Fühlt sich in dieser Gesellschaft jemand dazu berufen, etwas über Motivation zu sagen, dann unterscheidet sie*er ziemlich schnell zwischen intrinsischer und extrinsischer Motivation. Und das klingt ja auch irgendwie naheliegend, Menschen können aufgrund ‚innerer‘ oder ‚äußerer‘ Gründe etwas tun. Ob dann handeln, weil man etwas richtig findet oder weil man sonst eingesperrt wird, beides motiviert heißen muss, ist dann schon fraglich. Aber das ist bei weitem nicht der größte Fehler, den die hegemoniale Theorie intrinsischer/extrinsischer Motivation zu bieten hat. Ihre wissenschaftlich-hegemoniale Fassung – glücklicherweise nicht ihre alltagstheoretisch-hegemoniale – trennt den Menschen von der Welt, isoliert ihn zu einer selbstbezogenen Monade, verschleiert systematisch und strukturell Herrschaft und verhindert theoretisch eine befreite Gesellschaft. Wäre intrinsisch/extrinsische Motivation nur irgendeine Kleinst-Motivationstheorie, who cares, aber sie ist absolut hegemonial in der Motivationstheorie. Kaum ein Nachdenken über Motivation in dieser Gesellschaft kommt an ihr vorbei. Und well, Motivationstheorien denken ja auch nur darüber nach, was Menschen eigentlich machen wollen in ihrem Leben.
(mehr …)Schlagwort: motivation
Freie Software und Commons
Digitale Ausnahme oder Beginn einer postkapitalistischen Produktionsweise?
[Artikel aus der Ausgabe 2/2016 der Zeitschrift Navigationen (S. 37–53). Die gesamte Ausgabe zum Thema „Medienwissenschaft und Kapitalismuskritik“ kann frei heruntergeladen werden.]
Zusammenfassung
Eben Moglen sieht mit der Freien Software das Ende des »geistigen Eigentums« heraufdämmern. Digital repräsentierbare Informationen widersetzen sich der Eigentumsform, weil sie frei kopierbar sind. Deshalb sieht Moglen in diesem »anarchistischen« Ansatz, bei dem jeder die Werke anderer nicht nur nutzen, sondern auch verbessern darf, die einzig angemessene Produktionsweise – allerdings nur für Informationsgüter. Yochai Benkler verallgemeinert den Ansatz zur »commons-based peer production« und identifiziert das zugrunde liegende, sehr alte gesellschaftliche Organisationsprinzip: die Commons. Jeremy Rifkin will nichts von einer Begrenzung auf die Informationssphäre wissen, sondern sagt den »kollaborativen Commons« eine große Zukunft voraus, in der sie den Kapitalismus Schritt für Schritt zurückdrängen, bis er in einer »hybriden Wirtschaft« nur noch eine untergeordnete Rolle spielt. Doch Benkler wie Rifkin gehen von einer problematischen Konzeption von »Grenzkosten« aus, die ihre Ergebnisse verzerrt. Warum die Commons trotzdem als Hoffnungsträger gelten können, wird in diesem Text gezeigt.
Das motivierte Leben
[Kolumne Immaterial World in der Wiener Zeitschrift Streifzüge]
Ein gutes Leben ist eines, dass wir voller Energie und Schöpfungskraft führen können, eines, das uns die Entfaltung unserer Individualität ermöglicht. Ein Leben voller Motivation. Doch wie geht ein „Leben voller Motivation“? Ist Motivation eine Individualtechnik, die jede und jeder erlernen kann? Wie kann ich mich selbst motivieren? So oder ähnlich fragt es uns aus den Ratgeber-Büchern und bunten Blättern heraus, so grundfalsch und so ideologisch.
Home Stories: Keimformen, Wünsche und Zufallsfunde
[Alle »Keimformen«-Artikel in Streifzüge 60/2014]
Einem lieben Wunsch kann leicht passieren, dass er etwas findet, was er zu schnell für das Gesuchte hält. Columbus glaubte bis an sein Lebensende daran, 1492 den Seeweg nach China (das damals zu „Indien“ zählte) entdeckt zu haben, obwohl er auf einem ganz anderen Kontinent gelandet war. Manchmal ist es sicherer, auf unerwartete oder gar unerwünschte Entdeckungen zu setzen.
On Cognitive Surplus and Generosity
EN: Clay Shirky’s talk from 2010 is still valid: What do we do with 3 Trillion hours of spare time? Changing society!
DE: Clay Shirkys Vortrag von 2010 ist aktuell: Was machen wir mit 3 Millarden Stunden freier Zeit? Gesellschaft verändern!
Selbstentfaltung (English)
[English version of the original german article, translated by Pauline Schwarze — thanks a lot!]
“Have a lot of fun” is the legendary hacker greeting. Having fun? Isn’t that the epitome of our meaningless and dump “fun culture” of comedy & Co? Not at all. The greeting refers to the motivation of committing oneself to a complex and self-imposed task – such as software development or other nice and useful things. Voluntariness in these things is of the essence. Wanting to commit to a self-imposed goal is the purpose as well as an end in itself.
Selbstentfaltung
[Kolumne Immaterial World in der Wiener Zeitschrift Streifzüge]
„Have a lot of fun“ lautet der legendäre Hackergruß. Spaß haben? Steht das nicht für die inhaltsentleerte dumpf-blöde „Spaßkultur“ von Comedy & Co? Weit gefehlt. Der Gruß verweist auf die Motivation, sich einer komplexen selbstgestellten Aufgabe hinzugeben – wie die der Entwicklung von Software oder anderen nützlichen und schönen Dingen. Das Entscheidende dabei ist die Freiwilligkeit, ist es, sich lustvoll einem selbstgewählten Ziel zu verschreiben, ist die Identität von Zweck und Selbstzweck.