COM’ON: Gesellschaftskonzepte
Bei der COM’ON-Tagung am 10.12.2011 fand ein World Café mit fünf Tischen statt, die sich in zwei Runden mit jeweils einer Frage befassten. Nachfolgend das Protokoll vom Tisch mit der Frage »Welche Gesellschaftskonzepte werden in der Commons-Debatte diskutiert?« (Moderation: Annette Schlemm, Protokoll: Jana Flemming):
Eigene Verwicklung in Commons
- 12 Jahre Erfahrung in Landkommune (ohne Eigentum, Solidarische Ökonomie)
- Projekte in denen Momente nicht kommerziellen Lebens durchgesetzt werden
- Politik und Landwirtschaft
- Mies, Thomson: Produktionsweisen, die nicht kapitalistisch sind und immer vor und neben kap. Produktionsweisen existiert
- subsistenzorientiert
- Nicht-Geldökonomie und Nichtwarentausch so weit es geht, auch offensiv vertreten: nach gegenseitigem Gefühl (auch beim Steuerberater, Zahnarzt)
- Projektwerkstatt auf Gegenseitigkeit, seit ca. 10 Jahren
- selbstkritische Reflektion von Leuten aus der Kollektiveszene
- Formeln finden, die zu einer Entschärfung des Privateigentums beitragen
- Landkommune aufgebaut
- bewußter Ausstieg, denn: für 25h Arbeit pro Woche 300 €
- Frage der Produktivität
- gesellschaftliche Nützlichkeit? Bio sollte sein, aber auch oft irrationale Elemente
- Bsp. Schaffleisch Bio aus Neuseeland hat besseren CO2-Footprint als regional im LKW transportiertes (für dass der_die Bäuer_in eh nur nen Hartz4-Satz verdient)
- Wie individueller Anreize schaffen, sich an Commons zu beteiligen?
- Zwischenraumnutzung in Berlin für kulturpolitische Projekte
- Haken: es muß immer mehr bezahlt werden (Miete z.B.), aber es passiert alles auf lohnfreier Arbeit
- gescheitertes Projekt, Hausgruppe zu bilden; Mietshäusersyndikat
- Ethnologiestudium, bestimmte Formen von Eigentum und gesellschaftlicher Organisierung
- Permakultur
- realsozialistische Beobachtung, nach der Wende Kommunen im Westen angeschaut
- Alternativen im Osten erzählt
- Tauschring → adäquates Tauschen hat auch blockiert
- theoretische Auseinandersetzung
- Umsonstladen
- aus gescheiterten Erfahrungen was Neues machen
Welche Gesellschaftskonzepte werden in der Commons-Debatte diskutiert?
- Zeitlich: Gemeinschaftlich vorkapitalistische, kapitalistisch, postkapitalistisch
- Querschnittsorientiert: Gesellschaft als Kulturen
- ist eine postkapitalistische Geschichte, kann es zumindest sein
- wird notwendig dadurch, dass es in jetziger Gesellschaft so viele Konflikte und Krisen gibt, die sich noch verschärfen werden…
- attraktives Bild von Emanzipation
- der Emanzipationsbegriff immer etwas verstaubt
- Commons sind an Bedürfnissen und deren Bedürfnissen orientiert
- werden über die dominante Produktion nicht mehr reproduziert
- Freiräume schaffen, in denen Inklusionslogik (Selbstentfaltung durch andere und das Gemeinsame, nicht dagegen, auf Kosten anderer…. ist strukturell verankert) dominiert
- Anomalie in der Verwertungslogik, kann aber nicht den Kapitalismus produzieren (S. Nuss)
- der Kapitalismus produziert sein Aussen und lebt davon ↔ oder als Widerspruch: Keimform für das Kommende, Zuspitzung zur Krise als allgemeine Umfeldbedingung
- Keimform für neuen Rechtsradikalismus…? (wäre dann keine „Keimform“, denn wir gehen bei der Bestimmung dieser Kategorie von einem bestimmten Entwicklungskonzept aus, das jeweils „Keime“ für historisch fortschrittlich-Neues antizipiert.)
- Zum Entwicklungskonzept und zur Kategorie „Keimform“: in bestimmten Gesellschaftsformen gibt es immer schon bestimmte Bedingungen und Praxen, die in der zeitlich darauf folgendenen dann dominant sind
- wichtig: es muss nicht zwangsläufig so sein (d.h. der genaue Weg ist nicht vor-determiniert)
- Anomalie oder Keimform lässt sich nur im Rückschluss feststellen
- aber auch: soll es denn eine Keimform sein oder nicht?
- Gleichsetzung von Commons und Öffentlichkeit ist problematisch, wegen staatlicher Organisierung im „öffentlichen Bereich“
- öffentlicher Nahverkehr ist daher wichtig, aber keine Keimform
- Experimente entwickeln und die mit bestimmter politischer und Öffentlichkeitsarbeit begleiten
- der ‚ganz große Weg‘ kann abschrecken
- missionarisch oder erklärend ist die Frage
- es gibt verschiedene Foren, Leute die schon aktiviert sind
- Widersprüche treiben die Entwicklung voran
2.Runde
- Dämme bauen (der kapitalistisch-neoliberalen Logik etwas entgegensetzen) und Schiffe bauen (darüber hinaus)
- Gleichheit und Ungleichheit, Vorteile und Nachteile
- Regeln, darf es Autoritäten geben?
- Wie müssten Gesellschaft organisiert sein unter Aspekten wie Grenzen des Wachstums, Ökologie, etc.?
- Sensibilität für Ein- und Ausschlußfragen
- Gewichtung von Bedürfnissen
Zusammenfassung:
- Bezug zu Commons in vorkapitalistischen Gesellschaftsformen: Übereinstimmung, dass es Commons immer gab…
- Bezug zu Commons nach dem Kapitalismus: weite Einigkeit,dass es Sinn macht diese nachkapitalistische Gesellschaft als Gesellschaft von Commons und Commoners zu antizipieren
- Bezug zu Commons imKapitalismus: Dazu wurden verschiedene mögliche Positionen genannt:
- Commons als Anomalie
- Commons als Keimform (d.h. Kapitalismus als System wird damit kritisiert)
- Commons, bei denen nur bestimmte Bereiche dem neoliberalen Zugriff entzogen werden sollen (ohne den Kapitalismus als Ganzes in Frage zu stellen)
- Die meisten Anwesenden vertraten eher 2 und wünschten sich, dass Praxen aus dem Bereich 3 sich auch in diese Richtung entwickeln. Übereinstimmend wurde festgestellt, dass das nicht auf „missionarische“ Weise geschehen darf. Vorgeschlagen wurde ein widerspruchsorientiertes Vorgehen (auf Widersprüche in der Praxis von 3., also etwa die Erfolglosigkeit kommunaler Versuche, die Klimabilanz zu verbessern, zu verweisen und das Denken und die Praxis von da her weiter zu treiben). Ein Teilnehmer widersprach dem – möchte das „Dämme bauen“ (gegen neoliberale Angriffe) und das Schiffe-Bauen (Projekte für das Neue) stark voneinander trennen…