Die doppelten Commons
Die Struktur der Commons illustriere ich gerne mit der nebenstehenden Grafik. In anderen Darstellungen geht es nicht um Commoning und Produkte, sondern das Commoning wird aufgetrennt in seine Aspekte Gemeinschaft und Regeln, während die Produkte sowie der (hier rote) rückbezügliche Pfeil zu den Ressourcen fehlen.
Ich fand die Wiederentdeckung der Fähigkeit von Gemeinschaften, sich jenseits von Markt und Staat eigenständig Regeln zu geben, immer verständlich, meinte aber auch früher schon, dass die notwendige Betonung des sozialen Aspekts nicht zu Lasten der Tatsache gehen dürfe, dass aus all dem Commoning auch immer »was heraus kommt«.
Inzwischen denke ich, dass hinter der unterschiedlichen Weise der Illustration tatsächlich eine inhaltliche Differenz steckt. Diese Differenz bezieht sich jedoch nicht auf divergente Commons-Theorien, sondern auf unterschiedliche Commons und zwar auf den realen Unterschied von alten und neuen Commons. Ausgedrückt in Formeln sieht das so aus:
- Alte Commons = Ressourcen + Gemeinschaft + Regeln
- Neue Commons = Ressourcen + Commoning + Produkte
Alte oder traditionelle Commons beziehen sich vorwiegend auf vorfindliche natürliche Ressourcen, also auf Wasser, Wälder, Wiesen, Landschaften usw., sofern für diese Ressourcen ein in der Regel lokales Commoning existiert (die Atmosphäre gehört daher nicht dazu: ein globales Commoning existiert nicht). Sicherlich gibt es auch Aktivitäten der Neuschöpfung und Weiterentwicklung, doch sind solche Aktivitäten stets dem Ziel der Erhaltung existierender Ressourcen untergeordnet. Insgesamt sind traditionelle Commons ressourcen- und erhaltungsbezogen.
Mit neuen (engl.: »emerging«) Commons sind in der Regel solche Projekte gemeint wie Wikipedia, Freie Software, Open Design, Open Hardware usw. — also nichts, was wir vorfinden, sondern etwas, das wir neu schöpfen. Bestandteil von Neuschöpfung und Weiterentwicklung ist dabei als untergeordneter Aspekt immer auch die Erhaltung des bisher Geschöpften. Insgesamt sind neue Commons produkt- und entwicklungsbezogen.
Die Differenz von alten und neuen Commons wird deutlich, wenn wir uns nochmals die Gütersystematik vor Augen führen (siehe untere Abbildung). Dort ist eine der fünf Dimensionen die der Ressourcen, die unterschieden werden in solche, die wir vorfinden (»natürlich«) und solche, die wir herstellen. Der Begriff »natürlich« kann hierbei nur als Näherung verstanden werden, da es »natürliche« im Sinne von »unberührten« Dingen auf der Erdoberfläche kaum noch gibt (höchstens darunter).
Vorfindlichkeit ist gleichwohl ein fließender Begriff, denn inzwischen wachsen Generationen heran, die etwa Freie Software »vorfinden«, während die natürlichen Ressourcen oft ebenfalls Resultat langandauernden Einwirkens und Gestaltens durch Menschen waren. Dennoch ist der Unterschied intuitiv klar: Bei traditionellen Commons sind Natur-Ressourcen selbst Gegenstand des Commoning (Erhaltung, Pflege, begrenzte Nutzung), während bei neuen Commons Ressourcen stets Ausgangspunkt für die Neuschöpfungen und Weiterentwicklungen sind. Dabei erweitert sich der Ressourcen-Begriff auf alles, was für diese Entwicklungen benutzt wird: also nicht nur Natur-Ressourcen, sondern ebenso Vorprodukte, Wissen, Fertigkeiten, Produktionsmittel usw.
Eine Zwischenposition — das wird hier nicht vertieft diskutiert, aber dennoch erwähnt — nehmen »soziale Commons« (eigentlich ein Doppelmoppel) ein, also solche, bei denen es um »unmittelbar soziale« Aktivitäten geht wie etwa die Pflege von jüngeren, älteren oder anderweitig unterstützungsbedürftigen Personen (engl.: »Caring«). Sofern es ein Commoning gibt (klar: kommerzielle Verwahrstätten gehören nicht dazu), handelt es sich um Commons, bei denen Schöpfung und Erhaltung in eins fallen.
Mal wieder ein paar Formeln zum Verhältnis von Produktion (Neuschöpfung/Weiterentwicklung) und Reproduktion (Erhaltung), wobei der Pfeil die Bedeutung von »ist Aspekt von« hat:
- Alte Commons: Produktion => Reproduktion
- Neue Commons: Reproduktion => Produktion
- Soziale Commons: Reproduktion => Reproduktion
Sicherlich ist die (Sphären-) Spaltung von Reproduktion und Produktion ein Resultat kapitalistischer Entwicklung und nicht ewig und natürlicherweise die notwendige Art und Weise, die Lebensbedingungen der Menschen herzustellen und zu erhalten. Doch davon müssen wir zunächst ausgehen, sollten aber die Perspektive der Überwindung der Sphärenspaltung nicht aus dem Blick verlieren.
Dies alles so überlegt wird mir klar, warum es zwischen den »alten« und »neuen« Commoners so oft ein Unverständnis der jeweils anderen »Seite« gibt. Es handelt sich schlicht um eine reale inhaltliche Differenz, hinter der unterschiedliche Commons mit unterschiedlichen Praktiken stehen. Diese Differenz sollte nicht kaschiert, sondern offen thematisiert und möglichst begriffen werden. Dieser Artikel ist ein Vorschlag dazu.
Eine reale Aufhebung der Differenz von alten und neuen Commons wird erst jenseits des Kapitalismus möglich sein, da die kapitalistische Verwertungslogik den Unterschied von Produktion und Reproduktion erst als Gegensatz erzeugt und schließlich in (geschlechtlich, d.h. sexistisch strukturierte) Sphären geschoben hat.
Erst mit dem Aufkommen der neuen Commons ist die Perspektive der Aufhebung denk- und machbar geworden. Entscheidende neue Qualität, die die neuen Commons ins Spiel gebracht haben, ist die Vernetzbarkeit. In der obersten Grafik wird das durch den roten selbstbezüglichen Pfeil von den Produkten zu den Ressourcen veranschaulicht. Selbstbezüglich heißt hier nicht, dass es die gleichen lokalen Commons sein müssen, die eigene von ihnen geschöpfte Produkte als Ressource nutzen, sondern es können potenziell alle Commons sein.
Damit ist eine allgemeine Vernetzbarkeit aller Commons gegeben — ein Element, dass bei den traditionellen Commons so nicht vorhanden war. Sie konnten sich immer nur auf sich selbst im Sinne gleicher (Natur-) Ressourcen beziehen, was die Bildung von Meta-Commons (Commons von Commons in polyzentrischen Systemen) keineswegs ausschloß. Doch eine universelle Vernetzbarkeit und damit gesellschaftliche Verallgemeinerbarkeit ist erst auf Grundlage der neuen Commons möglich. Nun erst ist es möglich, an eine commonsbasierte Aufhebung der Warenproduktion zu denken.
Nebenbei gesagt widerspreche ich damit auch Vorstellungen, die von einem gleichsam beliebigen Ausstieg aus dem Kapitalismus oder von einem »Überspringen« der kapitalistischen Entwicklungsphase etwa auf Grundlage der unter feudalen Verhältnissen historisch gewachsenen Commons ausgehen. Erst die kapitalistische Entwicklung ermöglichte die Entstehung und Entfaltung der neuen Commons — technologisch wie auch sozial.
Das klingt sehr nach alten Über- und Unterordnungsverhältnissen. Dem ist aber nicht so. Aus meiner Sicht hat die Revitalisierung der Commons insgesamt mit der doppelten Krise des Kapitalismus zu tun: Die Warenproduktion ist immer weniger (bis drohend gar nicht mehr im Falle eines großen Crashes) in der Lage, die Lebensbedingungen der Menschen zu sichern, wobei sie gleichzeitig die natürlichen Lebensgrundlagen immer »effizienter« ruiniert. Auf diese doppelte Krise geben die doppelten Commons eine doppelte Antwort, sozial wie ökologisch — potenziell zumindest –, indem sie im Kern (=Keimform) eine neue Produktionsweise verkörpern.
Die »alten Commoners« bringen ihre Erfahrungen bei der Erhaltung natürlicher Ressourcensysteme ein. Darauf können sie sich aber nicht ausruhen. Sie müssen neues hinzu lernen, das durch die neuen Commons in die Welt gekommen ist und die Chancen auch für »ihre« Commons erkennen. Die »neuen Commoners« hingegen bringen aus der kapitalistischen Kernlogik oftmals einen Produktivismus mit, der leicht natürliche Grenzen aus dem Auge verliert. Da müssen die »neuen Commoners« hinzulernen. Und alle zusammen müssen schließlich einsehen, dass dies nur jenseits der Warenproduktion geht. Das ist die aktualisierte Bedeutung des Slogans des »jenseits von Markt und Staat«.
Müssen? Ja, heraus führt kein Weg dran vorbei.
Spannende Überlegungen, danke dafür! Allerdings bin ich mir nicht sicher, ob ich damit so recht glücklich werde. Zum einen handelt es sich ja nicht nur um doppelte, sondern um dreifache Commons, wie du weiter unten sagst (alte/neue/soziale). Zum anderen finde ich die Formeln noch
etwas zweifelhaft:
Schon dass es in den alten Commons keine Produkte gibt, scheint mir dubios – Produkte sind hier doch z.B. das Trink- und Brauchwasser (Wasser-Commons), das Vieh auf der Wiese, das gesammelte Holz aus dem Wald etc. Darüber hinaus: warum tauchen die Gemeinschaft + Regeln nur bei den alten, das Commoning nur bei den neuen Commons auf? Ist für dich „Commoning“ einfach ein anderes Wort für „Gemeinschaft + Regeln“?
Klar, man kann sagen dass bei den neuen Commons das Produkt in der Regel die Ressource ist bzw. zu dieser wird (Wikipedia, Freie Software), während bei den alten Commons das Produkt von den Menschen vernutzt wird (roter Rückkopplungs-Pfeil fehlt). Das ist soweit einleuchtend und interessant, aber ist es Grund genug, hier so einen kategorialen Unterschied aufzumachen? Zumal du ja selber sagst, dass die Grenzen fließend sind.
Deiner Bemerkung
würde ich insoweit zustimmen, als dass die die postkapitalistische peercommonale Gesellschaft ganz wesentlich eine postkapitalistische sein wird, die auf den im Kapitalismus geschaffenen Voraussetzungen aufbaut. Und die gemäß der dreifachen Hegel’schen „Aufhebung“ den Kapitalismus nicht nur überwindet, sondern auch einige seiner Eigenheiten und Werte beibehält oder weiterentwickelt.
Aber ob es historisch nicht auch einen anderen Weg zum Kommunismus/Commonismus hätte geben können, darüber kann man IMHO nur spekulieren, aber nichts Definitives sagen. Dass der Übergang zum Feudalismus zum Kapitalismus und die weltweite Ausbreitung des letzteren quasi geschichtlich zwingend waren, erscheint mir jedenfalls eine gewagte Aussage. Und wenn es anders gekommen wäre, wer weiß was stattdessen gekommen wäre und auf welchen verschlungenen Wegen es vielleicht zum Commonismus hätte führen können?
@Christian: Da liegt ein Missverständnis vor, glaube ich: Die Formeln verwende ich nicht, um alte und neue Commons positiv zu unterscheiden, sondern ich gebe wieder, wie die Commons bislang erklärt und schematisiert wurden. Den Formel-Unterschied erkläre ich mir dann im Nachhinein daraus, dass tatsächlich ein unterschiedlicher Fokus vorlag (und vorliegt), weil die Commons auch real unterschiedlich sind.
Die Formel der ersten Illustration „Ressourcen + Commoning + Produkte“ habe ich stets für alle Commons verwendet, denn genau wie du fand ich es immer komisch, dass es bei den „alten Commons“ keine Produkte geben soll. Nur warum tauchten sie nicht auf — zum Beispiel in dem Gemeingüter-Report, an dem du mitgearbeitet hast? Das ist jetzt kein Vorwurf (ich weiss ja auch um die Entstehung), sondern einfach auffällig. Den „produktiven Aspekt“ hast du (nehme ich an) in der Broschüre dann mit der Peer-Produktion reingebracht, aber es wirkt so, als ob die Peer-Produktion eine Spezialität der digitalen Commons ist. Aber das Peer-Prinzip (oder Peering wie ich das mal nannte) ist in allen Commons relevant.
Der Artikel ist also der Versuch einer Erklärung, warum es diese unterschiedlichen Sichten gab und noch gibt. Und: Ja, ich finde, der Unterschied ist ein kategorialer, weil erst auf Grundlage der neuen Commons die Perspektive zur Aufhebung des Kapitalismus möglich wurde und wird — nicht auf der Grundlage der alten Commons. Das ist der Kern meiner These. Gleichwohl „brauchen“ sich die unterschiedlichen Commons, weil die alle ihre Qualitäten mitbringen. Ja, inklusive der „sozialen Commons“. Wie geschrieben, habe ich sie nur erwähnt, aber nicht systematisch einbezogen. Gehören sie nicht auch eher zu den „alten Commons“? Ich bin mir unsicher. Wegen der Unsicherheit habe ich die dritte Gruppe vorgeschlagen, aber das Commons-Teilung ist eher binär.
Die Nebenbemerkung ist nicht soo zentral. Ich denke schon, dass es historisch eine Gesellschaft brauchte, die entscheidende Voraussetzungen des Commonismus entwickelt: persönliche freie (gleichwohl sachlich abhängige) Individuen und entsprechende Produktivkräfte. Klar, die Geschichte ist so gelaufen und wir stecken mitten drin, aber ich kann mir ein Überspringen oder Umgehen der Phase der sachlichen Abhängigkeit und rückgekoppelten gnadenlosen Expansionslogik, in denen sich die Individuen bewähren müssen und die der Kapitalismus ziemlich perfekt implementiert, nur schwer vorstellen.
Stefan, ich hoffe, ich gieße nicht zu viel Wasser in deinen Wein:
und
Damit bist du nahe dran, dass sich alle (kapitalistische) Re-Produktion unter die Commons subsumieren lässt, denn natürlich bezieht sich diese in ihrer Gänze auf Ressourcen, wenn auch weniger vorfindliche natürliche Ressourcen, sondern bereits unter die Form des Werts (im Commoning allerdings nur unter der Form des Gebrauchswerts relevant) gebrachte, auch geht es dort immer um Commoning und Regeln (wenigstens auf der Ebene des zwischen den Einzelkapitalen vermittelnden „Gesamtkapitalisten“, auch Neoliberalismus hat „Regeln“), und dass es auch um Produkte geht, muss ich nicht weiter erläuern. Commoning wendet sich allein den Bedingtheiten dieser Gebrauchs-Wertseite zu. Aber
Mir ist also unklar, wie du hieraus einen Abgesang auf Kapitalismus komponierst. Hinweis dazu auch auf den schönen Aufsatz von Thomas Metscher in Z 81 in Replik auf Renate Wahsner.
@HGG: Du hast das „jenseits von Markt und Staat“ überlesen. Auch du guckst bitte noch mal hier.
Zum Marxzitat: Ich halte es für eine kategoriale Fehlaussage von Marx, den Gebrauchswert bzgl. der ökonomischen Form als gleichgültig anzusehen bzw. ihn manchenorts gar als überhistorische Angelegenheit zu deklarieren. Zudem gibt es zahlreiche Stellen, wo Marx (trotz anderweitig gegenteiliger Aussagen) sich mit der spezifischen Rolle des GW als Bestandteil der ökonomischen Formbestimmung befasst. Ist alles nicht so eindeutig. Darüber hat Roman Rosdolsky geschrieben („Der Gebrauchswert bei Karl Marx. Eine Kritik der bisherigen Marx-Interpretationen“). Leider nicht online, ein kurzer Kinweis findet sich bei Wikipedia. — Ist aber eine völlig andere Baustelle und hat mit dem hier diskutierten Thema nichts zu tun.
@Stefan: Marx selbst hat mit dem Argument wenig zu tun, er dient Metscher (und mir) eigentlich nur als „Autoritätsbeweis“. Metscher auch genauer: „Der Methode der Kritik der politischen Ökonomie ist der Gebrauchswert als Gebrauchswert in der Tat nicht zugänglich, kann er nicht zugänglich sein, dafür bedarf es anderer Methoden“.
Der Unterschied unserer Zugänge zur Keimform ist nach meinem Verständnis, dass ihr die Frage des Neuen in den Mittelpunkt stellt, ich dagegen vor allem auf die Einbettung derselben in das Alte schaue. Ich denke, dass beide Sichten wichtig sind, es also ebenso wichtig ist, wenn du/ihr sagt „aber schau, hier ist doch das Neue“, und ich sage „aber schau, das ist doch so und so in das Alte eingebettet“. Ich denke, erst aus der Zusammenschau beider Sichten wird man der Logik der Sache selbst (statt der „Sache der Logik“) gerecht. Das allgemein und vorab.
Commons in der hier betrachteten Sichtbarkeit sind weitgehend stabile Reproduktionsschemata, die Regeln der alten Commons ja auch nicht vom Himmel gefallen, sondern Verstärkungen und Verdichtungen von bewährten Praxen (natürlich primär gebrauchswertseitiger). Gilt dasselbe aber nicht auch für das Commoning der neuen Commons (wo du eigentümlicherweise Produkte reinnimmst, aber Regeln rauswirfst – ?), geht es dabei nicht auch um Verstärkungen und Verdichtungen von bewährten Praxen? Welche Rolle spielt für dich Qualitätssicherung als Methode?
Jeder (bessere) kleine Handwerker macht heute Angebote aus Text-Bausteinen, die einen genauen Aufriss der versprochenen Qualität (also rein gebrauchswertseitig) angeben, die dann auch gerichtlich verhandelbar ist. Derartige Momente – ich schrieb es bereits mehrfach – spielen in eurer Commons-Debatte überhaupt keine Rolle, jedenfalls sehe ich es noch immer nicht. Das sind aber alles auch innerkapitalistische Momente „jenseits von Markt und Staat“. Insofern habe ich das mitnichten überlesen, im Gegenteil.
Zunächst: Ich werfe die Regeln mitnichten raus, denn sie sind Bestandteil des Commoning (Commoning = Community + Regeln).
Dann: In meinem Verständnis der Keimformthese ist die doppelte Funktionalität zentraler Bestandteil. Doppelte Funktionalität heißt: ausnutzbar vom Alten (Kostenersparnis/Wettbewerbsvorteil), gleichzeitig inkompatibel zur alten Logik (keine Warenproduktion). Die Sicht der Funktionalität im Alten ist also mit drin. Im Gegensatz dazu fehlt bei dir die Inkompatibilitätsseite, du siehst sie nicht, willst oder kannst sie nicht sehen, obwohl sie da ist und zwar als »Logik der Sache selbst«.
Sicher geht es um bewährte Praktiken, und Qualitätssicherung spielt durchaus eine Rolle — bei den Commons. Es geht nicht um bewährte Praktiken und Qualitätssicherung bei der Warenproduktion. Sie ist uninteressant, weil die Warenproduktion nach einer anderen Logik operiert. Praxis und Qualität zählt nur, wenn der Profit stimmt. Das Resultat bewährter Praktiken und von Qualitätssicherung ist im Falle der Warenproduktion, dass nahezu alle Milleniumsziele verfehlt wurden und eine Millarde Menschen Hunger leiden. Das ist kein Zufall, sondern systematisch produziertes Ergebnis. Diesen Zusammenhang blendest du aus, stattdessen siehst du beim »kleinen Handwerker« Momente »jenseits von Markt und Staat«. LOL.
Ich verstehe noch nicht so richtig, wie du das mit „inkompatibel“ meinst, denn auf konkret-praktischer Ebene sind ja beide Seiten eng verwoben präsent. Ich nenne das dann eher widersprüchlich oder so. Eben „(widersprüchliche) Logik der Sache“ statt „Sache der Logik“. Aber ich scheine da einen Punkt in deinen Überlegungen der Tat noch nicht zu sehen, wenn mir aus deiner Sicht „die Inkompatibilitätsseite fehlt“.
Zu allem anderen Widerspruch.
Nein, auch innerkapitalistisch spielt Qualitätssicherung seit wenigstens 20 Jahren eine immer größere Rolle, ISO 9000, Reifegradmodelle, ITIL, EFQM und wie sie alle heißen.
Umgekehrt: Profit stimmt nur, wenn Praxis und Qualität zählt. Oder in Marxschen Termini: Die Wertseite kann höchstens dann stimmen, wenn die Gebrauchswertseite – umfassend verstanden – stimmt.
Das Resultat bewährter Praktiken in 90% der aufgelegten Open Source Projekte ist – deren Scheitern (diese Mumien pflastern den Weg ins Informationszeitalter). Das ist allerdings kein systematisch produziertes Ergebnis, sondern Zufall? Auch ich – LOL.
Zu 3. Die Frage ist also: Ist eine Ordnung maximaler Freiheit in Gemeinschaftlichkeit, des freien Flusses von Wissen und Ideen, der fairen Teilhabe und der nachhaltigen Nutzung endlicher Ressourcen verallgemeinerbar? Ich denke Ja. Die Ausrichtung an den Prinzipien der Teilhabe und der Nachhaltigkeit stabilisieren eine commonsbasierte Gesellschaft in der sozialen und ökologischen Dimension. Die übrigen Elemente stabilisieren sie politisch und kulturell.
@Hans-Gert: Na, dann sind wir uns in der Rollenverteilung wieder mal einig. Ich geb’s zu, dass mich an den Peer-Commons tatsächlich vor allen die neue Qualität der Herstellung menschlicher Lebensmöglichkeiten interessiert. Die Einbindung in die alte Logik erleben wir jeden Tag. Aus der alten Logik erwächst Destruktion, ISO-9000 zertifiziert versteht sich, auch wenn wir »hier« noch ziemlich gut Praxis und Qualität genießen dürfen, während die Destruktion meistens anderswo geschieht. Aus dem Blick, aus dem Sinn. Deine (implizite) Frage
versuche ich mal in einem eigenen Artikel zu beantworten, nachdem meine vielfachen Hinweise auf meinen Vortrag nichts fruchteten. Ist doch besser, wenn es irgendwo geschrieben steht. Dauert aber.