Byebye, Facebook.
Gerade eben hab ich das hier auf Facebook gepostet:
Ich werde Facebook verlassen. Genauer gesagt werde ich zwar meinen Account nicht löschen, aber alle Mailnotifikations abstellen außer denen für private Nachrichten, Freundschaftsanfragen und Hinweise an meiner Pinwand. Und ich werde hier nichts mehr posten und auch nichts mehr von Twitter weiterleiten. Facebook kriegt keinen Content mehr von mir und ich werde nur noch sehr selten hier rein gucken.
Warum das genau jetzt?
Fast alle von euch werden sich schon oft über Facebook geärgert haben. Nur ein Auszug was alles über die Jahre in das Fass gelaufen ist:Ich hab mich schon oft über die etwas eigenwilligen Vorstellungen von Facebook was eine „Privatsphäre“ sei, geärgert, aber das hat mich nicht wirklich betroffen, weil ich sowieso schon immer mit Realnamen im Netz unterwegs war, auch wenn ich es eine Unverschämtheit finde den Menschen gegenüber die nicht so privilegiert sind, wie ich.
Ich hab mich schon oft über die eigenwillige und willkürliche Zensurpraxis bei Facebook geärgert.
Ich hab mich über die immer penetrantere Werbung geärgert, aber Adblocker werden auch immer besser.
Nun gibt es aber eine Entwicklung seit dem Börsengang von Facebook, die ich nicht mehr mittragen kann. Die Stärke von Facebook ist, dass man potentiell „alle“ hier erreichen kann und das diese im Prinzip in der Lage sind auf Augenhöhe miteinander ihre Netze zu weben. Doch das ist jetzt vorbei. Noch müssen nur Seiteninhaber zahlen, wenn sie wollen, dass ihre Inhalte auch gesehen werden von denen, die sie sehen wollen, aber das soll jetzt ausgeweitet werden auch auf ganz normale Accounts und da hört der Spaß für mich auf, weil damit Facebook für mich genau den Grund torpediert, wegen dem ich hier bin. Facebook wird damit endgültig zu einer Zwei-Klassen-Gesellschaft (Nein, Werbung ist nicht das selbe, wie Diskriminierung von Content).
Allen, die sagen, es gäbe keine Alternativen, sei entgegengehalten: Wir haben uns schon vor Facebook im Netz miteinander ausgetauscht und wir werden es auch danach tun. Es gibt soziale Netze wie Sand am Meer, es gibt Blogs, es gibt Mail, etc. Es mag sein, dass es für mich dann nicht mehr den einen Ort gibt, an dem alle sind, aber das ist auch jetzt schon nur eingeschränkt so. Ich hab auch viele Kontakte zu Leuten, die in anderen Netzen sind und nicht bei Facebook. Und das eine Netz, das alle verbindet, wird es erst geben, wenn es dezentral und offen ist. Zumindest was mich angeht.
Euch noch viel Spaß hier. Wenn ihr weiter in Kontakt bleiben wollt, findet ihr auf meiner Homepage alle Möglichkeiten dazu: http://bennibaermann.de/ Die Diskussion zu diesem Post, werde ich hier noch führen, danach ist Schluss.
Es ist wie Du schreibst: kaum ein Nutzer, der sich noch niemals geärgert hat über die eigenartigen FB-Ansichten zum Thema Privatssphäre oder auch zum Thema Rechte an Inhalten, den gibt es wohl nicht. Und gleich danach denkt man unwillkürlich darüber nach, ob man nicht doch seinen Account komplett schliessen soll.
Und genau an diesem Punkt bin ich beim Lesen Deines Artikels neugierig geworden. Und, bitte glaube mir, mein Nachfragen soll keine Ansatz zur Polemik sein, sondern entspringt der Neugier auf Deine Gedanken zum Thema: Du hast Deinen Account quasi „Passiv-Geschaltet“, hast ihn aber nicht komplett geschlossen. Was macht für Dich den Unterschied aus? Wieso hast Du ihn nicht komplett geschlossen? Ich frage, weil ich über ein solches Passiv-Schalten auch schon desöfteren nachgedacht habe und es so auch schon einmal über einige Monate gemacht habe vor ein zwei Jahren. Irgendwann kehrte ich zurück. Du schreibst, dass man bei FB quasi „alle“ Leute (an)trifft. Mir geht es ein wenig anders. Ich treffe quasi bei Google+ die eine Gruppe Menschen, bei Identica die anderen, bei Twitter viele Menschen, die auch bei Twitter sind, aber durchaus auch noch andere und auf Diaspora treffe ich wieder andere Leutchen. Schnittmengen schliesse ich nicht aus. Sie sind aber relativ klein. Ergo: Würde ich irgendwo aufhören, egal ob bei FB oder anderswo, würde ich Leute verlieren. Und da ich auch von Leuten spreche, die nicht aus meiner Region kommen, würde das bedeuten, dass ich den Kontakt zu Leuten verliere. Ich habe das schon hinter mir. Mein seinerzeitiger Weggang von flickr bewirkte, dass damals viel deutsche Kontakte mit gingen, ich verlor aber quasi mein komplettes internationales Umfeld. Das geht mir bis heute nach. Einen wichtigen Punkt finde ich bis heute, dass ich nun wirklich gut weiss, dass solche Entscheidungen etwas kosten. Viele Leute machen sich darüber gar keinen Kopf oder unterschätzen diesen Effekt. Das aber nur als Zusatz-Information und vielleicht auch ein wenig als Redebeitrag zum Thema.
Was mich also wirklich sehr interessieren würde ist Deine Begründung, weshalb Du den Account nicht komplett dich gemacht hast. Nein, ich will um Gottes Willen nicht, dass Du Dich rechtfertigst. Wenn Du das so interpretieren solltest, dann antworte lieber gar nicht drauf. Das ist latürnich Deine Entscheidung. Eh klar ..
Ich hab den Account nicht komplett dicht gemacht weil da Sachen liegen, auf die ich den Zugriff behalten will (Kontaktinformationen von anderen, Fotos die ich da mal gepostet hatte) und weil ich ja nicht ausschliessen will, dass sich FB auch wieder zum Guten ändert (auch wenn ich es nicht glaube). Von meinem Account hat FB ja ausserdem nicht viel. Von meinem Content schon. Umgekehrt kann so jeder nachvollziehen, der bei FB ist, warum ich da nicht mehr bin, was auch in meinem Sinne ist.
Und klar, kostet mich das was. Es gibt Leute, mit denen ich bisher fast ausschliesslich über FB Kontakt habe, dessen bin ich mir voll bewusst. Wenn das nicht so wäre, wäre ich ja nie da hin gegangen. Ist halt eine Abwägungsfrage.
Oh, vielen Dank für die schnelle Antwort. Hm, Deine Begründung für das Nicht-Komplett-Gehen klingen zum größeren Teil so, wie auch meine Gedanken zum Thema sind. Nur, dass sie bei FB quasi auf den Pfad der Tugend zurückkehren, also, nenne mich negativ, aber, das glaube ich nicht mehr so richtig. Manche Wege scheinen mir unumkehrbar. 😉
Zu den Kosten: Bitte nicht falsch verstehen. Aus Deinem Artikel und aus anderen Beiträgen von Dir erlaube ich mir die Meinung, dass ich schon denke, dass Du dir über die Konsequenzen Deines Handelns bewusst bist. Das war, ehrlich gesagt, mehr so in den Kommentar geschrieben, weil ich es immer wieder erlebe, dass Leute handeln und dann gleich danach quasi überrascht sind von den Folgen ihres Tuns. Das ist gerade in den Fällen überraschend, in denen man es mit Leuten zu tun hat, die ich als medienerfahren bezeichnen würde und die mit oder sogar im Netz ihr Geld verdienen. Aber, dennoch, ist das meine Erfahrung.
Achja und wegen „alle“. Damit meinte ich halt vor allem die nicht ganz so 100% netzaffine Klientel, die man sonst schlecht im Netz findet. Das Thema hatte ich auch in meinem vorletzten Podcast mit Antje: http://besondereumstaende.podcaster.de/bu/besondere-umstaende-episode-2/
Oh, den muss ich mir mal anhören. Nur vermutlich nicht mehr heute, da ich nachher auf eine kleine Rhein-Main-Rundreise gehe, die mich erst abends zurück bringt. Aber, aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Habe gerade schon einmal Stichworte durchgelesen. Klingt interessant. Danke für den Tipp!
Der Foebud kommt mit seinem Social Swarm-Projekt leider auch nicht so recht weiter.
http://www.foebud.org/socialswarm/social-networks-eine-neue-agora-fuer-demokratie-und-menschenrechte/
(Fällt mir in diesem Zusammenhang ein.)
@Sammelmappe: Das ist ja auch nur ein Meta-Projekt. Schwer zu beurteilen, was da „weiter kommen“ bedeutet. Im Wiki ist nix los jedenfalls. Der Foebud ist mir aber auch zu datenschutz-dogmatisch.
Hallo zusammen,
wer sich für das Thema „Understanding social media monopolies and their alternatives“ begeistern kann, dem sei das UnlikeUs-Netzwerk nahegelegt. Es ist ein Netzwerk von Akademikern, das sich mit ebendiesem Thema auf sozial- und kulturwissenschaftlicher Ebene auseinandersetzt. In dem Zusammenhang existiert eine (lesenswerte) Mailinglist und eine jährliche Konferenz:
http://networkcultures.org/wpmu/unlikeus
Grüße,W.
Nachfrage eines Ahnungslosen (ich hab zwar einen Facebook-Account, nutze ihn aber nicht aktiv, also ähnlich wie was du für die Zukunft beschlossen hast): was hat Facebook jetzt eigentlich Schlimmes eingeführt?
@Christian:
„Noch müssen nur Seiteninhaber zahlen, wenn sie wollen, dass ihre Inhalte
auch gesehen werden von denen, die sie sehen wollen, aber das soll
jetzt ausgeweitet werden auch auf ganz normale Accounts“
man soll dafür zahlen, dass der eigene Status länger oben bleibt in der Timeline der Freunde. Alle anderen wandern dafür natürlich nach unten.
Seit Tagen gibt es einen regelrechten Ansturm auf die OpenSource-Facebook-Alternative Diaspora.dazu auch: „Freier Informationsfluss ist längst zur
Grundlage einer freien Gesellschaft geworden und zum Bestandteil jeder
echten demokratischen Ordnung – die wir anstreben. “ http://www.freitag.de/autoren/the-babyshambler/support-diaspora-2013-das-system-sind-wir
Schön. Langsam scheint es ja vorwärts zu gehen.
Ich war nie auf Facebook. Ich hatte mal einen Account unter einem Pseudonym eingerichtet, um wenigstens mal reingucken zu können. Das habe ich dann aber nie gemacht, kriege aber alle 2 Tage Mails von Facebook mit der Frage „Kennst du Sven Jörns?“. Kennt den zufällig jemand? Und könnte jemand Mark Zuckerberg sagen, dass mich sein A….gesichter-Katalog nicht interessiert und er diesen Spam bitte abstellen soll?
Und was ist mit Diaspora oder Friendica? Weiß jemand, wie weit die schon sind?
@Musikdieb: Naja, also ich hab jetzt nicht gemerkt, dass ich damit ne große Welle ausgelöst hätte.
Den Spam kannst Du wohl nur selbst abstellen. Man kann da hunderte von Häkchen setzen und defaultmässig sind ziemlich viele gesetzt. Oder halt den Account gleich ganz löschen.
Friendica hab ich mir noch nicht angeguckt. Diaspora funktioniert so weit ganz leidlich, hat aber noch keine API (deswegen zB auch noch keine Mobile App), aber es gibt in letzter Zeit gute Nachrichten: http://www.finnchristiansen.de/?p=864 aber es ist immer noch recht still dort. Mich findest Du unter: benni@diasp.org.
sog. realnamen sind fiktion und werden zuerst durch den staat erzwungen („legitimisiert“). sind aber auch nur eine art von nym. kritik muss das thematisieren. klar wars nicht das kernthema hier aber es stört mich immer wieder
In unserem aktuellen Podcast hab ich mich auch mit Antje fast ne halbe Stunde lang über Facebook gestritten: http://besondereumstaende.podcaster.de/bu/besondere-umstaende-episode-4/
Vgl. dazu auch: Plötzlich plappern Anna und Arthur
Bin trotzdem unschlüssig.
Die erwähnten Maßnahmen von Facebook könnten für FB vielleicht sogar zum Verhängnis werden, meint dieser Herr: http://www.youtube.com/watch?v=l9ZqXlHl65g
@Egon: Ja, das erklärt sehr gut, warum ich damals da weg bin. Es erklärt leider nicht, warum ich wieder da bin 😉