht mit der Form-Inhalt-Dialektik geboten.
Nächtlich-nachdenklichen Gruß, Tilman
alles selbst und neu erfunden, respektvoll und fair mit den Arbeiten
anderer umgehen?“
Verwendung des generischen Maskulinum („Autoren“) hier ja sogar ausnahmsweise wohl
sogar fast richtig
Ja, Benni – weiß ich jetzt auch nicht. So wie ich es verstehe, hast du aufgrund meiner Ausdrucksweise, oder eben meiner Art, ein persönliches Problem mit mir. Und du machst ja keinen Hehl daraus. Gleich bei meinem ersten Artikel hier auf Keimform hast du mir unterstellt, mich „stalinistisch“ auszudrücken, dann immer wieder in Kommentaren und auch persönlichen Mails deinen Unmut über mich als Person zum Ausdruck gebracht und führst das hier auch munter fort. Mein letzter Stand, als wir uns unterhalten haben, war noch, dass du meine Artikel nie gelesen hast, da du sie nie als relevant angesehen hast und deinen Kommentaren zufolge wirkt es für mich, als hättest du jetzt auch wieder kaum über die Überschrift hinaus gelesen. Was – ich hab das schon mindestens einmal zu dir gesagt -, voll okay für mich ist. Aber dann tu doch bitte nicht so als ob du genau wüsstest, dass das alles nichts Neues ist.
Wir publizieren beide hier auf Keimform. Du als Autor, ich als Gastautor. Ich werde meine Sprache und Persönlichkeit nicht ändern, weil sie dir nicht gefällt, also wirst du mich wohl scheiße finden, so lange ich hier publiziere und publizieren darf. Voll okay für mich. Echt. Aber ich möchte hier so sachlich wie möglich über die Inhalte der jeweiligen Texte diskutieren und die ständige Auseinandersetzung mit dir finde ich hierfür nicht konstruktiv. Da du es anscheinend nicht lassen kannst, meine Artikel mit persönlichen Anfeindungen zu kommentieren, würde ich mir herausnehmen, deine zukünftigen Kommentare unter meinen Artikeln einfach zu löschen. Ganz unabhängig von deren Inhalt, da ich keine Lust habe, sie jedesmal auf „versteckte Aggressionen“ zu überprüfen und das dann irgendwie rechtfertigen zu müssen. Also wenn du noch das Bedürfnis hast, unter einem meiner Artikel der Welt irgendetwas über mich abschließend zu verkündigen, dann hau das gerne noch raus, aber anschließend werden deine Kommentare hier nicht lange stehen bleiben.
*nebenbei: schon klar, dass das ein typischer männlicher Denkmodus ist. Noch ein Schritt weiter im gegenseitigen Verständnis und du hättest das Augenzwinkern im Satz erkannt.
Sorry, Marcus, ich antworte demnächst noch inhaltlich, aber erstmal muss ich ganz klar sagen, dass du diesen Blog nicht als dein Privateigentum betrachten kannst! Wir haben hier Regeln, insbesondere die Kommentarregeln, und die gelten selbstverständlich für dich wie für alle anderen auch. Dass du damit drohst, Kommentare „unabhängig von deren Inhalt“ zu löschen, ist ein klarer Bruch dieser Regeln und ein absolutes No-go. Kommentare können wenn dann nur aus inhaltlichen Gründen gelöscht werden, nun gibt es aber keinen Kommentar von Benni, auf den diese inhaltlichen Gründe zutreffen würden. Beim letzten kann man sich vielleicht über das „Sei sachlich und höflich“ streiten, aber von dem „[Anpflaumen] ohne Not“ aus der entsprechender Regel kann auch da nicht wirklich die Rede sein – durchaus nachvollziehbarer Weise fühlte er sich von dir „persönlich angepatzt“ und da muss man auch mal zurückpatzen dürfen. In der Tat wäre es mir lieber, wenn ihr beide euren Tonfall etwas mildern würdet, aber dass nun eine Seite nach eigenem Gutdünken einfach die Kommentare der „Gegenseite“ löscht, geht natürlich gar nicht.
Bisher war es zudem nie nötig, einen Kommentar eines Kernteam-Mitglieds zu löschen, und ich hoffe sehr, dass das auch in Zukunft so bleibt. Solltest du dich in Zukunft genötigt fühlen, einen Kommentar löschen zu wollen, der nicht eindeutig Spam, völlig off-topic, rassistisch o.ä. ist – und zwar aus inhaltlichen Gründen, nicht weil dir die Kommentator:in nicht passt! – dann müsstest du das AUF JEDEN FALL vorher auf der Mailingliste zur Diskussion stellen – so steht es auch in den Regeln. („Im unklaren Fällen diskutieren wir auf der Mailingliste, bevor wir endgültig entscheiden.“)
Verstehe ich. Dann klären wir das gerne demnächst über die Liste.
@Marcus, zum Inhaltlichen: Die Frage, was „Einfluss“ auf dich hatte, ist eigentlich ganz unerheblich, wichtig ist einfach, dich im Feld verwandter Ansätze einzuordnen – auch zur Orientierung für die Lesenden.
Zur „Abwesenheit von Fußnoten“: das liegt in meinem Fall einfach daran, dass ich ganz bewusst auf Fußnoten verzichtet habe, um den Text weniger akademisch-abschreckend zu machen. Mit Referenzen hat das nichts zu tun, die haben bei mir ja die Form „(Autor:in Jahr)“ (bzw. „Autor:in (Jahr)“). Hätte ich da mehr machen können? Definitiv, und ich denke ich habe später auch immer mehr Querbezüge hergestellt als damals in dem Buch – aber zumindest wo Ideen konkret von anderen stammen (z.B. Christopher Alexander) habe ich entsprechende Verweise gesetzt. Und im Vergleichs-Kapitel gehe ich kurz auf Parecon als den engsten mir damals bekannten „verwandten Ansatz“ ein (wenn auch ein eher ferner Verwandter).
Indem du diese Frage stellst, hast du sie ja eigentlich schon beantwortet, oder? Indem man eben nicht so tut, als hätte man „alles selbst und neu erfunden“. Gerade in deinem Fall, wo die „Kopplung von Beitrag und individuellem Vorteil“ bzw. die „Kopplung von Geben und Nehmen“ wie wir das hier allgemeiner nennen, in diesem Blog ja schon seit praktisch seiner Gründung rauf- und runterdiskutiert wurde, wäre es halt auch für die Leser:innen sehr hilfreich zu wissen, wie du dich im Vergleich zu diesen früheren Debatten einsortierst.
Viel relevanter als diese Fragen um die Einordnung finde ich aber die von Tobias eingebrachte Frage, was das Ganze eigentlich bringen soll. Ich habe mich seinerzeit geweigert, die Verteilungspool-Idee in Software zu gießen, weil ich das Gefühl hatte, dass das nicht funktionierten würde – dass das was ich da beschreibe zwar im Großen (als Gesellschaftsmodell) funktionieren kann, aber nicht im Kleinen mit zunächst zwangsläufig nur wenigen Beteiligten. Das war sicher auch einer der Gründe, warum ich das Konzept später nicht mehr propagiert habe – weil ich eben selbst keine klare Übergangsperspektive ausmachen und beschreiben konnte. Ist das bei euch anders, und wenn ja wieso? In allem, was du bisher geschrieben hast, sehe ich ehrlich gesagt nichts, was mich da hoffnungsvoll stimmt.
Und diese Frage ist eigentlich gerade für dich und Robert viel relevanter als alles andere, denn es macht ja wenig Spaß, Monate oder Jahre mit der Arbeit an einem Konzept/einer Software zu verbringen, die hinterher niemand nutzt.
Was für ne Zeit gerade….
@Christian:
Ich verstehe auf jeden Fall, was du meinst, besonders wenn die Einordnung im Rahmen des Commons-Instituts versucht wird. Aber hier besonders: Gab es schon einmal den Versuch, alle „größeren“ Texte, die im Rahmen des CIs erscheinen, systematisch festzuhalten? Wenn Texte nicht zufällig irgendwo erwähnt werden, gehen sie ja recht schnell wieder unter und für Leute, die hier neu hinzukommen, sollte es leicht sein sich zu orientieren. Auf Keimform gibt es seit kurzen ja diese „Einführenden Artikel“. Und was ich besonders wichtig da fände: Eine kurze Einführung dabei der*des Autor*in, was mit dem Text versucht wird. Mir würde es wohl wirklich schwer fallen deinen Text im Rahmen einer Einordnung auf zwei Sätze herunterzubrechen, mit denen du dich identifizieren kannst. Und andersherum ist das sicher genauso.
Ich sehe das nicht, dass damit die Frage beantwortet ist. Du schreibst ja selbst, dass du in Beitragen statt Tauschen bewust auf Fußnoten verzichtet hast, um „den Text weniger akademisch-abschreckend zu machen“. Hinter Texten steht eben auch ein Zweck. In meiner Kapital-Einführung, die dafür geschrieben wurde in Kneipen etc. ausgelegt zu werden, weiße ich zum Beispiel nicht darauf hin, dass es um Marx bzw. das Kapital geht: Einfach, weil ich weiß, dass viele Menschen, die es betrifft und Zielgruppe sind, beiden Begriffen äußerst skeptisch gegenüberstehen und sie nicht lesen würden, wenn sie es wüssten. Erst im letzten Kapitel – wenn der wesentliche Inhalt übermittelt wurde – wird über ein Marx-Zitat deutlich gemacht, wo der Text eingeordnet werden kann. Da kann man sagen: Scheiße zitiert. Aber, wie auch bei dir: Es gibt eben unterschiedliche Gründe, warum man Texte so schreibt, wie man es eben tut. Und nicht immer ist das für jeden sofort ersichtlich.
Und in einer Weise nimmt dieser Textteil hier Bezug auf Tücken der Belohnung von Simon Sutterlütti. Das könnte in einer Anmerkung, die nur auf Keimform steht,… angemerkt werden. In den Text selbst würde ich das dagegen nie packen, da es eben Teil der Softwarekonstruktion ist, sich an Entwickler*inn statt Theoretiker*innen wendet und in der Vorarbeit an Kapitalismus aufheben auch Simons und Stefans Standpunkt bearbeitet wurde (die ja hoffentlich gemeinsam mit dem Text erscheint). Und wieder: Trotz der „Einführenden Artikel“ kann ich nicht sagen, wann und wo und von wem hier die Kopplung von Beitrag und individuellem Vorteil diskutiert wurde. Das könnt ihr sagen, die ihr seit 15 Jahren (?) den Blog betreut und begleitet, aber für mich ist das doch völlig intransparent. Ich kann mich nur darauf verlassen, dass die aktuelle Literatur – und gerade ist das für mich Kapitalismus aufheben und Fair Frei Lebendig – den Stand der Diskussionen zusammenfasst.
Ich schreib hier eh immer viel zu lang und ich würde jetzt nicht weit ausholen wollen. Aber es geht darum ein Werkzeug zu entwickeln, das Selbstorganisation von einander tendenziell unbekannten Personen zur eigenen Bedürfnisbefriedigung unterstützt und das Potential kann natürlich erst ab einer bestimmten Teilnehmer*innenzahl ausgeschöpft werden, aber auf einer sehr rudimentären Ebene funktioniert es auch zwischen einigen wenigen Personen. Als Projektteam haben wir gerade zwei Ansätze, die Software zu etablieren: Einerseits, gefördert eben über den Schweizer Konsumentenschutz, lokal begrenzt innerhalb eines Schweizer Kantons. Anderseits thematisch begrenzt zur Selbstorganisation von Kinderbetreuung, Küfa/Voküs oder ähnlichen. Aber das sind mehr oder weniger strategische Fragen, an denen wir aber aktiv arbeiten. Allerdings eben nicht im Rahmen der Softwarekonzeptions-Reihe.
@Sophia DeLuna (#11): Verzeih bitte meine sehr (!) späte Antwort und ich weiß natürlich nicht mal mehr, ob du noch mitliest. Ich konnte einfach nicht zu viele Diskussionen gleichzeitig führen und hatte mich dann für den einen Strang entschieden.
Finde ich vollkommen naheliegend und richtig. Aber für mich ist die Frage: Wie ist es möglich, dass Leute motiviert sind, weiter geldfrei sich für andere einzubringen und eben nicht zur Lohnarbeit/zur Geldvermittlung zurückfallen. Und die Trava ist (unter anderem) ein Versuch das zu leisten.
Ja, tatsächlich wissen wir ja heute, wie wir das bekommen, was wir wollen – und meistens einfach, indem wir in den Supermarkt gehen (von dem wir ja wegwollen, weil Geldvermittlung/Markt). Wo anzusetzen ist, ist eine wirklich spannende Frage! Das kann zum Beispiel sein: (qualifizierte) Kinderbetreuung in der Nachbarschaft, wenn es keine Kita-Plätze gibt. Oder warmes und reichhaltiges Abendessen, für Menschen, die den Tag über arbeiten müssen und abends keine Zeit zum kochen haben. Oder Mithilfe bei der Renovierung von Häusern, die Teil des Mietshäuser-Syndikates sind. – Also wirklich: Kleine Bereiche gerade und ich finde die Frage wirklich spannend! Aber solche Fragen diskutieren wir gerade grob schon im Projektteam und werden uns dem näher widmen, wenn die Softwarerealisierung näher rückt. Verzeih, wenn ich da nicht näher drauf eingehen kann 🙂
Ich möchte mit der Trava niemanden dazu bringen deine Wohnung zu putzen 🙂 Was aber allgemein daran liegt, dass es nicht darum geht, irgendjemanden zu irgendwas zu bringen. Es soll möglich werden, dass Anwender*innen transparent wird, was es zu tun gibt und dass diese selbst entscheiden können, was sie als notwendig erachten. Mit der Trava entsteht dabei eine Form der Kalkulationsrationalität, welche dem entgegensteht und welche über den Umverteilungsprozess gemildert werden soll. Allerdings wird das auch gerade im Projektteam selbst kritisch betrachtet und wir diskutieren gerade Alternativen dazu durch. Aber so etwas wie Müllabfuhr/Stromversorgung/etc: Indem Beteiligte das als Bedürfnis angeben und das Gewicht der Bedürfnisse eben addiert wird, ist das Gewicht solcher Tätigkeiten tendenziell höher als das Putzen deiner Wohnung und damit wird auch innerhalb der Trava-Vermittlung transparent, dass diese Tätigkeiten besser zur generellen Bedürfnisbefriedigung beitragen als das Wohnung-Putzen. Aber wenn du dieses Bedürfnis natürlich sehr stark gewichtest und auch in Umverteilungsrunden (die ja kritisch gesehen werden, aber ich bleib mal dabei) entschieden wird, dass du ein höheres Gewicht darauf verteilen kannst, dann wird auch das nahegelegt. Es kann ja sein, dass du körperlich beeinträchtigt bist und es wirklich eine Notwendigkeit dafür gibt. Wir arbeiten gerade daran, hier eine größere „Bandbreite“ herzustellen, also nicht nur die Zahlen selbst für die Notwendigkeit sprechen zu lassen.
Ich finde, da kommen wir in einen Konflikt mit deinem ersten Gedanken; dass du also aufhörst etwas zu tun, wenn du das Gefühl hast, das andere nichts für dich tun. Deine Beschreibung klingt, als gäbe es schon vorgefertige Strukturen, in denen Leute dir Dünger, Gefäße und T-Shirts etc. bereitstellen. Aber diese Strukturen gibt es ja nicht. Es gibt die „Vorstellung“ von einer solchen Gesellschaft, aber mehr eben nicht. Die Software und der Aspekt der Gewichtung ist ein Versuch überhaupt erst dorthin zu kommen.
Vielen Dank an der Stelle für dein Interesse! Ich finde es gut, wie du sehr direkt aus deinem Leben auf die Software zugehst – ich bin da ja gerade immer etwas abstrakter unterwegs 🙂 Zur Zeit arbeite ich an der Zusammenfassung, die durch die Diskussion mit @Tobias angestoßen wurde und ich hoffe, danach wird manches ein wenig klarer.
@TWA (#23): Endlich auch Zeit hierfür! Sind auch wirklich wichtige Punkte!
Das ist ein super wichtiger Punkt, der für mich immer so da ist, um den ich mich selbst aber lange nicht mehr gekümmert habe. Selbstverständlich muss das, was über (softwarevermittelte) Commoning-Prozesse verfügbar gemacht wird, auch dem Zweck der Bedürfnisbefriedigung unterstellt werden. Nur um das einordnen zu können aus dem Ausdehnungsdrang:
Das hat jetzt nichts mit Trava zu tun – um das mal so nebenbei abzufertigen 😉 -, aber solche Lizenzen für auch materielle Dinge werden dringend benötigt. Die Frage ist: Gibt es so etwas bereits? Ich weiß von Rechtskonstruktionen zur Eigentumsneutralisierung, aber wirklich so eine Zwecksetzung, dass Dinge von tendenziell nicht damit in Zusammenhang stehenden Personen für Prozesse der generellen Bedürfnisbefriedigung verwendet werden können, weiß ich nichts.
@alle: Wer irgendwelche Infos hierüber hat: Ich wäre an der Stelle sehr dankbar, wenn sich jetzt hier eingebracht wird!
Super wichtiger Punkt. Eben bezüglich zu Sanktionen, die die Softwarevermittlung betreffen. Wieder auf Ostroms Designprinzipien bezogen und die Softwarevermittlung als Commons gedacht, sollten solche ja auch in absgestufter Form vorhanden sein. Das hängt dann zusammen mit den Punkten: Identität innerhalb der Software – wie kann sichergestellt werden, dass nicht einfach ein neuer Account angelegt wird? Und natürlich: Wie und von wem kann eine solche Entscheidung gefällt werden? Ich versuch das hier über die Umverteilungs-Runden zu lösen – bzw. irgendeine Form, in welcher diese trans- und interpersonale Ebene miteinander in Beziehung gesetzt werden. Vielleicht findet sich auf der Diskussion, die innerhalb des Projektteams gerade läuft, auch eine andere Möglichkeit. Aber für mich bestätigt so etwas, dass es eben solche sozialen Formen doch braucht.
Finde ich noch nicht einmal so heikel, da ich ganz im Allgemeinen dem Staat nicht antagonistisch gegenüber stehe. Und der Markt – und damit auch der Markt-Staat (wie Helfrich/Bollier ihn bezeichnen) – ist gerade bestimend und es muss sich m.M.n. auch auf ihn bezogen werden. Silke und David haben auch das Kapitel „Staatliche Macht für Commoning einsetzen“ in Frei, Fair und Lebendig (S. 278ff), das ich mir gerade ehrlich gesagt nicht nochmal durchgelesen habe, aber auch meiner Erinnerung nach auf etwas in dieser Richtung verweist. Überhaupt beschäftigen sich Silke Helfrich und David Bollier in ihrem Buch mit genau solchen Fragen und während wir an der Softwarerealisierung arbeiten, greife ich total gerne auf die Muster dort zurück (… das ist gerade so ein bisschen als Kaufempfehlung zu verstehen – weils halt echt gut ist). Ich denke, so bald wir (oder manche von uns) die Zeit haben, sich mit den Lizenzen näher auseinanderzusetzen, können wir damit wirklich arbeiten. Wenn du darauf Lust hast, fühl dich auch gerne persönlich eingeladen das bei uns im Diskussionforum zu tun!
Ha! Für mich stellt sich da ja die Frage, wie eine Exekutive im Kommunismus aussehen muss und nicht, dass es eine solche nicht geben darf – was ja deiner Interpretation nicht widerspricht! Und auf Trava umgemünzt: Darf es eine vermittelnde Quantität geben? Und ich sage eindeutig „ja“, wenn sie nur aus der qualitativ-andersartigen Struktur selbst heraus entsteht.
Aber das da Vorsicht geboten ist: Auf jeden Fall 🙂
@Marcus: Kann gerade krankheitsbedingt nicht sehr lang antworten, aber mal kurz.
Nicht dass ich wusste und im übrigen hat mein Buch ja auch nichts mit dem CI zu tun – das gab es damals noch gar nicht.
Vielleicht ist es einfach ein Fehler zu glauben, man könne jeden Text auf zwei Sätze runterbrechen? Im Übrigen geht es ja gar nicht um die Texte selbst, sondern um ihre Relevanz in Hinblick auf das, was dich umtreibt. Das kannst insofern klarerweise nur du selber machen.
Mir scheint, du wünscht dir ein Lehrbuch „Kapitalismuskritik und emanzipatorische Gesellschaftsentwürfe – ein umfassender Überblick“. Klar, wäre schön wenn es sowas gäbe – gibt es aber nicht und da Lehrbücher meist für Unis geschrieben werden, wo dieser ganze Bereich eher nicht vertreten ist, wird sich das wohl leider auch nicht ändern. Dass aber zwei Bücher, die du dir zufällig rausgepickt hast (selbst an aktuellen Bücher fallen mir spontan z.B. noch Friederike Habermann und Bini Adamczak ein, und die nicht ganz so neuen sind nur deshalb natürlich nicht zwangsläufig weniger wichtig, auch wenn das in unserer schnelllebigen Zeit so wirken mag), so ein Lehrbuch ersetzen könnten – oder auch nur den Anspruch hätten, das zu tun – das ist natürlich völlig illusorisch.
Die Diskussion ist nun schon sehr lang, daher klinke ich mich mit diesem Beitrag aus.