Autor: Christian Siefkes

Fundamentalistischer Heimunterricht

Bei Telepolis ein bisschen Gegengift für alle, die glauben, dass es eine gute Idee wäre, ausgerechnet den Eltern zu überlassen, was und wie ihre Kinder lernen (und nicht der Gesellschaft – heutzutage zugegebenermaßen mehr schlecht als recht durch den Staat repräsentiert – und/oder den Kindern selbst):

Für den Hausunterricht entscheiden sich Eltern vor allem, um ihre Kinder fern von den Schulen zu halten, in denen sie um ihre Sicherheit fürchten und Sorge haben, dass sie an Drogen kommen oder unter den Druck von Mitschülern geraten. Fast ebenso oft werden religiöse oder moralische Gründe genannt. 72% der Eltern gaben an, ihre Entscheidung für den Hausunterricht sei aufgrund des Wunsches entstanden, religiöse und moralische Lehren zu vermitteln. Sexualität oder Keuschheit spielt bei den Fundamentalisten natürlich auch eine große Rolle. Man sorgt sich nicht nur, dass die Jugendlichen von ihren Altersgenossen verführt, sondern womöglich auch noch homosexuell werden könnten. […]

Nachdem die Fundamentalisten es mitunter nicht erreichen, im Unterricht etwa die Evolutionstheorie durch den Kreationismus bzw. Intelligent Design zu ergänzen oder gar zu ersetzen, könnte der Drang zum Ausstieg aus der Schule noch stärker werden. Lehrbücher für Biologie, die beispielsweise vom Beka Verlag für den Heimunterricht angeboten werden, sind denn auch ideologisch auf Bibeltreue getrimmt.

Tja, dagegen ist die Schule dann wirklich das kleinere Übel…

Kongress: Wie wollen wir wirtschaften?

In zwei Wochen (24.-26.11.) findet in Berlin der Kongress „Wie wollen wir wirtschaften? Solidarische Ökonomie im globalisierten Kapitalismus“ statt. Ein Großteil der Veranstaltungen dürfte für unsere Fragestellung zwar nicht besonders ergiebig sein – zumeist handelt es sich wohl um Attac-artige Träume von einem „netten” Kapitalismus oder um dröge „Alternativen” wie Tauschringe und Subsistenzwirtschaft. Es gibt aber einen Workshop der Stiftung Fraueninitiative, der die Warenform wenigstens vom Titel hinter sich lässt: „Wie weiter? Gedankenaustausch zu zukünftigen theoretischen und praktischen Handlungsfeldern für waren- und herrschaftskritisches Wirtschaften, Arbeiten, Leben“. Als weitere Veranstaltungen, die interessant sein könnten, sind mir aufgefallen:

Am Sonntag morgen gibt es u.a. Veranstaltungen zu Umsonstläden und zur „Sozialistischen Selbsthilfe Mülheim”. Die Kulturflatrate-Verfechter sind ebenfalls vertreten (auch hier und hier und hier).

Sabine Nuss bloggt jetzt auch

und zwar hier. Sabine hat eine sehr lesenswerte Dissertation zu „Aneignungskonflikten um geistiges Eigentum im informationellen Kapitalismus“ geschrieben, in der sie sich kritisch mit der Freie Software/Freie Kultur-Bewegung und der dort weit verbreiteten Annahme, dass „geistiges Eigentum“ etwas völlig anderes als „normales“, materielles Eigentum ist, auseinandersetzt. Gleichzeitig spürt sie dort dem Wandel des Eigentumsbegriffs im Lauf der Zeiten nach, und zeigt dass die heute verbreitete Vorstellung von „Eigentum“ eine spezifisch moderne, kapitalistische ist (und keineswegs universell oder gar „natürlich“, wie uns ESR und andere Ideologen gerne weismachen wollen).
Traurig nur, dass sie anscheinend so wenig vom Copyleft hält, dass ihre Dissertation wohl nur in Buchform erhältlich ist – lohnen könnte sich die Lekture trotzdem.

Freies Lernen und dabei Reisen?

Bisherige Projekte zum Freien Lernen und Lehren konzentrieren sich meist auf die Bereitstellung frei verwendbarer und veränderbarer Lehrmaterialien – etwa die Wikiversity. Aus einer anderen Perspektive geht jetzt ein neues Projekt an die Sache heran: die Travelling School of Life. Idee dabei ist offensichtlich, ein Netzwerk für selbstbestimmtes Lernen aufzuziehen, wo die Beteiligten selbst entscheiden, was, wann, wo, mit wem und wie sie lernen, und dabei von Ort zu Ort reisen, um sich mit anderen Interessierten zu treffen.

Wer sich beteiligen will, kann also selbst zum Reisenden werden und Kurse anbieten oder suchen; oder sie oder er organisiert einen Lernort oder stellt sich Reisenden als Gastgeber zur Verfügung. Über die Aufteilung anfallender Kosten müssen sich die Beteiligten jeweils einig werden.

Interessante Idee – ob das was wird?

Wer weder reisen noch lehren will, aber gern Freie Software entwickelt, könnte übrigens auch auf seine Kosten kommen: das Projekt sucht noch Programmier/innen, die an der zugrunde liegenden Software mitarbeiten wollen.