Eske Bockelmann: Das Geld
„Früchte des Zorns“ – Anfang der 30er Jahre von John Steinbeck geschrieben –, das sind die von den Farmern in der Großen Depression nach 1929 gepflückten Früchte Kaliforniens, die vernichtet werden, da sie keinen Markt finden, weil sie zu teuer sind und sich nicht in Geld verwandeln lassen. Diese Farmer haben einen entbehrungsreichen Treck vom armen mittleren Westen ins reiche Kalifornien hinter sich, um nun zu sehen, wie hier die üppige Obsternte verbrannt, der Reichtum vernichtet wird. „Wo der Zorn reift, sind auch seine Früchte nicht gefeit vor dem passenden Petroleum und gibt es hochgerüstete Wächter stärker als die, die solche Früchte ernten wollten. Das Leid, das Verbrechen, die Katastrophe, sie dauern an. Diese Welt, diese schöne Welt – nur ohne Geld kann sie überleben“ (354), schreibt Bockelmann.
Sein Thema ist der Weg von der Gesellschaft vor dem Geld in die Gesellschaft mit kapitalistischer Produktionsweise. „The Great Transformation“ heißt das bei Karl Polanyi. Auf Polanyi bezieht sich Bockelmann so sehr wie auf LeGoff („Geld im Mittelalter“ und anderes) und weitere Historiker der Annales-Schule, aber auch auf Marcel Mauss‘ Studie „Die Gabe“.
„Im Takt des Geldes“ bleibt das Hauptwerk von Bockelmann. Auch in diesem neuen Text weist Bockelmann auf den kompletten Bruch hin, der Anfang des 17. Jahrhunderts stattfindet und sofort völlig dem Vergessen anheimfällt, so dass die Menschen sehr schnell an das Davor keine Erinnerung mehr haben. Nach Bockelmann gibt es seitdem „das Geld“. Vorher habe es viele Zahlungsmittel gegeben, u.a. die Kauri-Muscheln in Dahome. Sie dienen dort dem Kauf von Lebensmitteln. „Trotzdem sind sie kein Geld. Im Vergleich dazu, wie es sich mit Geld verhalten müsste, hat es mit dem Kaufen hier wenigstens drei Besonderheiten“ (102):
- Alles ist zu kaufen.
- Es ist ganz allgemein (=überall) und kontinuierlich zu kaufen, nicht nur auf speziellen Märkten (die noch dazu nur vereinzelt und nicht ständig abgehalten werden).
- Kauf ist der übliche Weg, um an Lebensmittel zu kommen.
Monetäre Werttheorie (im Gegensatz zur prämonetären) heißt: Zuerst ist das Geld da (Kauf & Verkauf, s.o.), dann folgt erst der Wert. Dieser hat keine Substanz. Mit diesen Feststellungen kollabieren nacheinander Marx‘ Wert- und Arbeitswerttheorie. Eigentlich reicht es, mit dem 4. Kapitel im Band I des Kapital zu beginnen. Das propagiert Ulrike Herrmann (taz-Wirtschaftskorrespondentin) seit Jahren – ohne mich bislang überzeugt zu haben. Die monetäre Werttheorie – Bockelmann selber benutzt den Begriff nicht und ordnet sich selber vermutlich dort auch gar nicht ein – ist mit der Neuen Marx-Lektüre und dem Namen Michael Heinrich eng verbunden. Im Gegensatz zur prämonetären Werttheorie oder zur Wertkritik gilt der Neuen Marx-Lektüre die einzelne Arbeit nicht als Substanz des Werts und damit nicht als wertschöpfend. Deren gesellschaftlicher Charakter wird aber sowohl von Heinrich als auch von Bockelmann betont. Auch wenn ich vieles nicht teile, so halte ich Bockelmanns Buch doch für wichtig. Man sollte es lesen, um zusehen, wie sich die Logik des Geldes in Zwang äußert – siehe Untertitel: „Was es ist, das uns beherrscht“.
Folgende Links sind vielleicht von Interesse:
www.mdr.de/kultur/empfehlungen/eske-bockelmann-das-geld-100.html
www.mdr.de/wissen/faszination-technik/philosophie-geld-corona-100.html
Danke für den Beitrag in verständlicher Sprache.
Der MDR kann keine Nebensätze mehr, und mit der korrekten Anwendung der Zeit in der deutschen Sprache hat er auch Probleme.
Brispiel:
„Erst im 16. Jahrhundert löste sich das feudalistische System in Europa und im Mittelmeerraum ganz langsam auf, es entstehen freie Städte und Märkte, spezialisierte Handwerke und Arbeitsteilung. „.
Ich muste erstmal meine Internet-zu-deutsch-Übersetzer im Gehirn anwerfen, um zu verstehen, dass „enstehen“ sich nicht auf 2020 sondern auf 15xx bezieht.
Das ist das Virus der Werbesprache, das auch schon im redaktionellen Teil des MDR angekommen ist 🙁
Inhaltlich danke für den Hinweis auf das Buch!
Kann mich mal jemand erhellen, der das Buch schon gelesen hat?
das vom historischen her echt so wenig weiter entwickelt zu „Im Takt
des Geldes“? Also Geld nach der Definition, die hier angeführt wird, gab
es schon viel früher an vielen Orten. Die ganze Antike und das
Mittelalter in Asien ist voll von solchen Geldwirtschaften und selbst im
europäischen Mittelalter, so unwichtig und provinziell das global
gesehen war, war das an vielen Orten mindestens seit dem 14. Jahrhundert
so. Schon ab dem 15. Jahrhundert waren die Niederlande eine
mehrheitlich städtische Gesellschaft, die ihren Nahrungsbedarf aus so
weit entfernten Regionen wie dem Baltikum bedient hat. Und natürlich
wurde da bezahlt auf dem Markt.
Also es mag
vielleicht Kriterien geben nach denen man die Geldwirtschaft des
europäischen 17. Jahrhunderts von älteren abgrenzen kann, aber diese
hier sind es nicht.
Benni: Ist das vom historischen her echt so wenig weiter entwickelt zu „Im Takt des Geldes“? – Ich verstehe diese These aus „Im Takte des Geldes“ so, dass hier der Lift off des Kapitalismus stattfindet.
Benni: Also Geld nach der Definition, die hier angeführt wird, gab es schon viel früher an vielen Orten. –
Ich verstehe Bockelmann so, dass er dem Wettbewerb, den Start des Geldes immer weiter zurückzuverlegen, weil irgendwo Münzen gefunden werden, und man bei diesem Prozess rückwärts 200.000 Menschheitsgeschichte durchschreitet, einen Riegel vorschieben will. Irgendwelche geld-, markt- und warenähnlichen archaischen Formen (mit archaisch bezeichnet Bockelmann alles Vorkapitalistische) mag man finden, den genannten Kriterien genügen sie nicht.
Benni: Die ganze Antike und das Mittelalter in Asien ist voll von solchen Geldwirtschaften und selbst im europäischen Mittelalter, so unwichtig und provinziell das global gesehen war, war das an vielen Orten mindestens seit dem 14. Jahrhundert so.
Zur Antike äußert sich Bockelmann in Bezug auf Mesopotamien (81): Das sind 3000 Jahre v.u.Z., in denen dort Hochkulturen – Sumerer, Babylonier, Assyrer – über Verpflichtung und Restribution die Versorgung der Gesellschaft gesichert haben, ohne Geld wie Bockelmann es definiert. „Wie Geld wurde“ beginnt tatsächlich nach 1100.
Benni: Schon ab dem 15. Jahrhundert waren die Niederlande eine mehrheitlich städtische Gesellschaft, die ihren Nahrungsbedarf aus so weit entfernten Regionen wie dem Baltikum bedient hat. Und natürlich wurde da bezahlt auf dem Markt. –
Die Umstände der Stadtbildung (Berner Handfeste aus dem 13. Jahrhundert als Beispiel) sind tatsächlich Teil des Neuen, das die feudalistische Verpflichtung ablöst: ein einmaliger Weg in einem bestimmten Teil der Welt. Dass es Fernhandel gab ist unstrittig, dass dieser marktähnliche Formen hatte, allerdings sehr wohl. Was als Natur erscheint, ist es oft nicht. Bockelmann unterscheidet z.B. Zahlungsmittel von Tauschmitteln. Polanyi habe vor Fehleinschätzungen gewarnt (106): „Ökonomische Aktivitäten im Rahmen entwickelter Marktbedingungen können ähnlichen Aktivitäten unter vormarktlichen Bedingungen gleichen, während ihre Funktion völlig anderer Art ist.“
Benni: Also es mag vielleicht Kriterien geben nach denen man die Geldwirtschaft des europäischen 17. Jahrhunderts von älteren abgrenzen kann, aber diese hier sind es nicht. –
Die genannten Kriterien sind aus meiner Sicht sehr eng fassend: selbstredend gab es in früheren Gesellschaft Fernhandel, Hökerei, Verpflichtungsabgaben, Selbstversorgung, Redistribution, Gaben und Entgeltungen nebeneinander und in Nischen gab es auch Kauf und Verkauf. – War es tatsächlich so, das alles zu kaufen war? War es so, dass man kaufen musste, weil es gar keinen anderen Weg gab? Das es nicht der alleinige und allgemein-übliche Weg war, dementiert ja bereits die knappe Aufzählung. Hatte das die heutige Kontinuität? Ich weiß auch nicht, warum du an der Stelle auf das 17. Jahrhundert abhebst. Da tritt der Kapitalismus ins Rampenlicht, er stand aber bereits lang hinter dem Vorhang („Wie Geld wurde“).
Ich habe das neue Buch von Bockelmann nicht gelesen und habe, nachdem bei „Im Takt des Geldes“ schon so vieles konfus, unbelegt und unplausibel war, ehrlich gesagt auch wenig Lust darauf. Auch in dem neuen Buch scheint, wenn es nach dieser Kurzbesprechung geht, wieder einiges durcheinander zu gehen.
Also um an Benni anzuschließen: Dass der Kauf von Lebensmitteln und anderen Alltags- oder Luxusgütern ganz üblich und auch an nahezu allen Tagen möglich war (nicht nur an einzelnen seltenen Markttagen), gilt seit Jahrtausenden zumindest für die allermeisten Städte und städtisch geprägten Regionen – altes Griechenland und altes Rom, europäisches Mittelalter, die islamische Welt, China schon im 1. Jahrtausend etc.
„Alles“ war damals sicher nicht zu kaufen, aber das ist es heute auch nicht. (Menschen, d.h. Sklaven kann man heute nicht legal kaufen, anders als in vielen früheren Gesellschaften; Mona Lisa und Eiffelturm stehen auch nicht zum Verkauf.) Aber daraus, dass nicht „alles“ käuflich ist, zu schießen, das Geld, mit dem die käuflichen Dinge gekauft werden, wäre kein Geld gewesen, ist unsinnig – mit der gleichen Logik könnte man behaupten, dass es „keine Computer“ gibt, bevor nicht ALLER Handel online stattfindet.
Wenn man mal konkret dazu nachforscht, WAS in anderen Gesellschaften oft nicht käuflich war oder jedenfalls in einer Mehrheit der Fälle nicht per Markttransformation zugänglich wurde, kommt man bei Dingen wie Land und oft auch der menschlichen Arbeitskraft raus – was Polanyi „fiktive Waren“ nannte. Wenn man hier weiterdenkt und -sucht, kommt man dann wirklich bei Faktoren raus, wie sich der Kapitalismus von früheren Produktionsweise unterschied.
Leider scheint Bockelmann daran kein Interesse zu haben, sondern lieber am bei manchen Linken beliebten Mythos einer weitgehend „geldfreien“ Vergangenheit zu basteln, was sich dann noch mit einer eurozentrischen Arroganz und Ignoranz mischt. (Als ob die Europäer das Geld erfunden hätten, und dass auch erst in den letzten 1000 Jahren!)
Aspekte aus dem Bockelmann (die gehen über die Frage, ab wann es Geld gab hinaus):
@ Christian:Möglicherweise ist es egal, seit wann es Geld gab. Vielleicht seit der Steinzeit? – Es gibt reichlich Hinweise darauf, dass frühere Zeiten nicht über Geld verfügten, wie wir es kennen. Bockelmann beschreibt das möglicherweise, wie du sagst, „konfus, unbelegt und unplausibel“.Nun gibt es die Gegenmeinung, dass Geld sehr früh eingeführt wurde. Es hätten vor 4000 Jahren die Babylonier mit Krediten, Zins und Geld hantiert. Ähnlich schnell kommt man auch in VWL-Büchern vom Waren- zum Geldtausch. Ist es da verwunderlich, dass Skepsis aufkommt? WANN soll es gewesen sein, dass in einer Gesellschaft durchweg und ausschließlich mit Geld wie heutzutage gekauft und verkauft wurde?Bockelmann verlegt den Start der Gesellschaft mit dem Geld nach Westeuropa und in den Mittelmeerraum (12. Jahrhundert). Eurozentristisch? Die Gleichsetzung von Geld mit Kapital bei ihm geht mir zu schnell. Darüberhinaus stört mich, dass Bockelmann die (mehr)wertschöpfende Ware von Arbeitskraft auf Grund und Boden, Maschinen, Patent- und andere Recht, Tiere und Informationen ausdehnt (286) (eine seltsame Ansammlung), aber da du das Buch nicht gelesen hast, wirst du diese kritische Stelle nicht kennen.
@ Christian:Vielen Dank für deinen Verweis auf Polanyi. Bezogen auf die vorkapitalistische Zeit schreibt Polanyi:
Das widerspricht so ziemlich dem, was du in Märkte für reale, aber nicht für „fiktive“ Waren wie Arbeitskraft und Land? (keimform 2018) geschrieben hast: „Karl Polanyi weist darauf hin, dass es Warenmärkte in sehr vielen Gesellschaften gegeben hat.“ Das macht Polanyi gerade nicht. Er hebt – wie übrigens auch Bockelmann – besonders die Trennung von lokalem und Fernhandel hervor. Die Bedeutungslosigkeit lokaler Märkte wird bei Polanyi im Anhang durch Quellenhinweise vertieft, hier besonders 366 f. Um diese lokalen Märkte geht es doch in deinem Text vordringlich. Bei manchen Linken ist der Mythos vom sehr frühen Geld so ausgebreitet, dass sie in gegenteilige Aussagen trotzdem noch ihre Auffassung hineinlegen. Sie befinden sich da in unguter Gesellschaft mit der orthodoxen Lehre – mit Traditionsmarxisten wie mit Mainstreamökonomen.
@Wilfried: Polanyi ist wichtig, weil er die Unterscheidung von fiktiven Waren – Land, Arbeitskraft und Geld – versus reale Waren in die Debatte eingeführt hat (Kap. 6). Er ist aber kein Wirtschaftshistoriker im engen Sinne. Er macht zwar viele Bemerkungen über ökonomische Beziehungen in früheren Gesellschaften, aber wenn man wissen möchte, wie die Ökonomie in bestimmten dieser Gesellschaften konkret funktionierte, sollte man nach spezialisierter Literatur suchen.
Ich habe nur die englische Ausgabe seiner „Great Transformation“ (Boston,
2001) und werden im Folgenden nach dieser zitieren. Auch Polanyi macht klar, dass die Ursprünge des Geldes mindestens im Altertum zu suchen sind. So fährt er fort, nachdem er die seiner Ansicht nach wohl tatsächlich geldfreie Ökonomie des altägyptischen Neuen Reiches (das vor über 3000 Jahren zu Ende ging) skizziert hat:
Sprich: Geldflüsse und geldfreie Redistribution (Umverteilung) gingen hier Hand in Hand.
Polanyis zentrale These ist, dass Märkte (soweit es sie gab) sowie ökonomische Aktivitäten im Allgemeinen in früheren Gesellschaften – vor dem Siegeszug des globalen Kapitalismus – in den gesellschaftliche Zusammenhang eingebettet waren, während sie erst im Kapitalismus diesen dominieren:
Und anderswo:
Also ja: Märkte (und damit Geld) gab es in vielen Gesellschaften, sie waren „fairly general“ und wichtig („important to the life of the community“), aber sie dominierten nicht alles und führten nicht zu einem Weltmarkt oder zum Kapitalismus.
Über mittelalterliche Städte schreibt er:
Sprich: Es gab Märkte, Gehälter (wages) und selbstverständlich Geld, aber eben eingebettet in die „general organization of society“ statt diese dominierend.
Generell warnt er davor, der An- oder Abwesenheit von Geld und Märkten eine zu große Bedeutung zuzuschreiben:
Lustiger- (oder eigentlich trauriger-)weise scheint Bockelmann genau diesem von Polanyi als widerlegt betrachteten Mythos aufzusitzen, wonach dem Geld ein Dominant- und Universellwerden von Märkten, Tausch und Kapitalismus quasi auf dem Fuß folgte.
@ Christian: Seitenmäßig beziehe ich mich auf die deutsche Taschenbuch-Fassung von Suhrkamp. Zuordnung deiner Zitate aus der englischen Fassung zur deutschen:
Zitat 1: engl. 54; dt. 82
Zitat 2: engl. 71; dt. 102
Zitat 3: engl. 66; dt. 96
Zitat 4: engl. 73; dt. 104
Zitat 5: engl. 61; dt. 90
Für uns beide ist Polanyi wichtig, weil er darauf hinweist, dass wirtschaftliche Tätigkeit in vorkapitalistischen Gesellschaften „in Sozialbeziehungen eingebettet ist“ (75). Die Verteilung „wird durch nichtökonomische Beweggründe gewährleistet“ (363), also nicht durch eine unterstellte menschliche Neigung zu Tausch und Handel wie bei Adam Smith und Co (71).
Zu deinem Vorschlag weitere Literatur heranzuziehen: Ich schlage Marcel Mauss, Jacques LeGoff, Georges Duby und David Graeber (vor allem ‚Die falsche Münze unserer Träume‘) vor (wobei Graeber von Bockelmann kritisiert wird).
Ich erinnere daran, wie eng Bockelmann Geld fasst: (1) Alles ist zu kaufen. (2) Es ist überall und kontinuierlich zu kaufen. (3) Kauf ist der eine und übliche Weg. Das wird doch dadurch gar nicht eingehalten. Dein erstes Zitat soll nachweisen, dass Geldflüsse und Redistribution Hand in Hand gegangen seien. Zu „Geldflüssen“ wird lediglich festgestellt, dass „Metallwährungen für die Bezahlung von Steuern und Gehältern“ (82) verwendet wurden. Das Vorhandensein von Münzen ist noch nicht das, was Bockelmann unter Geld versteht.
Dem ersten Zitat folgt übrigens eine interessante Passage. Zunächst bezieht Polanyi sich auf China, die Inkas, Indien und Babylonien und fährt dann fort: „In diesen und anderen, durch enorme wirtschaftliche Leistungen gekennzeichneten Zivilisationen wurde eine differenzierte Arbeitsteilung durch den Mechanismus der Redistribution in Gang gehalten“ (82 f). Solch komplexe frühe Zivilisationen haben also eher mit Redistribution gearbeitet als mit dem Geld. Dass Redistribution viel umfassender ist, als hier von Polanyi gefasst („Beamte, Krieger und Müßiggänger“ = Herrscher, Adel, Priester, …(2. Zitat)), kann man Mauss, Graeber und Duby (für das frühe europäische Mittelalter) nachlesen. Man kann Polanyi an der Stelle nicht in der Hinsicht missverstehen, dass Redistribution den oberen sozialen Schichten vorbehalten war und Geld bei den unteren (Bauern, Fellachen und Hirten), sozusagen den Massen.
Neben Münzen, die aber in dem Sinne oft gar nicht umliefen, und der Redistribution gab es weitere Aspekte: in vorkapitalistischen Gesellschaften gibt es Subsistenzwirtschaft, Nachbarschaftshilfe und Reziprozität (77) als Verbindung von Geben und Nehmen (das ist Polanyis zweites Prinzip neben der Redistribution, siehe auch Mauss und Graeber).
Zum Geld in Form von Münzen: Graeber gibt in ‚Schulden‘ ein Beispiel dafür, wie Münzen als eine Art Verzehrbons für Steuern benutzt werden müssen, damit ein Heer verköstigt werden kann. Die Krieger bekommen für ihre Metallchips Lebensmittel. Anschließend versuchten die Bauern diese sofort wieder loszuwerden. Das ist kein Geld im Sinne Bockelmanns.
Im zweiten Zitat heißt es: „Das Prinzip des Tauschhandels oder Austauschs, das dieser Form (der Existenz peripherer Märkte, WJ) zugrunde liegt, zeigte keinerlei Tendenz, sich auf Kosten des Restes auszuweiten (102)“. Zu dieser Ausweitung kommt erst, wenn das Geld ständig fließt.
Aus dem dritten Zitat: Dass „lokale Märkte (…) nirgendwo Ansätze zu einer Reduzierung der bestehenden wirtschaftlichen Ordnung auf ihre eigene Struktur“ zeigten, dass „sie keine Ausgangspunkte des Binnenhandels oder des nationalen Handels“ waren (96), führte nicht zu einem Weltmarkt oder zum Kapitalismus. – Auch hier spielt das Geld eine ganz untergeordnete Rolle.
Nachdem längst Geld da war, wurde Profitstreben weiterhin verfemt (von der Kirche, so LeGoff), und es war in die Gesellschaft eingebettet – wie du schreibst – „general organization of society“ (4. Zitat, 104).
Man hat also nicht so selbstverständlich mit Geld gehandelt, getauscht, gezahlt, wie wir es heute tun. Da schließe ich mich bei allen Vorbehalten Bockelmann an.
Mit den Worten, „generell warne Polanyi davor, der An- oder Abwesenheit von Geld und Märkten eine zu große Bedeutung zuzuschreiben“, leitest du das 5. Zitat ein. Das ist eine Konsequenz aus dem bisher Gesagten: Die geringen Geldflüsse haben keine große Bedeutung. Die zentrale Aussage in diesem Zitat ist jedoch eine andere. Der „Mythos des 19. Jahrhunderts, wonach das Geld eine Erfindung war, die (…) der natürlichen menschlichen Neigung zu Tausch, Tauschhandel und Tauschgeschäften freie Bahn gegeben“ (90) habe, ist widerlegt. – Da hat Polanyi recht und dem können wir sicher beide zustimmen. Diese angebliche Tausch-Neigung wird erst dem homo oeconomicus zugeschrieben und es bedurfte unzähliger Schritte den bisherigen homo socialis dahin umzuformen und die Wirtschaftstätigkeit aus der Einbettung der Gesellschaft herauszuholen, u.a. mit der Gewalt in der ursprünglichen Akkumulation. Nun könnte man sich darüber streiten, ob diese Entbettung ein emanzipativer Akt war.
Das Vorhandensein von Münzen ist noch kein Geld. Hier noch einmal dein 5. Zitat:
„Das Bestehen oder Fehlen von Märkten oder Geld muss das Wirtschaftsgefüge einer primitiven Gesellschaft nicht notwendig beeinflussen – dies widerlegt den Mythos des 19.Jahrhunderts, wonach das Geld eine Erfindung war, die durch die Schaffung von Märkten, durch die beschleunigte Entwicklung der Arbeitsteilung und dadurch, daß der natürlichen menschlichen Neigung zu Tausch, Tauschhandel und Tauschgeschäften freie Bahn gegeben wurde, zwangsläufig die Gesellschaft umgestaltet“ (90).
Polanyi sagt hier nur aus, dass ein untergeordnetes Benutzen von Münzen in einem Rahmen mit Redistribution, Reziprozität, Subsistenzwirtschaft, Leben in Gemeinschaften, peripherem Handel mit Fremden und Feinden sowie kriegerischen Aktionen die Gesellschaft nicht umgestaltet hat. Bockelmann würde ergänzen: aber später war das doch so, obwohl es andere Entwicklungspfade gegeben hätte.
@Wilfried: Dem meisten von dir Gesagten kann ich zustimmen. Allerdings zeigt sich hier auch nochmal, wie unsinnig die von Bockelmann zugrunde gelegte „enge“ Definition ist. Man stelle sich vor, jemand sagt: „Autos gibt es erst, wenn alle ein Auto haben und wenn Autofahren der eine und übliche Weg ist, Distanzen zurückzulegen.“ Dann würde man wahrscheinlich zu dem Schluss kommen, dass es bis heute keine Autos gibt! Das ist aber natürlich keine neue, sensationelle Entdeckung, sondern nur den Eigentümlichkeiten der Definition geschuldet. Genauso ist es mit Bockelmanns Definition, die fordert, dass Geld universell verwendet werden muss, um überhaupt welches zu SEIN.
Dass „das Geld“ in allen vorkapitalistischen Gesellschaften nur „eine ganz untergeordnete Rolle“ spielte oder dass es nur „geringe[] Geldflüsse“ gab, kann man so pauschal auch nicht sagen. Differenziert gesagt: In einigen Gesellschaften gab es gar keine Geld, in anderen spielte es nur eine untergeordnete Rolle, in wiederum anderen spielte es eine wichtige Rolle – auch wenn es nirgendwo so dominant und universell genutzt wurde wie im Kapitalismus.
@Christian: Auf der Beispielebene kommst du dem nicht bei, auch nicht als Gegenbeispiel. Deine Autos sagen nichts. Es geht Bockelmann um die gesellschaftliche Synthese als Ganzes: Durch welche Form der gesellschaftlichen Vermittlung wird sie hergestellt? Das ist seine Frage. Er geht diese Frage im Einzelnen historisch durch und stellt immer wieder fest, dass andere soziale „Mechanismen“ die Gesellschaften konstituieren als die Geldvermittlung – auch wenn schon „Geld“ da ist (zur Abgrenzung nennt er es „Gelt“, das historisch tatsächlich eine eigene Bedeutung hatte, aber auch heute noch vorkommt, etwa im „Entgelt“). Und da ist es völlig stringent argumentiert, zu sagen, dass Geld erst diese »volle Form« erreicht, wenn es in der gesellschaftlichen Synthese dominant wird, also den gesellschaftlichen Zusammenhang bestimmend konstituiert. Alles andere sind dem gegenüber Vorformen und unentfaltete Formen, oder wie Bockelmann sagt: Es sind frühen Formen von Geld noch nicht im vollen Sinne des Geldes, das es erst später wird. Kann man ganz gut mit dem Fünfschritt denken 😉
@stefan: Diese „volle Form“ hat halt nur nix mit seiner Definition zu tun sondern eher mit der Kapitalfunktion des Geldes, die es natürlich vor dem Kapitalismus nicht gab. Also ja, wenn man einen Begriff vom Kapitalismus hat, dann kann man zeigen, was die besondere Form des Geldes im Kapitalismus ist. Aber Bockelmann will es ja wohl umgekehrt machen also den Kapitalismus nicht als „Gesellschaft in der Warenproduktion herrscht“ verstehen sondern als Gesellschaft in der Geld herrscht. Und das war halt einfach in vielen anderen vorkapitalistischen Gesellschaften auch so. (Alles modulo, dass ich sein neues Buch nicht gelesen habe bisher sondern nur was ich aus dem alten kenne und was hier geschrieben wurde)
@ Christian:
Am 27.12.2020 hatte ich „Aspekte aus dem Bockelmann“ genannt. Dazu ein paar Hinweise:
„1. Das europäische Mittelalter hat nicht nur kein Wort für Geld, es hat keinen Begriff, es hat keine Vorstellung davon (18f).“ – Für das Frühmittelalter gilt das in jedem Falle. Im Spätmittelalter findet bereits die Veränderung statt, die nach Bockelmann im 13. Jh. beginnt (er nennt besonders die Berner Handfeste. Den Weg, den Westeuropa und der Mittelmeerraum nehmen, nennt Bockelmann als Abweg. Keimform des Neuen, Krisis und Funktionswechsel (die ersten 3 der 5 Schritte) macht Bockelmann hier selber aus, insofern kann die Aussage vom Anfang des Buches, die er m.E. von LeGoff entlehnt, nicht aufrechterhalten werden.
Ab dem 13. Jahrhundert treten Kauf und Verkauf an die Stelle von Abhängigkeiten und Verpflichtungen. In den meisten Gemeinschaften bleiben die alten Verhältnisse (Redistribution, Reziprozität, Subsistenzwirtschaft, Kollektivleben, Handel mit Fremden und Feinden, Räubereien, …) erhalten, aber in Einzelfällen wird die persönliche Verbindung durch die unpersönliche von Kauf und Verkauf ersetzt.
„3. Im Mittelalter und weit früher wurde zwar gezahlt, (aber) es wurde nicht mit Geld gezahlt. (65) –> Verpflichtungen: Steuern, Strafen, Schuld (66). Als Ausgleich wurde „GELT“ gezahlt (68), das ist aber noch kein Geld.
[Anmerkung: Robert Kurz, Geld ohne Wert führt dieses „GELT“ m.E. auf Bernhard Laum, Heiliges Geld zurück. Darauf bezieht sich Bockelmann aber gar nicht.]“ –
Dieses GELT – Stefan weist dankenswerterweise darauf hin – ist keine Erfindung Bockelmanns. Die Anmerkung in eckigen Klammern überliest man leicht. Robert Kurz hat das 2014 bereits auf Bernhard Laum (1924!) zurückgeführt.
„4. Zahlungsmittel ist nicht gleich Tauschmittel (79).“ – So hätte es heißen sollen. Bockelmann unterscheidet Zahlung und Tausch.
In jedem Wirtschaftslexikon kommen die unter Mesopotamien zusammengefassten Reiche der Sumerer, Babylonier und Assyrer vor. Da muss es ja wohl Geld gegeben haben. Für Bockelmann gab es da reichlich Zahlungen, aber kein Geld. Machthaber, Verwalter und Beamte wurden mit Land bedacht. Lässt sich das geldüblich weiterverwenden? Kaum.
Ohne Geld werden bei unterschiedlichen Gelegenheiten spezifisch unterschiedliche Dinge verwendet. Kauris für Tausch, Kupfer für die Zahlung, Rinder für die Schätzung, Prunkzeug für den Schatz. Erst beim Geld fallen die Funktionen von Tauschmitteln und Zahlungsmitteln in eins. Geld tritt als reines Tauschmittel heraus aus dem Kreis der Güter und Waren. Kauf und Verkauf werden, was sie vordem nie waren, allgemein bestimmend für die Versorgung. Das bewirkt die Entstehung von Geld. Geld fungiert als Tauschmittel und nicht mehr als Gut. Geld als das reine Tauschmittel ist nichts anderes als nur Tauschmittel.
@ Benni:“Da der Zwang zu mehr bereits für das Geld als solches besteht, ergibt sich, dass Kapital nichts anderes ist als Geld. Geld ist Kapital.“ (267)Das war eine von mehren Stellen, die mich irritiert haben.
HilflosIch habe Keimform bisher so verstanden, dass hier eine commonsgestützte nichtkapitalistische Gesellschaft jenseits von Markt und Profit und deren Realisierung(!) diskutiert werden soll. Nun kann ja sein, dass das eine vollkommen falsche Annahme von mir ist. Falls das nicht der Fall sein sollte, wäre es schön, wenn mensch mir erklären könnte, warum für diese Diskussion wichtig ist- ob im 15. oder 17. Jhd. vor 3000 Jahren in Babylon oder vor 1000 Jahren in China oder vielleicht doch die Inkas das Geld erfunden haben?- dass ich jetzt weiß, dass die Heere/Krieger im Mittelalter Münzen gekriegt haben, die sie gegen Lebensmittel eintauschen konnten?- dass ich mich jetzt reinhängen muß, ob Bockelmann oder Polanyi Recht haben bzw. wer wen falsch verstanden hat um in meiner zentralen Frage Transformation als Keimform oder radikalem Bruch (mein Favorit) – und wie daran arbeiten(!) – weiterzukommen. Wie gesagt – es wäre schön, wenn ich auf diese Fragen eine Antwort kriege. Andernfalls würde mich das ungute Gefühl beschleichen, dass, zumindest in dieser „Geldsparte“ von Keimform, Männer einen akademischen Streit führen, wo es in erster Linie um Recht haben geht.
@Lucki: Ich würde sagen: Wer sich nicht um Verständnis der Gegenwart und Vergangenheit bemüht – warum sind die Dinge, wie sie sind?; wie wurden sie so?; wie könnte es anders laufen und in welchen Weisen lief es auch schon mal anders? – hat schlechte Chancen, die Zukunft gedanklich vorwegzunehmen oder prägend mitbeeinflussen zu können. Klar, es geht um die Möglichkeit nichtkapitalistischer zukünftiger Gesellschaften – so weit sind sich hier denke ich alle einig – aber was genau das bedeutet, ob „nichtkapitalistisch“ z.B. notwendiger oder auch sinnvoller Weise auch einen Verzicht auf Geld oder Verrechnung bedeuten muss – darüber sind Debatten meiner Ansicht nach nicht nur wünschenswert, sondern unabdingbar.
Verzichtet man auf solche Debatten und die damit einhergehende, zweifellos manchmal anstrengende Arbeit des Dinge studieren und verstehen wollen, bleibt nur noch „Missionierung“: der Wunsch, andere von den Ideen zu überzeugen, die man selbst ein für alle mal akzeptiert hat und nicht mehr hinterfragt. Das ist aber nicht mein Ding und ich denke auch, es hat mit links und kritisch sein sehr wenig zu tun.
@Christian: Statt mich mit „Missionierung und wenig links und kritisch sein“ zu kategorisieren, wäre es hilfreicher für mich, Du würdest mir mitteilen, welche Schlußfolgerungen Du aus der „manchmal anstrengenden Arbeit des Dinge studieren und verstehen wollen“ in bezug auf eine nichtkapitalistische Gesellschaft ziehst. Also was und wo hat es dir geholfen, dass Du jetzt klarer siehst, ob es noch Geld in Deiner Utopie der neuen Gesellschaft geben soll? Und wenn ja, in welcher Form? Und wenn nicht, wer oder was bzw. welche Argumentation hat Dich warum bewogen von einer nichtkapitalistischen Gesellschaft ohne Geld zu träumen?
@Lucky
Nein, deine Annahmen sind nicht falsch. Es soll eine andere Gesellschaft diskutiert werden. Nun ist die Idee mit der anderen Gesellschaft nicht neu und es hat eine Menge an Versuchen gegeben, diese Gesellschaft herzustellen. Diese Versuche sind gescheitert. Ob man sich mal durchliest, wie Bucharin Anfang der 20er Jahre eine aus schierer Not geborene geldlose Zeit in der russischen Räterepublik als Aufbruch in die neue Zeit rechtfertigt oder ob man die Protokolle des Allgemeinen Rätekongresses im Dezember 1918 zur Kenntnis nimmt: Die Vorstellungen bezüglich des Neuen sind derart mit dem Alten verwoben, dass die Menschen immer wieder dahin zurückfallen.
Vor dem Hintergrund ist es mir wichtig, auf die Keimformen der kapitalistischen Produktionsweise in der vorkapitalistischen Zeit zu achten, um zu sehen, wie sich da heraus der Kapitalismus entwickelt hat. Deshalb habe ich zur Diskussion über Bockelmanns Ansatz auffordern wollen. An der Frage, ob es früher Geld gab oder nicht, hat sich dann diese lebhafte Debatte entzündet. In der Auseinandersetzung ist es wohl klar, dass es nicht um Anwesenheit von Münzen geht (nur für Numismatiker*innen ist damit schon Geld da). In der Debatte fiel mir die Rolle zu, Bockelmann zu verteidigen, obwohl ich viele seiner Schlussfolgerungen – was Arbeitswerttheorie, monetaristische Werttheorie, Sichtweise der ursprünglichen Akkumulation, Wertschöpfung außerhalb von Arbeit, … – durchaus diskussionswürdig finde.
Eine Alternative zu dieser Diskussion könnte sein, die in der IL 2019 geführte Debatte über Transformationspolitik („revolutionäre Realpolitik“ heißt das bei Rosa Luxemburg) wieder aufzunehmen. Dazu wäre es ganz wertvoll diese Debattenbeiträge zu sichten (https://blog.interventionistische-linke.org/transformationsstrategien), um zu sehen, ob und wie sie an commonistische Idee zur Transformation anschließen bzw. nicht anschließen. Simon hatte damals bei IL einen Beitrag beigesteuert.
Nachklapp zu Bockelmann:
https://40jahremomo.de/blog/eske-bockelmann/
Ein Video zu seinem Buch:https://www.youtube.com/watch?v=PcxpGKPcsHQ
Julian Bierwirth hat eine Rezension mit Tiefgang zu Bockelmann ‚Das Geld‘ geschrieben:
https://www.krisis.org/2021/geld-als-selbstzweck/
Das Besondere am Geld in dieser Zeit war, dass Adam Smith im 18. Jahrhundert den Wettbewerb erfand. Wettbewerb bedeutet, messen und vergleichen. Das geht natürlich sehr gut, wenn man die Waren und Leistungen mit Geld bewertet. Es gibt aber noch einen anderen Aspekt. Wettbewerb wurde erfunden, um Mangel zu beseitigen. Ich denke, zu diesem Zweck hat das Geld einen guten Dienst getan. Aber seit 50 Jahren herrscht Überfluss. Es scheint zwar nicht so, wenn man auf den globalen Süden sieht, aber wenn der Überschuss des globalen Nordens gut verteilt werden würde, gäbe es keine Not mehr auf der Welt. Doch im Wettbewerb ist diese gerechte Verteilung ausgeschlossen. Es wäre so, als sollte der Sieger eines Rennens seinen Gewinn an alle Mitspieler verteilen. Das widerspricht dem Wesen des Wettbewerbes.
Die Abschaffung des Geldes würde diesen Wettbewerb beenden.
Wie könnte das nun angestellt werden? Für uns Visionäre ist ja keine Absurdität undenkbar. Stellen Sie sich einfach einmal vor, dass es eine Pandemie gibt. Das Virus befällt das Geld und löst es in Luft auf. Sowohl materielles als auch virtuelles Geld. Wirklich alles Geld verschwindet aus Portemonnaies, von Bankkonten, auf Pfandbriefen etc. Auf einen Schlag, von einem Tag auf den anderen. Warum sollte unser Leben nicht ganz normal weitergehen? Unser Blut fließt weiter, unsere Gliedmaßen bewegen sich und wir stehen am nächsten Tag auf wie immer, gehen auf Arbeit oder zur Schule und abends nehmen wir aus dem Supermarkt das gratis mit, was wir auch früher eingekauft hatten. Und aus Dankbarkeit für die Geschenke gehen wir auch am nächsten Tag wieder arbeiten. Nichts verändert sich und nichts fehlt, da wir alle Rohstoffe und alle Energie von der Erde und der Sonne geschenkt bekommen. Wir müssen sie nur verarbeiten und transportieren. Das geht wirklich ohne Geld, glaubt es mir. Wir Menschen sind auch so verantwortungsvoll, um kein Chaos ausbrechen zu lassen, das haben wir beim Umgang mit der Covid-19-Pandemie gezeigt.
Und jetzt stellt euch vor, dass nicht ein Virus das Geld beseitigt, sondern ein globales Referendum. Die Belohnung ist das Verschwinden aller Schulden weltweit und ungehinderter Zugang zu Nahrung, Obdach und medizinischer Versorgung. Wer sollte da nicht dafür stimmen?
Wenn sich gar nichts ändert, wenn man das Geld abschafft, warum sollte man es dann abschaffen?