Nobelpreis für die Commons
…na ja, nicht ganz, aber für eine Commons-Forscherin: Elinor Ostrom — und zwar
for her analysis of economic governance, especially the commons
Interessant finde ich die verschiedenen Versuche der Presse zu beschreiben, womit sich Elinor Ostrom in ihrer Forschung eigentlich beschäftigt hat. Das Nobelkomitee erklärt, sie habe gezeigt
wie gemeinschaftliches Eigentum von Nutzerorganisationen erfolgreich verwaltet werden kann
wie Wikipedia den entsprechenden Satz aus der Begründung korrekt übersetzt. Das behagte der Deutschen Welle nicht so ganz, weswegen das dort so heisst:
wie öffentliche Güter durch Nutzergemeinschaften verwaltet werden können
Das ist nicht schlecht, weil es in der Tat manchmal gar nicht um »gemeinschaftliches Eigentum« geht. Ist aber »öffentliche Güter« besser? Genauer wäre es von »gemeinschaftlichem Besitz« zu sprechen, da manchmal tatsächlich um privates oder kollektives Eigentum geht, dass gemeinschaftlich genutzt und gepflegt wird, aber dafür müsste man Eigentum (»etwas, das man verkaufen kann«) und Besitz (»etwas, das ich benutze«) begrifflich auseinander halten. Ein Blick in die Wikipedia hätte geholfen.
Die FAZ kommentiert gönnerhaft (»noble Entscheidung«) und sich selbst gegen neue Einsichten immunisierend:
Wie organisieren sich Menschen, wenn der Markt (scheinbar) keine Lösung findet. Die Frage stellt sich bei vielen Umweltproblemen, wenn es keine klaren Eigentumsrechte an Ressourcen gibt.
Sprich: Der Markt ist eigentlich immer die Lösung, nur manchmal gibt’s leider keine klaren Eigentumsrechte. Commons sind dann eine Art Notlösung. Nun dürfen auch mal Frauen ran (an den Nobelpreis).
Das Handelsblatt erzählt erst das Niemandsland-Szenario: Ostrom habe sich damit beschäftigt
wie Menschen Gemeinschaftsgüter nutzen, die allen uneingeschränkt zur Verfügung stehen.
was zwar nicht stimmt, weil als-Gemeinschaftsgut-nutzen gerade nicht ohne-Einschränkung-für-alle bedeutet, aber für den nächsten Absatz passt es besser:
Die traditionelle Volkswirtschaftslehre postuliert, dass es bei diesen sogenannten Allmendegütern einen Hang zur übermäßigen Ausbeutung der Ressourcen gibt – weil jeder Nutzer nur seinen privaten Nutzen im Sinn habe, während sich die Kosten auf die gesamte Gesellschaft verteilen. Daher empfehlen Ökonomen meist die Privatisierung solcher Gemeinschaftsgüter – oder aber deren staatliche Regulierung.
Gut referiert, und weiter:
Ostrom dagegen hat in zahlreichen Fallstudien gezeigt: In der Realität sind Menschen häufig sehr wohl in der Lage, Gemeinschaftseigentum nachhaltig und vernünftig zu verwalten – ohne staatliche Vorschriften und ohne das Eigentum zu privatisieren.
Scheint auch den wesentlichen Punkt zu treffen — aber »Eigentum … privatisieren«, was soll das sein? Hier verheddert sich das Handelsblatt mit dem Eigentumsbegriff. Gemeinschaftseigentum ist zwar eine spezielle Eigentumsform, nämlich Kollektiveigentum, aber Eigentum bleibt Eigentum.
So, einen noch: derStandard aus Österreich schreibt kurz und verständlich:
Die zentrale Frage, mit der sie sich beschäftigt, ist, wie Gemeinschaftsgüter, etwa Gewässer und Wälder, am effizientesten bewirtschaftet werden können. Originär ist dabei ihre Antwort: Weder der Staat noch der freie Markt sind die Lösung. Kleine, gut organisierte Gemeinschaften sind oft am produktivsten.
Geht doch. Na ok, auch hier muss alles »Wirtschaft« sein, aber das entspricht Ostrom durchaus, denn sie bewegt sich durchaus noch völlig im Rahmen der traditionellen Ökonomietheorie. Aber wie Benni zeigte, ist eben auch hierin einiges denkbar.
Wer einen kurzen Artikel von Elinor Ostrom auf deutsch lesen möchte, guckt in das Buch »Wem gehört die Welt« (S. 218-228).
Nicht ganz neu, hab ich aber erst kürzlich entdeckt: Sabine Nuss hat im ak einen Kommentar zu der Nobelpreisvergabe geschrieben, wo sie Ostroms Theorien aus marxistischer Sicht kritisch-lobend behandelt. (Leider nur als schlecht am Bildschirm lesbares PDF verfügbar.)