Knol = Wikipedia + AdSense?
Google hat eine neue Plattform gestartet: Knol. »Share what you know« (»Teile, was du weisst«) ist der community-orientierte Slogan. Ist Knol so etwas wie eine Anti-Wikipedia? Bei Knol werden Artikel nicht kollektiv verfasst und verbessert, sondern von einzelnen Autor_innen. Diese können optional die Mitarbeit erlauben. Zunächst »gehören« die Artikel jedoch festen Autor_innen. Folglich kann es zu einem Thema auch mehrere Artikel geben.
Zu einem Artikel kann es Reviews, Kommentare oder Bewertungen geben — oder eben einen weiteren Artikel mit einer Gegenposition. Knol hat also keinen enzyklopädischen Anspruch wie Wikipedia, sondern will auch kontroverse Sichten sammeln. Per Default wird CC-sa als Lizenz vorgeschlagen, die jedoch in ein tradionelles »All Rights reserved« geändert werden kann.
Knackpunkt von Knol ist wohl Kombination mit AdSense.Wer will, kann seinen Beitrag mit kontext-abhängiger Werbung versehen. Wer viel gelesen wird, kassiert — in der Regel wohl im bescheidenen Umfang. Verbunden mit der dominierenden Suchmaschine von Google, sollen »Knols« (die Beiträge in Knol) ins Licht der Aufmerksamkeit gehoben werden, was wiederum mehr Leute anziehen soll, für Knol zu schreiben usw. Geplanter Netzwerk-Effekt nennt man das. Aber ob die kritische Masse erreicht werden kann?
Ohnehin scheint mir Googles Knol eine Neuauflage des gescheiterten deutschen Startups knol.de (offline) zu sein. Aufgekauft? Auch den anderen Inhabern von knol-Domains (vgl. knol.com) geht schon die Muffe, wenn Google anrollt. Aber Google muss nicht alles gelingen, und die Firma gibt sich alle Mühe das Microsoft des Web zu werden.
Knol ist nix Halbes und nix Ganzes. Es ist keine Enzyklopädie, aber auch keine Peer-Review basierte Open-Access-Plattform für Fachartikel, wie sie sich zunehmend im Wissenschaftsbereich durchsetzen. Letztlich kann jede_r alles veröffentlichen. Knol als Plattform für meine Website, auch nicht schlecht. Bloggen kann man bestimmt auch über Knol. Ohnehin sind Müll und Verschwörungstheorien mit unter sehr beliebt im Web. Nun ja, soll Google dafür halt zahlen. — Oder übersehe ich einen sozialen Regulationsmechanismus, den jede Commons brauchen, um zu gedeihen?
Die Motivation dahinter scheint mir das am meisten interessante.
Vielleicht ist dies ja nur ein Schachzug in die Richtung, Werbung in Wikipedia-Artikeln einblenden zu dürfen ?
@Thomas:
Auf Wikipedia-Clones darf jeder Werbung einblenden, spiegel.de und unzählige andere machen das ja auch schon. Ob dagegen die Wikipedia selbst Werbung zeigt, könnte nur die dortige Community (bzw. die Websitebetreiber) entscheiden, und darauf dürfte Knol keinen Einfluss haben.
@Stefan:
Für Google dürfte sich die Sache dank Adsense auf jeden Fall rechnen – Content-Hosting ist billig.
Soweit ich sehe, können die Leser/innen alle Artikel zumindest kommentieren und bewerten, das ist als Regulationsmechanismus ja schonmal nicht schlecht.
Als Anti-Wikipedia kann man das Ganze IMHO nicht sehen – es deckt einfach eine andere Nische ab (die von individuellen Standpunkten und Darstellungen zu einem bestimmten Thema), die die Wikipedia überhaupt nicht abdecken will. Damit könnte es durchaus eine gewissen Entlastungsfunktion für die pedia haben, wenn Leute, die mit dem dortigen kollektiven Editierungsprozess nicht klar kommen, dann eben zu Knol gehen.
Allerdings kann es natürlich für die pedia ein Problem werden, wenn allzu viele Leute abwandern, statt sich bei ihr einzubringen. IMHO hat die Community dort eine gewisse Tendenz entwickelt, Teilnehmer/innen zu verschrecken, indem allzu hart diskutiert und übertrieben strenge Relevanz-/Löschkriterien angewandt werden. Wenn die Konkurrenz durch Knol o.a. die Wikipedia-Community dazu bringt, wieder etwas großzügiger und Einsteiger-freundlicher zu werden, wäre das IMHO keine schlechte Sache.
Ich denke auch, Knol ist eine Ergänzung oder Alternative zur Wikipedia, jedoch keine Kopie. Neben dem kollektiv gesammeltem Wissen gibt es schon immer Einzelne Netzuser die ihr Wissen oder ihre Meinungen festhalten und ggf. zur Diskussion stellen wollen. Ich denke Knol setzt eher an diesem Punkt an.
Kurzer Telepolis-Artikel mit dummen Titel: Sozialismus ade
Ich sehe Knol als Chance, aber eben mit ihren Tücken. Was passiert eigentlich, wenn der erste einen langen Hass-Artikel gegen die Deutsche Bahn schreibt. Freundliche Schreibweise, aber niederschmetternde Fakten und Zahlen. Dieser Artikel wäre auf Knol nicht entfernbar. Und somit hochgefährlich, wenn man sich nicht vorher halbwegs vernünftig selbst positioniert.
Übrigens bildet sich gerade eine Community für Knol-Autoren sowie an Knol-Interessierte.
Wenn Knol so offen ist, dann wird sich die gesammelte Klugkeit wie Dummheit dort »repräsentativ« abbilden. Den »Neutralitätsnimbus« wie Wikipedia wird sich Knol nicht erwerben können. Wahrscheinlich wird es trotzdem genug Leute geben, die auf die Aussage »Steht bei Knol« etwas geben — vorausgesetzt Knol wird mal bekannter.
Vielleicht ist die beste Wirkung in der Tat die auf Wikipedia, wie Christian schreibt: Konkurrenz belebt das Nichtgeschäft 😉
Ich stimme Dir da ganz zu, bezogen auf die fragwürdige Knol Qualität (in der Masse) ebenso wie auf die Belebung des …“geschäfts“ 🙂
Was unterscheidet eigentlich Knol von den herkömmlichen Artikelverzeichnissen wie z.B. http://www.Online-Artikel.de?
Meiner Meinung nach nichts. Ich denke Google wollte Wiki Parole bieten und hat aus irgend einem Grund den Schwanz eingezogen.
Echt Traurig! Eine Alternative zu Wiki hätte mir sehr gefallen, da Wiki sich immer mehr zur einer geschlossen Community mausert.