InkriTpedia
Es ist gut versteckt, aber Dank eines Hinweises von Annette habe ich sie gefunden — die InkriTpedia. Noch eine XYZpedia? Ja, aber eine ganz besondere:
InkriTpedia ist das Online-Wiki des seit 1994 unter dem Dach des Berliner Instituts für kritische Theorie (InkriT) erscheinenden Historisch-kritischen Wörterbuch des Marxismus (HKWM).
InkriTpedia ist tatsächlich durchaus eine inhaltliche Konkurrenz zur Wikipedia, die ja tatsächlich im Bereich der Gesellschaftswissenschaften ziemlich schwach ist. Und kein NPOV, kein neutraler Standpunkt, sondern ein parteiischer, aber durchaus ein pluraler. Naturgemäß passen mir folglich inhaltlich auch diese oder jene Einträge nicht. Aber das ist ok, zu Lernen gibt’s auf jeden Fall immer etwas.
Allerdings habe ich gut Reden, denn ich habe Zugriff auf die gedruckte Ausgabe des HKWM. Denn zwei Dinge sind auch seeehr besonders an der InkritPedia: Mitschreiben ist nicht, und Mitlesen kostet Geld. Das erste kann ich noch einigermaßen nachvollziehen, über einen guten alten akademischen Qualitätsprozess soll eben jene gewährleistet werden. Nun ja, auch das ist diskussionswürdig.
Doch dass für jeden Artikel nun online Geld verlangt wird, das will mir nicht einleuchten — bei allen finanziellen Zwängen, unter denen das vom normalen Wissenschaftsbetrieb sicherlich ausgegrenzte Projekt steht. Ich glaube schlicht nicht, dass dabei nennenswert Geld reinkommt, während gleichzeitig eine Menge Interessierter vor verschlossenen Türen steht. Und referenzieren kann man auch nichts, selbst wenn man — wie ich — das HKWM in physischer Anfassbarkeit nachschlagen kann (oder in die Bibliothek geht). Ich kann niemanden auf lohnende Inhalte hinweisen, und deswegen habe ich es tatsächlich auch noch nie getan. HKWM, das ist eingemauertes Wissen.
Immerhin gibt es »Trailer, in denen die Problematik des Stichworts vorgestellt wird«, die allerdings explizit als »nicht zitierfähig« gebranntmarkt sind. Ob es einmal ein Stichwort »Netzwerk« geben wird, das unter anderem den bekannten Netzwerkeffekt diskutiert? Bisher ist es nicht geplant. Sollte ich jemals tatsächlich einen Artikel für das HKWM schreiben (Stichwort »open source« ist geplant), dann nur unter der Bedingung, dass dieser unter einer freien Lizenz öffentlich für alle zugänglich ist.
Zum Abschluss will ich nochmals auf die Zwänge verweisen: Es ist ein wissenschaftspolitischer Skandal, das ein solches Mammutwerk nicht finanziell unterstützt wird — selbst, wenn man es inhaltlich nicht teilt. Wer teilt schon alles das, woran historisch-kritisch geforscht wird. Doch auch unter Zwängen kann man Fehler machen, wenn man sich einbunkert und auf bessere Zeiten hofft. Die Eröffnung einer komplett verschlossenen InkriTpedia (dann noch unter diesem Namen!) halte ich für einen solchen Fehler in Bedrängnis. Ich hoffe, ich irre mich.
ein wiki wo man nicht mitschreiben kann und für das man zahlen soll, ist wohl kaum ein wiki 😀
Was heißt eigentlich „langsam, langsam“ auf hawaianisch?
Es gibt eine eigene Domain: http://www.inkritpedia.de/
Und es hat viel Mühe gemacht.
Glaub‘ ich gerne, wenn man alles selbst macht.
„Es ist ein wissenschaftspolitischer Skandal, das ein solches Mammutwerk nicht finanziell unterstützt wird — selbst, wenn man es inhaltlich nicht teilt.“
Von wegen. Die RLS bezahlt in 2011 35 000 Euro.
Und im übrigen Stefan: du irrst Dich überhaupt nicht.
Und: mit dem Jahrzehnt Debatte zwischen ein paar Leuten aus der RLS und den „Besitzern“ (Containern?) des Wörterbuchs will ich Euch nicht belästigen.
@Rainer: Die RLS meinte ich nun gerade nicht, sondern die »normale« Wissenschaftsfinanzierung von Staats wegen. Ich möchte nicht wissen, welche Projekte die RLS noch so alles rettet, aber das kann man sicher irgendwo nachlesen…