Auskooperieren
Da ich diesen Begriff durchaus gerne benutze, will ich doch mal ein eigenen Beitrag dazu schreiben — damit ich den dann stets verlinken kann 😉
Der Begriff »out-cooperate« ist im Englischen wohl nicht total unüblich, aber auch nicht gerade weit verbreitet. Das deutsche Äquivalent »aus-kooperieren« oder ohne Bindestrich: »auskooperieren« ist hingegen eine Neuerfindung und wird derzeit nur im engeren Umfeld von keimform.de verwendet. Auch deswegen ist eine etwas ausführlichere Erläuterung sinnvoll.
Nun will ich nicht so gaaanz weit ausholen (und etwa erstmal »Kooperation« klären), sondern mich direkt auf die Quelle beziehen, die ich bislang immer angegeben habe: »Out-Cooperating the Empire? – Exchange with Christoph Spehr« (Juli 2006). Christoph Spehr entwickelt in dem Interview die beiden Seiten des Auskooperierens. Einerseits gibt es die »dunkle Seite der Kooperation«, bei der Firmen, Menschen oder allgemein Strukturen durch eine effektivere Produktionsform, die sehr stark auf massenhafte Kooperation setzt, verdrängt werden. Dies kann bis zur Pleite oder Aufgabe eines Geschäfts gehen, wie das jüngste Beispiel des Brockhaus zeigt. An die Stelle der verdrängten alten tritt eine neue Produktionsweise, die die »helle Seite der Kooperation« repräsentiert. Sie basiert auf neuen Formen der Zusammenarbeit jenseits der Verwertungslogik. Es geht also nicht nur etwas verloren (die alte Produktionsweise), sondern an die Stelle tritt etwas Neues, die Anfänge einer neuen Produktionsweise.
Auskooperieren darf jedoch nicht mit der traditionellen Konkurrenz verwechselt werden. Auskooperieren ist also nicht das gleiche wie rauskonkurrieren. Die klassische Marktkonkurrenz basiert darauf, dass ich auf dem Feld der Verwertung besser bin als der Konkurrent, der am Ende vom Feld verdrängt wird, so dass ich dessen Marktanteile und am Ende gar seine Produktionsmittel übernehmen kann.
Auskooperieren hingegen eröffnet ein neues Feld, das nach völlig anderen Regeln funktioniert, aber das gleiche Produkt herstellt. Die Massen-Kooperation spielt dabei eine zentrale Rolle. Sie kann nur durch eine progressive Inklusionslogik erreicht werden: Je mehr mitmachen, desto mehr machen mit. Auf dem Feld der Verwertung ist es genau umgekehrt: Je weniger Konkurrenten mitmischen, desto besser — für mich, wenn ich der Sieger und am Ende der Monopolist bin. — Das sei mal die einfache Sicht darauf, differenzierter wird es unten.
Die Dramatik des Auskooperierens besteht darin, dass real Menschen ihre Jobs und damit Lebensperspektiven (mindestens temporär) einbüßen. Wenn ich im Feld mit einer Exklusionslogik erstmal draußen bin, ist es schwer, wieder »rein« zu kommen, um dort dann wieder andere exkludieren zu können. Da hilft das Angebot vom Nebenfeld der Inklusionslogik erstmal gar nichts, weil ich dort mein Leben nicht fristen kann — dort läuft eben nichts oder nur wenig über Geld, das ich schließlich hier und heute irgendwann brauche, um meinen Kühlschrank zu füllen.
Jetzt hängt es stark davon ab, wie ich insgesamt diese Umbruchssituation begreife. Sehe ich sie nur als Verfallsprozess regulärer Strukturen eines normal funktionierenden Kapitalismus, dann kann ich nur gegen diesen Verfall sein und muss gegen ihn arbeiten, also mindestens retten, was zu retten ist. Der Staat wird angerufen, nach der besseren Politik wird gerufen und dergleichen mehr. Gewerkschaften sind die Inkarnation dieses legitimen Verteidigungsstandpunktes.
Sehe ich im Verfall aber die Kerne einer neuen Produktionsweise entstehen, dann ist die Frage, wie diese neue Produktionsweise, die sich ja erst ansatzweise zeigt, irgendwann meinen Kühlschrank füllt. Ja, das eine der Fragen hier auf keimform.de. Und die Peerconomy ist ein wichtiger Vorschlag in dieser Richtung. Christoph Spehr hat den Widerspruch in dem o.g. Interview von 2006 ganz gut formuliert (eigene Übersetzung):
In der Diskussion über eine alternative Ökonomie gibt im Moment zwei vorherrschende Diskussionen: Eine, die sagt, dass der Kapitalismus selbst aus-kooperiert und durch ein neues kooperatives Modell der ökonomischen Akkumulation, Verteilung, Information und Entscheidungsformen ersetzt werden muss. Das ist die Oekonux-Position. Die andere Position ist die eines stark regulierten Kapitalismus unter politischer Kontrolle, aber einer Ökonomie, in der die treibenden Kräfte und Regulationsformen kapitalistisch sind, eine Ökonomie des Profits, der Konkurrenz und des Privateigentums. Das ist de facto die Position der meisten linken Parteien in Europa. Das Argument der letzteren Position geht so: Kapitalismus ist hässlich, aber es gibt bisher kein anderes System, dass in Hinblick auf Innovationsgeschwindigkeit konkurrieren kann.
Nun, genau das letzte (Innovation) beginnt sich zu ändern, und das Auskooperieren ist eine Form, in der sich das zeigt. Die zweite von Christoph genannte Position (in der Minderheit derer, die überhaupt was anderes wollen) ist sicherlich in der deutlichen Mehrheit. Sie hat aber keine Perspektive. Doch das Festhalten am Alten ist verständlich, gibt es doch immer noch nichts greifbares Neues. Dennoch wirkt die Beschwörung von Institutionalisierung und Professionalisierung in dem Interview hilflos.
Steht nun »Auskooperieren« immer für »das Gute«? Nein. Nicht nur, weil es die oben beschriebene »dunkle« Seite gibt, sondern auch, weil die Cleverlis vom Spielfeld der Verwertung erkannt haben, dass die Methode des »Auskooperieren« ganz gut als Mittel der Konkurrenz verwendet werden kann. Diese Variante wird in der Regel beim Web-2.0-Business angewendet. Sie geht ungefähr so: Liefere eine coole Funktionalität im Bereich des social networkings, sorgen für massenhafte Kommunikation und Kooperation — und zwar kostenlos. Baue nun um die Masse, wenn sie dann mal kritisch geworden ist (sich also aus sich selbst produziert und ausdehnt), ein Geschäftsmodell. Meistens läuft das auf Werbung hinaus, seltener darauf, den Leuten direkt was zu verticken (weil die sich dann angenervt verpissen — es gibt Ausnahmen). Fertig ist das Trittbrettfahrer-Modell des Auskooperierens.
Jetzt, wo ich das gerade so durchdenke, fällt mir ein aktuelles Beispiel ein: re:publica. Die aktuelle Konferenz in diesem Jahr trägt den Titel »Die kritische Masse«. Die kritische Masse wofür? Zwei Möglichkeiten sind denkbar. Einmal die kritische Masse, um als Bloggerei als relevantes Medium neben den traditionellen Medien wahrgenommen zu werden, wie das in den USA durchaus der Fall, hierzulande aber gar nicht. Oder die kritische Masse dafür, dass ein Teil der Bloggerei sich auf Kosten des Fußvolks professionalisiert (sprich: Geld damit verdient), wie es etwa DonAlphonso vermutet. Geht es also hier um das klassische Auskooperieren eines überkommenen alten Modells wie der traditionellen Medienlandschaft, oder um eine gut getarnte Trittbrettfahrerei? Wahrscheinlich, wie immer, ist’s eine Mischung aus beidem.
Die Kooperation bzw. das theoretisch erdacht grundsätzliche „Aus-Kooperieren“ veralteter kapitalistischer Funktionsweisen ist (in meiner zunächst sehr oberflächlichen Betrachtung) mehr Wortgeklingel denn eine adäquate Beschreibung von Realtität und ihren Möglichkeiten.
Warum?
Nimmt man das „alte“ kapitalistische Prinzip, so erhält man – neben Nachteilen – eine Reihe einzigartiger Vorteile – und zwar in Bezug auf die Nachhaltigkeit des Wirtschaftens (*1), in Bezug auf die Fokussierung auf Kundeninteressen, in Bezug auf die Steuerung und Verteilung knapper Güter usw. usf.
Und der letzte Punkt macht dann den Unterschied. Solange Wirtschaften in erster Linie das Verfügen über knappe Güter bedeutet, wird sich ein marktwirtschaftliches bzw. kapitalistisches Wirtschaften nicht problemlos durch Kooperationen nach dem Wiki-Prinzip bzw. Free-Software-Prinzip ersetzten lassen.
Denkbar ist durchaus, dass kooperative Produktionsweisen sich ausweiten und stärker verbreiten – und zwar in Konkurrenz zu kapitalistischen Alternativen, aber nicht denkbar ist, dass dieses „kooperative Wirtschaften“ (das wäre mein Begriff) andere Wirtschaftsformen komplett ersetzt – jedenfalls nicht ohne schlimme Nachteile.
In einer Welt real knapper Güter stellt ein marktwirtschaftliches Prinzip (wenn eine Reihe wichtiger Bedingungen gewährleistet ist….) einen Allokationsmechanismus sicher, der bewirkt, dass die jeweiligen Güter via Marktmechanismus zum Punkt des höchsten Bedarfs gelangen.
(Wenn man einmal von einigermaßen fairer Leistungskonkurrenz ausgeht, einer fairen Vermögens- und Einkommensverteilung usw. usf. Da dies in der realen Welt nur teilweise gegeben ist, gilt das angeführte Argument nur graduell – immerhin)
Nimmt man das Internet als Wirtschafts- bzw. Produktionsraum, so stellt man – im Vergleich zu der übrigen Wirtschaftswelt – fest, dass hier die Produktionsmittel für viele Dinge i.d.R. drastisch günstiger sind (ein altes Laptop genügt!).
Das heißt – hier besteht eine ökonomische Sonderwelt.
Und nur darum funktioniert das kooperative Wirtschaften im Internet – relativ betrachtet – besser.
(Sorry wegen der Langatmigkeit meiner Gedankenführung – ich habs erstmal rausgehauen, relativ ungeordnet – und wie schon oben gesagt, erst einmal relativ undurchdacht, oberflächlich. Vielleicht findet sich hier ja trotzdem schon ein brauchbares Bröckchen.)
(*1) Das müsste ich mal etwas ausführlicher darstellen – so wirkt es vermutlich hochwidersprüchlich, geradezu kontrafaktisch – aber für das von mir behauptete Gegenteil des ersten Anscheins kann ich gute Gründe anführen.)
toshiba übrigens hat schon seit einiger zeit erkannt, dass auch im kapitalistischen wirtschaften kooperation wichtig ist. damit ist nicht nur die fusionierung von unternehmen gemeint, was man auch als zunehmende kooperation bezeichnen könnte. das spezifische an der gemeinten kooperation ist ja, das die leute nicht weisungsgebunden an höhere instanzen sind und dennoch kooperieren. dies gibt es auch unter konkurrenz. schließlich hat kooperation auch unter konkurrenz wechselseitig vorteilhafte konsequenzen. toshiba teilt z.b. nicht nur ressourcen sondern auch managementwissen. hierzu werden für kurze zeit manager konkurrierender unternehmen getauscht, um einblicke in fremde organisationsstrukturen zu erhalten, wenn die erkenntnisse nicht so einfach als verschriftliches wissen getauscht werden können. unentschieden bleibt meiner meinung nach, ob kooperation kapitalismus wirklich transzendiert oder nur eine verbesserte kapitalistische produktionsweise ist.
@Dr.Dean: Du gibst da nett das Mantra der Wiwi wieder, marktwirtschaften sei Umgang mit knappen Gütern, und weil Güter irgendwie immer knapp sind, muss es auch immer Marktwirtschaft geben.
Nö, das ist schlicht nich so. Im Bereich der Informationsgüter sieht man ziemlich deutlich, ja klar, ist Microsoft immer noch Monopolist und die vier Majors sind auch noch da. Aber das bröckelt — auskooperiert werden sie tagtäglich (via pirates oder creatives). Und EMI sucht schon das Weite. Das wird schon.
Im Bereich der stofflichen Güter ist das schwieriger, weil da jedes neue Stück neu hergestellt werden muss und dafür neue Ressourcen und neuen Aufwand braucht. Nun, da ist mehr Hirnschmalz reinzustecken, aber glücklicherweise hat das schon jemand getan: Christian Siefkes: From Exchange to Contributions. Da geht’s um die Ausweitung auf physische Güter. Ein diskutierenswerter Ansatz.
Was vielleicht ein bißchen einseitig rübergekommen ist: Ich stelle nicht Konkurrenz (=Kapitalismus) gegen Kooperation (=KeinKapitalismus). So schlicht ist es nun wirklich nicht. dangerous nerds schreibt völlig zu recht, dass kapitalistische Unternehmen selbstverständlich auch kooperieren. Das ist also kein Gegensatz, jedes Wirtschaften ist immer auch kooperativ.
Was ich nur zeigen wollte ist der Unterschied zwischen Kooperieren, um andere in der Konkurrenz auszustechen, und Kooperieren, um Konkurrenz als Mittel auszubooten. Das zweite nenne ich nun Auskooperieren. Wikipedia hat in diesem Sinne den Brockhaus nicht rauskonkurriert, sondern auskooperiert, weil Wikipedia einfach nicht auf dem Feld der Vermarktung von Enzyklopädien spielt. Trotzdem ist am Ende eine Enzyklopädie (und mit ihr die Arbeitsplätze) auf der Strecke geblieben. Und nicht nur eine.
Kürzer noch könnte ich vielleicht so formulieren: Auskooperieren geschieht, wenn sich die commons-basierte Produktion gegen eine proprietäre, privateigentümliche durchsetzt.
Das mit der Nachhaltigkeit des Kapitalismus halte ich allerdings wirklich für einen Scherz. Wenn du das aber glaubst, dann will ich darin nicht beirren, weil mir das in dem Zusammenhang nicht so wichtig ist.
@ „Du gibst da nett das Mantra der Wiwi wieder (…)“.
Verzeihung, da liegst Du glaubich ganz erheblich im Irrtum. Ich liege mit meinen Ansichten ziemlich am Rand der Wiwi, und hier beinahe so weit am Rand wie Marxisten. Aus dem Umstand, dass ich in Märkten (bei vernünftiger Regualation) recht viel Funktionalität erkenne, ergibt sich längst noch kein Mainstream. Es ist auch nicht so, dass ich Märkte sowie Privateigentum (das sind zwei Themen) sowie deren Verfasstheit für g~ttgewollt oder sonstwie für vorherbestimmt halte – im Sinne der dominierenden Unsichtbare-Hand-Sekte der Wiwis“. Da bin ich recht weit von entfernt, zumal die Realität komplexer ist.
Der Einwand von „dangerous nerds“ hat gleich auf eine wichtige Lücke meiner Argumentation gezeigt, nämlich, dass kooperatives Wirtschaften durchaus schon Teil der herkömmlichen Wirtschaftsweise ist – bzw. sein kann.
(Das gibt übrigens Gelegenheit, theoretisch – z.B. in Bezug auf oekonux-Diskussion – zu überlegen, ob mit diesen Kooperationsformen vielleicht auch Nachteile verbunden sein können, zum Beispiel dann, wenn einem bestimmten Kooperationsverbund in seinem jeweiligen Segment soziale Macht zuwächst. In Zusammenhang mit Web 2.0 wäre hier evtl. das Stichwort „Kumpanei“ anzuführen.)
@ „knappe Güter“
Ich denke, Stefan, mein Argument war schlecht formuliert – und ich vermute, Du verkennst den Einfluss, den die Knappheit (und Nicht-Teilbarkeit) von Gütern auf das ökonomische Modell hat.
Im Fall der Internetwirtschaft (Beispiel: Software) konstitutiert sich das Verhältnis aus Produktion und Verwertungszwang auf eine andere Weise, auch deshalb, weil sowohl die Produktionsmittel als auch die Güter selbst auf eine fundamental andere Weise „knapp“ sind. Software kann man z.B. teilen (das funktioniert bereits bei einem gewöhnlichen Stuhl schlechter), man kann sie z.B. weitergeben, ohne, dass einem selbst dabei etwas verloren geht.
Dieser Aspekt der Teilbarkeit erleichtert kooperatives Wirtschaften ganz ungemeinen. Und – sorry, das war meinem unzulänglich oberflächlichen Formulieren/Durchdenken geschuldet – dieser Teilbarkeitsaspekt gehört zentral zu meinem Argument mit den „knappen“ Gütern.
Teilbarkeit verändert das Wirtschaften. (zumindest potentiell)
Zu : „Im Bereich der Informationsgüter sieht man ziemlich deutlich, ja klar, ist Microsoft immer noch Monopolist und die vier Majors sind auch noch da.“
Ja. Das liegt natürlich auch an staatlichen Regulationen, und zwar künstlich und mit staatlicher Gewalt verliehenen Patent- und Exklusivansprüchen, welche die von Microsoft produzierten Informationsgüter künstlich verknappen.
Man mag hier fundamentale Zweifel daran haben (ich habe sie), inwieweit der eingeräumte staatliche Verwertungsschutz a) sinnvoll ist und b) sinnvoll gestaltet ist, sowie anschließend überlegen c) wie und ob es angebracht wäre, wegen der erheblichen Monopolnachteile, das jeweilige Monopol gemeinwohlförderlich zu re-regulieren.
Aber! Die Verknappung von eigentlich teilbaren Informationsgütern ist ja nicht zwangsläufig. Zwar liegt in der kapitalistischen Produktionsweise ein gewisser Automatismus des Verwertungsstrebens begründet – das schließt aber kooperatives Wirtschaften in der Informationstechnik nicht aus. In – teils sehr bedeutsamen – Teilbereichen ist tatsächlich das „Aus-Kooperieren“ möglich.
(Was Gelegenheit dazu gäbe, theoretisch zu überlegen, wo und wann das Aus-Kooperieren bzw. – eine Stufe davor – ein kooperatives Wirtschaften bei Informationsgütern möglich und sinnvoll ist. Ein Aspekt dabei ist: Kooperation und sogar Selbstlosigkeit sind fundamentale menschliche Prinzipien, welche bei herkömmlicher kapitalisitscher Wirtschaftsweise unterrepräsentiert sind. Insofern erlauben Informationsgüter – theoretisch – eine Rehumanisierung des Wirtschaftens)
@ „Im Bereich der stofflichen Güter ist das schwieriger, (…)“
Eben. Klar – es gibt hier viele hundert alternative Ansätze, nur: In vielen Fällen sind und bleiben venünftig regulierte Märkte eine gute Wirtschaftsweise – und das faktische Potential fundamental andersartiger Ökonomie ist eher begrenzt, und beinahe schlimmer noch, setzt oftmals die Existenz einer parallelen marktwirtschaftlichen Ordnung voraus. Wobei man natürlich – in Maßen allemal – sagen kann, dass die wettbewerblich-marktwirtschaftliche Wirtschaftsweise von parallel bestehenden Alternativordnungen (so nenne ich das mal) durchaus profitieren kann. Silikon Valley – aber auch viele ingenieursnahe Wirtschaftsbereiche legen den Verdacht nahe, dass seine Szenerie aus „Bastlern, Spinnern und Nerds“ sogar eine Voraussetzung (!) erfolgreichen kapitalisitischen Wirtschaftens sein kann.
Verzeihung, wenn ich die Parallelexistenz alternativer Wirtschaftsformen betone an Stelle einer systemischen Fundamentalalternative: Aber das halte ich für praxisnäher.
@ „Das mit der Nachhaltigkeit des Kapitalismus halte ich allerdings wirklich für einen Scherz.“
Ich verstehe Deinen Widerwillen gegen meine Behauptung – zumal ich bislang keine Begründung geliefert habe. Das könnte ich nachholen -falls Du interessiert bist.
Ich bin zwar nicht Stefan, aber die Argumente für nachhaltiges Wirtschaften im Kapitalismus würden mich dann schon sehr interessieren.
@Dr.Dean#4: Das mit der »Teilbarkeit« bei Software versteh ich nich, was nutzt dir eine halbe Software? Oder meinst du Kopierbarkeit?
Als Fundi hinterfrag ich immer alles, so auch die Knappheit. Knappheit ist keine natürliche Eigentschaft, sondern eine soziale Form der Produktion von Gütern als Waren. Als solche ist jede Knappheit künstlich. Die Argumentation ist recht simpel: Wenn es stimmt, dass die weltweiten Produktionskapizitäten ausreichen, um in etwa zwei Menschheiten zu versorgen (sagt die UNO), es aber die Marktwirtschaft noch nicht mal mit einer schafft, dann ist a) die Marktwirtschaft gescheitert (was kaum einen interessiert) und b) ist die Knappheit, die besteht, keine natürliche, sondern eine eben durch diese Marktwirschaft geschaffene. — Ergo: Jede Knappheit ist künstlich, sprich: muss nicht sein.
Und so sind halt die Sichtweisen unterschiedlich: Angesichts des beschriebenen Fakts, erscheint mir der Versuch, über Re-Regulationen oder alternative Parallelmarktwirschaften irgendwas zu verbessern, so praxisfern wie nur irgendwas, was die Entwicklung einer Fundamentalalternative sozusagen zur Pflicht macht, mit der schlicht das realisiert wird, was schon längst möglich ist: alle gut zu versorgen.
Aber eigentlich wollte ich ja nur den Begriff des Auskooperierens bestimmen. Und da finde ich immer noch meine Definition aus #3 ganz passend: Auskooperieren geschieht, wenn sich die commons-basierte Produktion gegen eine proprietäre, privateigentümliche durchsetzt. Insofern ist Auskooperieren ein Beitrag zum nachhaltigen Entwirtschaften 🙂
Was ist „natürlich“, was ist „künstlich“? Das zentrale Problem ist hier, daß der Mensch sowohl Teil der Natur, als auch der Gesellschaft ist. Er ist also beides in einem, und keinem dieser beiden Aspekte kann er entgehen. Wenn Du sagst:
– dann ist das eine Verkürzung, die nicht ganz ungefährlich ist: die Endlichkeit von grundlegenden Resourcen läßt sich nicht wegdiskutieren – und Markt ist nicht gleich Kapitalismus.
Dies nur mal als zwei Stichworte – Dr. Dean hat ein paar interessante Punkte benannt, über die man nicht so flott hinweglesen sollte.
[Off-topic: ich stolpere hier herein, weil ich über F!XMBR auf die Debatte über re:publica gestoßen bin. Sehr interessante Standpunkte, generell hier auf diesen Seiten.]
@Michael: Na, du reisst genau die richtigen Fragen auf 🙂 Ok, ich versuchs mal.
natürlich/künstlich: Das bezog sich natürlich, ähm, tatsächlich nicht auf Menschen, sondern auf die Güter, die knapp sein sollen. Kernaussage: Knappheit ist was soziales, und nichts natürliches, Knappheit wird gemacht und ist nicht einfach da. Siehe meine logische Ableitung oben. Die hast du weggekürzt. Aber ich kann verstehen, dass du das komisch findest, denn buchstäblich (naja: fast) alle erzählen was anderes. Aber da kann ich nix für, dass die alle falsch liegen. Ich kann mir aber gut vorstellen, warum das alle glauben: Sonst gäbs keinen Grund mehr für die Marktwirschaft. Merke: Marktwirtschaft ist das soziale System, dass sich seine eigene Begründung produziert: die Knappheit. Und alle denken dann, das sei natürlich. Ts.
Endlichkeit: Ja, da stimme ich dir sofort zu, etliche Ressourcen.sind endlich. Ich will jetzt nicht anführen, dass das auch irgendwie tautologisch ist, weil ja alles endlich ist. Nein, das Argument lass ich mal weg. Wichtiger ist: Endlichkeit ist nicht gleich Knappheit. Aus Endlichkeit folgt nicht notwendig Knappheit. Ist ja auch logisch, weil Endlichkeit eine natürliche Eigenschaft der Dinge ist, und Knappheit eine soziale. Siehe oben.
Markt: Ja, auch hier hast du recht: Nicht jeder Markt ist gleich Kapitalismus. Auch die alten Gesellschaften hatten Märkte, aber keinen Kapitalismus. Aber die früheren Gesellschaften waren dennoch keine Marktwirtschaften. Gleichsetzen würde ich also nicht Markt und Kapitalismus, sondern Marktwirtschaft und Kapitalismus. Ok?
[@Off-topic: Willkommen 🙂 ]
Das ist mir zu einfach.
Knappheit, in ihrer Urform, ist durch Hunger definiert. Die erste
Antriebsfeder ist also Natur.
Das schlägt in jenem Moment um, wo der Hunger theoretisch
befriedigt werden könnte, wo die „Mehrproduktion“ jedoch dazu
benutzt wird, dem König/Priester/Herrscher Privilegien zu
verschaffen. An dieser Stelle ist Knappheit gemacht, gemacht durch
soziales Handeln (das ist der Punkt, den Deine logische
Herleitung aufs Korn nimmt).
Ein weiteres Moment betrifft das Umschlagen von gesellschaftlichen
Strukturen in eine zweite Natur: Knappheit
z.B.drückt sich ja auch aus im physischen Leiden
eines HarzIV-Empfängers, der sich den Gang ins Kino nicht mehr
leisten kann – das ist ein gesellschaftlich produziertes Analog zum
Hunger.
Die „Endlichkeit“ bzw. der „Mangel“ an gewissen Ressourcen bekommst Du
nicht dadurch aus dem Weg, indem Du sagst, alles sei endlich 🙂
Ich wollte darauf hinaus, daß die Marktmechanismen, die Adam
Smith beschreibt, nicht einmal der Wegbereiter dessen sind, was wir
heute beobachten – paraphrasiert: ein Markt, auf dem jeder die gleichen
Chancen hat, ist eine wunderbare Utopie. Man müßte
untersuchen, warum diese Utopie nie eine Chance hatte.
Ich möchte ein paar Fragen stellen, indem ich in die von Michael geschlagene Kerbe stoße und meine Fragen als Thesen formulieren. Ich denke, dass dies eine der zentralen Fragen im Zusammenhang deines Artikels ist, auch wenn ich vorwegschieben möchte, dass mir deine Denkansätze neu sind und deshalb vielleicht das ein oder andere Missverständnis entstehen könnte, weil ich Fachtermini falsch verstehe.
Die Frage nach der natürlich oder künstlichen Knappheit würde ich gerne direkt in die Gesellschaft tragen und so das Argument des sowohl natürlich wie auch künstlichen Menschen aufgreifen. Denn nicht nur Waren sind knapp. Aufmerksamkeit, Liebe, Gefühl und Zweisamkeit sind knapp durch das Verrinnen von Zeit, unterschiedliche Auffassungen von z.B. Schönheit und Charakter (Der eine Mensch möchte mit dem anderen Zusammen sein, der andere möchte nicht) führen auch zu einer Verknappung von „Lebensqualität“ auf die im Endeffekt das Alloquationsproblem hinausläuft. Selbst den Wiwi-Fundis muss man unterstellen, dass sie eine „glücklichere“ Welt als Ziel ausgeben.
Was ich damit sagen will, ist nicht, dass Knappheit ein ontologisch feststehendes Damoklesschwert der Menschheit ist, sonder wie du Stefan sagst eine immer gemachte Komponente, eine soziale Angelegenheit. Worauf ich hinaus will, ist die Vermutung, dass eine gegen Warenalloquation geführte Strategie das Problem der Verteilung nicht lösen, sondern nur verschieben wird.
Nicht umsonst hat Kant das Gefangenendillema als das schwierigste Problem der Menschheit aufgefasst und dabei wohl weniger an ökonomische zusammenhänge gedacht. Die gegenseitige Kooperation ist das klar ausgewiesene Ziel aber ich sehe in deiner Argumentation der Auskooperation nicht ganz den Weg dazu. Das Problem, das Dr. Dean angesprochen hat steht mir dabei im Weg. Wie willst du diese Strategie in Bereiche einführen, die eben nicht sehr leicht reproduzierbar sind? Gefühle sind dies nicht, auch wenn dies wiederum nicht ontologisch verstanden werden soll, sondern eben genau durch das, was wir Gesellschaft nennen und kein wohlgeformter Kuchen ist, von dem sich jeder ein Stück abschneiden kann. Ich möchte nicht mit jedem Menschen meine Zeit teilen müssen, nur um der Kooperation nicht im Wege zu stehen, gleichwohl ich auch nicht unbedingt meinen Besitz mit jedem teilen möchte, mir das zu tun aber um einiges besser vorstellen kann als mit Hinz und Kunz die zeit meines Lebens verbringen zu müssen.
Mir ist gerade der Satz eingefallen, dass nach dem Wegfall des Problems der Warenalloquation dann eben wieder Kriege um Frauen geführt werden, aber erstens wäre das ein wenig zu polemisch und prophetisch und zweitens würde ich mir wünschen, dass irgendwann einmal Gedanken dazu führen, dass Güter gerechter und auch zuverlässiger verteilt werden können und man sich um eventuelle darauffolgende Probleme noch früh genug den Kopf zerbrechen kann.
@Michael#9:
Wenn du Hunger hast, dann iss was, dann hast du keinen Hunger mehr. Hunger ist nicht Knappheit. Knappheit ist, wenn du nicht an Essen rankommst. Knappheit bezieht sich auf die Güter: »Knappheit liegt vor, wenn ein materielles oder ideelles Gut in geringerer Menge vorhanden ist, als man seiner bedarf.« (Wikipedia)
Dann stimme ich dir zu:
Ja, genau darum geht’s mir. Wenn man das mal erkannt hat (jetzt sind es schon 2 Leute), dann kann man das soziale Handeln auch ändern. Wie, da wird es schwieirg (aber nicht unmöglich). Und ja, diese sozial gemachte Knappheit führt zu Leiden, denn das Schlimmste ist, nicht mehr über seine eigenen Bedingungen verfügen zu können, weil Knappheit herrscht.
Dann noch ein guter Vorschlag von dir: Knappheit sollte von Mangel unterschieden werden. Richtig, was nutzt es, wenn x zwar potenziell genug da ist, aber erst ausgebuddelt werden muss, es aktuell also daran mangelt. Und auch nach einem Krieg herrscht erstmal nichts weiter als akuter Mangel. Wenn aber Wirtschaft Mangel nur in Knappheit transformiert, also den Mangel nicht abschafft, dann hat sie versagt. Wie die Marktwirtschaft. Die hat empirisch gesehen versagt. Ich verstehe nicht, warum das nicht mal jemand klar ausspricht. Wahrscheinlich, weil der eigene Kühlschrank gerade voll ist.
Und so löst sich auch die Utopie von Adam Smith schnell auf: Ein ökonomisches System, dass Knappheit herstellt, um funktionieren zu können, kann nicht funktionieren — unabhänigig davon, ob die Chancen anfangs gleich verteilt sind oder nicht.
@soeren#10: Ähm, was meinst du mit dem »künstlichen Menschen«? Typo?
Dann sprichst du das Hammerproblem an. Dabei fällt mir auf, dass hierzu ein Eintrag bei Wikipedia fehlt. Hm, ok, das Hammerproblem kennst du bestimmt: »Wer nur einen Hammer denken kann, für den besteht die Welt aus Nägeln«. Es geht hier um ein Problem der Begriffe, die unsere Wahrnehmung und unserer Denken strukturieren. Etwas ähnliches machst du mit der Knappheit, wenn du fragst: Ist nicht irgendwie alles knapp? Liebe, Zahnpasta, Zeit und Raumschiffe? — Nee, sorry, so geht’s nicht. Zwar kann man alltäglich ohne Probleme von »knapp« reden (»Knapp daneben ist auch vorbei«), aber hier müssen wir redlicher mit den Worten umgehen, hier sind Worte Begriffe, oder sollten es zumindest sein.
Deswegen: Nein, Liebe und so weiter lassen sich nicht mit dem Begriff der Knappheit fassen. Wie schon mit Michael diskutiert: Knappheit bezieht sich auf Güter, und zwar auf Güter, die hergestellt werden. Ok, wieder was gelernt: Knappheit ist die soziale Form der Marktwirtschaft, Güter zu produzieren und zu allozieren.
Aber fein ist, dass auch du mir zustimmst, dass Knappheit
ist — jetzt sind wir schon drei 😉
Jetzt kommt dein zentraler Punkt. du sagst nämlich, dass
Mal sehn was Wikipedia zu »Allokation« (mit »qu« habe ich das noch nie gesehen, ist das trotzdem gültig?) sagt:
Aha, dort siehst du das Problem: Es geht um knappe Ressourcen (hier ganz allgemein gemeint, nicht bloß Rohstoffe oder so). Das Kind liegt also schon iim Brunnen, da hilft auch die beste Allokation nicht mehr.
Das Problem scheint mir noch vor der Allokation zu liegen: Die Güter werden schon als knappe Ressourcen hergestellt, kommen sozusagen schon knapp auf die Welt, obwohl sie eigentlich reichhaltig vorhanden sind oder reichhaltig hergestellt werden könnten (siehe die UNO-Feststellung über die Doppelversorgtheit der Weltbevölkerung). Das Problem ist also die Herstellung von Gütern in der sozialen Form der Ware. Ja, auch die Ware ist genauso wie die Knappheit keine natürliche Form, sondern eine soziale Form. Güter müssen keine Waren sein (und sind es ja auch nicht immer), aber in der Marktwirtschaft werden sie in dieser sozialen Form hergestellt.
Wenn man drüber nachdenkt, nehmen Güter überhaupt sehr viele Formen an. Das habe ich anderenorts mal versucht, systematisch aufzudröseln. Unter anderem habe ich auch über die Knappheit nachgedacht. Wen’s also interessiert, hier steht’s ausführlicher: »Der Kampf um die Warenform«. In dem Artikel geht’s mir zwar um eine spezielle Sorte von Gütern, nämlich um Universalgüter, aber das war nur der Anlass, der Artikel kann auch allgemeiner gelesen werden. Der Artikel wurde schon heftig diskutiert, manchmal arg speziell.
Den Begriff des Auskooperierens habe ich mit dem Blogpost hier nicht als ultimativen Schlüssel für eine bessere Zukunft einführen wollen. Ich wollte nur für Prozesse, die vor unseren Augen ablaufen und die einen ambivalenten Charakter haben, einen neuen Terminus einführen (der auch gar nicht von mir stammt, wie erwähnt), um zum Beispiel der Dichotomie von »Kooperation vs. Konkurrenz« zu entgehen. Das Auskooperieren ist also nicht »die Lösung«, aber dennoch ein historisch neues und auch ziemlich mächtiges Mittel, so manches Unternehmen zur Strecke zu bringen, in dem man neben der normalen Warenproduktion eine Freie Produktion einrichtet. Das finde ich sehr faszinierend.
Wenn du, Soeren, nun deine Gefühle und Ängste wieder aus der Knappheit raussortierst, dann kannst du dich entspannen: Du musst mit niemandem deine Zeit teilen 🙂 Daraus kann man aber verallgemeinert ein wichtiges Kriterium ableiten: Jede nichtknappe Form der Güterproduktion muss auf der Freiwilligkeit basieren. — Na, habe ich damit wieder eine Provokation in den Ring geworfen?
Finally deine ultimative Frage:
Unter anderem dafür haben wir dieses Blog hier gegründet, um dieser Frage nachzugehen. Also: Stay tuned 🙂
Nur kurz zu deinem ersten Abschnitt, um deine Frage und das „Hammerproblem“ zu klären, denn den Rest muss ich erst überdenken und will keine vorschenelle Antwort bringen.
Mit dem natürlich und künstlichen Menschen will ich nur darauf hinweisen, dass es in solcherlei Diskussionen besser ist, den Menschen nicht als Einheitliches zu begreifen. Der Mensch ist und reaktualisiert sich dennoch immer wieder aufs neue, durch sich selbst, Gesellschaft und alle möglichen Strukturen dazwischen. Ich denke einfach nicht, dass natürlich und künstlich sinnvolle Beschreibungen sind, da es immer perspektivische Beschreibungen sind und somit Einfluss auf das Beschriebene haben. Eine Trennung von künstlichen und natürlichen Waren halte ich deshalb für nicht angemessen, weshalb ich auch zum zweiten Punkt, dem Hammerprobleme komme.
Genau wegen der nicht ontologisch oder anthropologisch zu denkenden Aufteilung von natürlich und künstlich muss eine genaue Begriffsdefinition am Anfang stehen, wie du auch schreibst. Knappheit allerdings für Waren zu reservieren, weil sie hergestellt werden, halte ich nicht nur für zu eng, sondern für falsch. Was meinst du mit hergestellt? Was unterscheidet das Herstellen vom einfachen Handeln, Fühlen, Tun? Knapp ist alles ist falsch, denn knapp ist vor allem Zeit, denn die Zeit stellt die einzige Komponente dar, die Material (Masse) begrenzt. Material gibt es für uns Menschen unbegrenzt, denn die Welt ist nicht genug:) Die soziale Knappheit resultiert doch aus dem begrenzten sozialen Spielraum den wir durch eine eingegrenzte Lebenszeit haben. Wenn du mich also so verstanden hats, dass alles knapp ist, dann wäre es allerdings ein Hammerproblem. Aber alles ist nur deshalb kanpp, weil Zeit die einzige knappe Ressource ist, die wir haben. Würde ich unendlich lange Leben könnte ich auch unendlich lange mit Hinz und Kunz verweilen, denn ich hätte kein Problem der Teilung.
Ich meine, was soll denn sonst die soziale Komponente an der Knappheit sein? Die Herstellung? Können und machen auch Roboter, wenn auch erst in Zukunftsszenarien so ausgeweitet, dass es keine soziale Komponente mehr sein kann. Es ist doch vielmehr die Entscheidung desjenigen Kapitaleigners, der die Roboter eben nicht auf volle leistung, sondern auf seinen vollen Geldbeutel münt. Warum aber macht er das? Weil er begrenzte Lebenszeit hat und diese durch Mittel des verdienten Geldes so „gut“ wie möglich verbringen zu können.
@soeren#13: Vielleicht liest du beim Nachdenken auch nochmal meine früheren Kommentare, insbesondere #8: künstlich/natürlich habe ich auf die Knappheit bezogen, auf mehr nicht. Nicht auf Menschen und auch nicht auf Waren. Explizit nicht.
Wenn du jetzt über zu wenig (»knappe«) Zeit schreiben möchtest, dann beginnst du ein neues Thema. Schreib doch einen Blogpost dazu und pinge diesen Beitrag hier an. Dann haben wir eine vernetzte Diskussion.
Was »herstellen« ist? Ähm, jetzt wird es sehr allgemein. Mit Herstellen meine ich gesellschaftlich produzieren. Darum geht es in dieser Diskussion: Ist Wirtschaft der Umgang mit knappen Gütern (vgl. Kommentar #3)? Wo kommt die Knappheit her, ist sie einfach »da« oder wird sie »gemacht«?
Nein, die soziale Knappheit hat nichts mit irgendwelchen individuellen Spielräumen zu tun oder begrenzter Lebenszeit. Es geht hier gar nicht um Individuen, sondern darum, wie wir gesellschaftlich produzieren und dabei unsere Lebensbedingungen herstellen. Dieses »wie« ist das Soziale, ist die gesellschaftliche Form. Wir tun dies in Form der Marktwirtschaft (die sich manchmal das tautologische Adjektiv »sozial« beifügt). Das ist die soziale Form. Und diese soziale Form produziert Knappheit. Ohne Knappheit funktioniert sie nämlich nicht. Und das ist, bei Lichte besehen, ziemlich verrückt.
(Ich habe gerade eine ausführliche Antwort ins Datennirvana geschickt – diese Kommentarfunktionen sind, wenn es um ernsthafte Diskussionen geht, das Allerletzte. Ich starte auf meiner Seite mal einen eigen Thread, und verschicke bei Gelegenheit einen Trackback. Interessantes Thema, kluge Gedanken)
Manueller Feedback:
[…]Die Fragen sind alle richtig; ebenso hier und da die Antworten. Der lockere Ton hingegen, in dem These um These in den Raum gestellt wird, paßt nicht, und tötet in letzter Instanz jede Frage.[…]
Hrr… Trackback
@Michael#16: Meine Antwort dann auch dort.
@Michael#15: Mich interessiert, wie eine Dir nützliche technische Unterstützung von Diskussion aussieht.
Fehlt Dir ein wysiwyg-Editor beim Kommentieren oder was anderes ?
Nochmal inhaltlich:
Alle Argumente, die Du für Knappheit als gesellschaftlich Produziertes aufführst, sind richtig und werden von mir voll unterschrieben. Das ist aber leider nur die halbe Miete (und ich will jetzt nicht den Rechthaber herauskehren, sondern zu bedenken geben, daß möglicherweise mehr hinter dem Problem steckt, als bisher zur Sprache kam):
Deine Argumentation beschreibt nämlich nur den Ist-Zustand, vergißt aber den historisch-dialektischen Rahmen des Entstehens solcher Form der Knappheit. Da war mal ein anderer Zustand, nämlich von der Natur „verursachte“, „echte“ Knappheit (Tüddelchen, weil die Begriffe unsauber sind).
Daraus folgt, daß Du die Konsequenzen übersiehst, die die Dialektik zwischen Natur und Gesellschaft hat: etwas, was Natur entspringt, wird bei seiner Aneigung durch den Menschen zwar zu einem gesellschaftlichen Phänomen. Es erscheint den Menschen aber als Teil der Natur.
Ohne diesen Zusammenhang im Auge läßt sich der marxistische Ideologiebegriff nicht verstehen – und erst recht nicht der Begriff von der „Zweiten Natur“, den Adorno im Gepäck hat, wenn er in der Negativen Dialektik einen direkten Weg von der Aufklärung nach Auschwitz zeichnet.
Das alles ist nicht auf meinem Mist gewachsen, das sind Hegel, Marx, und Kritische Theorie (Adorno, Marcuse). Aber vielleicht ist das ja längst überholt, wer weiß…
Egal: ich verweise noch auf die Netzprodukte, eine Sammlung von Texten, die meine Position zum Themenkreis sammeln sollen. Über Kommentare aus dieser Ecke wäre ich hocherfreut.
@Thomas Kalka:
@Thomas Kalka:
Ganz einfach eigentlich: eine Funktion zum Zwischenspeichern 🙂
Ich hatte die #15 vernichtet, weil ich „Speichern“ gedrückt hatte, ohne die „Name“- und „E-Mail“-Zeilen auszufüllen – da nutzt dann auch der „Back“-Button im Browser nichts, der Eintrag ist weg.
Hmm – sowas könnte ich für meine eigene Kommentarfunktion ja auch mal basteln…
@Michael#20: Na, ich hab’s doch geahnt, wir sind nicht soweit auseinander. Jetzt verstehe ich auch eher, was du mit der »Natur« sagen willst.
Mein Vorschlag, die Naturbedingungen mit einzubeziehen, wäre, drei Aspekte der gleichen Sache, die sonst uniform »Knappheit« genannt wird, voneinander begrifflich zu unterscheiden: Voraussetzungen (oder: Bedingungen), Begrenzungen und Knappheit. Das habe ich hier ausgeführt (Absätze 37 bis 47). Ich will es in diesem Kommentar nicht wiederholen.
Ergebnis ist ein gesellschaftstheoretischer (»sozialer«) Knappheitsbegriff, der auch nur für Bedingungen der Warenproduktion angemessen ist. Insofern hast du recht, dass ich stets nur die aktuellen Verhältnissen gemeint habe und nicht die vor-kapitalistischen.
@Michael#21:
Hmm, habe gerade mit Opera probiert. Per „back-button“ ist alles noch da, was ich eingab.
… mit Firefox leider nicht. Habe eine Weile versucht, den Reload der Seite bei Nutzung des „back buttons“ nach Fehlermeldung zu unterbinden, aber leider vergeblich. Falls jemand eine Lösung kennt: her damit
… und nun gehts doch;
falls es wen interessiert warum: hier ist’s erklärt