Demonetize: Das Verhältnis zu Degrowth
[Bisher erschienen: Einleitung, Teil 1, Teil 2]
3. Wie ist das Verhältnis zwischen Demonetarisierung und Degrowth?
Gemeinsame Kritikpunkte und Praktiken – solidarische Ökonomien, Commons und Subsistenzökonomie
In der Debatte um Postwachstum betont Demonetarisierung die Rolle von Geld, Tausch und Wert dafür, ökonomisches Wachstum zu ermöglichen, anzutreiben und zu erzwingen – eine Dynamik, die mit steigendem Ressourcenverbrauch und vielen (anderen) sozialen und ökologischen Problemen verbunden ist. Auch im Rahmen sozialer Praktiken, die sich auf Postwachstum beziehen, wird diese Rolle zum Thema gemacht. Hier deutet sich also die Möglichkeit wechselseitiger Anregungen und gegenseitiger Stärkung in Hinblick auf die Zielperspektiven beider Ansätze an.
Demonetarisierung unterscheidet sich fundamental von dem nur auf den ersten Blick ähnlichen Ansatz, der sich um das Problem Zins dreht. Die Zinskritik, die zuerst und am prominentesten von Pierre Joseph Proudhon und Silvio Gesell formuliert worden ist, verortet das Kernproblem der monetarisierten Ökonomie nicht in Geld, Tausch und Wert als solchen, sondern vielmehr im Zins, der auf private Kredite oder öffentlich geschaffenes Geld zu bezahlen ist. In dieser Sichtweise gilt nicht die Konkurrenz als solche als Problem, sondern Krisen, die dadurch verursacht werden, dass Zinsen nicht bezahlt werden können; damit weist diese Perspektive Überschneidungen mit liberalen und neoliberalen Vorstellungen von Ökonomie und Gesellschaft auf. Ziel ist dann eine Marktwirtschaft ohne Zins. Hier besteht also ein grundlegender Unterschied zu den Visionen der Demonetarisierung. In Debatten um Postwachstum wird von einigen der Zins auf Kredite als Grundproblem identifiziert und für eine Abschaffung des Zinses plädiert (wobei diese Position auch in der Degrowth-Bewegung sehr umstritten ist). Demonetarisierung argumentiert, dies greife zu kurz und garantiere keine Postwachstumsökonomie.
Drei Bewegungen mit Anbindung an Postwachstum sind für die Perspektive der Demonetarisierung besonders relevant: solidarische Ökonomien, Commons und Subsistenzökonomien. Diese Begriffe bezeichnen nicht notwendigerweise verschiedene soziale Praktiken, sondern beziehen sich vielmehr auf bestimmte theoretische Diskurse, politische Rahmungen und organisationale Ansätze. Die Vielfalt an analytischen, strategischen und visionären Herangehensweisen erleichtert Bündnisse mit anderen sozialen Bewegungen und theoretischen Strömungen, zieht aber auch die Gefahr nach sich, dass das Hauptziel der Demonetarisierung in den Hintergrund rückt. Die enge und klare Zieldefinition verleiht der Demonetarisierung andererseits durchaus klare Umrisse und dürfte die Kooptierung durch Akteur_innen erschweren, die einem emanzipatorischen sozialen Wandel entgegenstehen. Während die Bündnisbildung eine Stärke von Postwachstum darzustellen scheint, kann Demonetarisierung an die Notwendigkeit eines tiefgreifenden sozialen Wandels erinnern und daran, dass es möglich ist, damit hier und jetzt zu beginnen.